Der Begriff Therme leitet sich her vom griechischen «thermos» und bedeutet «warm». Bereits die alten Römer besuchten gerne Thermalbäder. Sie errichteten Badehäuser in ganz Europa, unter anderem auch in Baden. Das 2021 eröffnete Thermalbad FORTYSEVEN führt die jahrhundertealte Kultur des Badens weiter und profitiert dabei noch heute von den natürlichen Quellen in Baden. Die Marketingbeauftragte Meret Obrist hat sage&schreibe die Türen geöffnet und zu einem Rundgang eingeladen.
Von Nathalie Tanner und Jessica Pinto Guerreiro, G21K
«Wollt ihr auch etwas?», fragt Meret Obrist in der Cafeteria der Wellnesss-Therme FORTYSEVEN Baden. Wir setzen uns ihr gegenüber an einen Tisch mit hohen Stühlen, durch die Fenster sehen wir auf die Strasse, die vor lauter Regen nass glänzt. Es ist noch früh, an den zahlreichen Tischen sitzen erste Gäste und Mitarbeitende der Therme und geniessen ihr Frühstück.
Meret Obrist rührt in ihrer warmen Schokolade, bevor sie zu erklären beginnt: «Das FORTYSEVEN in der Faltenjura-Klus von Baden wurde vom Tessiner Stararchitekten Mario Botta konzipiert. Wir haben hier das mineralreichste und mit durchschnittlich 47 Grad das wärmste Thermalwasser der Schweiz.» Das Thermalwasser tritt in Baden auf natürliche Weise aus der Erde, weshalb die Quellen bereits in antiker Zeit genutzt wurden. Gegen Ende des 1. Jahrhunderts entstanden ganze Bäderanlagen, sogenannte «Aquae Helveticae», die allerdings bereits in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts zu einem grossen Teil wieder zerstört oder überbaut wurden.
Das FORTYSEVEN positioniert sich ganz klar als Wellness-Therme für Körper, Geist und Seele, 4‘500 Quadratmeter gross. Der medizinische Aspekt, sagt Obrist, sei aber wegen der positiven Auswirkung auf die mentale Gesundheit in gewisser Hinsicht durchaus vorhanden, zumal warmes, mineralisiertes Wasser äusserst entspannend wirke. «Wir sprechen eine klar definierte Zielgruppe an», ergänzt sie. «Im FORTYSEVEN wird es niemals eine Kinderrutschbahn oder einen Wasser-Gymnastik-Kurs geben.»
Ein Gang durch die Anlage
Meret Obrists Angebot, uns durch die Anlage zu führen, nehmen wir gerne an. Zuerst geht es in den Hauptbereich mit insgesamt elf Becken. Kalt- und Warmbäder gibt es hier, dazu drei Aussenbecken. Das Wasser kommt mit rund 47 Grad aus den Quellen, es muss deshalb nicht speziell aufgeheizt werden, um warm in die Becken zu kommen. Die Thermalbecken im Aussenbereich werden aus Energieeffizienzgründen jeden Abend abgesenkt in «unterirdische» Auffangbecken, wo das Wasser warm bleibt.
Weiter geht es zu den verschiedenen Sauna-Bereichen mit Dampfbädern, Duschen und stündlichen Sauna-Aufgüssen. Auch der Schneeraum fehlt hier nicht. Und ja: Im Schneeraum ist es kalt. Sehr kalt.
Die Spuren der alten Römer
Wenig später stehen wir in den Katakomben des Bads und schauen durch eine grosse Glaswand auf eine Ausgrabung: das Kesselbad. Es sind Überreste der alten römischen Bäder. Die Trennwand zwischen zwei Badebereichen, führt Obrist aus, sei als eine Art Verhütungsmethode betrachtet worden. Männer und Frauen hätten separat gebadet, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern. Weitere Funde seien von der zuständigen Archäologin Andrea Schär unter dem heutigen FORTYSEVEN zwar gemacht, aber nur zum Teil ausgelegt worden, sagt Meret Obrist. Und tiefer graben durfte man nicht, denn Heilwässer haben im Kanton Aargau seit 1869 einen Schutzstatus. Die Suche nach neuen Thermalwasserquellen ist weitgehend verboten, was auch Ausgrabungsarbeiten stark einschränkt. Gerade in Baden, wo es bereits 19 Quellen gibt, ist die Gefahr nicht unerheblich, versehentlich weitere anzubohren.
Meret Obrist weist uns den Weg zurück und erklärt unterwegs: «Ein Drittel des Wassers, welches das FORTYSEVEN aus den Quellen bezieht, wird übrigens auf die verschiedenen Becken verteilt. Die anderen zwei Drittel werden für den Unterhalt des Gebäudes genutzt – das heisst: Wir brauchen keinen Boiler, wir heizen und klimatisieren die Räumlichkeiten mit Thermalwasser.»
Nach und nach wird der Geräuschpegel lauter. Immer deutlicher hören wir das Wasser im öffentlichen Bad strömen und sprudeln. Genau da wollen wir jetzt auch hin.
Bild: Annalea Gottermayer