Von Kokone Shigemitsu*
Ichigo Ichie. Diesen Spruch gibt es in Japan schon lange. Wörtlich übersetzt bedeutet es, dass man eine bestimmte Person beziehungsweise einen bestimmten Gegenstand nur einmal in seinem ganzen Leben trifft.
[Bild: rietberg.ch]
Das Sprichwort ging aus den Teezeremonien hervor. Es könnte das erste und auch das letzte Mal sein, dass man die Teeschale sieht, die vor einem steht, vielleicht wird man nie wieder Gäste einladen und die Zeit mit ihnen teilen. Es mag zu ernst und extrem klingen, im 21. Jahrhundert so zu denken, aber dieser Satz lehrt uns, jeden Moment so zu leben, als gäbe es keine zweite Chance.
Ich persönlich interpretiere diesen Satz so: Hallo und auf Wiedersehen können sehr leicht kommen und gehen, also versuchen Sie, einander nicht zu verpassen.
Plötzliche Trennungen passieren sehr selten, aber es gibt da einen Moment, an den ich mich immer erinnern werde. Es war das Frühjahr 2020, als mein Austauschjahr wegen der globalen Pandemie plötzlich zu Ende ging. Ohne mich persönlich von meinen Mitschülern und Lehrerinnen verabschieden und mich bei ihnen bedanken zu können, musste ich die Schweiz verlassen. Seit dem Tag sind zwei Jahre vergangen. Ich denke an die Tage im Aargau, ich vermisse die Menschen, die Luft und die Landschaft der Schweiz. Mein Austauschjahr hat mir sehr viel bedeutet, es war für mich sicher eine «once in a lifetime experience».
Auch im 21. Jahrhundert können Begegnung und Abschied plötzlich sein, jedes Wiedersehen ist kostbar. Ichigo Ichie erinnert mich immer daran, wie wichtig die alten Lehren auch heute noch sein können.
*Kokone Shigemitsu war 2020 Austauschschülerin in der damaligen Abteilung G1A.