Aktuelles, Alte Kanti, Bericht, Sage & Schreibe Nr. 35, Sage & Schreibe online!

Begegnung erleben

Am 8. und 9. März 2022 hatten die Schülerinnen und Schüler aller 2. Klassen der Alten Kanti die Gelegenheit, im Rahmen von massgeschneiderten Modulen spannende Persönlichkeiten aus allen Bereichen der Gesellschaft kennenzulernen.
Die sage&schreibe-Redaktorinnen Amina Colombo, Alexandra Ihle, Ella Jost, Paynavi Punithakumar, Valeria Tomassini und Selina Wick
haben ausgewählte Module besucht und berichten hier von ihren Erfahrungen und Eindrücken.

Modul Psychische Krankheiten

Das Thema «psychische Krankheiten» ist aktueller denn je. Die Kliniken sind voll, die Warteschlangen lang. Vor allem mit der Pandemie und der damit verbundenen Isolation ist das Thema «Gesundheit» und eben auch die «psychische Gesundheit» mehr in den Fokus gerückt. Früher ein Tabuthema, wird heute immer mehr offen darüber gesprochen. Dadurch fällt es Jugendlichen, die übrigens besonders stark betroffen sind, leichter, sich über ihr psychisches Befinden zu äussern.
Das sagt auch Lukas Bösiger, Psychologe, den wir Anfang März im ask! zusammen mit der G20H im Rahmen des Projekthalbtages «Begegnungen» getroffen haben. In diesem Modul, dass sich rund um psychische Krankheiten und mentale Gesundheit drehte, durften wir einen vertieften Einblick in den Fachbereich der Psychologie erhalten.
Nach einer kurzen Vorstellungsrunde tauchten wir tiefer in die Welt der Psychologie ein. Anhand von verschiedenen theoretischen Aspekten sowie anschaulichen Beispielen gab uns Lukas Bösiger einen Einblick in die Funktionsweise der menschlichen Psyche. Mithilfe eines Filmausschnittes wurde uns aufgezeigt, wie eine psychische Krankheit aussehen kann. Auch erfuhren wir Wissenswertes über ein in der Psychologie essenzielles Modell: das sogenannte Bio-Psycho-Soziale Modell. Laut diesem Modell gibt es unterschiedlichste Einflüsse, welche eine psychische Erkrankung auslösen können. So kommen entweder unsere Denkweise und Wesensrt, unsere Genetik oder unser Umfeld als Krankheitsauslöser infrage. Dazu lernten wir mehr über unterschiedliche Ansätze, wie eine mentale Krankheit behandelt werden kann. Auch über die Tätigkeiten des asks! und die des Psychologischen Dienstes erfuhren wir einiges. Über Letzteren kann man auf der Website des asks! weitere Informationen und nötigenfalls Hilfe finden: Standorte und Öffnungszeiten | ask! – Beratungsdienste für Ausbildung und Beruf.

Von Amina Colombo und Alexandra Ihle, G19A

Modul Sucht

Das Modul Sucht leiteten die Sozialarbeiterin Salome Widmer-Nikol von der Klinik im Hasel und ein abstinent Süchtiger, der dort in Therapie war. Eine süchtige Person wird ihr ganzes Leben lang suchtgefährdet bleiben, obwohl sie nicht mehr aktiv ihrer Sucht nachgeht. Daher bezeichnet man Menschen, welche eigentlich clean sind, nicht als geheilt, sondern als abstinent Süchtige. Wichtig zu sagen ist, dass die Sucht zwar eine behandelbare Krankheit ist, aber dennoch oft tödlich endet. Viele Süchtige kommen erst sehr spät in die Behandlung, zu spät, um abstinent zu werden. Das und viele weitere Grundinformationen wurden uns von Salome vermittelt. Zusammengefasst ist Sucht eine chronische psychische Krankheit. Eine Sucht entwickelt sich aus Gewohnheitsritualen, und man spricht von Sucht, sobald das Stillen des Verlangens wichtiger ist als alles andere. Das war auch der Fall bei dem Suchtbetroffenen, der das Modul mitleitete. Er erzählte uns von seinen Erfahrungen mit der Sucht, was sehr eindrücklich, aber auch beunruhigend war.

Gegen Ende des Moduls erhielten wir die Möglichkeit, dem Betroffen Fragen zu stellen, und ein respektvoller und angeregter Austausch entstand. Das Modul zeigte uns eindrücklich, was für eine schlimme Krankheit Sucht ist und dass es jeden treffen kann.
Weitere Informationen und auch eine Liste von Anlaufstellen sind unter www.suchtschweiz.ch zu finden.

Von Ella Jost und Selina Wick, G19A

Modul Sehbehinderung

Chantal Cavin erzählte uns sehr offen von dem Zeitpunkt, als sie mit 14 Jahren erblindete und inwiefern sich dadurch ihr Leben veränderte. Wir erfuhren auch von ihren zahlreichen Erfolgen, denn Chantal war mehrmals Weltmeisterin im Para-Schwimmen und auch Weltrekordhelterin. Wir waren erstaunt, denn wir realisierten, dass nicht einfach eine blinde Frau, sondern ein Sportstar vor uns stand. Heute ist Chantal Cavinkeine Profischwimmerin mehr, aber immer noch sehr sportlich. Sie läuft Marathons und absolvierte bereits mehrere Ironmans, was die meisten Sehenden nie schaffen würden. Um an solchen Wettkämpfen teilnehmen zu können, braucht Chantal sogenannte Guides, die sie begleiten. Zu zweit zu laufen, ist nicht zu unterschätzen, denn man ist nur so schnell, wie der Schwächere: dies durften wir selbst ausprobieren. Während des Laufens waren die zwei Personen über eine Schnur in der Hand miteinander verbunden.
Schliesslich durften wir erfahren,, wie es ist, nichts zu sehen. Jeder bekam eine Augenklappe, und anschliessend erkundeten wir in Zweierteams das Sportareal der Telli auf eine ganz neue Weise. Ohne zu sehen die Orientierung zu behalten, ist gar nicht so einfach. Auch das Treppensteigen, etwas Alltägliches, wird auf einmal zur Herausforderung, ganz zu schweigen von einer Partie Blinden-Fussball, an der wir uns zum Schluss versuchen konnten.

Es war ein sehr spannender, lehrreicher Morgen. Die direkte Begegnung mit Betroffenen, mit ihnen zu sprechen und sich auszutauschen, war etwas Spezielles und Einmaliges. Auch für einen kurzen Moment am eigenen Leib zu erfahren, welche Hindernisse das Leben einer blinden Person beeinflussen, war sehr interessant und hinterliess einen bleibenden Eindruck.

Von Ella Jost und Selina Wick, G19A

Modul Armut in der Schweiz

Zusammen mit der Sportklasse G20S der Alten Kanti verbrachten wir einen ganzen Vormittag bei der Caritas Aargau. Wir lernten, wie versteckt Armut sein kann und dass Alltagssituationen, wie auswärts Essengehen oder Kindergeburtstage zu einer finanziellen Challenge werden können.
Mithilfe eines Rollenspiels, um die weltweite Armutsverteilung zu veranschaulichen, startete der Halbtag. So lancierte die Caritas Aargau einen spannenden Morgen zum Thema Armut.
Der Einstieg in das Thema «Armut in der Welt» wurde durch einige Fakten angereichert. Einer davon war, dass 1% der Menschheit gleich viel Geld hat wie die restlichen 99% zusammen. Damit wir die verschiedenen Formen von Armut verstehen konnten, wurden uns die Definitionen aufgezeigt, welche für das Verständnis des Themas essenziell waren und sind.
Denn «Armut ist nicht gleich Armut!» Das war die Hauptmassage des Halbtages.
Eine der Armut-Arten ist die «extreme» Armut, bei welcher die betroffenen Menschen sich nicht mehr ihre Grundbedürfnisse leisten können. Diese Art nennt man auch die absolute Armut. Laut der Weltbank ist man absolut arm, wenn man weniger als 1,90 US-Dollar pro Tag zur Verfügung hat. Dies betrifft mehr als 750 Mio. Menschen auf der Welt.
Jedoch kann Armut genauso gut in unsichtbarer Form auftreten. Diese wird dann als relative Armut bezeichnet. Die Definition orientiert sich am sozialen Umfeld der Menschen und gilt dann, wenn man ein kleineres Einkommen besitzt als der Durchschnitt der Gesellschaft. In der Schweiz gibt es laut Statistiken keine absolute Armut, jedoch sind viele von der relativen Armut betroffen. Viele verheimlichen dies und schämen sich dafür. Da man es diesen Menschen oft nicht ansieht, ist es für sie schon eine grosse Hilfe, wenn man aufmerksam bleibt und Verständnis zeigt.
Um denjenigen, die von Armut betroffen sind, zu helfen, muss man nicht immer spenden. Vorzuschlagen einmal bei jemandem zuhause zu kochen, statt auswärts essen zu gehen, kann manchen Betroffenen schon Vieles bringen. Es zeigt, dass man ihre Lage versteht und eine für sie unangenehme Situation, in der sie das Essen absagen müssten, da sie sich es nicht leisten können, vermeidet.
Die beiden Referenten gaben uns verschiedene Szenarien vor, in die wir uns hineinversetzen mussten. So sollten wir als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern unseren Monatslohn so aufteilen, dass er bis zum Monatsende reichte. Wir durften immer zwischen verschiedenen Budgetposten wählen. Und immer mussten wir uns die Frage stellen: Will oder muss ich dafür wirklich Geld ausgeben?, Es war eindrücklich zu erfahren, wie schwierig es ist, solche Entscheidungen zu treffen. Es ist wirklich eine richtige Challenge, dass am Ende des Monats noch Geld übrigbleibt. Doch so ergeht es vielen Familien, auch in der Schweiz.
Caritas Schweiz hilft mit vielen Projekten und Engagements. Eines davon ist die «KulturLegi». Mit diesem Ausweis erhalten Armutsbetroffene bis zu 70% Rabatt auf Eintrittspreise und Kurskosten von Kultur-, Bildungs- und Sportinstitutionen. Damit man jedoch diese Legitimationskarte erhält, muss man nachweisen können, dass man unter oder am Existenzminimum lebt. Der lehrreiche und spannende Halbtag endete mit dem Besuch des Caritas- Secondhand-Ladens in Aarau, welcher ein Teil der «KulturLegi» ist.

Von Paynavi Punithakumar und Valeria Tomassini, G19A


[Bild: zVg]