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Die letzte Generation in der Zeitenwende? 

Geschichte ist eine Rekonstruktion der Vergangenheit. Das lernen alle meine Schülerinnen und Schüler in den ersten Geschichtsstunden. Nur ist das mit der Rekonstruktion so eine Sache. Denn jede Rekonstruktion hat auch mit Interpretation und politischen Interessen zu tun. So ist es wenig erstaunlich, dass es beispielsweise nicht die eine Rekonstruktion des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gibt. Vielmehr haben der russische Präsident, die grosse Mehrheit der Russinnen und Russen, aber auch viele der sogenannten «Putin-Versteher» hier im Westen eine andere Version der Geschichte als neutralere Betrachter. Wenn Rekonstruktion also nicht faktenbasiert geschieht, haben wir es nicht mit historischen Wahrheiten, sondern mit Geschichtsklitterung zu tun, mit Fake News und letztlich mit politischer Propaganda. Grundsätzlich wirken sich Umdeutungen von historischen Fakten nicht nur auf die Gegenwart aus, sondern sie sind auch eminent zukunftswirksam. Dies ist gerade angesichts einer zu befürchtenden neuen Teilung der Welt in Demokratien und autoritäre bis totalitäre Diktaturen problematisch, befördert aber auch massiv die Spaltung innerhalb der westlichen Gesellschaften.

Von Sebastian Grüninger, Lehrer für Geschichte

Selbstverständlich sind politische Blockbildungen und Spaltungstendenzen in pluralistischen Gesellschaften nicht neu; im Gegenteil: sie sind wesentlicher Bestandteil davon Ich erinnere mich gut an das Schreckgespenst Sowjetunion, das vor allem im bürgerlichen Lager heraufbeschworen wurde, aber auch an dessen Gegenstück, die tatsächlichen und vermeintlichen neoimperialistischen Bestrebungen der USA, die im Kalten Krieg vor allem vom linken Lager angeprangert wurden. Abhängig von der politischen Gesinnung ganz unterschiedlich gedeutet wurden etwa auch die Fakten im Zusammenhang mit dem Fichenskandal, den Jugendprotesten der 1980er-Jahre oder der frühen Umweltbewegung im Zuge von Waldsterben und Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Emotionen, politische Propaganda und Demagogen gab es schliesslich bereits im Alten Athen.

Im Zuge der medialen und gesellschaftlichen Digitalisierung und Algorithmisierung bekommt die interessengeleitete Rekonstruktion von Geschichte aber eine ganz neue Qualität. Vor dreissig Jahren wusste man noch, von welchen Zeitungen was zu erwarten war, oder man glaubte es zumindest. Heute ist die Gemengelage einigermassen unübersichtlich. Zum einen hat sich die Tonlage im politischen Diskurs deutlich verschärft, zum andern kommt insbesondere in digitalen Echokammern eine zunehmend menschenverachtende Gesinnung offen zum Ausdruck. Gesinnung ist alles in einer Gesellschaft, die sich vom Versuch einer möglichst neutralen Rekonstruktion von Geschichte verabschiedet hat. Denn Gesinnung braucht heutzutage kaum noch Argumente, kaum Fakten – und Geschichte, wie sie einem gefällt. Im postfaktischen Zeitalter wird Gesinnung von Emotionen generiert. In diesem Zusammenhang stellen sich unangenehme Fragen: Was geschieht dort, in diesen digitalen Echokammern, weitgehend unter Ausschluss der breiten Öffentlichkeit? Wer steuert die Algorithmen heute und in Zukunft? Wie entwickelt sich diese «Kommunikationskultur» weiter und wie wirkt sie sich auf Gesellschaft und Politik aus?

Da ich kein Hellseher, sondern nur Historiker bin, habe ich keine schlüssige Antworten auf diese Fragen. Klar aber scheint mir, dass von unserem Umgang mit den Herausforderungen der digitalen Welt und der Globalisierung nichts weniger als der Zusammenhalt unserer freiheitlichen, pluralistischen Gesellschaft abhängt.

Viele Politiker und Forscherinnen rechnen damit, dass wir in Zukunft mit weniger Sicherheiten leben müssen: Der lebenslange fixe Job ist für die meisten längst Geschichte, die Rentensicherheit scheint zu wanken, aus den Armuts- und Konfliktgebieten Afrikas und Asiens drängen mit periodischen Ausschlägen immer mehr Menschen in unser mitteleuropäisches Paradies, selbst die seit Jahrzehnten andauernde Friedenszeit in der westlichen Welt scheint akut bedroht: Auch nach zwei Jahren noch führt Putin einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine, seit dem Spätsommer schwelt der Kosovo-Konflikt wieder bedrohlich, und am 7. Oktober hat die radikal-islamische Hamas das demokratische Israel mit nie gekanntem palästinensischem Terror attakiert und damit den nahöstlichen Dauerkonflikt zum erneuten Krieg ausgeweitet.

Zu alledem kommt der Klimawandel. Haben wir bereits die ersten «Kipp-Punkte» erreicht, welche eine immer stärkere Beschleunigung der Erderwärmung unumkehrbar machen? Zumindest ein Teil der Wissenschaft behauptet das, und keine ernstzunehmende Institution ist der Meinung, dass wir noch viel Zeit für wirksame Gegenmassnahmen haben. Was erwartet unsere Schülerinnen und Schüler? Werden sie tatsächlich die «letzte Generation» sein, wie es eine Gruppe von Klimaaktivist/-innen behauptet? Wann werden die ersten Flüchtlinge bei uns eindeutig als «Klimaflüchtlinge» einzustufen sein, und wie gehen wir mit ihnen um? Beunruhigenderweise haben die oben genannten politischen Konflikte dieses mindestens so zukunftsrelevante Thema teilweise aus den Schlagzeilen verdrängt, trotz Rekordhitzesommer und Extremwetterereignissen.

Düstere Aussichten, so scheint es. Und sowieso: Früher war alles besser.

Nein, war es nicht! Noch nie gab es in den westlichen Gesellschaften so viele individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, so viele denkbare Lebensentwürfe, so viele neue Perspektiven wie heute. Auch wenn gewisse Tendenzen wie etwa das konsequente Gendern, Klimakleben, Ernährungstrends oder Körperkult so manches Gemüt erhitzen – die Gesellschaft soll und kann diese und viele weitere Entwicklungen zulassen. Werte wandeln sich – und das ist gut so! Denn so wird Zukunft. Schön, dass wir uns heute noch nicht vorstellen können, was die Zukunft noch alles an Ideen, kulturellen Leistungen und Spielarten von Geschmack und Lifestyle für uns bereithält.

Schon jetzt jedenfalls ist zu erkennen, dass unsere Schülerinnen und Schüler vieles für selbstverständlich halten, woran ältere Jahrgänge sich erst noch gewöhnen müssen: Online-Dating, das Vordringen des Englischen in Alltags- und Bildungssprache, die Digitalisierung von immer mehr Bereichen des Lebens, der achtsame Umgang mit Queerness aller Art – die Aufzählung könnte fast beliebig weitergeführt werden.

Es ist wohl kein Zufall, dass solche Entwicklungen in den autoritär geführten wertekonservativen Staaten unterbunden werden durch Zensur, Diskriminierung und Verfolgung. Wir sind gut beraten, solche rückwärtsgewandten Tendenzen nicht unsere Zukunft bestimmen zu lassen.

Dann besteht die berechtigte Hoffnung, dass wir auf guten Wegen in die Zukunft gehen; dann kann es uns gelingen, einen Umgang mit den neuen digitalen Kommunikations- und Informationsformen zu finden, der sich wieder vermehrt an Fakten orientiert und die Gesellschaft nicht weiter spaltet; dann werden sich bei allen Herausforderungen, vor die uns die multipolare Weltordnung stellt, auch Chancen zeigen, gerade für Schwellenländer und bisher unterprivilegierte Regionen des globalen Südens; dann dann sind die schrecklichen Ereignisse in Israel und Palästina nicht nur eine Zäsur im Nahost-Konflikt, sondern auch ein Wendepunkt hin zu einer positiven Entwicklung, an deren Ende die friedliche Koexistenz von Israelis und Palästinensern steht; dann, schliesslich, nutzen wir die Energieprobleme, die uns aus den vielfältigen Konflikten erwachsen, zur konsequenten und schnellen Dekarbonisierung,

Es gibt also durchaus Anknüpfungspunkte für Optimismus: Voraussetzung dafür ist jedoch zweifellos, dass die Teilhabe an den Errungenschaften und Möglichkeiten der Moderne in den Regionen sowie den sozialen Milieus dieser Welt zunimmt und nicht verhindert wird. Nur so können wir sicher sein, dass die «Letzte Generation» mit ihrer apokalyptischen Zukunftsvision nicht Recht behält.

Bild: Hanna Siegel

In kleinen Schritten zu einer umweltbewussteren Kanti

Auch 2021 gab es im Rahmen des Projektunterrichts an der Alten Kanti wieder einen Aktionstag rund um die Themen Ernährung, Lebensmittel und Abfall. Genau genommen war es ein Halbtag am 14. September 2021, an dem sich die Abteilungen G19A, G19F und G19H beteiligten und der von Sabrina Aegerter, Fabia Brentano, Lara Dredge und Manuela Knecht geleitet wurde. Ein Erfahrungsbericht. Weiterlesen

Masken im Schweizer Brauchtum

Wie wichtig sind unsere Bräuche heute noch? Manche geraten in Vergessenheit, andere werden immer noch von ganzen Regionen gelebt. Ganz besonders Bräuche, in denen Masken eine zentrale Rolle spielen, scheinen trotz (oder wegen!) ihrer jahrhundertelangen Geschichte nach wie vor im Trend zu sein. Worin also liegt die Faszination von Masken im Brauchtum? Und was verbirgt sich dahinter? Weiterlesen

Zuekonft ond Scheffbroch

Von Erst Strebel

As aute Ma, wo scho öber sebezg Johr Zuekonft hender sech het, möcht i Muet mache för d Zuekonft. Aber wen i a d Wäutlag dänke, schiint mer, am stärchschte sege di zerstörerische Chreft, ond d Klimapolitik wärdi prägt vo egoestischer Chorzsechtigkeit.

Do chont mer es italiänisches Gedecht e Senn, wo me e de letschte föfzg Johr emmer weder begleitet het. Gschrebe het’s de Giuseppe Ungaretti em erschte Wäutchrieg, ar italiänisch-öschtrichische Front, zmetzt em maschinelle Abschlachte vo jonge Manne. I probier’s of Mondart z öbersetze.

Heiteri Scheffbröch

(Versa, am 14. Februar 1917)

Ond sofort räist är
wiiter
wie
naoch em Scheffbroch
en öberläbende
Seebär

Em Italiänisch riimt «viaggio» (Räis) met «naufragio» (Scheffbroch). Das han i ned chönne öbersetze. Aber i wönsch vor allem dene, wo no am Aafang vo der Reis stöhnd, dass si naoch de Scheffbröch, wo chum z ’vermiide send, emmer weder wiiterräiesed. Ond ungarettischi «al-legria» wönsch i ou.

PS: «allegro» chame öbersetze met «loschtig», «fröhlech», «vergnüegt», «heiter», «läbhaft», mängisch au met «liechtsennig», «aagheiteret». Me cha wähle, was för all di Scheffbröch passt.

Allegria di naufragi

(Versa, il 14 febbraio 1917)

E subito riprende
il viaggio
come
dopo il naufragio
un superstite
lupo di mare

Ernesto Strebel, Italienischlehrer im Teilamt von 1978 -2015

Kantitag der Kulturen

Am 8. September 2023 ticken die Uhren an der Alten Kanti anders als normal. Der Stundenplan ist ausser Kraft gesetzt, viele Klassenzimmer bleiben leer, Abteilungen mischen sich bunt durcheinander, die Schul- und Sportanlagen sowie weitere Räumlichkeiten in der näheren Umgebung stehen für einen besonderen Anlass bereit – den Kantitag der Kulturen.
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Suomalaisia hauskoja faktoja (DEUTSCH)

Deutsch-Übersetzung

Finnland? – Ach ja, das Land in Skandinavien! – Das denken viele, aber es stimmt nicht. Finnland gehört nicht zu Skandinavien, sondern zu den sogenannten Nordischen Ländern. Soll man dieses Land besuchen? Als Entscheidungshilfe hier ein paar Funfacts:

In Finnland gibt viele Sportarten, die sehr ungewöhnlich sind. Zum Beispiel gibt es Wettbewerbe, bei denen man ein altes Nokia-Handy so weit wie möglich werfen muss (und ja: das Nokia Handy wurde in Finnland erfunden). Dann gibt Wettrennen, bei denen die Männer ihre Frauen tragen müssen. Oder: Fussball spielen im Schlamm. – Wir finden das orignell, denn so was gibt es nur bei uns in Finnland. Und zwar bis heute.

Noch etwas, das populär ist in Finnland: Saunas. In jedem Haus – egal ob klein oder gross, ob billig oder teuer – gibt es eine Sauna. Die Sauna-Kultur ist etwa 2000 Jahre alt und wurde in Finnland erfunden. Es gibt verschiedenene Typen von Saunas: Dampfsaunas, Rauchsaunas, Holzsaunas, türkische Saunas und so weiter. Alle sind sie nicht aus dem finnischen Alltag wegzudenken.

In Finnland gibt es Polarnächte, und es gibt die Mitternachtssonne. Finnland liegt nämlich am Polarkreis; deshalb ist es möglich, dass die Sonne nie untergeht oder nie aufgeht. Das sind fantastische Naturphänomene. Ausserdem gibt es die Nordlichter. Es gibt sogar spezielle Hotels mit transparenten Dächern, damit Touristinnen und Touristen vom Kaminfeuer aus die Sterne und die bunten Nordlichter sehen können. – Übrigens: In Finnland kann man den Nikolaus in seinem eigenen Dorf besuchen.

Und? Entschieden?

Von Anastasia Uosukainen, G23B
Anastasia Uosukainen lebt in Espoo, Finnland. Aktuell besucht sie als Austauschschülerin eine erste Klasse der Alten Kanti.

Finnische Übersetzung

Suomi? – Aah, se maa Skandinaviassa! – Monet ajattelevat niin, mutta se ei pidä paikkaansa. Suomi ei kuulu Skandinaviaan, vaan niin kutsuttuihin Pohjoismaihin. Kannattaako tätä maata käydä? Päätöksen tueksi tässä muutamia hauskoja faktoja:

Suomessa on monia epätavallisia urheilulajeja. Esimerkiksi on kilpailuja, joissa heitetään vanhaa Nokia-kännykkää niin pitkälle kuin mahdollista (ja kyllä, Nokia-kännykkä keksittiin Suomessa). Sitten on kilpailuja, joissa miehet kantavat vaimonsa. Tai: jalkapalloa mutaisella kentällä. – Pidämme sitä omaperäisenä, koska tällaista on vain meillä Suomessa. Ja vielä tänään.

Toinen asia, joka on suosittua Suomessa: saunat. Jokaisessa talossa – oli se sitten pieni tai suuri, halpa tai kallis – on sauna. Saunakulttuuri on noin 2000 vuotta vanha ja se keksittiin Suomessa. On erilaisia saunoja: höyrysaunoja, savusaunoja, puusaunoja, turkkilaisia saunoja ja niin edelleen. Ne kaikki ovat kiinteä osa suomalaista arkea.

Suomessa on napajäätä, ja siellä on keskiyön aurinko. Suomi sijaitsee nimittäin napapiirillä; siksi aurinko ei koskaan laske tai nouse. Nämä ovat fantastisia luonnonilmiöitä. Lisäksi on revontulia. On jopa erityisiä hotelleja läpinäkyvillä katoilla, jotta matkailijat voivat nähdä tähdet ja värikkäät revontulet takkatulen äärellä. – Muuten: Suomessa voi vierailla joulupukin omassa kylässä.
Entä sitten? Päätetty?

Von Anastasia Uosukainen, G23B
Anastasia Uosukainen lebt in Espoo, Finnland. Aktuell besucht sie als Austauschschülerin eine erste Klasse der Alten Kanti.

Bild: Anastasia Uosukainen

«Der digitale Richter bleibt hoffentlich Utopie» 

Gesetze sind juristische Setzungen. So leicht lassen sie sich nicht verändern. Genau dies aber verlangt der rasant fortschreitende gesellschaftliche und technologische Wandel. Wie soll das gehen, und wo setzt man in Zukunft die Schwerpunkte? – sage&schreibe hat nachgefragt beim Aarauer Oberrichter Dr. Lukas Cotti.
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Der Mensch der Zukunft

Arten verändern sich, so auch Homo sapiens. Was offensichtlich für seine kulturellen Errungenschaften gilt, stimmt auch für seine natürlichen Eigenschaften, bestimmt durch sein Erbgut. Was, wenn wir diese genetische Entwicklung aktiv beeinflussen und gestalten wollten? Wo könnten wir ansetzen, und wie müssten wir dabei vorgehen? Ein weihnächtliches Gedankenspiel.
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Die letzte Generation in der Zeitenwende? 

Von Sebastian Grüninger, Lehrer für Geschichte

Geschichte ist eine Rekonstruktion der Vergangenheit. Das lernen alle meine Schülerinnen und Schüler in den ersten Geschichtsstunden. Nur ist das mit der Rekonstruktion so eine Sache. Denn jede Rekonstruktion hat auch mit Interpretation und politischen Interessen zu tun. So ist es wenig erstaunlich, dass es beispielsweise nicht die eine Rekonstruktion des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gibt. Vielmehr haben der russische Präsident, die grosse Mehrheit der Russinnen und Russen, aber auch viele der sogenannten «Putin-Versteher» hier im Westen eine andere Version der Geschichte als neutralere Betrachter. Wenn Rekonstruktion also nicht faktenbasiert geschieht, haben wir es nicht mit historischen Wahrheiten, sondern mit Geschichtsklitterung zu tun, mit Fake News und letztlich mit politischer Propaganda. Grundsätzlich wirken sich Umdeutungen von historischen Fakten nicht nur auf die Gegenwart aus, sondern sie sind auch eminent zukunftswirksam. Dies ist gerade angesichts einer zu befürchtenden neuen Teilung der Welt in Demokratien und autoritäre bis totalitäre Diktaturen problematisch, befördert aber auch massiv die Spaltung innerhalb der westlichen Gesellschaften.

Selbstverständlich sind politische Blockbildungen und Spaltungstendenzen in pluralistischen Gesellschaften nicht neu; im Gegenteil: sie sind wesentlicher Bestandteil davon Ich erinnere mich gut an das Schreckgespenst Sowjetunion, das vor allem im bürgerlichen Lager heraufbeschworen wurde, aber auch an dessen Gegenstück, die tatsächlichen und vermeintlichen neoimperialistischen Bestrebungen der USA, die im Kalten Krieg vor allem vom linken Lager angeprangert wurden. Abhängig von der politischen Gesinnung ganz unterschiedlich gedeutet wurden etwa auch die Fakten im Zusammenhang mit dem Fichenskandal, den Jugendprotesten der 1980er-Jahre oder der frühen Umweltbewegung im Zuge von Waldsterben und Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Emotionen, politische Propaganda und Demagogen gab es schliesslich bereits im Alten Athen.

Im Zuge der medialen und gesellschaftlichen Digitalisierung und Algorithmisierung bekommt die interessengeleitete Rekonstruktion von Geschichte aber eine ganz neue Qualität. Vor dreissig Jahren wusste man noch, von welchen Zeitungen was zu erwarten war, oder man glaubte es zumindest. Heute ist die Gemengelage einigermassen unübersichtlich. Zum einen hat sich die Tonlage im politischen Diskurs deutlich verschärft, zum andern kommt insbesondere in digitalen Echokammern eine zunehmend menschenverachtende Gesinnung offen zum Ausdruck. Gesinnung ist alles in einer Gesellschaft, die sich vom Versuch einer möglichst neutralen Rekonstruktion von Geschichte verabschiedet hat. Denn Gesinnung braucht heutzutage kaum noch Argumente, kaum Fakten – und Geschichte, wie sie einem gefällt. Im postfaktischen Zeitalter wird Gesinnung von Emotionen generiert. In diesem Zusammenhang stellen sich unangenehme Fragen: Was geschieht dort, in diesen digitalen Echokammern, weitgehend unter Ausschluss der breiten Öffentlichkeit? Wer steuert die Algorithmen heute und in Zukunft? Wie entwickelt sich diese «Kommunikationskultur» weiter und wie wirkt sie sich auf Gesellschaft und Politik aus?

Da ich kein Hellseher, sondern nur Historiker bin, habe ich keine schlüssige Antworten auf diese Fragen. Klar aber scheint mir, dass von unserem Umgang mit den Herausforderungen der digitalen Welt und der Globalisierung nichts weniger als der Zusammenhalt unserer freiheitlichen, pluralistischen Gesellschaft abhängt.

Viele Politiker und Forscherinnen rechnen damit, dass wir in Zukunft mit weniger Sicherheiten leben müssen: Der lebenslange fixe Job ist für die meisten längst Geschichte, die Rentensicherheit scheint zu wanken, aus den Armuts- und Konfliktgebieten Afrikas und Asiens drängen mit periodischen Ausschlägen immer mehr Menschen in unser mitteleuropäisches Paradies, selbst die seit Jahrzehnten andauernde Friedenszeit in der westlichen Welt scheint akut bedroht: Auch nach zwei Jahren noch führt Putin einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine, seit dem Spätsommer schwelt der Kosovo-Konflikt wieder bedrohlich, und am 7. Oktober hat die radikal-islamische Hamas das demokratische Israel mit nie gekanntem palästinensischem Terror attakiert und damit den nahöstlichen Dauerkonflikt zum erneuten Krieg ausgeweitet.

Zu alledem kommt der Klimawandel. Haben wir bereits die ersten «Kipp-Punkte» erreicht, welche eine immer stärkere Beschleunigung der Erderwärmung unumkehrbar machen? Zumindest ein Teil der Wissenschaft behauptet das, und keine ernstzunehmende Institution ist der Meinung, dass wir noch viel Zeit für wirksame Gegenmassnahmen haben. Was erwartet unsere Schülerinnen und Schüler? Werden sie tatsächlich die «letzte Generation» sein, wie es eine Gruppe von Klimaaktivist/-innen behauptet? Wann werden die ersten Flüchtlinge bei uns eindeutig als «Klimaflüchtlinge» einzustufen sein, und wie gehen wir mit ihnen um? Beunruhigenderweise haben die oben genannten politischen Konflikte dieses mindestens so zukunftsrelevante Thema teilweise aus den Schlagzeilen verdrängt, trotz Rekordhitzesommer und Extremwetterereignissen.

Düstere Aussichten, so scheint es. Und sowieso: Früher war alles besser.

Nein, war es nicht! Noch nie gab es in den westlichen Gesellschaften so viele individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, so viele denkbare Lebensentwürfe, so viele neue Perspektiven wie heute. Auch wenn gewisse Tendenzen wie etwa das konsequente Gendern, Klimakleben, Ernährungstrends oder Körperkult so manches Gemüt erhitzen – die Gesellschaft soll und kann diese und viele weitere Entwicklungen zulassen. Werte wandeln sich – und das ist gut so! Denn so wird Zukunft. Schön, dass wir uns heute noch nicht vorstellen können, was die Zukunft noch alles an Ideen, kulturellen Leistungen und Spielarten von Geschmack und Lifestyle für uns bereithält.

Schon jetzt jedenfalls ist zu erkennen, dass unsere Schülerinnen und Schüler vieles für selbstverständlich halten, woran ältere Jahrgänge sich erst noch gewöhnen müssen: Online-Dating, das Vordringen des Englischen in Alltags- und Bildungssprache, die Digitalisierung von immer mehr Bereichen des Lebens, der achtsame Umgang mit Queerness aller Art – die Aufzählung könnte fast beliebig weitergeführt werden.

Es ist wohl kein Zufall, dass solche Entwicklungen in den autoritär geführten wertekonservativen Staaten unterbunden werden durch Zensur, Diskriminierung und Verfolgung. Wir sind gut beraten, solche rückwärtsgewandten Tendenzen nicht unsere Zukunft bestimmen zu lassen.

Dann besteht die berechtigte Hoffnung, dass wir auf guten Wegen in die Zukunft gehen; dann kann es uns gelingen, einen Umgang mit den neuen digitalen Kommunikations- und Informationsformen zu finden, der sich wieder vermehrt an Fakten orientiert und die Gesellschaft nicht weiter spaltet; dann werden sich bei allen Herausforderungen, vor die uns die multipolare Weltordnung stellt, auch Chancen zeigen, gerade für Schwellenländer und bisher unterprivilegierte Regionen des globalen Südens; dann dann sind die schrecklichen Ereignisse in Israel und Palästina nicht nur eine Zäsur im Nahost-Konflikt, sondern auch ein Wendepunkt hin zu einer positiven Entwicklung, an deren Ende die friedliche Koexistenz von Israelis und Palästinensern steht; dann, schliesslich, nutzen wir die Energieprobleme, die uns aus den vielfältigen Konflikten erwachsen, zur konsequenten und schnellen Dekarbonisierung,

Es gibt also durchaus Anknüpfungspunkte für Optimismus: Voraussetzung dafür ist jedoch zweifellos, dass die Teilhabe an den Errungenschaften und Möglichkeiten der Moderne in den Regionen sowie den sozialen Milieus dieser Welt zunimmt und nicht verhindert wird. Nur so können wir sicher sein, dass die «Letzte Generation» mit ihrer apokalyptischen Zukunftsvision nicht Recht behält.

Bild: Hanna Siegel

Geschlechtsneutrale Fashion 

Von Susanna Burkhard, G21K

Die Marken Gucci und Zara sind nicht gerade bekannt für ihre Gemeinsamkeiten. Trotz ihrer Unterschiede haben sie jedoch etwas gemeinsam: Beide haben in den letzten Jahren geschlechtsneutrale Modelinien veröffentlicht. Ein Trend, welcher immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Das Prinzip von «Unisex Mode» ist simpel. Anstatt Modelinien separat für Frauen und Männer zu entwerfen, wird bei Unisex Mode eine einzige Linie für alle Geschlechter vermarktet. Dies ist in mehrfacher Hinsicht sinnvoll: Oft bestehen solche Linien aus Kleidungstücken, deren Funktion den meisten Personen, egal welchen Geschlechts, bereits bekannt ist, wie zum Beispiel weite Hosen, Blazer oder T-Shirts in neutralen Farben. Zudem ist solche Kleidung oft sehr bequem und funktional. Besonders im Vergleich zu den meisten Frauenmode-Linien ist dies ein Vorteil, da zweckmässige Funktionen wie Hosentaschen bei Frauenmode gerne minimiert werden.

Der Trend spiegelt auch die generelle Genderdebatte, welche zunehmend an Bedeutung gewinnt. Selbstverständlich wird es noch eine Weile dauern, bis wir uns in einem Kleidungsgeschäft nicht mehr zu der für ein Geschlecht bestimmten Kleidungsabteilung durchfragen müssen. Unisex Mode stellt jedoch die wichtige Frage, ob geschlechterspezifische Kleidung tatsächlich einen bestimmten Nutzen hat oder ob es sich dabei doch eher um ein veraltetes Konzept handelt. Es sind genau solche Fragen, welche als Ansatz für grössere Veränderungen dienen können.

«Ich lese in meiner Freizeit keine Businessbücher» 

Alois Zwinggi: von der Zementindustrie zum Managing Director des World Economic Forum

sage&schreibe hat Alois Zwinggi, den Managing Director des World Economic Forum, in Cologny am Genfersee zu einem persönlichen Gespräch getroffen. Der Innenschweizer erzählt von seinem Werdegang, von den Anliegen des WEF und macht sich Gedanken über die Zukunft. Ein intensives und humorvolles Gespräch, bei dem der charismatische Alois Zwinggi auch einiges von sich selbst preisgibt.
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Intellektualitätsposerei 

Von Anna Caviezel, G20F

Es gibt eine sehr spezielle Art von intelligenten Menschen. Die Intelligenz, bei der in einem simplen Apfel die Verkörperung des Guten oder der Unschuld gesehen wird. Es geht nicht darum, etwas zu essen, sondern man erörtert philosophisch dieses nun abstrakte Symbol. Mit solchen Menschen kann jedes banale Gespräch über das Wetter zu einer wissenschaftlichen Debatte über die Flüchtigkeit der Nimbostratuswolken werden. Eine simple oder klare Antwort existiert in dieser Welt schlichtweg nicht. Denn warum soll man etwas verständlich erklären, wenn man alle von seiner scheinbaren Intelligenz überzeugen kann und in jedem Gespräch unbedingt erwähnen muss, dass man «Stolz und Vorurteil» gerne gelesen hat, das Stück Weltliteratur aber ein bisschen zu einfältig fand.

Es wird mit Begrifflichkeiten um sich geworfen, die nicht mal der Duden kennt. Und doch scheint es diese Menschen aufs Tiefste zu befriedigen, wenn sie diesen Schwall an Wörtern ausgekotzt haben, denn sie schauen sich Beifall heischend um und warten vielleicht sogar darauf, dass man klatscht. Es ist, als würden sie in einem intellektuellen Zirkus auftreten, bei dem die wahre Kunst darin besteht, so zu tun, als wisse man alles besser, ohne tatsächlich etwas Substanzielles zu irgendetwas beizutragen.

Auf solche Intelligenz können wir alle getrost verzichten, denn es geht nicht um die Sache, nicht ums Verstehen, nicht um Erkenntnis. Es geht nicht einmal um sich selbst, sondern einzig um den hohlen Kopf, der narzisstisch zur Schau getragen wird.

Self Care: das neue Erfolgsrezept! 

Von Lena Tschannen, G20F

Triggerwarnung: Unerwünschte Nebeneffekte des unten skizzierten Erfolgsrezepts könnten Einsamkeit, sozialer Ausschluss und Verlust des nahestehenden Kreises sein. Hilfe bietet jederzeit die Dargebotene Hand unter der Nummer 143.

Wenn es etwas gibt, das dich immer weiterbringen wird, dann ist es Egozentrik. Schließlich musst du dich durchsetzen, um herauszustechen, oder wie sonst stellst du dir vor, die Masse zu übertreffen? Aber wie kannst du das auch verkaufen in einer Umgebung, die aus lauter Sittenwächtern besteht? Die Antwort ist einfach: Nenne es Self Care. Wenn du dich ausschließlich um dich selbst kümmerst und dabei niemand anderen als dich selbst im Blick hast, können die Leute kaum verärgert über dich sein, denn du willst ja nur das Beste für dich, damit du das Beste geben kannst für alle anderen. «Werde die beste Version von dir selber» soll deine neue Maxime sein. Du widmest dir selbst deine ganze Zeit und Energie. Wenn dabei Gefühle von anderen verletzt werden, dann ist das nicht dein Problem. Der Erfolg der Menschheitsgeschichte liegt im Einzelgängertum. Die grössten Popstars wie Beyoncé und Taylor Swift spielen schliesslich nicht in einer Band, sondern praktizieren diesen Leitgedanken. Was also lernst du daraus? Setze dein bestes «Mir ist alles egal»-Gesicht auf und heb den Mittelfinger in die Luft. Jetzt ist deine Zeit gekommen! Und wenn es anderen nicht passt, dann gehst du aufs Ganze: Schneide sie komplett aus deinem Leben heraus!

Zeitgenössischer Tanz 

Von Eowyn Wark

Wenn man früher an Tanz dachte, kam einem sofort das Bild einer Ballerina in den Sinn. Perfekte Linien, perfekte Technik und ein Tutu mit Spitzenschuhen. Heute dringt ein anderer Stil immer mehr in die Köpfe der Gesellschaft: Contemporary oder Zeitgenössischer Tanz. Zeitgenössischer Tanz ist ein Sammelbegriff für die choreografische Bühnentanzkunst der Gegenwart. Anfang 1900 wurde in Amerika in Abgrenzung zum klassischen Ballett der Begriff «Modern Dance» von Martha Graham geprägt. In Deutschland entstand im Zeichen des Expressionismus der deutsche Ausdruckstanz.

Während im Ballett strikte Formen und Positionen vorgegeben sind, besteht zeitgenössischer Tanz nicht nur aus einer Technik oder ästhetischen Form. Er entwickelt sich aus der Vielfalt verschiedener Tanzstile und Techniken und sucht Grenzüberschreitungen. Somit versucht man vorhandene Formen und Normen zu brechen und neue Wege zu finden. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Viele Leute wissen daher nicht so recht, was sie mit dem Gesehenen anfangen sollen, wenn sie zum ersten Mal eine Aufführung eines zeitgenössischen Stückes gesehen haben.

Am Anfang ist diese Art von Kunst sehr gewöhnungsbedürftig. Doch ich lege allen ans Herz, noch ein zweites oder drittes zeitgenössisches Stück sehen zu gehen, bevor sie sich vom Thema abwenden. Eine spezielle Welt braucht eine spezielle Kunstform, und dies ist dem zeitgenössischen Tanz gelungen.

Eowyn Wark war bis 2023 Schülerin der G20B. Im Januar 2024 hat sie ihre Ausbildung an der Stage School Hamburg begonnen.

Obsession Zukunft

Die Gegenwart gestalten. Im Moment leben. Irgendwie versuchen wir das ja alle. Immer wieder aber bremst uns dabei die Erinnerung aus, denn die Vergangenheit hat uns zu dem gemacht, was wir sind. Und die Zukunft? Für uns alle ein weisses Blatt, das wir beschreiben sollen. Das ist unheimlich. Ungelebtes Leben verunsichert, weckt Ängste und Hoffnungen. Nicht wenige beschäftigt die ungewisse Zukunft deshalb mehr als die Gegenwart. Woran liegt es, dass wir uns so schwertun mit dem Augenblick? Woher die Faszination für das, was noch gar nicht ist? Der Psychologe Prof. Dr. Christopher J. Hopwood von der Universität Zürich liefert Antworten.

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Partnersuche vor Publikum

Während man früher mangels Alternativen im richtigen Leben nach einer Partnerschaft suchte, sieht das heute ganz anders aus. Zahlreiche Internet-Plattformen ermöglichen Dating im virtuellen Raum. Selbst vor laufenden Fernsehkameras lässt sich das Beziehungsglück suchen. Und in der Zukunft? Werden wir bald unseren Avatar zum ersten Date schicken? – Wir haben einen gefragt, der sich auskennt mit der Partnersuche: Stephan Schulz, Casting-Verantwortlicher der Schweizer TV-Dating-Sendung «Bauer, ledig, sucht…».

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Die Wespe im Weltall 

Von Nadia Bajrami

Luca richtete sich zu voller Grösse auf und versuchte vergeblich, einen Blick auf den Brief in den Händen seiner Mutter zu werfen, die konzentriert am Pult sass. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, doch auch das half nicht. Also hüpfte er auf den alten Stuhl neben dem Pult – seinen heissgeliebten Mount Everest. Von oben herab starrte er nun gebannt auf das Papier, die Augen weit aufgerissen. Es sah aus, als hätte man ihm blaue Murmeln in das Marshmallow-Gesicht gedrückt. «Mama!», rief er halb ratlos, halb belustigt, «dieses Zeichen da oben links sieht aus wie ein Elefant!»

«Hör mal, mein Schatz, Mama braucht jetzt Zeit für sich allein, ja.»

«Aber ich hab doch gar nichts gemacht!»

Als die Mutter nicht antwortete, kraxelte er mit einem betont lauten Seufzer von seinem Berg herunter und stampfte aus dem Arbeitszimmer, dass der Boden vibrierte. Aber die Mutter reagierte noch immer nicht.

Im Wohnzimmer liess er sich auf das Sofa fallen, verschränkte die Arme vor der Brust und schob trotzig die Lippen vor. Dann fiel Lucas Blick auf die Fernbedienung auf dem Salontisch. Bevor er nach dem Gerät langte, schaute er noch einmal in Richtung Arbeitszimmer, dann schaltete er den Fernseher an und suchte den Kanal mit seiner Lieblingsserie.

Ein sprechender Seestern jammerte, er sei auf der Strasse einer toten Miesmuschel begegnet. Der gelbe Schwamm – nicht weniger redselig – entgegnete: «Tote Miesmuscheln zu berühren – das ist gefährlich. Schlimme Krankheiten können übertragen werden, man kann sogar daran sterben.»

Luca rümpfte die Nase. Schluckte. Schauderte. Wie konnte etwas Totes einen tot machen? Er hatte immer gedacht, nur Lebendiges könne etwas töten.

Mit diesem mulmigen Gefühl machte er den Fernseher aus, legte die Fernbedienung weg und ging auf sein Zimmer.

Auf dem Weg dorthin kam er schnell auf andere Gedanken, denn es galt, wie immer, so über den Boden zu hüpfen, dass er nicht in die abgrundtiefen Canyons zwischen den Fliesen stürzte. In seinem Zimmer setzte er sich auf den bunten Auto-Teppich und bastelte aus Legosteinen ein Raumschiff mit Leoparden-Muster. Immer wieder versuchte er dabei, das Geräusch eines Raumschiff-Antriebs nachzuahmen, doch da er keine Ahnung hatte, wie sich so was anhörte, liess er sich ein Geräusch einfallen, das wie eine seltsame Mischung aus Mofa und Elektroroller klang.

Versunken in seine Arbeit und konzentriert auf sein Triebwerksgeräusch, hatte er nicht bemerkt, dass eine Wespe durch das offene Fenster ins Zimmer geflogen war und sich ins Bücherregal gesetzt hatte. Als der Düsenantrieb stockte und stotterte und der kleine Weltraumtechniker wütend mit den Armen fuchtelte, hob sie wieder ab und flog Schleifen im Zimmer. Sie brummte jetzt so laut, dass Luca auf sie aufmerksam wurde. Er zuckte, zog den Kopf ein und griff reflexartig nach einem Heft, das auf dem Boden lag.

Wespen gehörten definitiv nicht ins Weltall, also musste er den nervenden Brummer in die Flucht schlagen, und zwar richtig. In der einen Hand das Heft, in der anderen das Raumschiff, schlug er wild um sich, bis es still war.

Er hörte noch einmal genau hin, dann war er beruhigt.

Er hatte es geschafft. Er hatte das Weltall heldenhaft verteidigt und war nun in Sicherheit. Erleichtert widmete er sich wieder dem Raumschiff und zog nach erfolgreicher Reparatur neue Bahnen durch seine überirdische Welt. Direkt über dem Bücherregal entdeckte er einen neuen Planeten, neben der Spielzeugkiste gleich drei.

Nachdem er noch zwei Sterne am Rand des Teppichs gefunden hatte, knurrte ihm der Magen, und er wollte sich auch schon aufrappeln, als seine Finger etwas berührten. Er schaute genau hin und vergass zu atmen. Mitten auf dem Teppich, zwischen ein paar bunten Lego-Steinen, lag die Wespe, die er eben aus seinem Universum vertrieben hatte. Sie lag auf dem Rücken, die dürren Beinchen zeigten zum Planeten über dem Bücherregal. Und sie bewegte sich nicht.

Moment mal – hatte er die Wespe tatsächlich angefasst? Luca roch kurz an seinen Fingern und fragte sich, wie eine Wespe überhaupt rieche. Eine tote Wespe.

Er wurde bleich. Wie war das noch mal? Was hatte der blöde Schwamm gesagt? Schlimme Krankheiten… Luca spürte, wie ihm gleichzeitig heiss und kalt wurde.

Langsamer als sonst tapste er ins Arbeitszimmer der Mutter. Vorsichtig. Leise.

«Mama?», flötete er, «darf ich dich was fragen?»

«Hm?»

«Wie steht es eigentlich so mit – ich meine, mit Wespen?»

«Wespen? Wie kommst du denn –»

«Also, nehmen wir mal an… eine Wespe stirbt. Wespen sterben ja, oder?»

Sie hob den Kopf, kniff die Augen zusammen und sah ihn fragend an. «Korrekt, ja. Aber –»

«Und Wespen sind ja Tiere…»

«Ja, und Katzen und Hunde und Bienen sind auch Tiere. Keines lebt ewig – selbst wir Menschen sterben eines Tages.»

«Das weiss ich doch – aber wegen der Wespe, Mama!»

Ihr Blick verdüsterte sich, Falten zogen sich über die Stirn. «Wie bitte? Ich versteh gar nichts, Luca.»

Luca spürte, wie sein Herz pochte. Sie verlor allmählich die Geduld, aber er musste es wissen, selbst wenn ihm die Antwort nicht gefiel. Und er durfte nicht weinen. Astronaut mit einem riesigen Raumschiff war er; bis zur letzten Sekunde seines Lebens würde er nicht heulen. Trotzdem wollte er es wissen, unbedingt.

«Also rein theoretisch, Mama: Kann ein totes Tier Krankheiten übertragen?»

Luca war ein bisschen stolz darauf, diesen Begriff benutzt zu haben. Rein theoretisch. Den hatte er von seiner Mutter.

«Wie kommst du denn darauf?»

«In der Schule meinte Tobias, dass das möglich ist. Er sagte, er habe mal so was im Fernsehen gesehen.»

«Also, es ist schon möglich. Rein theoretisch.»

Die Mutter legte eine Pause ein und dachte nach. Dann erklärte sie: «Wenn dich zum Beispiel ein Fuchs beisst, der Tollwut hat, kann diese Krankheit auch auf dich übertragen werden. Verstehst du? Dann folgen Gliederschmerzen, schreckliche Krämpfe und Angst vor Wasser. Der Speichel läuft dir übers Kinn, und schlussendlich stirbst du.»

Luca schluckte.

«Also nur bei Füchsen, oder?»

«Auch bei Hunden und Wölfen.»

«Und rein theoretisch auch bei Wespen?»

«Hat dich etwa eine gestochen?»

Er zögerte, räusperte sich, machte den Mund auf und schloss ihn wieder. Er musste das Gespräch sofort beenden, andernfalls würde Mama etwas ahnen. Das durfte er natürlich nicht riskieren. Schliesslich war er Astronaut.

«Nein, nein. Ich dachte bloss», sagte er und ging so leise aus dem Arbeitszimmer, wie er reingekommen war.

Luca legte sich auf sein Bett. Wenn er den Kopf leicht drehte, sah er die Wespe auf dem Teppich. Sein Herz klopfte bis in den Hals hinauf, ihm wurde ganz übel.

Mit einer ruckartigen Bewegung zog Luca die Decke über den Kopf.

Und wartete.

«You’re dead only if you’re warm and dead» 

Eine der wenigen Gewissheiten im Leben ist zweifellos die Unumstösslichkeit dess Todes. Könnte man denken. Denn schon bald wird der Tod möglicherweise nicht mehr das Ende des Lebens sein, sondern der Anfang zu einem neuen. Dies jedenfalls ist das Forschungsgebiet der Kryobiologie, die damit experimentiert, Tote einzufrieren, um sie zu gegebener Zeit wieder zum Leben zu erwecken. sage&schreibe hat den Molekularbiologen Patrick Burgermeister, einen der Vorreiter auf dem Gebiet, zum Gespräch getroffen.
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Zukunft und Politik 

Klimakrise, Migration, steigende Energie- und Lebenshaltungskosten, rekordhohe Krankenkassenprämien – selten war die Schweiz mit so vielen existenziellen Problemen gleichzeitig konfontiert. Nachhaltige Lösungen erhoffen wir uns von der Politik. sage&schreibe hat mit Martin Bäumle, Nationalrat GLP, und Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz, zwei Politiker aus unterschiedlichen Lagern und Generationen mit Fragen zur politischen Zukunftsgestaltung konfrontiert.
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Zukunftsforschung? Zukunftsforschung! 

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Zukunft ist ein verhältnismässig junger Forschungszweig. Die Zukunftsforschung versucht Trends und Entwicklungen in den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft oder Innovation frühzeitig zu erkennen, damit uns die Zukunft nicht unvorbereitet trifft. – sage&schreibe hat mit der renommierten Zukunftsforscherin Karin Frick vom Gottlieb Duttweiler Institut gesprochen und unter anderem gefragt, wie genau man etwas erforscht, was es noch gar nicht gibt.
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Die Magie musikalischer Harmonie im eigenen Heim 

Hausmusik, eine jahrhundertealte Tradition, beschreibt das gemeinschaftliche Musizieren in den eigenen vier Wänden. Dabei vereinen sich Familie, Freunde und musikbegeisterte Nachbarn, um in entspannter Atmosphäre zusammen zu musizieren. Dieses intime Musikerlebnis schafft eine einzigartige Magie, die in größeren Konzertsälen selten erfahrbar ist.
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För s Reglemänt 

Von Ernst Strebel*

Velech het sech öpper ufgregt öber mi letscht Kolumne. Dass en aute Sack, wo nömm a de Front esch, gäg d Reglemänt schribt. Aute Sack esch ok, aber i be ned gäg aui Reglemänt. Zom Bispel wär i för es rigoroses Reglemänt gäg die, wo d Strosse blockiere. Gäg die, wo Tag för Tag, äine oder äini eläi, emene (meischt idiotisch grosse) Auto hocke ond d Strosse verstopfe. Di Auti Kanti esch jo diräkt betroffe. E Kolleg, e begäischterete Biolog, het for Johre an ere Wiiterbeudig gsäit, dass s Strosse-Drüegg om öisi Schuel för Tier em Park e Todesgränze seg. För d Mönsche zwar ned, aber em Lärm und de Abgas send täglech öppe 1500 Jongi vo der Kanti ond KSB usgsetzt. Of die sött me Röcksecht näh ond d Strosse för e Vercher speere. Woäne met de Auto? Ondere Bode. Grossi Städt händ U-Bahne; Aarau (wo jo scho di Meyersche Stolle het) chönt di erscht (fasch grossi) Stadt met U-Strosse wärde: Die Stadt der schönen Giebel und der stillenden Stollen.

Jetz spennt dä aut Sack totau, wärde di Automobile rüefe. Aute Sack esch we gsäit ok, aber d Idee stammt vom grosse Dechter Friedrich Schiller, wo em letschte Värs vo «Nenie» schriibt: «Denn das Gelärme geht klanglos zum Orkus hinab.» Ecco!

PS: I ha fasch 40 Johr lang gschompfe öber e Strosselärm rond om öisi Schuel. I ha bem Onterrechte em Sommer d Fäischter ned chönne uftue. Nie aber ben i met eme Transparänt of d Loränzi gstande. I ha de Muet ned gha.

* Italienischlehrer im Teilamt von 1978–2015

De Vouäärnter

«Nääääi!» No äinisch «nääääi!» Denn es dritts Moou. Deewääg luut und schaarf, dass mes wiitume ghöört, bis zum Waudrand, bis abe zum Schiessplatz und bis is Buech use. Di paar Spaziergänger im Waud bliibe stoo, schüttle de Chopf und froge sech, was ächt loos seig. E Schlegerei drei Taag vor de Wienecht? De Haubstarche isch jo äu der Advänt nümm häilig. Nach eme Wiili hets plötzlech überluut ghüület, entsetzlech, häärzzerriissend. Aui sind schweer verschrocke, hätte gäärn ghouffe, aber e kene het gwüsst, wohäär dass s chunt.
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»Nicht alles ist bei uns traurig»

In der Schweiz werden laut Bundesamt für Statistik jährlich knapp 20’000 Menschen Opfer von häuslicher Gewalt. Bei mehr als 70% der Fälle handelt es sich um Frauen. Als Zufluchtsort für betroffene Frauen und deren Kinder gibt es in der Schweiz 23 Frauenhäuser. sage&schreibe hat Rosmarie Hubschmid, die Leiterin des Frauenhauses Aargau-Solothurn, über Zoom getroffen und Einblick erhalten in eine wichtige Institution.
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Schöner Wohnen

Zweifellos ist es die Wohnungseinrichtung, die uns ein Gefühl von Behaglichkeit und Zuhause-Sein vermittelt. Die gemütliche Sofa-Ecke, der grosse Esstisch, ein Bücherregal, vielleicht. sage&schreibe wollte wissen, wie die Schweizerinnen und Schweizer wohnen, und hat einen gefragt, der sich auskennt: Ralph Hasler, Mitglied der Geschäftsleitung und Regionalverkaufsleiter von Pfister.
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Jeden Tag ein bisschen mehr ankommen

Nach dem völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine fühlten sich Anna Pavlova und Liudmyla Pavlova nicht mehr sicher in ihrem eigenen Land. Mutter und Tochter versuchten der ständigen Bedrohung zu entkommen und verliessen die Ukraine. Seit April 2022 leben die beiden zusammen mit drei Landsleuten am Hallwilersee. Angst um ihr Leben brauchen sie keine mehr zu haben. Doch die Angst um ihre Lieben nimmt ihnen keiner.
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Zuhause in der WG

Die klassische Wohnsituation von Studentinnen und Studenten: die Wohngemeinschaft. sage&schreibe hat eine Neun-Personen-WG in Zürich besucht, um mehr über das studentische Zusammenleben zu erfahren. Red und Antwort gestanden sind zum einen die 22-jährige Jelena Hufschmid, die an der Uni Zürich Veterinärmedizin studiert und seit November 2020 in der WG lebt, zum anderen Janick Baumann, 23, der Gesundheitswissenschaften und Technologie an der ETH studiert und Mitte Juni in die WG eingezogen ist.
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ALLEGRA! (Deutsch)

Von Katrin Brupbacher*

Allegra! Forsa pensasch uossa da l’aua minerala. Forsa üna jada hast gìa vis üna buttiglia sü la maisa d’ün restaurant. Ubain hasch però fat vacanzas en chantun Grischun, ingio scuntrasch «allegra» sün via: sco salüd, surtuot enturn mezdi ed davomezdi. Eu chat quai in fich bel salüd: el cuntegn l’allegria. Oriundamaing fa apart dals idioms rumantschs Putèr, Vallader/Jauer che vegnan scrits e discurrids en Engiadina ed en Val Müstair.

Quai cun la quarta lingua naziunala es üna chosa cumplicada: main co 0.5% en Svizra discuorran rumantsch sco lura lingua principala, e lura i sun tschinch idioms!

Ünsacura sco giuvenila eu vaiva decidì d’imprender tuot las quatter linguas naziunalas. Id ha deplorablamain durà ün pa fin che eu n’ha pudü cumanzar. Durant ün sogiuorn plü lunga en Val Müstair avant trais ons eu n’ha quai pudü as metter vi. Intant che meis uffants sun sfunsads en la lingua in scoula, sün la plazza da ballapè ed en l’auto da posta cun lur collegas, eu n’ha fat ün prüm pass cun meis vaschinas chi han 80 onns ed plü, insembel cun café ed un cudesch da cuors. Daspö eu exercitesch la lingua durant las fins d’eivnas ed en vacanzas en Val Müstair. I basta s-chars per scriver quist text – ed con quist eu as di adieu. Grazia fichun ed a revair, Alte Kanti!

Deutsche Übersetzung

Allegra! Vielleicht denkst du jetzt an Mineralwasser. Vielleicht hast du irgendwann mal eine solche Flasche auf einem Tisch im Restaurant gesehen. Oder aber du hast Ferien in einer Ecke Graubündes gemacht, wo «allegra» dir auf der Strasse begegnet: als Grusswort, vorwiegend um den Mittag und am Nachmittag. Ich finde das einen sehr schönen Gruss: er trägt die Freude, die allegria, in sich. Ursprünglich gehört er in die rätoromanischen Idiome Putèr, Vallader/Jauer, die im Engadin und im Val Müstair geschrieben und gesprochen werden.

Ja, das mit der vierten Landessprache ist eine komplizierte Sache: weniger als 0.5% der Schweizer Bevölkerung nennen sie ihre Muttersprache, und dann gibt es auch noch fünf Idiome!

Irgendwann als Jugendliche habe ich entschieden, alle vier Landessprachen zu lernen. Es hat leider etwas lange gedauert, bis ich das in Angriff nehmen konnte. Während eines längeren Aufenthalts im Val Müstair vor drei Jahren habe ich damit begonnen. Während meine Kinder in der Schule, auf dem Fussballplatz und im Postauto mit ihren Kollegen in die Sprache eintauchten, habe ich mit meinen über 80-jährigen Nachbarinnen bei Kaffee und mit einem Kursbuch erste Versuche gemacht. Seither übe ich an Wochenenden und in den Ferien im Val Müstair. Es reicht gerade, um diesen Text zu schreiben – und mit ihm verabschiede ich mich. Danke vielmals und auf Wiedersehen, Alte Kanti!.

*Katrin Brupbacher, langjährige Geschichtslehrerin an der Alten Kanti, wird ab August 2023 als Gründungsrektorin die neue Kantonsschule Fricktal in Stein aufbauen und leiten.

Damit Herkunft keine so grosse Rolle mehr spielt…

Jugendliche mit Migrationshintergrund oder aus finanziell bescheidenen Verhältnissen unterstützen und fördern und für sie eine Brücke schlagen, damit sie nach der obligatorischen Schulzeit leichter Zugang zu einer weiterführenden Schule finden? «Chagall» macht es möglich. Das Förderprogramm wird neu auch in Aarau umgesetzt.
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Ein neues Zuhause im Pflegezentrum

Für viele Menschen ist der letzte Umzug ein besonders schwieriger, denn er bedeutet, vom alten Zuhause Abschied zu nehmen und sich in einem Alters- oder Pflegezentrum neu einzuleben. Was bedeutet dieser Schritt für die Betroffenen? Wie wichtig ist es gerade für ältere Menschen, sich zuhause und geborgen zu fühlen? sage&schreibe hat das Pflegezentrum Sanavita AG in Windisch besucht – und nachgefragt beim Geschäftsleiter und drei lebensfrohen Bewohnerinnen.
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Festung Europa

Von Melanie del Fabro, G21E

Die Aussengrenzen Europas werden immer undurchdringlicher. Es gibt kaum legale Fluchtwege. Diejenigen, die es trotzdem versuchen, geniessen zu wenig Schutz, laufen Gefahr, ausgebeutet, geschlagen, gefoltert oder gar getötet zu werden.

Die Abschottungspolitik der EU beziehungsweise Europas zeigt gerade im Juni 2023 wieder ihr hässliches Gesicht.

Frontex arbeitet mit der libyschen Küstenwache zusammen, um illegale Pushbacks von Flüchtlingsbooten in Auftrag zu geben oder gar durchzuführen. Die kroatische Polizei zwingt Geflüchtete illegal und mit Gewalt zurück über die bosnische Grenze. Die griechische Küstenwache greift bei einem der schrecklichsten Schiffsunglücke viel zu spät ein, woraufhin über 600 Menschen im Mittelmeer ertrinken.

Sobald Menschen nicht-europäisch beziehungsweise nicht-weiss sind oder kein Kapital besitzen, sind ihre Leben kaum mehr etwas wert. Allein seit 2016 gab es über 27’000 Tote im Mittelmeer. Viele davon hätte man retten können, doch Seenotrettungsaktivist/-innen werden kriminalisiert, während Frontex gerne bewusst wegschaut und Fluchtrouten nach Europa erschwert.
In Zukunft wird es allein aufgrund der Klimakrise Millionen Menschen geben, die ihr Land verlassen müssen. Sie werden trotz der grossen Risiken versuchen, Europa zu erreichen, denn die Gefahr in ihrer Heimat ist grösser.

Nun bleibt die Frage, was sich in Europa schliesslich durchsetzt: Menschenrechte oder Rassismus?

Mr. Sportkanti goes Fliegenfischen

Dr. Andreas Hunziker, Rektor
mit Unterstützung von Dr. Martin Burkard, Rektor a.D.

Aarau und Boniswil. An diesen zwei Orten im Aargau hat Kurt Büchler Wurzeln geschlagen. Noch heute verrät sein Dialekt jedoch unmissverständlich die Solothurner Herkunft: In Olten wuchs er auf und besuchte die Kanti, in Solothurn absolvierte er das Oberseminar. Bereits während seines Sport-Studiums an der ETH aber schnupperte er als Stellvertreter und Skilagerleiter Alte-Kanti-Luft – bis er 1984 eine Anstellung als Hilfslehrer im Fach Sport erhielt und damit definitiv in Aarau ankam. 1993 wurde er zum Hauptlehrer gewählt, weitere 10 Jahre später zum Prorektor. Dieses Amt prägte er während 20 Jahren massgeblich und nachhaltig.

Verbunden mit Aarau war er auch durch seine grosse Leidenschaft, den Handballsport, fanden doch die Trainings und Spiele des TV Suhr in der Aarauer Schachenhalle statt. Als Rückraumspieler war er im Nationalliga-A-Team stets ein sicherer Wert. Ein grosser Rückhalt war er auch bis zuletzt für unsere Schule. Denn auch als Prorektor packte Kurt die Dinge sportlich an, – klar und geradlinig, immer das Resultat im Blick. Für die Alte Kanti war und ist es ein Glück, dass Kurt eindeutige Abmachungen und Regeln liebte, verdankt sie ihm doch zahlreiche wichtige Überarbeitungen von Reglementen im Bereich Organisation und Administration. Seine umsichtig ordnende Hand wird uns fehlen, aber die Spuren, die er beispielsweise im Bereich Spezieller Unterricht, im Austauschwesen oder in verschiedenen Krisenkonzepten hinterlassen hat, werden bleiben.

Kurts Verdienste erschöpfen sich freilich nicht im Organisatorischen und Administrativen. Immer stand für ihn nämlich der Mensch im Vordergrund. Nicht selten traf ich Kurt nachdenklich an; Schicksalsschläge von Schülerinnen oder Schülern, aber auch von Lehrpersonen oder Mitarbeitenden machten ihm ebenso zu schaffen wie soziale Ungerechtigkeiten. Wo es ihm möglich war, bot er deshalb Unterstützung mit Rat und Tat, auch ausserhalb der Schule. So engagiert er sich etwa seit Jahren als ehrenamtlicher Stiftungsrat der Stiftung FARO für Menschen mit kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen.

Kantonal, wenn nicht sogar national bekannt wurde Kurt seit 2005 als Mitgründer und Leiter des Sportgymnasiums an der Alten Kanti, das es schulisch starken Spitzensportlerinnen und -sportlern ermöglicht, das Gymnasium in fünf statt vier Schuljahren abzuschliessen. Seiner Initiative und planerischen Finesse ist es auch zu verdanken, dass der Lehrgang 2022 dank eines deutlich flexibleren Unterrichtsmodells mit mehr selbstständigen Arbeitsformen für die Schülerinnen und Schüler nachhaltig modernisiert werden konnte. Kurts Kontakte in die Welt des (Handball-)Sports waren bei seiner Arbeit als Mr. Sportkanti immer wieder Gold wert für unsere Schule.

Seine Fähigkeiten als Projektleiter stellte Kurt nicht zuletzt als Verantwortlicher für die Sportanlage Telli unter Beweis, als er ab Ende der 90er-Jahre die Reorganisation und Modernisierung der komplexen Strukturen begleitete und dabei eng mit Stadt und Kanton zusammenarbeitete.

Privat schlug Kurt Wurzeln in Boniswil am Hallwilersee, wo er bis heute mit seiner Familie lebt – in einem alten Bauernhaus, bei dessen Umbau der begabte Handwerker und nimmermüde Schaffer auch selbst Hand anlegte. Kreative Pausen gönnt sich Kurt im Garten oder – in enger Zusammenarbeit mit seinem früheren Vorgesetzten – bei der Produktion von edlen Obstbränden. Auch auf dem See ist Kurt regelmässig anzutreffen, wo er sich einem weiteren Hobby, dem Fischen, widmet. Nach der Pensionierung wird er sich übrigens in der schwierigsten Disziplin, dem Fliegenfischen, weiterbilden.
Kurt zieht es aber auch immer wieder weg, in die Glarner Berge, nach Braunwald, wo seine Frau Bea herkommt, auf abenteuerliche Safaris in Afrika, nach Griechenland zum Klettern oder in die Fauna und Flora Costa Ricas.

Ich danke Kurt herzlich für seinen grossen und bis zuletzt unermüdlichen Einsatz zugunsten der Alten Kanti und wünsche ihm Musse und viel Freude bei seinen sportlichen und handwerklichen Aktivitäten – und wunderschöne weitere Entdeckungsreisen im nagelneuen VW-Camper.

Zeitenwende

«Die Zeit ist kein Sumpf, sie ist Strom. Alle Völker nennen sie so, und mit Recht. Denn Stillstand ist nirgends, sondern fortwährender Wandel der Dinge und darum Verwandlung von Allem», schrieb der aus Magdeburg stammende und in Aarau sesshaft gewordene Publizist Heinrich Zschokke (1771 – 1848) im Jahr 1817 in seinen «Überlieferungen zur Geschichte unserer Zeit».
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Frag Aarau

Chiara Audia und Giada Di Lorenzo vom sage&schreibe- Videoteam haben am Weihnachtsmarkt in Aarau
einige Aarauerinnen und Aarauer auf die Probe gestellt und ihr Allgemeinwissen getestet. Ganz nach dem
Motto: «Frag Aarau.»

Zeitenwende

«Die Zeit ist kein Sumpf, sie ist Strom. Alle Völker nennen sie so, und mit Recht. Denn Stillstand ist nirgends, sondern fortwährender Wandel der Dinge und darum Verwandlung von Allem», schrieb der aus Magdeburg stammende und in Aarau sesshaft gewordene Publizist Heinrich Zschokke (1771 – 1848) im Jahr 1817 in seinen «Überlieferungen zur Geschichte unserer Zeit».
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MOREinga am Europäischen Entrepreneurship Finale in Tallinn

Anfang Juni lagen wir uns überwältigt und freudetaumelnd in den Armen. Am nationalen Finale des Company Programmes, organisiert durch Young Enterprise Switzerland, wurden wir zur «Company of the Year 2022» gekürt. Über 200 Miniunternehmen aus der ganzen Schweiz nahmen an diesem Wettbewerb teil, und unsere Leistungen konnten die Jury überzeugen. Dadurch wurden wir für das Europäische Finale nominiert und hatten das Flugticket nach Tallinn in der Tasche. Das bedeutete für uns allerdings viel Arbeit: Geschäftsbericht, Flyer, Homepage, Präsentation etc. – alles musste innerhalb von zwei Wochen auf Englisch übersetzt werden. Weiterlesen

Vom Glück zu spielen

Schon früh war Jakob Schildhauer von der Blockflöte fasziniert, seit seinen ersten Versuchen auf dem Instrument hat der Schüler der Alten Kanti viel erreicht: Er ist Teil der Spitzenförderung Aargau, hat diverse Preise gewonnen, spielt mit den Besten seines Fachs und in so vielen Formationen, dass er selbst manchmal den Überblick verliert. Wir habenden aufstrebenden Flötisten mit Fragen zu seinem Instrument, zur Technik und zu seiner noch jungen Karriere konfrontiert.
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Wenn Geschichte lebendig wird

Im Schweizer Mittelland soll das Mittelalter wieder lebendig werden. Möglich macht es der Verein «abenteuer – zeitreise», welcher den Nachbau einer Siedlung plant, wie sie zwischen 1000 und 1500 n. Chr. ausgesehen haben könnte. Wir haben uns zusammen mit Silvia Aeschimann, der Initiantin des Projekts, einerseits auf eine Zeitreise zurück ins Mittelalter begeben, andererseits aber auch auf eine Reise in die Zukunft, denn die Umsetzung des Projekts steht noch in den Sternen.
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«Die Zeit hat für mich jetzt einen anderen Wert»

Sandresegarem Tharmachandran ist 73 Jahre alt und bereiste dank seiner Arbeit auf Frachtschiffen Länder wie Brasilien, Japan, Amerika, Kanada, Saudi-Arabien und viele weitere. Er flüchtete wegen des Bürgerkriegs aus Sri Lanka und lebt heute in der Schweiz. – Ein Porträt über einen Menschen mit einer besonderen Beziehung zur Zeit.
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Viel zu kurz

Im April 2022 starb völlig überraschend nach kurzer Krankheit der Publizist, Schriftsteller und Germanist Lukas Tonetto im Alter von nur 49 Jahren. Lukas Tonetto unterrichtete von 2019 bis 2022 Deutsch an der Alten Kanti.
Der nachfolgende Text des Musiklehrers Michael Schraner ist eine persönliche Annäherung an einen vielschichtigen, schillernden Menschen und Kollegen, der im Kollegium der Alten Kanti schmerzlich vermisst wird.
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Wie Demenz das Zeitgefühl verschiebt

Von Demenzkranken heisst es oft, sie hätten den Bezug zur Zeit verloren. Tatsächlich verlieren viele das Gefühl für Tag und Nacht, sind mit dem normalen Tagesablauf überfordert. Nicht wenige ziehen sich dann in eine für Aussenstehende verschlossene Vergangenheitswelt zurück. Was macht diese Krankheit mit den Betroffenen? Wie verändert sie insbesondere den Umgang mit der Zeit? sage&schreibe hat nachgefragt bei Ralph Juchli, Wohngruppen-Teamleiter auf der Demenzabteilung des Alterszentrums Haslibrunnen in Langenthal BE.
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Kaufmännische Grundbildung mit neuem Fokus

Mit Beginn des kommenden Schuljahrs verändert sich einiges in den Lehrplänen der Wirtschaftsmittelschule. Verantwortlich dafür ist die vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation, SBFI, konzipierte Reform der kaufmännischen Grundbildung, welche der Digitalisierung und dem Fachkräftemangel Rechnung trägt und Handlungskompetenzen in den Fokus der Ausbildung rückt.
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«Im Gefängnis lebst du in der Vergangenheit»

Für den Rest des Lebens eingesperrt sein. Wegen weniger Minuten, wegen eines grossen Fehlers. Das ist die Realität von B. der heute 56-Jährige wurde im April 2009 festgenom- men und bekam achteinhalb Jahre später das Urteil. Seither verbüsst er eine lange Frei- heitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Lenzburg.* Vor seinem Tod wird er das Gefängnis wahrscheinlich nicht mehr verlassen. Wie er damit umgeht, was das mit einem Menschen macht und was Zeit für ihn bedeutet – mit sage&schreibe hat er darü- ber gesprochen.
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Auf und davon

Ein halbes oder ein ganzes Jahr fremde Familie, fremde Sprache und fremde Kultur satt – dies ist das Programm eines Austausch-Aufenthalts im Ausland. Jedes Jahr wagen zahlreiche Schülerinnen und Schüler der Alten Kanti das Abenteuer, sich auch im übertragenen Sinn auf unbekanntem Terrain zurechtzufinden. sage&schreibe hat vier Schülerinnen der Abteilung G21K gebeten, von ihren Erfahrungen zu berichten.
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«Wir sind alle nur ein Zahnrad in der Uhr des Lebens»

Die Uhrmacherei hat eine lange Tradition in der Schweiz. Uhren verraten mehr als nur die Zeit. Um den Geheimnissen, welche sich hinter den Uhren verstecken, auf den Grund zu gehen, haben wir die Uhrmacherin Rebekka Meier in der Uhrenstadt Grenchen besucht. Sie betreibt dort in der alten Michel-Villa seit Jahren ein Uhrenatelier. Weiterlesen

Die Kunst der Berührung

In vielen Sportarten, aber auch im künstlerischen Bereich ist der Körperkontakt als besondere Form von Nähe zentral. Haut, Schweiss, Atem – wie fühlt sich solch extreme Nähe an? Wir haben den mehrfachen Kickbox-Weltmeister Rocco Cipriano, den «eidgenössischen» Schwinger Nick Alpiger und die Tänzerin und Choreographin Brigitta Luisa Merki getroffen und nach ihren Erfahrungen gefragt. Weiterlesen

Kann man Nähe kaufen?

Der Mensch ist ein soziales Wesen und auf die Nähe zu seinen Mitmenschen angewiesen. Aber was, wenn man diese Nähe in seinem Umfeld nirgends finden kann? Genau diese Zielgruppe spricht «rent a friend» an, das Online-Portal, welches Menschen, die sich einsam fühlen, einen unkomplizierten Weg zu neuen Freundschaften verspricht. Der einzige Haken dabei: Man muss den gemieteten «friend» für die gemeinsam verbrachte Zeit bezahlen. Geniale Geschäftsidee oder schamloses Ausnützen von Einsamkeit? Wir haben den aus Deutschland stammenden Wahl-Basler Leon C. gefragt, einen der potenziellen Friends, die gebucht werden wollen. Weiterlesen

«Nähe ist Nahrung für den Körper»

Assunta Amatucci ist gelernte Sexualbegleiterin und Berührerin für Menschen mit Beeinträchtigung. Wir haben die 55-Jährige in ihrer Praxis in Solothurn besucht, um mehr über diese noch immer weitgehend tabuisierte Arbeit zu erfahren. Wir wollten wissen, wie sie mit ihren Klientinnen und Klienten umgeht und was für sie Nähe bedeutet. Weiterlesen

Shiatsu

Eine Hunderasse? Oder vielleicht Kampfsport? Mit beidem hat Shiatsu nichts zu tun. Shiatsu kommt ursprünglich aus der fernöstlichen Medizin und ist eine Therapie- beziehungsweise Massageart. Um mehr über Shiatsu herauszufinden, haben wir Elena Ritmeisters, ausgebildete Shiatsu -Therapeutin, in ihrer Praxis in Aarau besucht. Weiterlesen

Sichere Häfen für Kinder mit Bindungsstörung

Unser Selbstwert hat sehr viel mit Nähe und sicheren Bindungen bereits im Säuglings- und Kindesalter zu tun. Die Tatsache aber, dass 40 bis 50 Prozent der Menschen als Kind eine unsichere Bindung erfahren haben, lässt aufhorchen. Prof. Dr. Guy Bodenmann, ein führender Experte in der klinischen Paar- und Familienpsychologie, gibt im Interview vertiefte Einblicke in die Thematik der Bindung beziehungsweise Bindungsstörung im Kindesalter. Weiterlesen

Zwischen Leben und Tod

Einen ganz besonderen Beruf hat das Luzerner Medium Maria Piazza. Sie sieht sich als mediale Lebensberaterin, als Vermittlerin zwischen der geistigen und der materiellen Welt und hat daher eine eher ungewöhnliche Nähe zu Verstorbenen. Im Interview gibt sie Einblick in ihre Arbeit, ihre besonderen Fähigkeiten und ihre Beziehung zum Reich der Toten.

Von Amina Colombo und Elin Cattaneo, G19A Weiterlesen

Begegnung erleben

Am 8. und 9. März 2022 hatten die Schülerinnen und Schüler aller 2. Klassen der Alten Kanti die Gelegenheit, im Rahmen von massgeschneiderten Modulen spannende Persönlichkeiten aus allen Bereichen der Gesellschaft kennenzulernen.
Die sage&schreibe-Redaktorinnen Amina Colombo, Alexandra Ihle, Ella Jost, Paynavi Punithakumar, Valeria Tomassini und Selina Wick
haben ausgewählte Module besucht und berichten hier von ihren Erfahrungen und Eindrücken. Weiterlesen

«Die Schönheit der Polyamorie besteht in der grenzenlosen Liebe»

Mehrere romantische Beziehungen zur gleichen Zeit leben wird als Polyamorie bezeichnet. Genau in so einer Beziehung lebt der Schotte Orion Toivonen, welcher bereit war einige Fragen zur Polyamorie zu beantworten. Dabei werden Themen wie Nähe, Liebe oder Eifersucht in polyamorösen Beziehungen behandelt.

Von Valeria Tomassini und Paynavi Punithakumar, G19A Weiterlesen

3 Gedichte mit Audio

Sterbender Sommer
Bernsteinbraune Augen
verlieren sich
in der weiten Menge
der warme Wind wirbelt
in meinem Haar
und roten Blättern
an der Ecke zum Park

Die Schönheit der Welt
liegt in den Zyklen
Geburt und Vergehen
und alles ein Anfang

Denn ich bin verliebt
in den Jungen
der im Café sein Buch liest
in die Mädchen an der Kreuzung
in die alte Dame am Zeitungskiosk

Und vielleicht
ist das Liebe auf Zeit.

—————-
Schwarzer Schnee
Du tanzt barfuss im Schnee
unter tintenschwarzer Nacht
unsere Atemwolken schimmern
im blassen Fensterlicht
wann bist du so schön geworden?

Jubelnde Silvestergäste
hier draussen hören wir sie nicht
zu zweit allein
jung und frei
du tanzt, ich sehe dich –
doch du

—————–
Graffito
I’m sorry I fell for you during a pandemic
steht oben geschrieben
an der düstergrauen Wand

Warum sind es immer fremde Menschen
die mir am vertrautesten sind?

Von Tabea Geissmann

Ein Quöllfrisch – und ab nach La Spezia

Ende November trafen sich drei weisse verheiratete Männer, mittleren Alters im Zimmer15 und diskutierten zwei Stunden lang mehr oder weniger erfolgreich über den BegriffLifestyle. Getrunken haben sie dazu ein Appenzeller Quellfrösch, welche einer der dreiaus einer weissen 5-Rappen-Plastik-Tüte des nahen Grossverteiler gezaubert hatte. Weiterlesen

Biryani Rezept

Von Paynavi Punithakumar, G19A

Reis:
2 Tassen Basmatireis -Reis waschen
3 Tassen Wasser
2TL Salz
1 kleines Stück Butter -Wasser, Salz, Butter und Safran aufkochen
2 Msp. Safran -Reis dazu geben
-Evtl. übrig gebliebenes Wasser vom Reis abgiessen

3 Karotten -Kartoffeln und Karotten in kleine Würfel schneiden und
2 Kartoffeln -mit Salz und Chillipulver gut durchmischen
1 TL Salz
Chillipulver (Menge je nach Schärfe)
Öl – In einer Pfanne zuerst Karotten frittieren, danach die Kartoffeln
50g Erbsen -Erbsen anbraten
Am Schluss den fertigen Reis mit dem Gemüse gut durchmischen.

Poulet-Curry:
2 grosse Zwiebeln -Zwiebeln in kleine Stücke schneiden und in einer Pfanne auf mittlerer Stufe anbraten
500 g Poulet Fleisch -Das Fleisch in mittelgrosse Stücke schneiden und wenn die Zwiebeln goldbraun sind, in die Pfanne geben.
1 ½ TL Salz -Nach etwa einer Minute mit Salz und rotem Curry würzen und Wasser dazugeben, anschliessend aufkochen lassen
Rotes Curry (nach Schärfe anpassen)
100 ml Wasser -Etwa zehn Minuten auf niedriger Stufe weiterkochen lassen
1/2 Zitrone oder Limette -Vom Herd nehmen und Saft der Zitrone oder Limette dazu pressen und gut umrühren. Reis mit dem Curry und mit gekochten Eiern servieren.

«Du kannst du sein»

Mark alias Kira Lafleur hat in der Kunst, in Drag zu performen, das Glück gefunden. Wir haben die 21-Jährige Aargauerin, eine Grösse in der Zürcher Drag-Szene, über Zoom zu ihrer nicht alltäglichen Kunst befragt und einen jungen Menschen kennengelernt, dem es ein Anliegen ist, seine Leidenschaft mit anderen Menschen zu teilen, aber auch Missverständnisse zu klären und mit Vorurteilen aufzuräumen. Weiterlesen

Die Alte Kanti in der grossen weiten Welt

Im Zeitalter der Digitalisierung ist es selbstverständlich, dass auch eine so alte und ehrwürdige Institution wie die Alte Kanti sich die Vielzahl von digitalen Möglichkeiten zu Nutze macht. sage&schreibe bietet hier eine Übersicht über die verschiedenen Arten, wie die Alte Kanti in der grossen weiten Welt auf sich aufmerksam macht. Weiterlesen

«Das Leben ist kurz, deshalb darf es auch intensiv sein»

Ein Künstler-Atelier, ausgestattet mit verschiedensten Werkzeugen. An den Wänden hängen nebst Tiergeweihen Fotos von Landschaften und unendlichen Weiten – aus Grönland oder Patagonien. Eines ist darauf immer zu erkennen: ein Mann, der sich ein Ziel gesetzt hat. Sei es als Expeditionsführer in der Arktis oder als Gleitschirmpilot mit einer Gämse als Passagier im Arm – seine Lebensart bedeutet Risiko. – Wir befinden uns im Büro von Thomas Ulrich. Und was für uns auf den ersten Blick nach Risiko aussieht, ist in Wahrheit detaillierte Planung. Weiterlesen

Lernen für das Klima

Es war das Buch «The Magic of Tidying-up», das Carla Opetnik den Anstoss für ihre besondere Lebensweise bot. Heute ist es Carla selbst, die ihre Mitmenschen «mit einer Prise Ungeduld» und grossem Engagement zum Nachdenken bewegen will, um die Welt ein Stück offener – grüner – zu machen. Ihre Leidenschaft vermittelt die Zürcher Studentin in zahlreichen Projekten wie «bonnieversum» oder «minimalwastezurich». Im Web-Interview bietet sie uns einen Einblick in eine alternative Welt –eine, welche die Bedeutung von Konsumverzicht thematisiert und den Begriff der «Nachhaltigkeit» in ein neues Licht rückt. Weiterlesen

Wir helfen dort, wo es uns braucht

Schon seit vielen Jahren gibt es an der Alten Kanti Aarau eine Schulkommission. Genau. Nur, was tut so ein Gremium? Und braucht es so was überhaupt? – sage&schreibe hat bei Dr. Ruedi Bürgi, ehemaliger Oberrichter und Präsident der Schulkommission, nachgefragt – und überraschende Einblicke in die Arbeit hinter den Kulissen unserer Schule bekommen. Weiterlesen

Wir haben die gleichen Pflichten, aber nicht die gleichen Rechte

Die Jenischen, oft auch «Fahrende» genannt, gehören zu einer Minderheit in der Schweiz, der von der Gesellschaft wegen ihrer Lebensart nicht selten mit Zurückhaltung, Misstrauen oder gar offener Ablehnung begegnet wird. Wir wollten genauer wissen, was das für ein Leben ist, wenn man während der Sommermonate mit der ganzen Familie von Ort zu Ort zieht. Daniel Huber, Präsident der Radgenossenschaft Zürich und heute «sesshaft», hat sich unseren Fragen gestellt. Weiterlesen

Lifestyle

Beim Wort Lifestyle handelt es sich wortgeschichtlich um eine doppelte Entlehnung:
Zuerst übernahm das Englische den Begriff aus dem Deutschen, dann kam er als Rückentlehnung wieder ins Deutsche zurück.
Das Zentrum für digitale Lexikographie der deutschen Sprache zeichnet den Weg des Wortes sehr präzise nach. Demgemäss wird der Begriff Lebensstil des Individualpsychologen Alfred Adler im Jahr 1929 auf Englisch mit «life-style» (mit Bindestrich) wiedergegeben. Erst ab 1946 erscheint lifestyle als eigener Eintrag im Oxford English Dictionary mit der Bedeutung «style or way of living». Das neue englische Wort verbreitet sich anschliessend über den Bereich der Individualpsychologie hinaus in den der Soziologie: Der Begriff Lebensführung von Max Weber wird 1958 mit «style of life» übersetzt, und Louis Wirth gibt seinem Aufsatz den Titel Urbanism as a Way of Life, deutsch: «Urbanität als Lebensform». Aus der Soziologie wird der Begriff lifestyle in die entstehende Konsum- und Werbeforschung übernommen und Ende der Achtzigerjahre zurück ins Deutsche entlehnt. Allerdings verengt sich dabei die Bedeutung: Im Englischen heisst lifestyle dasselbe wie das deutsche «Lebensstil», im Deutschen dagegen ist lifestyle ein Unterbegriff von «Lebensstil». Es bezeichnet einen «Lebensstil, der dem Zeitgeist entspricht und der der sozialen Distinktion dient». Lifestyle feiert das pulsierende Lebensgefühl der Stadtbevölkerung, die Mode und Design, Fitness und Wellness und ganz allgemein hochwertige, erlesene Konsumangebote schätzt.
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Im Kreis

Ziehen im Oberschenkel, Schmerzen im linken Knie. Toxische Männlichkeit, zumindest in Bezug auf den
Säurehaushalt der Beinmuskulatur. Dranbleiben! Dem Typen hinter mir gestehe ich so kurz vor der
Passhöhe kein Überholmanöver mehr zu. Die Lippen sind trocken, der Atem geht stossweise, das
Merinotrikot nimmt den Schweiss zuverlässig auf. Vorfreude auf die obligate Cola Zero auf einer
Scheitelhöhe von 2239 Metern.
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Treffpunkt Text 2021

Sie ist da – die zweite illustrierte Anthologie mit Texten von aktuellen und ehemaligen Schreibtalenten der Alten Kanti. – Ein Buch, das definitiv ins Regal aller Freunde von guter Literatur gehört.

Von Andreas Neeser, Redaktionsleitung

Der zweite Band der Reihe «Treffpunkt Text» enthält Geschichten und Gedichte von 14 Autorinnen:

Caroline Buck, Lena Franke, Tabea Geissmann, Tatjana Gligorevic, Hannah Hermann, Sarah Hunziker, Sophie Kuse, Anja Obrist, Skyla Rossi, Sofiya Schweizer, Priska Steinebrunner, Anna Sophia Stöckli, Olivia Studer, Sara Katarina Trailovic.

Künstlerisch bereichert wird die Textsammlung von der eigenständigen, ausdrucksstarken Bilderspur von Sebastian Samek.

Das Buch in englischer Broschur wurde in einer Auflage von 350 Exemplaren gedruckt und kann zum Preis von CHF 20 (CHF 10 für Schülerinnen und Schüler) auf dem Sekretariat erworben werden: info@altekanti.ch.

Weitere Texte von Schreibtalenten sind zu finden auf der Website von «Treffpunkt Text»: www.treffpunkttext.ch.

Zorro und die Panzerknacker

Ein Treffen ohne Maske in Zeiten von Corona? Schwierig. Es sei denn, man trifft sich im virtuellen Raum. Immerhin eine der wenigen Möglichkeiten, wieder mal ganze Gesichter zu sehen. Genau das haben eine Geografin und eine Sprachlehrerin der Alten Kanti getan. Dass der im Chatraum Microsoft Teams geführte Wortwechsel dann ausgerechnet um das Thema Masken kreist – wen wunderts! Weiterlesen

Die Alte Kanti in Zeiten von Corona II

Als Rektor Dr. Andreas Hunziker Ende 2020 für sage&schreibe eine «Chronologie der Ereignisse» rund um die Corona-Pandemie skizzierte, zeichnete sich bereits ab, dass eine Fortsetzung unumgänglich sein würde. So präsentieren wir ein halbes Jahr später also Teil II dieser Chronologie, die zeigt, wie herausfordernd Corona-Management auch an der Alten Kanti ist. Weiterlesen

«Ich empfinde den Niqab für mich persönlich nicht als nötig»

Das Thema Verschleierung war schon immer Brennstoff für angeregte Auseinandersetzungen, und gerade seit der Abstimmung über das Verhüllungsverbot im März 2021 steht insbesondere der Niqab im Mittelpunkt der Diskussion. Maske? Erniedrigende Verhüllung? Oder religiöses Bekenntnis? –- Und was ist eigentlich mit dem Kopftuch?
Fatima Musliju, Schülerin einer dritten Klasse an der Alten Kanti und überzeugte Kopftuchträgerin, gibt Auskunft über ihre Überzeugungen, ihre Haltung zu Niqab und Kopftuch und über ihre Erfahrungen im Alltag.
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Larven sind keine Masken!

Einmal im Jahr ist es so weit – jeweils am Montag nach Aschermittwoch beginnen in den Strassen Basels mit dem Morgenstreich um vier Uhr früh die «drey scheenschte Dääg»: die Basler Fasnacht. Obwohl sie auch 2021 der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen ist, haben wir uns auf die Suche nach dem Geheimnis der berühmten Larven gemacht. Weiterlesen

Sonne auf dem Teller

Lichtnahrung bezeichnet verallgemeinernd und vereinfachend eine Ernährungsweise, bei der angeblich die Energie aus Sonnenlicht als Hauptnahrungsquelle dient. Dies ist Bestandteil eines esoterischen Konzeptes, das auch als «Breatharianismus» bezeichnet wird. Breatharianisten glauben, dass aus Licht alle lebensnotwendigen Stoffe gewonnen werden können. In Extremfällen verzichten sie deshalb auf die Aufnahme jeglicher herkömmlicher Nahrung, inklusive Flüssignahrung wie Suppen und Säfte. Weiterlesen

Zimmer 11


Vaters Hand umklammert meine. Er hält sie ungewohnt fest, so dass die zarten Fingerchen meiner Kinderhand fast abgedrückt werden. Die freie Hand folgt der weiss gestrichenen, rauen Wand. Wieder biegen wir um eine Kurve, diesmal wenden wir uns nach rechts und folgen den nummerierten Zimmertüren. Alle diese Türen haben denselben grau glänzenden Knauf, dieselbe weiß lackierte Oberfläche. Unsere Schritte eilen uns voraus, ergießen sich vor uns in den fast menschenleeren Gang und hallen von den kalkweißen Wänden. Vereinzelte Gestalten, in weiße Kittel gehüllt, fließen ruhig wie kleine Rinnsale von einem Zimmer ins nächste. Ansonsten ist es bedrückend still. Wir folgen weiterhin dem immer enger werdenden Flur. Ich weiß, wohin dieser Weg uns führen wird. In meinem Kopf schwappen die Gedanken wie eine dicke Flüssigkeit von der einen Wand zur anderen, klatschen gegen das Innere meines Kopfes, so dass ich keinen klaren Gedanken fassen kann. Die Schlinge um meine Hand zieht sich noch enger zusammen und zerrt mich unerbittlich weiter. Da! Hier ist sie! Kalt, ohne Farbe, ohne Gefühl, versperrt sie uns den Weg ins Zimmer. Aha, Zimmer 11. Ich blicke hoch in das Gesicht meines Vaters. Aschfahl, kaum lebendig, schwebt es dort oben. Die Sorgen haben tiefe Falten in sein Gesicht gefressen. Langsam, ganz langsam, löst er den Griff um meine Hand, dreht den Türknauf nach links und stößt sachte die Tür auf. Seufzend gibt sie den Weg ins Zimmer frei. Ganz behutsam, als würden wir über zartflauschige Wolken waten und ihnen ja keine Delle verpassen wollen, treten wir ein. Hinter uns fällt die Tür kaum hörbar ins Schloss. Kühles Mondlicht ist die einzige Lichtquelle in diesem vor Kummer und Schwärze geradezu überquellenden Krankenzimmer. In seinem Schein erkenne ich Trauernde, zwei tuscheln leise zusammen, den Rücken dem Krankenbett zugewandt. Ich weiß, wo dieses Krankenbett steht, rechts in der Ecke des Raumes steht es. Links an der Wand, welche meine Schulter streift, stehen zwei hölzerne Stühle und ein kleiner runder Tisch. Rechts befindet sich das karg eingerichtete Bad, zu welchem die Tür jedoch geschlossen sein wird. Ich bin mir sicher, dass sie geschlossen ist, weil sie immer geschlossen war, wenn wir zu Besuch kamen. Aber vielleicht ist sie es heute ausnahmsweise doch nicht? Ich widerstehe der Versuchung, nachzusehen. Mein Blick klebt nun an der gelblich schimmernden Zimmertapete über dem Ort, wo das Bett steht. Ich will sie nicht sehen! Nicht so! Mein Herz pocht. Und dann auch noch diese Stille, diese alles verwüstende, mich auffressende Stille! Sie ist unerträglich. Gierig steuere ich auf die geschlossene, sauber geputzte Fensterfront zu. Luft ! Der Gedanke an frischen, noch nicht vom Gram weggeatmeten Sauerstoff tobt in meinem Kopf. Doch plötzlich…verweinte Augen, rötlich glänzend, die Lippen zusammengepresst. Ein Mann taumelt auf mich zu, seine Augen klammern sich hilfesuchend an meinen fest, während sich seine wulstigen Finger in das Fleisch meines Oberarmes graben. Doch ich fühle den Schmerz nicht, nicht diesen. Sobald er mich erreicht hat, presst er mich an sich. Mein kleines Gesicht gräbt sich in einen rundlichen Bierbauch. Der raue Stoff des weißen Hemdes streicht über meine Wange. Und da ist sie! Eine einzelne Träne muss sich aus meinem Auge gekämpft haben, denn sie kullert über meine Wange und zerfließt im Stoff. Als der Mann sich schwerfällig von mir löst und sich auf einen der beiden Stühle fallen lässt, spüre ich die Trauer. Sie hatte sich unbemerkt wie ein Tuch über mich und alle hier in diesem Raum gelegt, uns isoliert von aller Freude. Weitere Tränen strömen in unregelmäßigen Abständen über meine Wangen auf den Hals. Benommen wanke ich in Richtung des Betts, um sie zu sehen, mich ein letztes Mal zu verabschieden. Doch während ich mich zu ihr vorkämpfe, ruht mein Blick auf den Sternen draußen am beruhigenden, dunkelblauen Nachthimmel. Der Mond ist aufgegangen, die goldenen Sternlein prangen am Himmel hell und klar. Dieses Lied, welches sie, wie auch mein Vater, mir zu singen pflegte, fällt mir ein. Die Melodie hallt durch den Raum, umfließt die Silhouetten aller Anwesenden und taucht sie in goldenes Licht. Doch nur für einen kurzen Augenblick. Dann erreiche ich das Totenbett, wo mich Vater auf seinen steifen Schoss hebt. Sein Dasein fängt mich auf, bewahrt mich davor, in der Verlustangst zu ertrinken. Er gibt mir die Kraft, sie anzusehen. Sie liegt auf der geblümten, fein säuberlich gefalteten Bettwäsche. Die kurzen Haare sauber zurückgekämmt, das Kinn mit Hilfe einer Stütze in Position gehalten, ruht sie auf dem Bett. So schön hergerichtet wie sie ist, wirkt sie wie eine Statue. Ich lasse den Blick über ihre blassblau angelaufenen Lippen gleiten und folge ihren unebenen Wölbungen. Ob sie Durst hat? Oder Hunger? Sie muss sicherlich ganz dringend ins Bad! Ist ihr vielleicht kalt? Liegt sie denn auch ganz bestimmt bequem? Die Augen wandern weiter, über den von Adern durchzogenen Hals bis hin zur Brust; sie hebt und senkt sich nicht mehr. Die Luft muss ihre vom Krebs zerfressene Lunge vollständig verlassen haben. Ihre Hände und Arme umrahmen den schmächtigen Oberkörper. Die kraftlosen Beine, in schwarze Hosen gezwängt, stramm gestreckt, hindrapiert. Noch einmal, ein letztes Mal, beginne ich sie von Kopf bis Fuß mit meinen Augen abzutasten, mir jedes Detail ihrer letzten Erscheinung einzuprägen. Die glatte Stirn, die filigranen, mit Perlen geschmückten Ohren, ihren Lieblingspullover. Ein schwarzer Strickpullover aus Baumwolle mit einem eingenähten, weißen Hemdkragen. So zufrieden wie sie hier liegt, mit geschlossenen Augenlidern, befreit von ihrer Erschöpfung, könnte man meinen, dass es einfacher sei, sie gehen zu lassen. Doch in Wahrheit starrt mich das fürchterliche Gesicht des Todes an. Es ist kaum zu ertragen! Ob ich sie noch ein letztes Mal berühren darf? Ehrfürchtig lege ich meine Hand auf die ihre. Sie ist eiskalt! Diese Kälte, die Kälte des Todes, versetzt mir einen Schrecken, jagt über die Fingerspitzen meinen Arm hinauf direkt in das vor Qual und Kummer zu zerbrechen drohende Herz. Ich zucke zurück, nur, um sie dann noch einmal fester zu halten. Ihr ist bloß kalt, ich muss ihre Hand nur kurz wärmen. Warum sagt sie denn nicht, dass sie friert? Erst als mein Vater meinen kleinen Körper sanft hochhebt, löst sich die nun kalte Kinderhand von der ihren. Bevor sich die Tür hinter uns schließt, erhasche ich einen letzten Blick auf den Sternenhimmel. Der Mond ist aufgegangen die goldenen Sternlein prangen am Himmel hell und klar. «Papa, wo ist sie jetzt?», flüstere ich in sein Ohr. Er hält inne, dann hebt er mich auf die andere Seite seiner Hüfte und geht wortlos weiter. Draußen zeigt er auf einen Stern, den hellsten aller Sterne. «Siehst du diesen Stern dort oben? Dort ist sie jetzt.»

Von Sophie Kuse

Verschwörungstheorien III: Warum den Illuminaten bald die Welt gehören könnte

Immer wieder werden die sogenannten Illuminaten für die verschiedensten bizarren Ereignisse verantwortlich gemacht. Die Gruppe, zusammengesetzt aus den einflussreichsten Menschen der Welt, soll nämlich im Untergrund an einer neuen Weltordnung arbeiten. Was steckt tatsächlich hinter dem mutmasslichen Sündenbock für ungewöhnliche Geschehnisse? Weiterlesen

Gespiegelt


«Du hast mein Leben zerstört, Marah. Das werde ich dich nie vergessen lassen!»

Marah weicht vom Spiegel zurück. Ihr Spiegelbild funkelt sie aus kalten, grünen Augen an. Das waldgrüne Kleid schmiegt sich an ihre helle Haut. Sorgfältig streicht sie eine nicht-vorhandene Falte aus dem Kleid. Ihr Gesicht ist blass. Die kastanienbraunen Haare sind zu einem strengen Knoten zurückgebunden. Eine einzelne Haarsträhne sträubt sich widerspenstig, doch erfolglos – Marah streicht sie mit einer schnellen Handbewegung zurück an ihren Platz. Sie mag keine Unordnung. Alles muss absolut perfekt sein – und zwar immer!

Sie wendet sich vom Spiegel ab und begibt sich nach unten. Nolan wartet schon auf sie an der Eingangstür. Er trägt einen dunkelgrünen Anzug, abgestimmt auf ihr Kleid. Alles passt, alles ist perfekt.

Nach einigen Minuten Fahrt kommen sie an ihrem Zielort an. Vor dem majestätischen Gebäude steht eine Limousine neben der nächsten, eine schöner und imposanter als die andere. Mit ihrem Ehemann am Arm stolziert Marah durch das mächtige Eingangstor. Heute sollte sie endlich geehrt werden für all die harten Jahre voller Arbeit, die sie in ihren Beruf gesteckt hat. Nolan strahlt voller Stolz, während er neben der Top-Immobilienmaklerin der Stadt – wenn nicht sogar des Landes – steht. Sie kann alles verkaufen, und sie kann es an jeden verkaufen. Niemand schlägt ihr ein Angebot aus.

Das Telefon klingelt. Marah wendet sich ab und entfernt sich einige Schritte von den anderen. Sie hebt ab.

«Eine Insassin des Ignatium – Staatsgefängnisses versucht Sie zu erreichen. Um anzunehmen, drücken Sie bitte die Eins. Wollen Sie ablehnen, drücken Sie die Nummer Zwei.»

Nein, nicht heute. Sie drückt die Zwei und nimmt das Telefon vom Ohr. Als sie sich wieder gefangen hat, schreitet sie bestimmt zurück zum Gespräch, und zu ihrem Mann.

Doch Marah ist alles andere als gefasst. Ihre Hände zittern kaum merklich, aber sie zittern. Ihre Haut fühlt sich heiss an. Gott, schwitzt sie etwa? Das kann doch jetzt nicht sein! Marah entschuldigt sich und eilt einem Tablett Champagner hinterher. Champagner, der wird sie jetzt beruhigen. Doch nach einer halben Stunde Smalltalk mit einigen Anwesenden ist sie alles andere als gelassen.

Endlich ist es soweit. Ihr Chef führt die versammelte Menge in einen riesigen Saal. Die Wände sind mit einem blutroten Vorhang abgedeckt. Rot – was für eine schreckliche Farbe. Sie bringt so viel…Zerstörung. Marah ist noch immer heiss. Ihre zittrigen Hände klammern sich an ihr bereits viertes Champagnerglas. Dann beginnt die Rede. Es ist eine Laudatio von ihrem Chef, doch sie hört sie gar nicht. Ihr ist heiss. So heiss. Wieso nur? Das passt gar nicht zu ihr. Sie hat immer alles unter Kontrolle. Bei ihr läuft immer alles nach Plan.

Klatschen. Ja, die Leute klatschen. Sie steht in der Mitte des gigantischen Raumes. Nolan lächelt ihr zu und hebt sein Glas in die Höhe. Alle andern tun es ihm gleich. Dann fallen die Vorhänge. Und da sind sie. Spiegel. Aus der Ferne hört sie ihren Chef sagen, dass sie heute nur sich selbst sehen soll. Sie stehe heute im Mittelpunkt, sie habe es sich verdient. Doch Marah sieht nicht sich…sie sieht Naira. Naira ist überall. In welchen Spiegel sie auch schaut, eine Erinnerung starrt zurück.

Die Spiegel kommen näher, immer näher.

Stop!

Vergeblich. Marah streckt ihre Arme von sich, will die Spiegel auf Distanz halten, doch sie halten nicht an. Nein, sie verschlingen sie.

Rauch. Marah erkennt den beissenden Geruch sofort. Wie könnte sie vergessen, wie er riecht…nach allem…. Dann hört Marah sie. Die Schreie. Wie in jener unheilvollen Nacht. Dieses Feuer…es ist so heiss. Aber sie ist an der Gala, da ist kein Feuer. Plötzlich sieht sie Naira. Naira sollte nicht hier sein – nein, sie kann nicht hier sein. Und trotzdem versucht sie, ins Haus zu gelangen. Doch das ist unmöglich. Niemandem im Haus könnte sie mehr helfen.

Nein, Naira, es hat keinen Sinn! Es ist zu spät!

Aber wir müssen doch….

Nein!

Die Sirenen der Feuerwehr sind zu hören. Angst steigt in ihr auf. Marah spürt, wie das Gewicht ihres Rucksacks sie nach unten zieht. Er ist so schwer, sie kann – und will – diese Last, die er mit sich bringt, nicht mehr tragen. Sie lässt ihn fallen.

Die Feuerwehr ist dabei, das Feuer zu löschen. Rettungskräfte gehen ins Haus, um nach den Eltern von Marah und ihrer Zwillingsschwester Naira zu suchen. Doch finden können sie nur noch ihre Körper. Ihre Seelen sowie die Erinnerung an sie werden für immer im Haus sein, in den Spiegeln – das ist zumindest das, was ihre Mutter immer zu sagen pflegte: «Unsere Erinnerungen an diejenigen, die nicht mehr bei uns sind, werden wir nie verlieren, Marah. Wenn wir in einen Spiegel sehen, werden wir uns erinnern, denn wir tragen sie in uns. Für immer.»

Nie glaubte Marah tatsächlich an diese Geschichte, aber an diese unheilvolle Nacht wird sie sich für immer erinnern können. Kein Spiegel wird sie das je vergessen lassen. Denn ihr ganz persönlicher Fluch macht das unmöglich. Wo auch immer sie sich sieht, sieht sie auch ihre Zwillingsschwester, und ihr Anblick wird sie nie vergessen lassen, was sie ihr in dieser Nacht angetan hat.

Die Feuerwehr löscht das Feuer. Sie sind sich sicher, dass es Brandstiftung war. Dann finden sie einen Rucksack. Marah’s Gesicht ist von Tränen aufgeweicht. Eine unscharfe Gestalt fragt sie, ob sie wisse, wem der Rucksack gehöre. Und da ist sie wieder – die Angst.

«Naira.»

Sie spürt, wie ein Arm um sie gelegt wird. Es ist Nolan. Marah klammert sich an ihn. Sie schaut in die Spiegel rund um sich herum. Und dann in die Gesichter der Menschen, die sie erwartungsvoll anschauen.

«Wo warst du?»

«In den Spiegeln.»

«War Naira da?»

«Ja, sie ist immer in den Spiegeln Nolan. Immer.»

«Dann lass sie dort. Lass die Erinnerung an sie in den Spiegeln.»

Sie nickt und richtet sich auf. Mit geradem Rücken steht sie in der Mitte des Saales. All diese Menschen sind ihretwegen hier. All diese Menschen wollen, dass sie etwas sagt. Ihre Hände zittern nicht mehr. Da ist eine Ruhe, die sich über sie selbst, aber auch über den ganzen Saal legt.

Ihre Vergangenheit ist genau das – in der Vergangenheit. Genauso wie ihre Schwester. Dagegen kann sie nichts tun. Jetzt nicht mehr. Diese Geschichte, die sie so lange unterdrückt hat, ist jetzt vorbei. Genauso wie diese Erinnerung. Nie wieder wird sie daran denken. Sie ist am Höhepunkt ihres Lebens und nichts und niemand wird ihr das ruinieren. Erst recht keine Erinnerung oder irgendein Spiegelbild. Das wird sie schlicht und einfach nicht zulassen. Ihr Leben, ihre Kontrolle.

Ihr Blick schweift über die Menschen. Ihre Worte nehmen den ganzen Saal ein. Da ist sie wieder.

Mit einer eleganten Bewegung hebt sie ihr Champagnerglas und alle stossen an. Marah lächelt. Es ist ein aufgesetztes Lächeln, doch das bemerkt niemand. Noch nie hat es jemand bemerkt. Für alle ist es ein perfektes Lächeln. Ein perfektes Lächeln für einen perfekten Abend in einem perfekten Leben.

Von Skyla Rossi

Armenien – Der Krieg und die gleichgültige Welt

Armenien ist mein Heimatland. Es ist eines der ältesten Länder der Welt, mit einer Geschichte, die bereits 3000 vor Christus anfängt. Das heutige Armenien bildet mit etwa 29.7km2 einen sehr kleinen Teil des historischen Armeniens. Wie auch andere Länder hat mein Heimatland in seiner Geschichte Kriege, Gewinne und Verluste erlebt. Weiterlesen

Peace


Dicker schwarzer Edding wasserfest auf fast allen Materialien, auch auf dem Fensterglas der Strassenbahn. Der Junge steckte ihn wieder ein, schulterte seinen Rucksack aufs Neue, wartete genauso lange bis die blecherne Stimme verkünden liess: «Nächster Halt Kunsthaus», kramte dann ein Taschentuch aus einer seiner unzähligen Hosentaschen und liess damit die Träne aus seinem Gesicht verschwinden. Er streckte seinen Rücken durch, schob die letzte seiner widerspenstigen Strähnen unter die alte Mütze seines Vater, starrte noch ein letztes Mal auf seinen Schriftzug und trat mit einem angestrengten Lächeln aus der Strassenbahn auf die wartenden Menschen zu. Er würde das Wochenende schon irgendwie überstehen, wenn er ihnen keine Angriffsfläche bot.

Was hatte der Junge mit der hässlichen Mütze bloss an dieser Scheibe gefunden? Die junge Frau verdrehte die schwarz umrahmten Augen, als sie das mickrige, unsicher wirkende «PEACE» in der unteren Ecke des Fensters sah. Nicht gut genug für meinen Account, dachte sie, stieg ein, zog sich die Kopfhörer wieder über die Ohren und schaltete die gleiche Musik wie immer ein. Das laute Schlagzeug übertönte den leisen Ton der Fussglocke, auf die sie versehentlich trat. Sie drückte weiter auf ihrem Handy herum, staunte über eines der Bilder auf Instagram – «SCHEISS SYSTEM» war dort riesig auf eine Wand geschmiert – und hinterliess ein Herzchen, während sie gedankenverloren mit einer ihrer blonden Strähnen spielte.

Eine ältere Frau rannte auf die Bahn zu, hämmerte hektisch auf den grünen Knopf neben der sich schliessenden Türe. Sie durfte sich nicht schliessen…! Erleichtert stolperte sie die drei Stufen hinauf, drängte eine Jugendliche zur Seite und klammerte sich an einer der Metallstangen im Eingangsbereich fest. Ohne etwas wahrzunehmen starrte sie aus dem Fenster. Sie musste nach Hause aufs Land fahren, einkaufen und kochen. Hätte ihr Chef sie doch bloss nicht so lange im Büro aufgehalten, sie musste rechtzeitig fertig werden, um ihre Kinder zu begrüssen. Sie fasste sich an die Stirn, als ihr klar wurde, dass sie ihre Jacke im Büro vergessen hatte. Sie atmete tief durch und sah auf ihre goldene Armbanduhr, deren Zeiger sich viel zu schnell bewegten. Sie fluchte. Sie musste doch den Zug noch erwischen, warum fuhr die Tram denn so langsam! Sie sprang aus dem Waggon, kümmerte sich nicht darum, dass sie einige Leute anrempelte und rannte mit einem letzten hektischen Blick auf ihr Handgelenk auf die Gleise im Hauptbahnhof zu.

Mit einem leisen Ächzen hievte sich der Mann mit der Aktentasche in der Hand in die Tram. Warum konnten diese Irren nicht einmal aufpassen. Diese Woche war er nun schon drei Mal fast über den Haufen gerannt worden. Mit blitzenden Augen sah er sich um. Schon wieder lag am Boden eine dieser stinkenden Getränkedosen und das Fenster direkt neben ihm war auch schon wieder vollgeschmiert. «PEACE», pah, als ob es das jemals geben würde, das hatte es noch nie gegeben! Er konnte diesen Saustall nicht dulden, suchte verzweifelt nach etwas, was er dagegen tun könnte. Er fand nur einen Kugelschreiber, aber er hatte nicht vor aufzugeben! Wütend versuchte er den Schriftzug zu übermalen, von ein paar Kratzern abgesehen, gelang es ihm jedoch nicht. Er schmetterte den zerbrochenen Plastikkugelscheiber auf den Boden, als er bemerkte, dass er ihn etwas zu sehr strapaziert hatte, kickte nach der Getränkedose am Boden und stieg aus. Innerlich wild fluchend über die respektlose moderne Gesellschaft.

Das kleine Mädchen wartete ein wenig, bis es sicher sein konnte, dass der Anzugträger nicht zurückkommen würde und verliess dann seinen Sitz. Die Strassenbahn fuhr unsanft an, während das Kind sich vor dem Fenster, genau dort, wo zuvor der Mann gestanden hatte, auf die Zehenspitzen stellte und sich die fünf schwarzen Buchstaben ansah. P-E-A-C-E, was das wohl hiess? Vorsichtig kramte es aus seiner Schultasche einen violetten Filzstift und malte eine Blume hinter das Wort. Das Mädchen lächelte, als es aus der Tram stieg. Endlich hatte das Wochenende begonnen.

Von Carla Reuter

Mondlicht

Abnehmend, zunehmend, voll, leer. Der Mond hat viele Gesichter und weckt seit dem Beginn der menschlichen Existenz unsere Neugierde. Es existieren etliche Mythen über den hellsten Himmelskörper am Nachthimmel. Der wohl bekannteste ist der des schlechten Schlafs. Nicht selten wird eine unruhige Nacht auf den vollen Mond geschoben. Auch manche Kritiker, die von unwissenschaftlichen Deutungen sonst nicht viel halten, geben zu, dass sie dann schlechter schlafen. Aber was steckt wirklich dahinter? Weiterlesen

Հայաստան – Պատերազը և անտարբեր աշխարհը

Հայաստանն իմ հայրենիքն է։ Այն աշխարհի ամենահին երկրներից է, որի պատմություը սկսվում է դեռևս մեր թվյարկությունից առաջ երրորդ հազարամյակից։ Ներկայիս Հայաստանը կազմում է պատմական Հայաստանի միայն շատ փոքր մասը, մոտ 29,7 km2։ Մյուս պետությունների նման Հայաստանն էլ պատմության ընթացքում ունեցել է տարբեր պատերազմներ, հաղթանակներ, պարտություններ։ Մեր պատմության ամենատխուր էջը թերևես հայոց ցեղասպանությունն է, որը կազմակերպվեց 20-րդ դարի սկզբին թուրքական իշխանության կողմից և որի ժամանակ կոտորվեցին ավելի քան 1,5մլն հայեր։ Weiterlesen

Von Lichtern und Nachttöpfen

Zu «Licht» ist das meiste schon gesagt. Wenigstens vom literarischen Standpunkt aus. Kein Schriftsteller, von der Zeit auf den Sockel gehoben, der nicht irgendetwas übers Licht gesagt hätte. Seitenweise könnte ich sie hier abfeiern, von Novalis über Mörike bis zu Michael Krüger. Allerdings, selbst wenn schon alles gesagt wurde, sind wir doch, wir Allwissenden, wir Herren dieser Welt, Beherrscher aller Feuer, stets aufs Neue gebannt, wenn Helios, Sohn des Hyperion und der Theia, seine Pferde schirrt und gleissend ins Firmament steigt, auch wenn wir couldn’t say exactly where the night became the day*, um nun doch einen dieser Dichter zu zitieren, wenn auch keinen deutschsprachigen. Unabhängig aber, wie weit sich unsere Spezies von ihrem Urgrund entfernt, sie bleibt doch bis zum heutigen Tag gebannt vom archaischen Schauspiel der Sonnenauf- und -untergänge, zwar weniger als Pendlerhorde abends auf den Bahnhöfen denn als Pauschaltouristen beim Sundowner in der Ägäis. Womöglich eine Alterserscheinung, dass mir der Sonnenaufgang mittlerweile näher liegt als der Untergang. Und so stehe ich frühmorgens immer wieder draussen im Dämmerlicht und harre der Sonne, deren tägliches Rührstück ich freilich nur im Winterhalbjahr bezeugen kann; im Sommer geht sie bekanntlich mitten in der Nacht auf. Weiterlesen

Kleines neues Virus versus grosse Alte Kanti

Als am 13. März nachmittags die Meldung die Runde macht, dass die Schulen ab der kommenden Schulwoche schliessen würden, ertönt in den Gängen der Schulgebäude das Jubelgeschrei der Schülerinnen und Schüler: Ferien! Und dann erst noch auf unbestimmte Zeit! Jeder Gedanke an das für diese «Ferien» verantwortliche Virus und die unabsehbaren Folgen im Gesundheitswesen oder in der Gesellschaft, jeder weiterreichende Gedanke scheint in diesem Moment sekundär. Weiterlesen

Das Abo


Ich starre auf die Rechnung und überfliege erneut die Mitteilung. Offene Rechnung … Bitte begleichen Sie diese innerhalb von 30 Tagen. Mit einer Hand schliesse ich den Briefkasten und mit der anderen taste ich nach dem Schlüssel in meiner Tasche.
Ich hebe den Kopf, als Frau Roths Stimme von der anderen Strassenseite zu mir herüberhallt.
«Was schauen Sie denn so erschrocken, Frau Hauser? Haben Sie etwa ein Gespenst gesehen?»
Ich räuspere mich.
«Nein, nein, alles in Ordnung. Nur die Handyrechnung meines Sohnes – Sie wissen ja, wie Jugendliche sind.» Weiterlesen

Wege zum Erfolg ermöglichen

Der aktuelle Newsletter unserer Schule ist mit «Die Alte hat einen Neuen» überschrieben: Ja, wir haben einen neuen Rektor! Ebenfalls auf der Shortlist für den Titel war: «Die Alte hat eine Neue» – nämlich eine neue Schulleitung. Gleich zu dritt haben wir diesen August in unseren Funktionen in der Schulleitung begonnen. Und ich freue mich, innerhalb der Schulleitung die Wirtschaftsmittelschule und die Informatikmittelschule sowie weitere Ressorts wie etwa die der externen Kommunikation mit zahlreichen Anlässen betreuen zu dürfen. Weiterlesen

Flair im János-Tamás-Haus

Auf dem Parkplatz der Alten Kanti, genauer: vor dem Tamáshaus, steht wie immer eine Honda oder ein ähnlich schwerer Töff. Er ist ein Schauobjekt, das auch an einem warmen Sommernachmittag die Aufmerksamkeit von neugierigen Schülern, nein, nicht von Schülerinnen, auf sich zieht. Gerade hat Petra für heute die letzte Unterrichtsstunde beendet, tritt aus dem János-Tamás-Haus und geht in Richtung ihres Fahrzeugs. Dort angekommen, wird sie mit bewundernden Augenpaaren und folgendem Ausruf empfangen: «Wow, gehört dieser Töff dir?» Der Schüler, welcher zuvor bei Petra Unterricht hatte, ist auch bereits da. «Ihr dürft sie doch nicht duzen, sie ist meine Posaunenlehrerin», platzt es aus ihm heraus. Petra hingegen reagiert mit einem Schmunzeln. – Diese Episode aus den neunziger Jahren passt hervorragend zu Petra Bachmanns Charakter. Ihre Spontanität ist wie eine Blume, die sich öffnet, aber überlegt und aufmerksam, denn sie duftet nur, wenn das Umfeld für Petra stimmt.


[Bild: Sarah Böhler]

Wenn die Posaunistin im János-Tamás-Haus war, dann spürte man es im Nordteil oder im Lehrerzimmer durch die Wände hindurch. Es war nicht ihr «profumo», es war ein freundlicher Blick, ein Lachen oder ein aufgewecktes Wort, welches wie ein fröhlicher Luftzug durch die Räume hallte.

Petra Bachmann, aufgewachsen in Bayern, unterrichtete an der Alten Kantonsschule Aarau während nicht weniger als 35 Jahren Posaune und zeitweise auch Klavier. Bei den Schülerinnen und Schülern erfreute sich Petra mit ihrer fröhlichen, frischen und kommunikativen Art grosser Beliebtheit. Das Resultat dieses motivierenden Unterrichts mit Herzblut und pädagogischem Können kam besonders in den öffentlichen Ensembleauftritten zur Geltung. Das Publikum durfte stets in abwechslungsreiche Klangwelten eintauchen.

Auf die Frage, welches Fach Petra neben ihrem Instrument noch unterrichten möchte, sagt sie spontan: «Sport, da Musik und Bewegung zusammenpassen.»

Als Posaunistin hat Petra eine vielseitige Karriere hinter sich. Sie spielte 30 Jahre lang im Aargauer Sinfonie-Orchester und war im Opernhaus in Zürich als Zuzügerin tätig. Sie absolvierte auch ein Studium in Blasmusikdirektion und dirigierte danach mehrere Jahre eine Brass Band. Zudem spielte sie im Blechbläserquartett AROWE BRASS, u.a. mit dem Trompeter André Wey. Der unterwartete Tod dieses geschätzten Kollegen vor einigen Jahren hat Petra sehr erschüttert. Die Musik hat ihr geholfen, diesen Schmerz zu verarbeiten und mit Hingabe ihren Unterricht fortzusetzen.

Ihrer Wahlheimat Schweiz bleibt sie auch nach der Pensionierung treu: «Meine Lieblingsstadt ist nur ein Städtchen und es heisst Sempach. – Sempach hat Geschichte, Charakter und Charme. Die Menschen sind nett, es ist für mich schnell erreichbar und es liegt am herrlichen Sempachersee, wo es vermutlich schweizweit die schönsten Sonnenuntergänge gibt.»

Wir wünschen Petra für Ihre Zukunft von Herzen alles Gute, vor allem spannende Highlights auf allen Ebenen und Horizonten bei ihren Trekkingvorhaben in den Schweizer Alpen.

Als Kollegin werden wir Petras Ausstrahlung vermissen, aber uns bleibt eine schöne Erinnerung an eine wache und spontane Kollegin.

Unserer Fachschaft gibt Petra übrigens Folgendes auf den Weg: «Haltet zusammen, unterstützt euch und hört euch gegenseitig zu. Seid euch immer bewusst, dass ihr mit eurer Arbeit den Schülerinnen und Schülern etwas vom Schönsten weitergeben dürft: die Liebe zur Musik.»

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Von Esther Flückiger, Klavierlehrerin

«Eine Schule wie vor 25 Jahren – das wäre heute undenkbar»

Zur Pensionierung von Rektor Martin Burkard

Martin Burkard verlässt die Alte Kanti. Nicht weniger als 36 Jahre hat er an der ältesten Kantonsschule der Schweiz gewirkt, anfangs als Lehrer für Deutsch und Latein, während der letzten 22 Jahre hat er die Geschicke der Schule geleitet. Mit Martin Burkards Pensionierung geht eine Ära zu Ende. Versuch einer Bilanz im Gespräch. Weiterlesen

Être und avoir oder Das Wesen der Bildung

Être und avoir? Da denken die meisten wohl zuerst einmal an Lektionen, in denen die beiden Hilfsverben geübt und in allen zu kennenden Tempi und Modi durchkonjugiert werden. Es mag wenig erstaunen, wenn eine Französischlehrerin einen Text im «sage&schreibe» mit den beiden Verben beginnt und diesen sogar noch einen prominenten Platz im Titel des Textes zugesteht: Es sei mir erlaubt, siebzehn Jahre Französischunterricht – und natürlich ganz grundsätzlich die Faszination für mein Fach, die mich immer noch begleitet – in den folgenden Gedanken nicht ganz aussen vor zu lassen. Die Konjugation kann dabei aber für einmal getrost vergessen werden. In den grundsätzlichen Gedanken einer Prorektorin zu Schule und Bildung ist eine weit allgemeinere Warte gefragt. Was also haben sein und haben mit Bildung zu tun? Sehr viel. Weiterlesen

Der Lehrer und die Lücke

Zur Pensionierung von Roland Latscha

Geht einer wie Roland Latscha nach siebenunddreissig Jahren als Deutsch- und Philosophielehrer in den Ruhestand, ist man versucht, auf die Lücke hinzuweisen, die so einer hinterlässt. Dass es sich dabei um eine grosse Lücke handelt, versteht sich von selbst, nicht zuletzt in Anbetracht der ungewöhnlich langen Dienstzeit. Weiterlesen

Kapitän und humorvoller Menschenfreund

«Mein erstes gemeinsames Unternehmen mit Martin Burkard war eine Schulreise. Wir ahnten damals nicht, dass dies der Anfang einer intensiven Zusammenarbeit und herzlichen Freundschaft werden sollte. 14 Jahre später wurde Martin Rektor der AKSA, gerade als MAR 95 umgesetzt werden sollte. Ich wurde als Konrektorin sofort in die politischen und pädagogischen Auseinandersetzungen einbezogen. Wir waren stark gefordert, das Schiff MAR durch die hoch gehenden Wogen zu steuern. Ich erlebte Martin als besonnenen Kapitän, der sich nicht vom Kurs abbringen liess, und war stolz darauf, ihn unterstützen zu dürfen. Martin, es war schön, mit dir zusammen zu arbeiten!»

Silvia Bonati
Deutschlehrerin von 1968-2005
Konrektorin von 1995-2007

«Caesar, Commentarii Belli Gallici, Seneca, Ad Lucilium Epistulae Morales, Vergil, Aeneis – diese drei Bücher sind neben meinem Maturitätszeugnis die einzigen Relikte aus meiner Zeit an der «Alten Kanti» in Aarau. Damit verbunden sind tolle Erinnerungen an den jungen, beliebten und mitreissenden Lateinlehrer Martin Burkard, von dem man schon nach der ersten Lektion wusste, dass er eine grosse Leidenschaft für die Werke von Friedrich Dürrenmatt und den Fussballclub Grasshopper Zürich hegte.»

Andreas Bachmann
Rechtsanwalt
Schüler an der Alten Kanti Aarau von 1984-1988

«Ich habe mit Martin Burkard zwischen 2010 und 2016, während wir als Rektoren den beiden Aarauer Kantonsschulen vorstanden, eng zusammengearbeitet. Ich habe Martin in diesen Jahren als hilfsbereiten und sehr erfahrenen Kollegen, der mir immer wieder zur Seite stand, kennen und schätzen gelernt. Martin war nie belehrend, vielmehr zeigte er mögliche Wege und Herangehensweisen auf, was bei mir zu zahlreichen interessanten und erhellenden Einblicken führte. Ich verdanke Martin Burkard viel.»

Daniel Franz
Rektor Kantonsschule Baden

«Mit Martin Burkard geht ein Rektor in Pension, der sich über Jahrzehnte hinweg mit enormer Hingabe und viel Leidenschaft nicht nur für die Alte Kantonsschule, sondern für den gesamten Mittelschulbereich im Aargau eingesetzt hat. Ich danke Martin Burkard für seine Arbeit, seine Loyalität und seine grossen Verdienste für die Bildung in unserem Kanton und wünsche ihm alles Gute für seinen neuen Lebensabschnitt.»

Regierungsrat Alex Hürzeler
Vorsteher Departement Bildung, Kultur und Sport

«Martin habe ich als blitzgescheit, einsatzfreudig und hilfsbereit kennen gelernt. Als ich ihn anfragte, als Bearbeiter der Umsetzung der MAR Vorgaben ins BKS zu kommen, war er sofort bereit dazu. Viele weitere Eigenschaften Martins traten zutage, er war zuverlässig, führungsstark, zuvorkommend, ziel- und lösungsorientiert, seine Sozialkompetenz und sein Verhandlungsgeschick halfen ihm, kreativ umsetzbare Lösungen zu finden. Zudem war und bleibt er ein humorvoller Menschenfreund. Die Wahl zum Rektor der AKSA war folgerichtig. Beste Wünsche für das neue Leben!»

Bruno Biberstein
ehem. Generalsekretär BKS

Die süsse Verführung der Ablenkung

Aqua. 14:50 Uhr. Weder Motivation noch Aufmerksamkeit sind unter den vielen Schülern, die zur nächsten Lektion schlurfen, zu erkennen. Erschöpft von den vielen Unterrichtsstunden, wünschen sie sich nichts lieber, als nach Hause zu gehen. Aus der Ferne vernehmen einige von ihnen jedoch ein leises: «Pop, plop, pop,…». Gedanklich immer noch nicht ganz anwesend, suchen sie nach dem Ursprung des Geräusches. Doch plötzlich fängt die Nase einen Duft ein. Popcorn! Endlich aus der Trance herausgeholt, wird eruiert, woher dieser Geruch kommt und wer ihn erzeugt. Ist es jemand, den man kennt? Wenn ja, wie stellt man es an, dass man etwas vom Popcorn abbekommt? Aber nein, man kennt die Person natürlich nicht und muss so oder so in die nächste Stunde. Doch der Geruch des Popcorns lässt einen nicht los. Das ganze Gebäude ist davon erfüllt. Auch wenn man schon im Klassenzimmer sitzt, riecht man ihn noch und hört das Poppen der Körner. In den letzten Minuten vor Unterrichtsbeginn kann man an nichts anderes mehr denken. Dann ertönt die Schulglocke. Die Lehrperson beginnt zu sprechen, doch man kann all dem nicht folgen, denn vor lauter Popcorn hat man völlig vergessen, dass man eigentlich noch auf die Toilette hätte gehen müssen. Nach kurzem Hin- und Herrutschen auf dem Stuhl fragt man dann doch lieber, ob man die Toilette aufsuchen dürfe. Unter dem missmutigen Blick der Lehrperson sowie dem Starren aller Mitschüler verlässt man das Zimmer. Auf der Toilette hört man ein Gespräch mit. Über wen oder was sprechen die zwei? Zurück in der Stunde, denkt man an das mitgehörte Gespräch. Haben sie nicht über etwas geredet, wovon man auch schon gehört hat? Da man sowieso müde ist und das Geschwafel der Lehrperson nicht sonderlich interessant zu sein scheint, denkt man lieber über das Gespräch auf der Toilette nach, oder darüber, ob man sich zu Hause nicht auch Popcorn machen könnte. Die Stunde scheint endlos, während man nervös mit dem Stift in der Hand herumspielt, kleine Zeichnungen auf den Rand eines Blattes kritzelt, dem Ticken der Uhr zuhört und den Zeiger beobachtet, wie er langsam über das Zifferblatt kriecht. Die qualvoll lange Stunde geht endlich vorüber, aber mitbekommen hat man nichts. Nun ja. Es ist manchmal halt viel leichter, sich ablenken zu lassen von den eigenen Gedanken, als sich anzustrengen und zuzuhören.

Von Skyla Rossi, G2l

Indigene Visionen und Weltbilder als Alternativen zum europäisch-westlichen Denken

Weltwahrnehmung. Welch eine Vieldeutigkeit schwingt in diesem einen Wort. Wie kaum ein zweites in der deutschen Sprache vermag es sämtliche Ausrichtungen des menschlichen Ingeniums zu umreissen. Jede Meinung, jede Ahnung und Erinnerung, gar jede emotionale Regung ist Weltwahrnehmung, vorausgesetzt man bezieht die Begrifflichkeit Welt auf alles Äussere, das den Menschen umgibt und auf ihn wirkt – so auch die Begegnung mit sich selbst –, und bezeichnet Wahrnehmung als Informationsfluss aller Sinne. Weiterlesen

Ein kleines Abenteuer

Vielleicht war es eine schlechte Idee, Opa aus dem Altersheim zu schmuggeln. Für einen Rückzieher war es nun aber sowieso zu spät. Opa hielt meine Hand und genoss die spätsommerliche Luft. Als die Sonnenstrahlen auf sein faltiges Gesicht fielen, schloss er die silbernen Augen. In der sanften Brise wippte sein fedriges Haar hin und her. Wir schlenderten über den Parkplatz und ich lächelte die anderen Besucher verkrampft an, um nicht aufzufallen. Ich strich mir die blonden Locken aus der Stirn. Bis jetzt lief alles gut. Der blassblaue Trabant stand schief in der Parklücke. Weiterlesen

Auf der Schwelle zur Wirklichkeit

Ein Grollen. Für einige Sekunden ist alles hell. Dann wieder absolute Dunkelheit. Das nächste Grollen. Doch schon bald ist das erstarrende Geräusch verschwunden. Dann lässt sich nur dem Stürmen des Regens lauschen. Auf einmal wird erneut alles hell, der Waldrand blitzt durch das verregnete Fenster. Und abermals das Grollen und das Toben des Regens. Ein Pfeifen. Durch die Latten des kleinen Hauses bläst der Wind. Die Bretter biegen sich. Die Balken ächzen. Hammer und Nägel liegen griffbereit. In drei Decken eingewickelt, mit Mütze und selbst gestrickten Wollsocken an den zitternden Füssen und dem Knistern des Kamins im Hintergrund liegt er in seinem aus Holz gezimmerten Bett. Auf dem Nachttisch eine Tasse qualmender Tee. Die Hütte gleicht eher einer Baracke. Es reicht gerade so für sein Bett. Der kleine Kleiderschrank lässt seine schief hängende Tür bei jeder unvorsichtigen Bewegung fallen. Daneben ein kleiner, gasbetriebener Herd und ein Kamin aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Ein Jäger hatte sich einst die Hütte gebaut. Und irgendwann verlassen. Am Waldrand, abseits der Zivilisation, nicht weit von einem kleinen Teich.
Das Knistern des Feuers ist beinahe verschwunden. Zeit, Holz nachzulegen. Der Kopf als Erstes, gefolgt von Schulter und Bauch, und ganz zum Schluss die Beine werden von der Decke befreit. Ein schneller und gekonnter Armschwung zur Öllampe. Es folgt der Hüftschwung und schon ist er bei den gestapelten Holzscheiten. Ein Paar in die Glut zu werfen genügt und das Feuer ist wieder entfacht. Mit schnellen Schritten und einem finalen Sprung wirft er sich zurück ins Bett.
Drei Schläge. Ruhe. Nochmals. Drei heftige Schläge gegen die Tür. Das verrostete Vorhängeschloss hält die Tür fest. Mit einem Knall landet der Laden des Kleiderschranks auf dem Boden. Der Kopf verschwindet unter der Decke. Dann wieder ein Blitz. Ohne Donner. Ruhe. Ein dunkler Schatten bleibt beim Fenster stehen. Eine Nase, eine Stirn quetschen sich ans Fenster und starren hinein. Sehen sie ihn im Bett liegen? Ganz vorsichtig schaut sein Auge durch eine kleine Luke in der Daunenfestung hindurch. Ein Gesicht. Es kommt ihm sehr bekannt vor. Und dann erkennt er ihn. Sein Vater. Er schaufelt sich frei. Mit einem grossen Satz ist er an der Tür. Dreht den Schlüssel um. Ein leises Quietschen und die Tür steht offen. Er geht hinaus. Grelles Licht. Nichts zu erkennen. Erst nach ein paar Sekunden bekommt er seinen Vater und den Jäger in kurzen Hosen und T-Shirt zu sehen. Hinter ihm brennt immer noch das Feuer im Kamin. Kurzes Gespräch. Beide auf dem Weg zum Teich, zum Angeln. Sie wollten nur kurz Hallo sagen. Verabschiedung. Angeln war noch nie sein Ding. Mit kleinen Schritten und gesenkten Hauptes kehrt er in seine Hütte zurück. Ein kurzes Zögern auf der Türschwelle. Er schaut auf seine Füsse. Nasse Socken. Verwirrt blickt er zurück. Alles trocken. Am Waldrand erkennt er den Wagen des Jägers. Die rote Farbe lässt sich nur noch erahnen. Überdeckt mit grauem Staub. Sein Blick wandert langsam wieder zu den Füssen. Durchnässt. Der Pullover ebenso. Er steckt den Schlüssel zurück ins Schloss und schliesst die Tür ab. Das Feuer im Kamin knistert. Ihm ist kalt.

Von Noah Schönfeld, G2G

Traum oder nicht Traum – das ist Zirkus

Der Vorhang geht auf, die Artisten des «Jour de fête» erwecken die Manege zum Leben und versetzen das Publikum in Staunen. Das Thema der 35. Monti-Inszenierung ist das bunte Treiben eines Jahrmarktes. Der Circus Monti ist bekannt für seine träumerischen und atemberaubenden Vorstellungen mit Artisten aus aller Welt. Sobald die Show beginnt, befinden sich die Zuschauer in einer Traumwelt. Und was ist das für ein Leben, wenn die Lichter gelöscht sind? Wir haben hinter die Kulissen geschaut. Weiterlesen

Gewitter im Kopf

Einem Palast vergangener Tage ähnelnd, so ragte die imposante Basis vor ihm auf.
Sie war Teil eines staatlichen Verbundes, dem Zentrum für Netzwerk-Verarbeitungsstellen.
Die Basis B-213 war natürlich in ihre Umgebung, eine Höhle von enormen Ausmassen, eingebettet, sodass sie wie aus dem Boden gewachsen erschien. Die ganze Grösse der Grotte war nur zu erahnen, denn ihr Rand verlor sich in tiefem Schwarz. Nur gelegentlich konnte man Licht aus angrenzenden Höhlen erblicken. Die Basis befand sich genau in der Mitte des Hohlraums; sie war von überall her sichtbar, so als wollte sie gesehen und bestaunt werden. Weiterlesen

Heute ist ein guter Tag

«Hellblau oder gestreift?» Obwohl ich ihr die Frage nun schon zum dritten Mal stelle, scheint sie deren Inhalt nicht zu begreifen. Oder sie wägt noch ab. Ungeduldig rutsche ich auf dem altmodischen Holzstuhl hin und her, versuche ihrem kritischen Blick standzuhalten. Heute ist eigentlich ein guter Tag – und doch sieht es aus, als ob sie diese wenigen Worte überfordern würden.
Ich erwäge, ihr die Entscheidung abzunehmen und einfach selbst zu wählen – die Verlockung ist gross. Dennoch halte ich ihr stand und warte ab. Ich warte ab, wie mir geraten wurde.
«Sei geduldig, verlange nicht zu viel, mach oft Pausen …» Weiterlesen

Traum

«Mami? Was schreibst du denn übers Träumen?» – «Ja, was denkst denn du, was Träumen ist?» Als Antwort auf meine Frage präsentiert mir meine 6-jährige Tochter kurze Zeit später die zwei folgenden Skizzen mit der Erklärung: «Träumen ist wie Denken – aber beim Träumen schläft man und beim Denken ist man wach.» Weiterlesen

Gedankenbruch

«Lasst mich! Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid?» Eine keifende Stimme über-tönte trotz des Lärms, der mittags immer in der Mensa herrschte, alle Gespräche, und als die Besitzerin der Stimme aufstand, waren alle Augen auf sie gerichtet. Ich fand es faszinierend, wie schnell etwa zweihundert Schüler ihre Gespräche einstel-len und eine Aufmerksamkeit zu Tage fördern konnten, wie es wohl nur selten in einer Unterrichtsstunde geschah. «Ihr versteht es nicht, ihr versteht es nicht, und so etwas schimpft sich meine Freunde! Ich werde das verdammte Zeug nicht mehr nehmen, ich kann nicht mehr atmen, es erstickt mich, seid still, seid still!» Die Worte wiederholend stand sie da, die Hände auf ihre Ohren gepresst, bis nicht nur ihre ‹Freunde›, sondern wirklich jedes Lebewesen im Raum schwieg und sie an-starrte. Ihre Miene war verschreckt, angespannt, ihre Augen zuckten hin und her, als ob sie nach einem Fluchtweg aus diesem Hexenkessel von Menschen suchte. Immer mehr schienen ihre Instinkte sie zu beherrschen; dann, auf einmal, verän-derte sich ihr Ausdruck und etwas anderes, mindestens genauso Unkontrolliertes, nahm den Platz der Panik ein. Weiterlesen

«Man hat nur dort Ängste, wo man auch Wünsche hat.»

Peter Fischer ist Fachpsychologe für Psychotherapie in einer Gemeinschaftspraxis in Zürich, oberhalb des Freud-Institutes. Er empfängt das sage&schreibe-Team, um über Träume und die Traumdeutung zu sprechen, aber auch Einblicke zu geben in die professionelle Auseinandersetzung mit den Botschaften des Unbewussten. Weiterlesen

Die Traumfängerin

Die Luft war kalt und strich um ihre blossen Beine. Neben den müde funkelnden Sternen hing der Mond am Himmel. Unter ihren Füssen knirschten die Blätter, die sich verfärbt hatten und von den Ästen der Bäume gesegelt waren. Die Fenster der Häuser waren dunkel, die gesamte Lilienstrasse schlief; einzig das Licht der Laternen erhellte die Strasse.
In ihrem weissen Kleid tapste die Traumfängerin die Häuser entlang, bis sie vor einem roten Backsteinhaus stehen blieb. Der Briefkasten im Vorgarten stand schief da. Efeu kletterte an der Fassade hoch. Zwei edle Blumentöpfe standen vor den Stufen, die zur Haustür hinaufführten. Weiterlesen

Ihre Freundschaft

Sind Sie zufrieden mit sage&schreibe? Sogar begeistert? – Dann müssen Sie hier weiterlesen!
Zweimal jährlich präsentiert Ihnen die Alte Kanti in sage&schreibe vielfältige thematische Beiträge, verfasst von Schülerinnen und Schülern und von Lehrpersonen aller Fachschaften. Jedes Heft ist ein publizistisches Gemeinschaftswerk, das aus unterschiedlichen Perspektiven vertiefte, immer wieder überraschende Einblicke in den Alltag an der Schule bietet und über den Ententeich hinausblickt.
Wenn Sie dieses Engagement schätzen und gleichzeitig verhindern möchten, dass sage&schreibe dem vom Kanton Aargau verordneten Konzept der papierlosen Schule zum Opfer fällt, freut uns das sehr.
Der Ausdruck Ihrer Freundschaft in Form eines einmaligen oder wiederkehrenden Unterstützungsbeitrags sichert die Finanzierung des Heftes für die Zukunft. – Wie wir uns bei Ihnen revanchieren, verrät der Freundschafts-Flyer.

Die neue Alte Kanti

«Kleider machen Leute» –Schon Gottfried Keller führte uns vor Augen, wie wichtig das Auftreten ist und was passieren kann, wenn die Wirkung nach aussen nicht mit dem Inhalt übereinstimmt.
Auch die Unternehmenswelt hat die Bedeutung eines einprägsamen, positiven Bildes längst erkannt und dabei die Form mithin gar über den Inhalt gestellt. Das kann allerdings nur kurzfristig funktionieren, denn bekanntlich haben ja Lügen kurze Beine; wir ärgern uns schnell, wenn wir nicht das erhalten, was wir versprochen bekommen.
Negative Beispiele mindern jedoch die Bedeutung eines guten Auftritts nicht. Sie fordern uns vielmehr auf, dass wir nach aussen das darstellen, was auch drin ist. Konsistent, offen, ehrlich. Das gilt nicht nur für Unternehmen, sondern gerade auch für Schulen.

Ein Blick zurück
Mit Mandarinen und grünen Äpfeln haben wir 2005 den Auftritt des damals neuen Logos und der neuen Website der Alten Kantonsschule Aarau lanciert. Farblich frisch, neu, für viele überraschend, für einige auch befremdend. Der Auftritt – das Corporate Design (CD), wie man es heute nennt –, wurde von Andrea Gsell, einer ehemaligen Schülerin der Alten Kantonsschule, erfolgreich gestaltet und umgesetzt.
Simone Leuenberger, eigentlich Deutschlehrerin an unserer Schule, baute auf dieser Basis die Website auf. 2006 durften wir für die besonders klar strukturierte und optisch frisch gestaltete Website einen Preis der Weiterbildungszentrale (WBZ) entgegennehmen.
Mit den Jahren zeigte sich immer deutlicher, dass unser elektronischer Auftritt rein technisch bald überholt sein würde und die gestalterischen Trends und technologischen Fortschritte neue Möglichkeiten eröffneten. Im Sommer 2018 beschloss die Schulleitung, eine neue Website und gleichzeitig auch einen neuen Auftritt auf den Weg zu bringen.

Neuer Auftritt und neue Website
Die beiden Projekte wurden zeitgleich gestartet. In der Arbeitsgruppe «Neue Website» mit Cyrill Engeli, Simone Leuenberger, Stefan Märki und Michael Eger beschafften wir uns Informationen zu den Bedürfnissen, um die Ausschreibung für eine neue Website vornehmen zu können. Gleichzeitig holten wir mit Unterstützung des Departements BKS von mehreren Agenturen Offerten für die Gestaltung des neuen Auftritts ein.
für die externe Website samt Aufbau einer neuen internen Website entschieden wir uns für die Firma zeitgeist; für die Gestaltung des neuen Corporate Designsfür die reaktor ag. Bei beiden Agenturen handelt es sich um Aarauer Unternehmen, was die Zusammenarbeit deutlich vereinfachte.
Am Anfang des neuen Auftritts stand ein Workshop mit der Schulleitung, um die Werte der Alten Kantonsschule aufzunehmen und damit sicherzustellen, dass am Ende auch das nach aussen dargestellt wird, was wir sind.
Es zeigte sich gleich: Wir sind die Alte Kanti. Unser Name soll Programm sein, der Name mit der eigens für und mit uns entwickelten Schrift, der Farbe und weiteren grafischen Elementen soll unser Logo sein. Konsistent, offen, ehrlich.
Es folgten die Anwendungen für die verschiedenen Informationsmittel wie Flyer, Drucksachen, Briefe oder auch die Website. Letztere wurde in der Zwischenzeit von der Arbeitsgruppe in Absprache mit der Schulleitung mit Herrn Wegmann von zeitgeist konzeptionell aufbereitet und mit den umfangreichen Bedürfnissen hinsichtlich interne Informationsvermittlung mit schulNetz, Webmail etc. abgestimmt.
Das Resultat der beiden längeren Prozesse liegt nun vor. Und wir meinen: Es kann sich sehen lassen. Nun liegt es an uns, das neue Kleid auch richtig zu tragen.


[Bild: zVg]

Herzlichen Dank!
Für die befruchtende Zusammenarbeit in Form von Gesprächen, Erwägungen, Rückkommensanträgen und Entscheiden danke ich Reto Hell und Marcel Deubelbeiss von reaktor ag sowie Beat Wegmann von zeitgeist ganz herzlich. In diesen Dank schliesse ich Anouk Gyssler ein, welche die Texte neu formuliert hat. Intern danke ich Cyrill Engeli für die grosse Unterstützung, Sonja Pirotta und Michael Bouvard für die wertvollen gestalterischen Inputs und allen weiteren Personen, die sich für das Gelingen der beiden Projekte eingesetzt haben und weiterhin einsetzen werden.

Von Ulrich Salm, Prorektor

Knacke den Smarties-Jackpot! – BEENDET

Wie viel Geld geben wir eigentlich in der Mensa aus? Wollen wir gar nicht wissen. Doch was wäre, wenn man eine ganze Woche lang kein Geld für Essen ausgeben müsste? Mit ein bisschen Glück bist du schon bald Besitzer eines Mensa-Gutscheins im Wert von 60 CHF und einer Riesenportion Smarties! Weiterlesen

musicfactory time

Während Monaten waren die Schülerinnen und Schüler der Schwerpunktfach- und Ergänzungsfachklasse der Neuen sowie der Alten Kantonsschule Aarau damit beschäftigt, ihre eigenen Werke zu komponieren. Am 4. April 2019 kamen diese Werke im Rahmen der musicfactory zur Aufführung. Die ehemalige Emus-Schülerin Michelle Claus führte locker durch den musikalischen Abend. Weiterlesen

Verschwörungstheorien I: Warum die Erde flach ist

Die NASA lügt, und die Mondlandung ist ein Fake – das behaupten die Anhänger der sogenannten Flat Earth Theory, der Theorie der flachen Erde, einer Verschwörungstheorie, die angeblich beweist, dass die Erde in Wahrheit nicht rund, sondern flach ist. Auf den ersten Blick mag dies ziemlich absurd wirken. Es lohnt sich aber durchaus, einige Aspekte genauer zu betrachten. Weiterlesen

Sieben Stücke, die den Abend versüssen

Die Sonne ist kurz davor, den Horizont zu streifen, sodass die reformierte Kirche in Buchs goldenen bestrahlt wird. Die Temperatur sinkt und die letzten Musikerinnen und Musiker betreten den hinteren Teil des Gebäudes, während die Besucher beim Haupteingang warten. Sinfoniekonzert der Alten Kanti. Eine genaue Ahnung von dem, was an diesem 24. März 2019 auf sie zukommt, haben die Zuhörerinnen und Zuhörer nicht. Das stört sie auch nicht, denn alle sind hier, um sich zu überraschen lassen. > Weiterlesen

Aargauer Mensa-Check I

Für den grossen Aargauer Mensa-Check haben wir alle sechs Mittelschulen im Kanton besucht, mit den Verantwortlichen gesprochen und das Essen vor Ort getestet. Über tausend Gäste gehen in den jeweiligen Mensas täglich ein und aus. Drei bis vier Menüs werden angeboten, darunter mindestens ein vegetarisches. Doch worin unterscheiden sich die Mensas überhaupt?  Für den ersten Teil des Mensa-Checks haben wir die Mensas in Baden, Wohlen und an der Neuen Kantonsschule Aarau auf Herz und Nieren geprüft. Weiterlesen

Die fahrende Sardinenbüchse

«Weg von der Tür!», ruft der Busfahrer missmutig durch die Sprechanlage. «Ich kann nicht losfahren, solange ihr da nicht weggeht!» Unter den Fahrgästen macht sich genervtes Murmeln breit, während drei Schüler verzweifelt versuchen, einen grösseren Abstand zwischen sich und die Tür zu bringen. Nach einigen Sekunden, in denen gedrückt, geschoben und gezwängt wird, ertönt endlich der Motor. Alle Passagiere atmen erleichtert auf. Doch dann senkt sich der Bus auf der Einstiegsseite erneut ab. Ein keuchender Schüler, der offensichtlich direkt vom Sportunterricht kommt, drückt hektisch auf den Knopf, in der Hoffnung, dass sich die Tür erneut öffnet. Und siehe da, der Busfahrer ist gnädig und erweitert die Schar der leidenden Fahrgäste um eine Person. Weiterlesen

Warum Lesen unglücklich macht

Glück ist als Dauerzustand im Plan der Schöpfung nicht vorgesehen. Diese melancholische Einsicht verdanken wir Sigmund Freud, dem 81-jährigen Hellmuth Karasek und der Firma Ikea. Freud schrieb sie 1930 in Das Unbehagen in der Kultur nieder; der berühmte Literaturkritiker Karasek zitierte sie 2015 in einem Werbespot für Ikea: In einem behaglichen Sessel rezensiert Karasek «das meistverbreitete Buch der Welt», nämlich den Ikea-Katalog. Er liest: «Glück ist, wenn du ein superbequemes Sofabett, ein paar Beistelltische und eine gute Wifi-Verbindung hast». Daraufhin lässt er den Katalog sinken, schaut halb besserwisserisch, halb milde in die Kamera und kontert mit Freud. Weiterlesen

China – 1 Land, 4 Regionen, 4 Küchen

China ist ein Land mit langer Geschichte und Tradition, wenn es ums Essen und um Essgewohnheiten geht. Es gibt viele verschiedene Regeln und Bräuche, wie anständig gegessen wird. Grundsätzlich wird das Essen nicht jedem Einzelnen auf einem eigenen Teller serviert, sondern alles wird auf den Tisch gelegt, sodass jeder das essen kann, was er will. Weiterlesen

Finalis

Grässlich. Einfach grässlich. Endlich habe ich ein passendes Wort für die Kakofonie namens «Babywillstmeinneuesstückhören». Existiert eigentlich Ohrenkrebs? Ich fürchte, schon. Bestimmt gibt es Klänge, welche die Ohrenzellen mutieren lassen. Und am Ende werde ich eine Radio-Therapie in einem spezialisierten Krankenhaus irgendwo in Israel über mich ergehen lassen müssen. – Es regnet wieder. Zum wievielten Mal heute? – Vielleicht bin ich einfach zu altmodisch und checke das moderne Zeug nicht. Ich meine, wenn du mir von deinen musikalischen Reisen erzählst, die nur in deinem Kopf stattfinden, dann wird mir einfach nur übel. Moment – diese Passage kenne ich – die kommt auch in einem anderen Stück vor, nicht? Na ja. Mama hat immer gesagt, das Leben mit einem Musiker sei anstrengend. Sie hatte Recht. Mama hat immer Recht. Ich sollte sie vielleicht mal anrufen und fragen, wie es ihrem Pudel geht. Bono. Schon sein Vorgänger hiess so. Sie wählt immer denselben Namen. Keine Veränderungen – kein Stress. Gutes Motto, Mama. Weiterlesen

Glück und die Sprache der Kunst

Der Künstler Raja Dibeh ist 48 Jahre alt und hat erlebt, was niemand erleben will. Blut, Leid und Krieg hat er in seiner Heimat Syrien tagtäglich gesehen und hautnah erfahren. Vor allem für islamistische Rebellengruppen wie den IS war Raja Dibeh als christlicher Künstler eine Zielscheibe. Deshalb musste er flüchten und lebt nun seit vier Jahren in der Schweiz. Zusammen mit anderen Geflüchteten wohnt er in einer Asylunterkunft in Schupfart. Wir haben ihn nach der Bedeutung von Glück gefragt. Weiterlesen

Glück

Irgendwie haben wir es ja vermutet: Glückserfahrungen haben nicht nur mit Psychologie, sondern auch eine ganze Menge mit Biologie zu tun. Die Zusammenhänge zwischen körperlichen Prozessen und seelischer Empfindung sind ebenso spannend wie komplex – und es zeigt sich: Auch aus biologischer Sicht ist das Glück ein flüchtiges und alles andere als ungefährliches «Geschenk». > Weiterlesen

Weniger lauffe – meh Liftschlüssel

Das tägliche Rennen gegen die Zeit beziehungsweise die eigenen Mitschüler um den letzten freien Tisch im Erdgeschoss des Aquariums. Der leidige Kampf um einen Platz im Lift. Immer kein Kleingeld in der Mensa. – Das muss nicht sein! Der sage&schreibe-Fotowettbewerb «Weniger laufe, mehr Liftschlüssel» macht das Leben an der Alten Kanti lebenswerter. – Vielleicht auch deines!
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Wunder? Wunder!

„Glauben Sie an Wunder?» Kaum jemand im Umfeld einer Kantonsschule wird diese Frage mit einem uneingeschränkten «Ja» beantworten. Wunder wirken wie ein Relikt aus alten Tagen. Sie erinnern an Aberglaube und Magie. Im Denken unserer Zeit scheinen sie keinen Platz mehr zu haben. Der Gang Jesu auf dem Wasser? – Spontane Heilungen an Wallfahrtsorten? – Eine Madonna, die Blutstropfen weint? – Wundersame Erscheinungen am Himmel? Nein, danke! Weiterlesen

Von Eintretenswahrscheinlichkeiten für das Unglaubliche

Bei einem Kaffee und einem Chai im Barista Shop haben sich der Biologie Stefan Girod (SG) und der Pianist Daniel Woodtli (DW) über einen der ganz grossen Begriffe unterhalten. Im Dialog unternehmen die beiden Lehrer der Alten Kanti Aarau einen ebenso unterhaltenden wie anregenden Gedankenspaziergang – immer im Spannungsfeld zwischen der Macht der Fakten und der Macht des Göttlichen. Weiterlesen

Die Wunderstätte

Schmid Beck im beschaulichen Zunzgen ist eine Feinbäckerei, Konditorei und Chocolaterie der besonderen Sorte, denn sie trägt die herausragende Qualität bereits in ihrem Namen: «echt weltmeisterlich». Um die Genusswelt zu erkunden und der Leidenschaft der Erschaffer auf die Spur zu kommen, sind wir tief in die preisgekrönte Wunderstätte eingetaucht. Weiterlesen

Der Wunderbaum – Fluch und Segen

Tatsächlich: Es gibt einen Baum, aus dem eines der tödlichsten natürlichen Gifte und gleichzeitig ein tagtäglich gebrauchtes Öl gewonnen wird. Vielleicht klingelts bei der einen oder anderen Krimi-Leseratte oder bei faltengeplagten Beautyfans bei den Begriffen Rizin und Rizinusöl. – Was hat es wirklich auf sich mit dem Wunderbaum? Wir haben über die «Giftpflanze des Jahres 2018» recherchiert. Weiterlesen

Leichte Kost

Einhundert Gramm durchschnittliches Brot enthalten etwa zweihundertsiebenundsechzig Kalorien. Eine Schreibe davon wiegt ungefähr fünfzig Gramm, hier jedoch können wir von mindestens siebzig ausgehen. Also sind wir mit einer Scheibe schon mal bei einhundertneunundachtzig Kalorien. Je nach dem, von welchem Teil des Brotes das Stück stammt, lassen sich durch die Kruste weitere Kalorien addieren oder subtrahieren. Weiterlesen

Ελλάδα

Η Ελλάδα είναι χώρα της νοτιοανατολικής Ευρώπης. Συνορεύει βορειοδυτικά με την Αλβανία, αποτελείται από την ήπειρο και την Πελοπόννησο και έχει πάνω από 3000 νησιά. Η χώρα βρέχεται από το Λιβυκό Πέλαγος στον Νότο και το Ιονικό Πέλαγος στη Δύση. Η Ελλάδα έχει Έκταση 131’957 τετραγωνικά χιλιόμετρα και είναι τρείς φορές μεγαλύτερη απο τήν Ελβετία. Η χώρα έχει περίπου 11,2 χιλιάδες πληθυσμό. Λόγο των πολλών νησιών η Ελλάδα έχει μια ακτογραμμή από 13’000 χιλιόμετρα. Αν και υπάρχουν πολλά νησιά και μεγάλη επιφάνεια θάλασσας, η Ελλάδα έχει επίσης 80 της εκατό βουνά. Weiterlesen

Zwischenstunde

Ding – ein paar letzte Plopps ertönen aus der Mikrowelle, dann ist es ruhig. Ich nehme die Tüte vorsichtig in die Hand und trage sie zu unserem Tisch. Ein buttriger Duft steigt daraus auf, der Duft einer Zwischenstunde. Alle haben ihre Schulsachen ausgepackt, Stifte liegen achtlos verstreut auf dem Tisch. Wirklich am Arbeiten ist jedoch niemand. Dazu fehlt die Motivation. Weiterlesen

#3 Poesie

In unregelmässigen Abständen hält der passionierte Filmer und Fotograf Tobias Gamp (G4L) seinen Blick auf die Welt in einem ganz persönlichen Video fest. Mal frech, mal schräg, mal nachdenklich, mal knallig – immer aber zusammen mit Alexander Levnajic (G3B). Nur zusammen sind sie «Ganz Gamp.»

Griechenland

Das im Südosten von Europa liegende Griechenland grenzt an das südliche Ende des Balkans und besteht aus der bekannten Halbinsel Peloponnes sowie mehr als 3000 Inseln. Eingegrenzt wird das griechische Festland vom im Süden liegenden Libyschen Meer und dem Ionischen Meer im Westen. Griechenland erstreckt sich über eine Fläche von 131 957 km² und ist somit fast dreimal grösser als die Schweiz. Es leben 11,2 Millionen Einwohner auf dem Festland und den umliegenden Inseln. Wegen seiner vielen Inseln besitzt das Land eine Küstenlinie von über 13’000 km. Obwohl viele Inseln und eine grosse Wasserfläche zu Griechenland zählen, hat die Nation einen Gebirgsanteil von fast 80 Prozent. Weiterlesen

Schweizer und Schweizerinnen umarmen sich viel

Die 18-jährige Claire Ngo aus Kanada kam im August 2018 in die Schweiz, wo sie zuerst einmal einen zweiwöchigen Deutschkurs für Anfänger besuchte. Ab September war sie dann ein Jahr lang Austauschschülerin in der G2F an der Alten Kanti Aarau. Der vorliegende Text ist ihr sprachlich nicht bearbeitetes) Abschiedsreferat, das sie anlässlich eines Farewell-Dinners des Rotary Clubs Aarau Alpenzeiger gehalten hat. Weiterlesen

Glückspost

«Die Arthritis, weisst du, die wird immer schlimmer. In den Händen auch. Zwei Reihen stricken, Andi, zwei, dann muss ich’s schon wieder hinlegen», jammert Oma Ingrid. Ihr Körper versinkt beinahe im übergrossen Bademantel, und händeringend blickt sie ihren Enkel an. Die Glückspost, die Andi ihr hilflos entgegenstreckt, lässt ihre Augen für einen Moment aufleuchten. «Wie lieb von dir! Sag Erika lieben Dank. Willst du Kaffee? Komm, ich ruf die Heike, die bringt dir einen.» «Nee nee, lass mal Oma. Ich trink doch eh keinen Kaffee, weisst du doch. Ich muss ja sowieso auch gleich weiter. Hab noch viel zu tun. Schule und so», murmelt der schlaksige Junge, vergräbt die Hände tief in den Hosentaschen seiner verwaschenen Jogginghose und der Rechten ertastet ein kleines Plastiktütchen, das er fest mit den Fingern umschliesst. Weiterlesen

«Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit sind unser wichtigstes Gut»

Mit 43 Jahren ist Christian Dorer bereits Chefredaktor von BLICK, SonntagsBlick, Blick am Abend und Blick online. Der Absolvent der Alten Kantonsschule Aarau bestimmt, was jede Woche 1.8 Millionen Schweizerinnen und Schweizer lesen. Wie fühlt sich so viel Verantwortung (und Macht) an? Wie begegnet Christian Dorer der digitalen Herausforderung? Und wie geht er mit der allgegenwärtigen Gefahr von Fake News um? – Wir haben den einflussreichsten Journalisten der Schweiz in Zürich zum Gespräch getroffen. Weiterlesen

Die vier Sinne des Menschen

Wenn im Wald ein Feuer brennt, können wir das mithilfe unserer Sinne feststellen, was uns in verschiedenen Szenarien einen evolutiven Vorteil bringen kann. Das Feuer werden wir aber nie in seiner Gesamtheit erfassen können. Dafür sehen wir gelbe Flammen züngeln und hören ein Knistern, obwohl das Feuer genau genommen weder Farben besitzt noch Geräusche erzeugt. Wie kommt’s? Weiterlesen

«Schau, deine Schuhe sind Mittwoch!»

Stell dir vor, der September wäre hellgrün, der Februar eisig-rosa, das «E» gelb, alle 20er Zahlen rötlich und die Melodie der Schulglocke orange. Genau so geht es Victoria Dvořák, einer Schülerin der Alten Kantonsschule Aarau. Wir treffen sie an einem Mittwoch in einem Café. Sie erzählt uns von ihrem Leben als Synästhetikerin und legt uns ihre ungewöhnliche Wahrnehmung offen: die Verknüpfung von Musik, Zahlen und Wörtern mit Farben.  Weiterlesen

Vom (Un-)Sinn der Ökonomie

Veronika Potykanowicz (PotVe), Wirtschaftslehrerin an der Alten Kantonsschule Aarau, sucht über WhatsApp das Gespräch mit ihrer 19-jährigen Nichte Bernadette Schwarz (SchBe) aus Österreich, die zurzeit Umweltsystemwissenschaften an der Universität Graz studiert. Immer im Zentrum des Dialogs zwischen der Pädagogin und der jungen Idealistin: der (Un-)Sinn der Ökonomie. Weiterlesen

Freddy Nock: Sinnfindung und das Seil

Viele Leute fürchten sich davor, über einen Baumstamm zu gehen; Freddy Nock hat das Balancieren, noch dazu in schwindelerregenden Höhen, zu seinem Beruf gemacht. Bei einem Besuch des Artisten zu Hause in Uerkheim haben wir einen Einblick in seine Arbeit erhalten – und von seinem neusten Projekt erfahren, das alles andere in den Schatten stellen wird. Weiterlesen

Fünf Sinne, ein Erlebnis

Der Mensch hat fünf Sinne. Was auch immer wir tun: Erst das Zusammenspiel aller Sinne ermöglicht die ganzheitliche Wahrnehmung eines Erlebnisses. – Wie aber ist es, wenn wir uns bei einem Erlebnis ausschliesslich auf einen Sinn konzentrieren? Wir haben uns aufgemacht in ein Burger-Restaurant und uns beim gemeinsamen Essen jeweils ganz auf einen einzigen Sinn konzentriert. Ein sinnliches Experiment. Weiterlesen

ZIRP

Ich hetze auf den letzten Drücker ins Zimmer – geschafft. Mein Kopf braucht etwas Zeit, um sich zurechtzufinden. Also, ganz langsam: Ich sitze in einer Biologiestunde. Biologie zählt dieses Jahr für die Matur, also sollte ich mich nun zwei Stunden konzentrieren. Unser heutiges Thema: Aufnahme und Verarbeitung von Sinnesreizen. ZIRP. Meine Sinne erinnern mich gerade wieder daran, dass es vielleicht doch keine so gute Idee war, kurze Hosen anzuziehen. Vorsichtig löse ich mein Bein vom Stuhl und platziere es etwas weiter rechts; zwecklos – es fängt schon wieder an, am Stuhl festzukleben. ZIRP. Die Hitze ist unerträglich. Wieso bekommen wir bei diesen Temperaturen nicht hitzefrei? Weiterlesen

Himmelblaue Himbeere

Bazar. Der süsse Duft, kaum spürbar
Zimt, Koriander, Nelken
die Himbeere, süss und verführerisch
wie das Geschrei der Verkäufer
himmelblau, Himmelbeere, mitten im Bazar
die Verlockung, süsser als Honig
verstörende Farbe, einzigartig
die Sinne berauschend
alles vergessend, vergessen
versinken
und schweben, höher und höher
ekstatisch, ein Geschmack wie Vollendung
der Abgang ist böses Erwachen
himmellos bitter bleibt Ingwer
im Nachgeschmack.

 

Von Nadine Girod und Su Haskaya, G3L 
Aquarell von Nicole Wehrli, G3K

Digitalisierung an der Schule – Alte Kanti 4.0?

Digitalisierung – für die einen ein Zauberwort, das Türen in ungeahnte neue Lebens- und Arbeitsräume öffnet, für die anderen ein Unwort, der Inbegriff einer datengesteuerten, gefühlskalten, insgesamt inhumanen Welt. – Wie auch immer: Als moderne Mittelschule sind wir verpflichtet, uns dem Wandel auch in diesem Bereich zu stellen, Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen. Eine Bestandesaufnahme. Weiterlesen

Ertrinken

Mein Zug war schon da, als ich den Bahnsteig erreichte und auf den Türöffner drückte. Ich setzte mich an den erstbesten Platz am Fenster, und als der Zug langsam losfuhr, heftete sich mein Blick an einen der vielen Regentropfen an der Scheibe. Ich beobachtete, wie ein Tropfen grösser wurde, runterkullerte und alle, die seinen Weg kreuzten, mit sich riss. Etwa hundert Tropfen später wurde meine Haltestelle angekündigt. Ich stieg aus und blickte nach oben, fühlte, wie der Regen auf mein Gesicht prasselte, den Hals runterlief, und sah, wie sich meine Schultasche verfärbte. Ich machte mich auf den Weg nach Hause.  Weiterlesen

Ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr, wenn die Tür aufgeht

So ein Lift ist schon eine praktische Erfindung. Ohne Lift würden wir nicht weit kommen, vor allem nicht in die oberen Stockwerke des Aquariums beziehungsweise Paul-Karrer-Hauses. Da sind wir schon ab und zu dankbar, dass es gleich drei an der Zahl hat. Doch das gerät manchmal in Vergessenheit, wenn wir uns über die Lifte aufregen müssen, und das ist keine Seltenheit. Weiterlesen

Glühbirnen, Doppelnetzgeräte und Diodenlaser

Schweizer Physikolympiade – dazu braucht es Physiktalente aus der Schweiz, Prüfungsunterlagen und spezifische Utensilien für den experimentellen Teil des Wettkampfs. Am 24./25. März 2018 ging es für 24 Schülerinnen und Schüler darum, sich für den europäischen Wettbewerb in Moskau zu qualifizieren. sage&schreibe war beim experimentellen Teil der Prüfungen an der Neuen Kantonsschule Aarau vor Ort. 
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Immer am Ball bleiben!

Er trainiert bis zu 18 Stunden pro Woche. Denn Volleyball ist seine Leidenschaft! Irian Mika ist ein wahrhaft grosser Spieler – nicht nur wegen seiner 192 cm Körperlänge: Der 20-jährige spielt im Nationalliga-A-Team von Volley Schönenwerd. Als Schüler der Sportabteilung der Alten Kanti stellt Irian jeden Tag unter Beweis, dass sich Spitzensport und Gymnasium bestens vereinen lassen! Weiterlesen

Eviva España!

España meets Aarau – und dies in der einladend dekorierten reformierten Kirche Buchs. Das Orchester der Alten Kantonsschule Aarau, verstärkt durch das Holzbläserensemble, verzauberte das Publikum regelrecht mit temperamentvollen südländischen Klängen. Das Herz Spaniens pulsierte, und die Wärme des Frühlings war trotz der tiefen Temperaturen deutlich zu spüren.
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#02 Aufzüge

In unregelmässigen Abständen hält der passionierte Filmer und Fotograf Tobias Gamp (G3L) seinen Blick auf die Welt in einem ganz persönlichen Video fest. Mal frech, mal schräg, mal nachdenklich, mal knallig – immer aber zusammen mit Alexander Levnajic (G3L). Nur zusammen sind sie «Ganz Gamp.»

Inclusive Digital Video Training in Youth Work (InDVT)

What is InDVT and what does it do for our society?

The InDVt is a project sponsored by the European Union involving several countries. The objective of the project is to create a way of teaching youth trainers to increase the use of “inclusive videos” in their daily work. It is intended to be used for non-formal youth trainings of any sort.

The platform for all the basic and enhanced training was created by the partners in Bulgaria. They developed a website which will be translated into many different languages. On the platform there are several training modules each written by a different partner. You can access information, such as how to collect digital videos, the digitization of videos and TV, raising digital awareness, digital videos in inclusive training and last but not least some tips for trainers. After completion of each module, one will be able to take a self-assessment to test if one has understood the material correctly.

In addition, there is one surprising element in the platform. They have an absolutely stunning resource page, where they list a lot of examples they have found during researches dealing with these topics. Each of the accessible videos has a deeper meaning and can directly be applied to educational and awareness raising purposes. Thanks to nanoo.tv and Mr. Henning Timcke, all of these videos are now on a secured platform and will always be available to youth trainers in the future.

The Meeting

On the 15th of December 2017, the third partner meeting of the InDVT Project took place in Prague. With participants from Bulgaria, Germany, Switzerland and the Czech Republic many competent partners convened at the University of Life Science in Prague.

The project partner responsible for Switzerland, Mr. Henning Timcke, was entitled to bring two guests along to the event in Prague. After due consideration he decided to invite a couple of students from the “Alte Kantonsschule Aarau” with whom he had just finished a project. Natalia Castro Castell and Pascal Meier were given the opportunity to attend, and they were very grateful to join him on this adventure.

The goal of the meeting was to enhance the product proposition in such a way that it would become more user-friendly and ready to be campaigned to a broader base of youth trainers. After an exhausting day of discussing improvement ideas, all partners agreed on the next steps to be pursued and implemented during the following weeks. All the attending representatives unanimously agreed that the meeting was considered a full success.

Prague the city

The day after the meeting the two students from Aarau had some time to explore the city of Prague. Cognizant that a single day of sightseeing was not enough to see the entire city, after a conversation with local guides, we had decided to make our own very ambitious plan. Within a couple of hours, we managed to see most of the sights and monuments, such as the beautiful Karls Bridge, the John Lennon Wall, the Petřín observation tower and some more impressive old buildings. During a small break in the old part of the city, we enjoyed some delicious Czech food in an old restaurant and tasted some hot wine in one of the many wonderfully decorated Christmas markets.

Conclusion

In summary, it can be said that the trip was very successful, both in terms of what we learned and experienced in a different environment. Personally, the highlight of the trip was the dinner with all the partners during which we enjoyed delicious local Czech dishes, like the amazing dumplings, and the good and interesting conversations. We were really honored to be able to have had the opportunity to further observe this project and to represent our school. It will be interesting to follow the further development of this InDVT project and the success it will have.

Websites:
InDVT: http://inclusivevideo.org/de
Nanoo.tv: https://portal.nanoo.tv

By Pascal Meier, G3L

Turin, die verkannte Schöne

Drei Tage Turin! Eine Stadt, die in ihrem alten Glanz als ehemalige Hauptstadt Italiens erstrahlt und die Besucher – auch bei Regen – mit ihrer Schönheit in ihren Bann zieht. Turin überzeugt in allen Bereichen: beeindruckende Architektur, glorreiche Paläste, interessante Museen, gemütliche Cafés, Kirchen, Lauben, leckeres Essen und vieles mehr. Ein Erlebnisbericht über die Projektwoche Turin vom Frühjahr 2018. Weiterlesen

Atem und Hoffnung

Zwei Germanistinnen schreiben einander Briefe mit Luft. Ihr Gespräch über den Atem wird zu einer Reise ins Universum und ins eigene Innerste. Atemzug für Atemzug.

Von Lara Dredge und Rahel Hubacher, Deutschlehrerinnen

Liebe Lara
Beim Nachdenken über das Phänomen Luft drängt sich der Aspekt des Atems auf – wir kommen ja nicht umhin, ständig Luft zu holen. Goethe spricht in diesem Zusammenhang von der «ewigen Systole und Diastole», dem ewigen Ein- und Ausatmen. Für ihn sind die gegenläufigen Bewegungen des Ein- und Ausatmens Sinnbild für eine fortwährende Entzweiung ebenso wie für eine ewige, letztlich unzerstörbare Einheit.

Kürzlich habe ich gelesen, dass der Austausch über den Atem keine Grenzen kennt, weder geographisch noch zeitlich. Mit jedem Atemzug nehmen wir Milliarden von Atomen auf. Wenn man ausatmet, gibt man sie wieder ab und sie verteilen sich. Dieser Austausch über die Atemluft ist unermesslich: Die Luft, die wir einatmen, enthält Atome aller Menschen, Zonen und Zeiten. Wenn wir einatmen, wandern Atome durch unseren Körper, die einst Jesus, Mozart, Einstein und Gandhi gehört haben. Genauso enthält unsere Atemluft Atome von Männern und Frauen, von denen wir uns mit aller Deutlichkeit distanzieren – Hitler, Pol Pot, die Verantwortlichen der Massaker von Srebrenica oder Kigali. Der Gedanke, dass uns jeder Atemzug mit allen Geschehnissen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft verbindet, vom Anfang des Universums bis zu seinem Ende, ist überwältigend. Der Atem ist in diesem Sinne naheliegend und fundamental – und zugleich zeiten- und weltenumspannend.

Herzlich, Rahel


 

Liebe Rahel
Diese fundamentale Bedeutung ist auch der deutschen Sprache eingeschrieben, da schöpft jemand Atem und hat vielleicht einen längeren Atem als ein Kurzatmiger, dem im Notfall schnell der Atem ausgeht. Mitunter verschlägt es einem den Atem, vielleicht sogar dann, wenn wir von einer Sache in Atem gehalten worden sind – bis zum letzten Atemzug?

Die Vorstellung, dass die Atome alles Vergangenen, wie du sagst, durch alle Zeiten bis hin zum Jetzt uns umgeben, ist atemberaubend. Was meint dann gesunde Luft? Eine, die nicht belastet oder ist mit den Irrtümern früherer Generationen? Wenn die Luft rein ist – prägt uns das als Menschen ebenso, wie wenn dicke Luft herrscht? Beeinflusst es unser Werden? Es liegt in der Luft, sagt man – was genau? Ein Zeichensystem von Atomen, die unser Wesen verändern, lenken, bestimmen?

Herzlich, Lara


 

Liebe Lara
Den langen (und ruhigen) Atem suchen viele, gewiss auch die Fähigkeit und die Kraft, für reine Luft zu sorgen. Die Irrtümer früherer Generationen können wir nicht ungeschehen machen, wohl aber die Verbindung zu den Menschen stärken, die mit uns dieses Leben teilen. Anspruchsvoll genug! Dabei helfen die in Stille geschöpften Atemzüge. In Eichendorffs Gedicht «Mondnacht» rauschen leis die Felder, die Ähren wogen sacht – es ist alles ganz still und doch wunderbar bewegt, sodass der Seele gleichsam Flügel wachsen. Dass die Literatur solche Momente erfahrbar macht und damit das kaum fassbare Zeichensystem, von dem du sprichst, vermitteln kann, ist grossartig und beglückend.

Herzlich, Rahel


 

Liebe Rahel
Grossartig und beglückend: Möge die Realität, die dazu anstiftet, solche Momente einzufangen, lange andauern. Wenn ich an Grossstädte denke und an verpestete Luft in den Industriegürteln nicht nur der Dritten Welt, frage ich mich, wie lange der Mensch im Raum-Zeit-Kontinuum des Universums verbleibt. Dass sich alles verändert, ist eine Konstante, und doch bleibt, so die Theorie, die Energie die gleiche. Unsere Zukunft – die des Menschengeschlechts – wäre möglicherweise die, als Atome einverleibt zu werden in andere Seinsweisen? Wer würde dann noch Bücher lesen können?

Herzlich, Lara


 

Liebe Lara
Du erwähnst das Universum. In Verbindung mit unserem Ausgangspunkt – der Atemluft – denke ich an die chinesische Kosmologie, die in der Idee des Atems gründet. Die frühen chinesischen Denker haben die Auffassung eines lebendigen Universums geprägt, in dem alles miteinander zusammenhängt und sich gegenseitig stützt. Dabei ist der Atem die Grundeinheit. Interessant ist die Vorstellung eines «dreigliedrigen» Atems. Die Chinesen unterscheiden einen oberen, einen unteren und einen Atem der «mittleren Leere». Der Atem der mittleren Leere, der sich zwischen dem «Yang», der aktiven Kraft, und dem «Yin», der empfangenden Sanftheit, bewegt, hat die Gabe, die beiden anderen Arten des Atems zu einer positiven Interaktion zu bewegen. Daraus folgt, dass das, was sich zwischen zwei Wesen ereignet, so wichtig ist wie die Wesen selber. Das Entscheidende ist also das, was in der Interaktion und der Beziehung zwischen zwei Menschen entsteht. Das ist zugleich eine Form von Transzendenz – das, was in der Beziehung entsteht, überschreitet den Einzelnen. Die Chinesen sagen, dass auf diese Weise wahre Schönheit entstehe – Schönheit, die uns berühre, weil sie sich in der lebendigen Begegnung ereigne. Diese Schönheit ist der ebenso wahre Gegenpol zu der von dir erwähnten verpesteten Luft. Wenn wir die Entschlossenheit finden können, Abkommen für reine Luft einzuhalten, dann im Bewusstsein dieser überwältigenden und verletzlichen Schönheit.

Herzlich, Rahel


 

Liebe Rahel
Wahre Schönheit entsteht durch das wohlwollende Zueinanderfinden! Das, würde ich meinen, ist in unserem Beruf zentral. In der Beziehung zwischen den Lernenden und uns Lehrpersonen einerseits, aber auch in der Interaktion zwischen uns (Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler etc.) und allen möglichen Texten, Autorinnen, Autoren, im Dialog zwischen Welten, Ansichten, Epochen, Meinungen, Zeichensystemen…

Ich schöpfe Atem und Hoffnung.

Herzlich, Lara

Atmen, du unsichtbares Gedicht!
Immerfort um das eigne
Sein rein eingetauschter Weltraum. Gegengewicht,
in dem ich mich rhythmisch ereigne.

Einzige Welle, deren

allmähliches Meer ich bin;
sparsamstes du von allen möglichen Meeren, –

Raumgewinn.

Rainer Maria Rilke, aus: Die Sonette an Orpheus / II,1

 

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Joseph Freiherr von Eichendorff, aus: Mondnacht

 

Ich setzte den Fuss in die Luft
und sie trug.

Hilde Domin, aus: Nur eine Rose als Stütze

Wo die Luft gemacht wird

Zum Schneiden dicke Luft nach einer Doppelstunde Physik? Tagelanger Gestank nach chemischen Experimenten? Unerträgliche Hitze im Sommer? Nicht im Paul-Karrer-Haus der Alten Kanti. Denn hier sorgt eine ausgeklügelte Heizungs-und Belüftungsanlage für ein neutrales Klima – wenigstens in Bezug auf die Luft. Eine begleitete Entdeckungsreise ins klimatische Herz des Gebäudes.

Paul-Karrer-Haus – fünf vor Zwei. Wir sind mit Beat Spillmann und Pascal Auf der Maur vom Hausdienst der Alten Kantonsschule Aarau verabredet. Sie werden uns zeigen, wie das Haus mit der vielen dicken Denkluft der Schülerinnen und Schüler umgeht. Ein letzter Check, ob wir alles dabeihaben, dann kommen die beiden auch schon. Wir werden freundlich begrüsst und begeben uns gleich an einen Ort, zu dem Schülerinnen und Schüler normalerweise keinen Zutritt haben: den Technik-Raum des Paul-Karrer-Hauses. Da liegt unter anderem das Lüftungssystem verborgen, das für die frische und jederzeit kühle Luft im Haus sorgt.


[Bild: Alexander Levnajic]

Beim Betreten der Räume fällt uns die Wärme auf. Ebenso der Lärm der Maschinen, von denen einige beindruckende Masse aufweisen und einigermassen geheimnisvoll aussehen. Zum Glück sind Herr Auf der Maur und Herr Spillmann vom Fach und beginnen ganz von vorn: Hier unten befindet sich nicht nur das Lüftungssystem des Paul-Karrer-Hauses, sondern auch die Heizungsübergabestation für alle Gebäude des Schulgeländes. Dazu noch Luftschutzkeller und diverse Lagerräume. Auch von der Lüftungsanlage müsste eigentlich im Plural gesprochen werden. Während nämlich die Hauptanlage alle Schulräume im Paul-Karrer-Haus mit frischer Luft versorgt, dienen verschiedene kleinere Anlagen zur Belüftung des Erdgeschosses, der Toiletten oder der Nebenräume.

Rauchalarm in den Schulzimmern
«Der Luftumwälzungsprozess beginnt damit, dass zahlreiche Ventilatoren Aussenluft ansaugen», erklärt Spillmann. Der Lüftungseingang befindet sich auf dem Vorplatz des Paul-Karrer-Hauses, liegt leicht erhöht, von Sträuchern geschützt, damit sich keine Personen auf das Gitter setzen.

Dazu gebe es eine witzige Geschichte, sagt Beat Spillmann. Und natürlich wollen wir sie hören. Die Sträucher, erzählt er, seien auch deshalb gepflanzt worden, weil die Schülerinnen und Schüler dort früher regelmässig gesessen und geraucht hätten. Der Ventilator habe diese wenig appetitliche Luft natürlich angesogen und den Rauchgeruch im ganzen Gebäude verteilt. Schmunzelnd fügt Spillmann an, ein wenig schade sei es schon, dass die Schüler sich dort nicht mehr aufhalten könnten; immerhin habe man jeweils ein kleines Vermögen gemacht, wenn das darunterliegende Auffangbecken für Regenwasser gesäubert wurde. Den Schülerinnen, sagt er, sei nämlich oft Kleingeld aus den Taschen gefallen. «Da kamen so 20 bis 30 Franken im Jahr zusammen. Für unsere Kaffeekasse.»

Weitere Bilder finden Sie in unserer GALERIE.

[Bild: Alexander Levnajiv]

Umweltfreundliche und kostengünstige Wärme
Zurück zum Theoretischen. Bevor die Luft in den Kreislauf eintritt, wird sie gefiltert. Die Filter werden jährlich gewechselt, um saubere Luft zu garantieren. Nach dem Filtern gibt es zwei Optionen: Entweder wird die Luft mit Hilfe der Kältemaschine gekühlt, oder sie wird erwärmt. Die Wärme wird von den Industriellen Betrieben Aarau als Fernwärme bereitgestellt.
Das war nicht immer so. Bis im Jahr 2016 nämlich wurde eine Ölheizung für den gesamten Wärmebedarf eingesetzt. «Fernwärme», erläutert Beat Spillmann, «ist zwar umweltfreundlicher, leider aber noch nicht kostengünstiger. – Beim Hinausblasen der verbrauchten Luft aus dem Gebäude wird ihr die Wärme oder die Kälte entzogen und wiederverwendet. Damit kann der Energieverbrauch reduziert werden. Dieser Vorgang geschieht über einen Wärmetauscher.»

Im nächsten Schritt wird die Luft mit Hilfe eines sogenannten Wabensystems befeuchtet. Dabei geben Sprühdüsen kleinste Wassertropfen an die Luft ab, um die Luftfeuchtigkeit konstant auf 45% bis 48% zu halten. Das für diesen Vorgang benötigte Wasser wird vorher entkalkt und entmineralisiert, damit die feinen Sprühdrüsen nicht verstopfen. In zwei Hauptkanälen mit diversen Abgängen zu den Stockwerken wird die Luft nach oben transportiert und in die verschiedenen Zimmer verteilt. Gleichzeitig wird die verbrauchte Luft abgesaugt und aus dem Gebäude geblasen.

«Im Zug der Renovation in den Jahren 1999 und 2000», erklärt Pascal Auf der Maur, «wurde das 1969 eingeweihte Gebäude komplett saniert. Dazu zählte auch das Ersetzen der alten Lüftungsanlage durch eine dem aktuellen Stand der Technik entsprechende neue Anlage.» Schon damals war vorgegeben, dass die neue Anlage gewisse Energievorschriften zu erfüllen habe; so durfte zum Beispiel der maximale Unterschied zwischen Innen- und Aussentemperatur im Sommer nicht mehr als 5° Celsius betragen. Wurden draussen also 30° Celsius gemessen, durfte im Innern des Gebäudes auf höchstens 25° Celsius runtergekühlt werden. «Daher konnte man eigentlich nur von einer Temperatur-Erträglichkeits-Anlage sprechen», ergänzt Spillmann mit einem Schmunzeln.

Grenzwerte, Durchschnittwerte, Peaks
Im Sommer werden jeweils am Morgen zwei Rauchabzüge im 7. OG des Hauses eingeschaltet; die sollten eigentlich im Brandfall den Rauch nach draussen befördern, doch während Hitzeperioden dienen sie dazu, einen Sog zu generieren, der die kühle Morgenluft ins Gebäude hinein- und die warme Luft hinausbläst. So wird die Temperatur in der Eingangshalle und im Treppenhaus noch angenehmer – und auch frischer. Das sei auch nötig, sagt Auf der Maur. «Die CO2-Werte müssen unbedingt eingehalten werden. Schweizweit gilt ein Kohlenstoffdioxid-Grenzwert von maximal 1’500 ppm (1), gemessen über eine längere Zeitspanne. Aber diesbezüglich sind wir gut unterwegs mit unserer Anlage.» Tatsächlich zeigen Messungen, dass der Durchschnittswert im Paul-Karrer-Haus bei belegten Klassenzimmern zwischen 600 und 1000 ppm liegt, also weit unter dem vorgeschriebenen Grenzwert. Wir sind erstaunt. Mit unserer Wahrnehmung jedenfalls deckt sich das nicht zu hundert Prozent. Wir haken nach. Keine Grenzwertüberschreitungen? Keine Ausreisser nach oben? Pascal Auf der Maur überlegt. «Entscheidend ist der Durchschnitt, und der ist top. Aber ja, es kommt schon mal vor, dass es Ausschläge gibt. – Das sind sogenannte Peaks», ergänzt er. «Also das Gröbste, was wir je gemessen haben, waren gut 1’500 ppm.»

Ein Hauch von Abenteuer
Nach all den theoretischen Ausführungen nimmt unser Ausflug in die Innereien des Paul-Karrer-Hauses eine unerwartete Wende. Das Angebot, den Verbindungsgang zwischen den Gebäuden zu besichtigen, können wir unmöglich ablehnen. In diesem Gang befinden sich einerseits Leitungen, die den Wärmeaustausch vom Paul-Karrer-Haus in die anderen Gebäude ermöglichen, andererseits dient der Gang auch als Notausgang. Falls man im Keller gefangen sein sollte. Und dann geht’s los. Über eine lange, für Unterhaltsdienste bereitgestellte Leiter gelangen wir alle sicher in den erhöhten Verbindungsgang. Es ist ziemlich eng und düster hier. Und schon fällt unser Blick auf einen grossen, knallrot auf die Wand gemalten Schriftzug: «Notausgang». Wir fühlen uns wie in einer schlechten Episode von «American Horror Story», in der man in jedem Moment mit dem Unmöglichen und Undenkbaren rechnen muss. Nach ein paar Metern treten wir glücklicherweise wieder den Rückweg an. Der Abstieg stellt sich dann aber als unerwartet schwierig heraus. Die Leiter wackelt um einiges mehr als vorher, wir spüren den Puls im Hals. Entsprechend sind wir heilfroh, Augenblicke später wieder sicheren Boden unter den Füssen zu haben.

Nachdem wir uns von unseren kompetenten Technik-Guides verabschiedet haben, schauen wir uns an und sind ziemlich sicher, dass wir dasselbe denken: Eine interessante und sehr lehrreiche Expedition war das. Aber diese 1500 ppm: Entweder ist der Grenzwert für gute Luft in Schulzimmern zu hoch angesetzt, vor allem im Sommer, oder unsere Nasen sind zu empfindlich. Aber das ist ein anderes Thema. Vielleicht für ein anderes Mal.

(1) ppm steht für engl. «parts per million». Mit diesem Mass werden Teilchenkonzentrationen im Millionstelbereich bezeichnet.

Von Marion Müller, G3L

Das Spiel mit der Luft

Luft ist Leben. Und wenn sie über unsere Stimmbänder streicht, können wir sogar Laute erzeugen, verbal miteinander kommunizieren. – Und beim Spielen eines Blasinstrumentes? Was spielt die Luft da für eine Rolle? Die beiden Klarinettisten Thomas Hunziker und Julian Remund geben Auskunft.

Wenn wir reden, denken wir gar nicht daran, ein- und ausatmen zu müssen, und wir brauchen uns nicht um die Stimmbänder zu kümmern, denn alles funktioniert ganz automatisch. Ganz anders beim Klarinettenspiel. Hier wird die Luft gebraucht, um das Holzblatt am Mundstück zum Schwingen zu bringen und dem Instrument Töne zu entlocken. Weil es in erster Linie um das Instrument geht, wird die physiologische Bedeutung der Luft zweitrangig. Luft also nicht als Lebenselixier oder Kommunikationshilfe, sondern zum Spiel. Setzt dies den Körper nicht unter Stress?


[Bild Tobias Gamp]

Wir haben nachgefragt bei zweien, die es wissen müssen: Der eine ist Julian Remund, Schüler der AKSA und vor kurzem als Klarinettist aufgenommen in das Spitzenförderungsprogramm Musik des Kantons Aargau, der andere ist Thomas Hunziker, weit herum gefragter Klarinettist und Lehrer von Julian.

Lufthaushalt als Selbstverständlichkeit
Während des Klarinettenunterrichts mit Julian erklärt Thomas Hunziker: «Der Lufthaushalt ist auch beim Spielen eines Blasinstrumentes eine völlige Selbstverständlichkeit. Wir beschäftigen uns überhaupt nicht aktiv damit. Während des Spiels nehmen wir so viel Luft auf, wie der Körper braucht. Es ist wie beim Reden: Man atmet ein, ohne dass man bewusst daran denkt. Einfach mit dem Unterschied, dass das Ausatmen durch das Instrument hindurch geschieht.»

Trotzdem, meint Julian, habe er manchmal das Gefühl, beim Spielen keine Luft mehr zu haben. Es fühle sich an, als laufe er einen Berg hoch. Man verlangt dem Körper also einiges ab beim Spielen, und je nach Passage ist das Atmen eben doch unregelmässiger als beim Sprechen. «Dann geht es darum, möglichst schnell wieder in einen natürlichen Atemrhythmus zu kommen», sagt Julian, «daran arbeite ich.»

Entspannt zur Höchstleistung
Ist es von Vorteil, als Bläser oder Bläserin ein grosses Lungenvolumen zu haben? – Ein bewusstes diesbezügliches Training gebe es nicht, meint der junge Musiker. Das Lungenvolumen passe sich automatisch den Bedürfnissen an. Allein das regelmässige Üben genüge, um die Lungen entsprechend zu trainieren. Dass sich dabei, ähnlich wie beim Sport, ein Trainingseffekt einstelle, merke man, wenn man während der Ferien für längere Zeit nicht gespielt habe. Dann brauche es eine gewisse Zeit, bis sich das ganze Atmungssystem wieder angepasst habe. «Als Musiker arbeitet man ein Leben lang daran, ein stabiles Luftkissen zu haben», erklärt er. «Beim Spielen aber nimmt man es nicht mehr wahr. Je selbstverständlicher die Luftzirkulation für einen Bläser wird, desto besser», sagt er und sieht seinen Lehrer an. «Genau», sagt Hunziker. «Wenn du bereits das Einatmen als einen entspannenden Vorgang erlebst, hast du alles im Griff. So wird nämlich der gesamte Atemzyklus während des Spielens als natürlich erlebt. Du kommst kaum in Atemnot und kannst dich ganz auf die Finger und auf das Ausgestalten des Stückes konzentrieren. Klar, lange Passagen sind eine Herausforderung,  weil sie das Luftholen anspruchsvoll machen. Umso wichtiger ist es, danach schnellstmöglich wieder zum regelmässigen Atemzyklus zurückzufinden.»

Julian Remund: Claude Crousier, Brouillasse & Broussaille

Thomas Hunziker: Othmar Schoeck, Sonate für Bassklarinette und Klavier (am Klavier: Tomas Dratva)

Das Spiel mit der Luft – für den Lehrer und den Schüler eine Leidenschaft. Und eine Kunst, in der es sich mit jedem Atemzug weiter zu perfektionieren gilt. Oder anders gesagt: Wer als Bläser vorne mit dabei sein will, braucht einen langen Atem.

Von Nadine Girod und Antonia Schmid, G3L

«Die Schweiz war immer mein Traumland.»

Enson Ng ist 17 Jahre alt und kommt aus Malaysia, genau gesagt aus der Hauptstadt Kuala Lumpur. Noch bis Januar 2018 lebt der Austauschschüler in Schöftland. Die ausgeprägte Körperlichkeit bei Begrüssung, Verabschiedung und auch zwischendurch, kamen ihm hier anfangs komisch vor, aber mittlerweile hat sich Enson daran gewöhnt – und er spricht sogar ein paar Sätze «Schwiizertüütsch».

Was war dein bisher bestes Erlebnis in der Schweiz?
Das ist schwer zu sagen. Etwas vom Besten war aber bestimmt, als ich in Laax war und zum ersten Mal in meinem Leben Schnee gesehen habe. Es war unglaublich und so aufregend. Ich hoffe sehr, dass ich diesen Winter vielleicht sogar einmal Ski fahren gehen kann, das wäre echt toll.


[Bild: Delia Limacher]

Wie kam es dazu, dass du dich für die Schweiz entschieden hast?
Viele Leute denken, ich sei wegen der deutschen Sprache in die Schweiz gekommen. Aber das ist nicht der Hauptgrund. In Kuala Lumpur, wo ich wohne, haben wir so viele Gebäude, alles ist zugepflastert. Wann immer ich hingegen die Schweiz googelte, sah ich wunderschöne Naturaufnahmen. Die Schweiz war immer mein Traumland, und jetzt ist der Traum wahr geworden.

Wie sieht dein Alltag in der Schweiz aus?
Unter der Woche gehe ich natürlich in die Schule und danach mache ich oft Musik (ich spiele Gitarre) oder treffe mich mit Freunden. An den Wochenenden gehe ich häufig zu Austauschschülertreffen. Und ich unternehme auch viele Reisen mit meinen Kollegen. Ich versuche die Schweiz so gut wie möglich zu bereisen, da dieses Land einfach zu schön ist.

Hast du einen Kulturschock erlebt?
Ja! Die asiatische Kultur ist sehr anders, zum Beispiel in Bezug auf die Tischmanieren. Hier in der Schweiz esst ihr Reis mit Gabel und Messer, wir in Malaysia würden das niemals tun. Ich esse Reis immer mit Löffel und Gabel – oder natürlich mit Chopsticks.

Woran wirst du dich noch in 50 Jahren erinnern?
Ganz sicher an die wunderschöne Landschaft, aber auch an die Züge. In Malaysia sind wir immer mit dem Auto unterwegs. Unter anderem, weil es zu heiss ist in den Zügen, aber auch, weil wir kein so gutes öffentliches Verkehrssystem haben. Die Unabhängigkeit als Zugfahrer geniesse ich sehr. Und ich finde es auch schön, dass die Schweizer viel zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs sind.

Fiel es dir leicht, hier Freunde zu finden?
Anfangs war es sehr schwer, vor allem auch wegen der Sprache. Ich hatte gehört, dass die Schweizer nicht so offen sind, was irgendwie auch stimmt. In der Schule kamen anfangs nicht viele auf mich zu, ich war oft allein. Jetzt ist es aber viel besser und ich habe tolle Freunde gefunden. Die Schweizer sind vielleicht nicht so offen, aber wenn du sie besser kennenlernst, können sie sehr gute Freunde werden.

Was ist deiner Meinung nach der grösste Unterschied zwischen einem Malaysier und einem Schweizer?
Das ist sehr schwer zu sagen, aber es ist auf jeden Fall ein sehr grosser Unterschied vorhanden. Hier in der Schweiz beispielsweise läuft alles immer sehr pünktlich ab. In Malaysia hingegen hat die Zeit nicht diese Wichtigkeit. Hier gibt es zudem viel mehr Regeln – und sie werden strikter eingehalten.

Von Su Haskaya und Laura Wälchli, G3L

«Man sitzt da einfach im Kreis und trinkt Tee.»

Andrea Audétat aus Suhr war 2016 für ein Jahr in Japan, in Saitama City. Während dieser Zeit hat sie bei nicht weniger als vier verschiedenen Gastfamilien gewohnt. Für «sage&schreibe» hat sie noch einmal zurückgeblickt auf eine spannende und lehrreiche Zeit.

Was war dein bestes Erlebnis in Japan?
Das Beste Erlebnis – das war wahrscheinlich die Reise mit allen Austauschschülerinnen und -schülern nach Kyoto und Hiroshima. In Hiroshima haben wir den berühmten Itsukushima-Shinto-Schrein angeschaut. Danach die Atombombenkuppel. – Das war sehr eindrücklich. Eine absolut prägende Erfahrung. Mit dem Schnellzug sind wir dann nach Kyoto gefahren. Dort haben wir Tempel besichtigt, sind shoppen gegangen und hatten einfach Spass.


[Bild: Alexander Levnajic]

Wie kam es dazu, dass du dich für Japan entschieden hast?
Die USA kenne ich von Ferienaufenthalten, auch die lateinamerikanische Kultur ist mir vertraut, da meine Mutter ursprünglich aus Mexiko stammt. – Ich wollte einfach etwas komplett Neues und Anderes, Fremdes sehen.

Wie sah dein Alltag in Japan aus?
In die Schule gehen, danach noch in einen Biologieclub. Es gab da übrigens auch Tee-Clubs. Bei diesen ‹Teezeremonien› ist es so: Man sitzt da einfach im Kreis und trinkt Tee. Es gibt sogar einen genauen Ablauf, wie man den Tee zubereitet, dieser ist aber ziemlich kompliziert. Tee ist ein sehr wichtiger Bestandteil im Leben der Japaner; die trinken mehr Tee als Wasser. – Und natürlich habe ich auch gerne Zeit mit der Gastfamilie verbracht.

Hast du einen Kulturschock erlebt?
Nein nicht wirklich, ich hatte mich ja auf Japan vorbereitet. Was ich aber bis heute nicht verstehe: Ich habe in Japan keinen einzigen öffentlichen Abfalleimer gesehen. Trotzdem ist es extrem sauber. Die Leute schmeissen ihren Abfall wohl einfach nicht weg.

Woran wirst du dich noch in 50 Jahren erinnern?
Als ich im Skytree war. Von dort sieht man bis ans Meer und sogar bis zu den Bergen. Die einzige Fläche, die man sieht, sind die Parks der Stadt. Die sind aber künstlich angelegt. Sonst gibt es keine Grünflächen.

Fiel es dir leicht, Freunde zu finden?
In der Schule eher nicht. Einfach weil die Japaner zu schüchtern sind, um auf andere zuzugehen. Auch die Sprache war ein Problem. Aber irgendwann pendelte sich alles ein und ich fand doch noch Freunde, auch deshalb, weil ich immer mit einer Gruppe von Leuten zu Mittag gegessen habe.

Was ist deiner Meinung nach der grösste Unterschied zwischen einem Schweizer und einem Japaner?
Schwer zu sagen. Ich habe das Gefühl, ein Schweizer würde eher reklamieren, wenn ihm etwas nicht passt. Der Japaner nimmt sehr vieles einfach still hin.

Von Su Haskaya und Laura Wälchli, G3L

Sparen und weiterentwickeln an den Aargauer Kantonsschulen: das Unterrichtsmodell 2019+

Die Aargauer Kantonsschulen müssen – wie schon oft in früheren Jahren – auch bei den bevorstehenden finanziellen Sanierungsmassnahmen ihren Beitrag leisten. Sie haben den Auftrag, für den kantonalen Aufgaben- und Finanzplan 2018-2021 Einsparungen in der Höhe von rund zwei Millionen Franken zu erbringen. Die Rektorenkonferenz hat deshalb zusammen mit der Sektion Mittelschule eine Gesamtschau vorgenommen und eigene Vorschläge in die Spardiskussion eingebracht. Vorgelegt wurden drei Massnahmen. Die erste Massnahme betrifft die Betriebskosten der Schulen. Konkret sollen ab Schuljahr 2018/19 die Schülerpauschalen für Lehrmittel sowie Investitionen im Unterrichtsbereich über alle Kantonsschulen hinweg um je ca. 6% gekürzt werden. Ebenfalls ab Schuljahr 2018/19 werden im Bereich der Alten Sprachen (Latein, Griechisch und Hebräisch) die Synergien zwischen den Schulen besser genutzt, indem der Unterricht regional koordiniert und schulstandortübergreifend durchgeführt wird. Als dritte Massnahme wurde die Einführung eines neuen Unterrichtsmodells an den Kantonsschulen vorgeschlagen, die auf Beginn des Schuljahres 2019/20 erfolgen soll. Die Rektorenkonferenz ist überzeugt, dass dieser Massnahmenkatalog in Anbetracht der aktuellen Situation eine vertretbare Lösung ist, denn er erfüllt den Sparauftrag mit einem pädagogisch durchdachten Leistungsabbau und verteilt die Sparlast auf viele Schultern. Gleichzeitig schaffen die Massnahmen – insbesondere das Unterrichtsmodell 2019+ – in einem schwierigen Umfeld aber auch die Möglichkeit für notwendige Weiterentwicklungen an den Kantonsschulen, indem ein Teil der erzielten Einsparungen für wichtige Verbesserungen und Neuerungen reinvestiert wird.

Ein neues Unterrichtsmodell für die Aargauer Kantonsschulen
Gemäss dem von der Rektorenkonferenz vorgeschlagenen Unterrichtsmodell 2019+ soll an den Aargauer Kantonsschulen ab dem Schuljahr 2019/20 nicht mehr in 45-Minuten-Lektionen, sondern in Lektionen von 80 Minuten Dauer unterrichtet werden. Gleichzeitig werden die Stundentafeln aller Bildungsgänge (Gymnasium, Fach-, Wirtschafts- und Informatikmittelschule) revidiert und den heutigen Anforderungen angepasst.

80-Minuten-Lektionen bringen viele Vorteile auf der Sekundarstufe II
Aus der Sicht der Rektorenkonferenz bieten 80-Minuten-Lektionen auf der Sekundarstufe II mehrere pädagogische und schulische Vorteile. So reduziert sich beispielsweise für die Schülerinnen und Schüler die Anzahl der Fächer pro Tag und damit die «Zerstückelung» von Unterrichtsinhalten deutlich. Gleichzeitig sind längere Lektionseinheiten für viele Lernformen ein günstigeres Zeitgefäss als 45-Minuten-Lektionen, denn sie ermöglichen den Einsatz eines breiten Repertoires an Unterrichtsmethoden und einen Unterricht, in dem Phasen von Instruktion, selbständigem Lernen und individualisiertem Unterricht gut aufeinander abgestimmt werden können. Schliesslich fördern längere Lektionen die vertiefte Auseinandersetzung mit einem Unterrichtsgegenstand und das problemlösende Lernen – genau das, was auf der Sekundarstufe II im Zentrum steht. Erfahrungen anderer Schulen im In- und Ausland zeigen zudem, dass sich Langlektionen in der Praxis bewähren und bei Schülerinnen und Schülern, Lehrpersonen und Eltern in der Regel auf grosse Akzeptanz stossen.

Revidierte und aktualisierte Stundentafeln in allen Bildungsgängen
Die Grundausrichtung und die Grundstruktur der Bildungsgänge sind eine wichtige Voraussetzung für die hohe Qualität von Gymnasium, Fach-, Wirtschafts- und Informatikmittelschule im Aargau. Das bestätigen auch externe Bildungsexperten und Vergleiche mit anderen Mittelschulen in der Schweiz. Deshalb sollen Grundausrichtung und -struktur der verschiedenen Bildungsgänge unangetastet bleiben. Die Zusammensetzung und die Gewichtung der Unterrichtsstunden (die sogenannten Stundentafeln) hingegen bilden gewisse gesellschaftliche Entwicklungen und damit verbundene Anforderungen zu wenig ab. Insbesondere beim Gymnasium ist eine Aktualisierung der 20 Jahre alten Stundentafel angezeigt. So haben politische Bildung, digitale Medien, Informatik und Technik heute eine andere Bedeutung als noch vor zwanzig Jahren. Weniger Veränderungen gibt es in den Stundentafeln der drei anderen Mittelschultypen, weil diese Stundentafeln relativ jung sind.

Die fünf wichtigsten Veränderungen im Gymnasium

  1. Die vorgeschlagene Stundentafel für das Gymnasium verkürzt die Unterrichtspräsenzzeit für die Schülerinnen und Schüler über alle vier Jahre um durchschnittlich rund 5%.
  2. Das Verhältnis zwischen den beiden grossen Fachbereichen «Sprachen» und «MINT» (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) wird ausgeglichener gestaltet. Konkret wird der Bereich MINT über das Fach Informatik und ein Naturwissenschaftspraktikum gestärkt. Die zweite Landessprache (Französisch, Italienisch) und Englisch werden im Gegenzug gekürzt.
  3. Das Ergänzungsfach wird gestärkt und soll sich neu über zwei Jahre erstrecken. Damit können die Schülerinnen und Schüler in den oberen beiden Klassenstufen einen weiteren Schwerpunkt setzen. Zudem wird eine Akzentuierung der erfolgreichen zweigliedrigen Struktur des aargauischen Gymnasiums erreicht: Breite der Allgemeinbildung in der Grundstufe, Vertiefung in der 3. und 4. Klasse.
  4. Politische Bildung und Medienbildung werden in der Stundentafel explizit verankert. Beide Themen sind wichtig und sollen entsprechend das notwendige Gewicht erhalten. Es ist vorgesehen, Medienbildung dem Fach Deutsch und Politische Bildung dem Fach Geschichte anzugliedern.
  5. Die Ressourcen für die Betreuung der Schülerinnen und Schüler werden erhöht. Konkret geht es um die Entlastung der Klassenlehrer/innen. Dies ist unter anderem notwendig, weil die Betreuung von Schülerinnen und Schüler, die beispielsweise eine Krise durchleben, oder die Integration von Schüler/innen mit einer Behinderung auch auf der Sekundarstufe II sehr anspruchsvoll geworden ist.

Mit dem Unterrichtsmodell 2019+ werden 1.6 Millionen Franken gespart
Das neue Unterrichtsmodell kann Einsparungen in der Höhe von 1.6 Millionen Franken bringen. Gespart wird mit dem Abbau von Unterrichtszeit für die Schüler/innen. Das hat unter dem Strich zur Folge, dass für die Lehrpersonen weniger Pensen zur Verfügung stehen. Mit dem Unterrichtsmodell 2019+ ergibt sich über alle sechs Tagesmittelschulen eine Reduktion von rund zehn Vollzeitstellen. Die Rektorenkonferenz geht davon aus, dass der Stellenabbau grösstenteils über natürliche Fluktuation erfolgen kann.

Einbezug der Lehrer/innen
Die Rektorenkonferenz hat am 22. September 2017 im Kultur- und Kongresszentrum Aarau zwei Informations- und Diskussionsveranstaltungen mit allen Aargauer Kantonsschullehrpersonen durchgeführt. Ziel dieser Anlässe war es, den Lehrerinnen und Lehrern das Unterrichtsmodell 2019+ vorzustellen sowie ein Stimmungsbild und Hinweise im Hinblick auf eine allfällige Umsetzung einzuholen. Beide Aspekte – Stimmungsbild und Hinweise – bilden zusammen mit den Beiträgen aus einer anschliessenden rund sechswöchigen Vernehmlassung die Basis für die Meinungsbildung und Entscheidungsfindung in der Rektorenkonferenz. Denn ein so wichtiger Schritt kann nur mit Rückhalt bei den Lehrpersonen erfolgen. Die Rektorenkonferenz schliesst ihren Meinungsbildungsprozess im Dezember ab und entscheidet dann über das weitere Vorgehen.

Grundlage für den vorliegenden Text ist ein im September 2017 verabschiedetes Positionspapier der Rektorenkonferenz der Kantonsschulen Aargau.

Von Dr. Martin Burkard, Rektor Alte Kantonsschule Aarau

 

Der aktuelle Stand der Diskussion im Zusammenhang mit dem Unterrichtsmodell 2019+ im Beitrag des Regionaljournals Aargau/Solothurn:

Der kubische Retter

Endlich ertönt das befreiende Klingeln der Schulglocke. In Windeseile packe ich meine Sachen in den Rucksack und stürme aus dem Zimmer. Schon die ganze Stunde habe ich darauf gewartet, mit dem kühlen Nass meine ausgetrocknete Kehle zu benetzen. Die Treppe hinunterstolpernd, bahne ich mir einen Weg durch den dichten Strom von Schülerinnen und Schülern. Der kubische Retter steht erhaben in der Ecke, als warte er nur darauf, eine verzweifelte Schülerin aus ihrer Not zu befreien. Zittrig werfe ich mit viel Mühe meine silbrigen Taler ein. Weiterlesen

Peng!

Chiara Leone besucht die vierte Klasse der Sportabteilung an der AKSA. Seit über zehn Jahren trainiert die Fricktalerin im Schiessstand. In ihrer Sportart durfte sie schon mehrere Erfolge feiern; so nahm sie an zwei Europameisterschaften und einer Weltmeisterschaft teil. Kürzlich konnte sie sogar den Alpencup in Bologna gewinnen. Es bleibt der Traum von Olympia. Weiterlesen

Leerschlag

 

An einem verregneten Freitag vor drei Wochen hatte sie erfahren, dass sie für immer verlassen worden war. Ein Klingelton störte die abendliche Ruhe der Wohnung, einige Worte fielen am anderen Ende der Leitung, zögernd, mit belegter Stimme. In dem Moment verstummte etwas in ihr, etwas störte den Takt, der bis anhin ihr Leben geordnet hatte. Im Dunkeln fand ihr Blick nichts, woran er sich festhalten konnte, glitt ins Weite. Vor ihren Augen verschwammen die Umrisse der Einrichtung, ihre Finger umklammerten den Hörer. Das Schweigen hatte an ihr gezerrt, als hätte es ihr ein Geräusch entreissen wollen. Weiterlesen

Kolam

Was im Eingang der tamilischen Häuser täglich wie eine Blume blüht, ist das Kolam. Kolam meint Schönheit und ist eine spezielle Kunstform, die unter Zeichnungskunst eingeordnet wird. Analysten behaupten, dass es den Brauch Kolam schon gab, bevor die tamilische Buchstabenschrift entstand. Am Anfang wurden nur einfache Linien gezogen. Als man mit der Zeit den Dreh raus hatte und sich die Hand daran gewöhnte, machte man komplexere Muster mit komplexeren Formen.

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Das Multitalent

Sie vollbringt Spitzenleistungen auf ganz unterschiedlichen Gebieten. Nina Kathe ist Spitzensportlerin und viel versprechende Wissenschaftlerin. Und ganz entspannt. Begegnung mit einem Phänomen.

Lächelnd sitzt uns Nina Kathe in ihrem leuchtend grünen Top gegenüber. Grün ist übrigens, wie wir später erfahren, auch ihre Lieblingsfarbe. Bei Kaffee und Kuchen im Restaurant Tuchlaube staunen wir über den Weg, den die Neunzehnjährige bereits zurückgelegt hat. 2016 hat sie als Jahrgangsbeste die Alte Kantonsschule Aarau abgeschlossen, darf sich Medaillengewinnerin an der Internationalen Biologie-Olympiade nennen, ist Schwarzgurtträgerin in Karate und seit ein paar Wochen Biomedizin-Studentin.


[Bild: Delia Limacher]

Die Kämpferin
Mit sieben Jahren besuchte Nina zum ersten Mal ein Probetraining in Karate, und schon früh zeigte sich nicht nur ihre besondere Begabung, sondern auch eine echte Leidenschaft. Heute trainiert Nina drei- bis viermal pro Woche in der Kampfschule Aarau. Zusätzlich absolviert sie momentan noch selbstständig einige Trainingseinheiten, um sich konditionell und mental optimal auf die Karateprüfung in einem Jahr vorzubereiten, wo sie sich den zweiten schwarzen Gürtel holen will.

Die Forscherin
Als wir auf ihre zweite grosse Passion zu sprechen kommen, funkeln ihre Augen. Biologie und Medizin. Für ihre Maturaarbeit untersuchte sie Antibiotikaresistenzen und versuchte dabei Wege zu finden, diese auszutricksen. Dabei testete sie an zwei verschiedenen Bakterien zwei verschiedene Resistenzen, vier Wochen lang – während der Sommerferien. Die Begeisterung für die Forschung hat sie nicht losgelassen, entsprechend hat sie vor kurzem an der Universität Zürich ein Studium in Biomedizin begonnen. Jetzt profitiert sie auch von all der Vorarbeit, die sie schon während der Kantizeit geleistet hat. Während der letzten beiden Schuljahre nämlich fehlte Nina jede Woche ein bis zwei Halbtage; als Schülerstudentin besuchte sie an der Universität Zürich Vorlesungen in Biologie und beschäftigte sich mit neurologischen Prozessen im Gehirn. Ihre überdurchschnittlichen Fachkenntnisse waren die Grundlage für den Gewinn der Goldmedaille an der Schweizer Bio-Olympiade. Und es sollte noch besser kommen: Auch an der internationalen Bio-Olympiade in England gewann sie eine Medaille – diesmal Bronze. «Mindestens so wichtig wie die Medaille aber sind die Kontakte», sagt Nina. «Ich habe Wissenschaftler aus der ganzen Welt kennengelernt. Das waren sehr spannende Begegnungen.»

Die Managerin
Wer mit Nina spricht, wird den Gedanken nicht los, dass irgendein Geheimrezept hinter diesen Erfolgen steckt. Auf die entsprechende Frage antwortet Nina mit einem Schmunzeln. Dann sagt sie: «Einen Trick oder so gibt’s natürlich nicht. Aber ich bin wohl ein ziemlich gut organisierter Mensch. Und: Manchmal ist weniger mehr; das habe ich gelernt.» Sie ergänzt: «Klar, Interesse ist natürlich immer hilfreich. Ich habe mich einfach schon früh für alle möglichen Wissensgebiete interessiert. Und zum Glück kann ich sie ziemlich gut managen.»

Sie trinkt genüsslich den letzten Schluck Kaffee und lehnt sich zurück. Ganz entspannt.

Von Laura Wälchli und Delia Limacher, G3L

Anita Baltzer – das menschliche Zentrum der AKSA

Über 20 Jahre lang war Anita Baltzer so etwas wie die Seele der Alten Kantonsschule, zuerst auf dem Sekretariat, dann als Rektoratsassistentin. Seit Oktober 2017 ist sie nun pensioniert. Zeit für einen Blick zurück.


[Bild: Tobias Gamp & Alexander Levnajic]

An mehreren aargauischen Kantonsschulen wurde eine Mathematiklehrperson gesucht. Eine Lehrerin bewarb sich an nicht weniger als vier Schulen – und überall wollte man sie anstellen. Sie entschied sich schliesslich für die Alte Kantonsschule Aarau. Warum? Hier sei sie am freundlichsten behandelt und empfangen worden. Ungefragt nannte sie auch die Person, die sie mit diesem Kompliment vor allem meinte: Anita Baltzer.

Gute Laune gegen die Bürokratie
Anita Baltzer kannte jede Lehrperson an unserer Schule, auch jede Stellvertreterin und jeden Stellvertreter. Das galt aber auch umgekehrt: Alle kannten sie. Bei der Anstellung der allermeisten Lehrerinnen und Lehrer, die an der Alten Kanti unterrichten, war sie involviert. Sie hat die Kontakte hergestellt, Termine organisiert und vor allem Verträge ausgestellt. Es waren Hunderte in den fast zwanzig Jahren, in denen ich mit ihr zusammenarbeiten durfte. Hinzu kommen die Lohnverfügungen und all die weiteren Formulare und offiziellen Meldungen, welche die staatliche Bürokratie erfordert. Anita Baltzer kam stets gut damit zurecht, besser als manche Lehrpersonen. Zwar wurden ihre Nerven kurz vor der Pensionierung mit der neuen Lohnadministration arg strapaziert, doch irgendwie kam Anita Baltzer auch mit ALSA klar, wie sie überhaupt bei zahllosen Problemen und Problemchen eine Lösung wusste – auch und gerade in zwischenmenschlichen Bereichen. Und immer hatte die positive Stimmung, die sie verbreitete – sei es beim Arbeiten, am Telefon, in ihren Mails und nicht zuletzt in den Kaffeepausen –, eine geradezu ansteckende Wirkung.

Lange Wege, kurze Wege
Ihr Büro hatte Anita Baltzer gleich neben dem Rektorat. Sie war meine direkte Nachbarin und das war sehr gut. Aber noch vor einigen Jahren war das anders gewesen. Zwischen den beiden Büros lagen früher nämlich das Schulsekretariat und das Büro des ehemaligen Schulverwalters. Anita Baltzer und ich waren froh, dass der Umbau der Sekretariatsräumlichkeiten unsere Wege schliesslich verkürzte und die produktive Zusammenarbeit erheblich erleichterte. Anders, das hat sich über die Jahre gezeigt, wäre die Fülle von Aufgaben und Geschäften im Personalwesen einer grossen Schule wie der Alten Kanti gar nicht zu bewältigen.

Anita Baltzer für alle Fälle
Anita Baltzer hat unzählige Arbeitszeugnisse und -bestätigungen entworfen und ausgestellt. Sie hat Urlaubsgesuche und Rücktrittsschreiben beantwortet und Lehrpersonen bei krankheitsbedingten Abwesenheiten nicht nur administrativ betreut. Sie hat Aktennotizen verfasst. Sie hat mich aber auch an den jährlichen Jahresschlussfeiern in verschiedensten Belangen unterstützt. Sie hat Blumen, Wein und andere Geschenke für Pensionierte und Referenten besorgt. Sie hat die notwendigen Kontakte zu den Amtsstellen und -personen mit sehr viel menschlichem Geschick gepflegt.

Kommissionsarbeit bei Kaffee und Nussgipfel
An den Sitzungen der Schulkommission der Alten Kanti war die Präsenzdisziplin stets sehr gut, soweit dies über die letzten fast zwanzig Jahre beurteilt werden kann. Wenn einmal jemand fehlte, war das halt so; die Traktanden wurden dennoch abgehandelt und bewältigt. Nur eine Person durfte nicht fehlen: Anita Baltzer. Ohne sie hätte es weder ein Protokoll noch – weit schlimmer – Schinken- und Käsebrote gegeben, und unsere Sitzungen wären nie das gewesen wären, was sie zwanzig Jahre lang waren: interessant, vielseitig und vor allem herzlich. Das lag am Präsidenten, der all die zwanzig Jahre derselbe war, und eben an der Seele der Kommission: Anita Baltzer. Es fing jeweils schon bei den Vorbereitungssitzungen zu dritt an: Bei den Treffen von Präsident, Protokollführerin bzw. Aktuarin und mir wurden Termine gesucht und Geschäfte andiskutiert, vor allem aber freuten sich alle auf die Nussgipfel zum Kaffee, wofür sich die Frau verantwortlich fühlte, die im vorliegenden Text schon mehrfach Erwähnung fand.

Erfolgreiche und freundschaftliche Zusammenarbeit
Begonnen hatte alles 1994. In diesem Jahr kam Anita Baltzer als Rektoratssekretärin an die Alte Kanti Aarau. Hier hatte sie einige Jahr zuvor die damalige Handelsdiplomschule und heutige WMS besucht und abgeschlossen und auch ihren Mann kennengelernt, mit dem sie noch heute verheiratet ist. Rektor der Schule war damals Max Lindegger, der Anita Baltzer schon nach knapp zwei Jahren als Sekretärin und Protokollführerin für die damalige Projektleitung zur aargauischen MAR-Umsetzung empfahl. Hier durfte ich Anita Baltzer mit ihrem Elan und ihrer Ausstrahlung kennenlernen. Zu diesem Zeitpunkt nahm unsere erfolgreiche und geradezu freundschaftliche Zusammenarbeit  ihren Anfang. Diese Zusammenarbeit war nicht nur für uns beide interessant, angenehm und bereichernd, sondern wohl auch für die Schule gewinnbringend und vorteilhaft.

Ende Oktober, vor wenigen Wochen also, ging Anita Baltzer in Pension. Sie war eine Art menschliches Zentrum unserer Schule. Die Mitarbeitenden, die Lehrpersonen und die Schulleitung vermissen sie. Vor allem aber sind wir ihr dankbar für all das, was sie in ihren über zwanzig Jahren an der Schule für uns war und was sie für die Alte Kanti und uns geleistet hat.

Von Dr. Martin Burkard, Rektor

Robert Hairgrove und die magische Zahl

Mit einem virtuosen und gefeierten Beethoven-Rezital unter texanisch anmutenden Hitzeverhältnissen in der Aula der Alten Kanti nahm Robert Hairgrove vor den Sommerferien auf adäquate künstlerische Art Abschied von der Schule.


[Bild: Frédéric Giger]

Robert Hairgrove wurde in Texas geboren, studierte Klavier in Baltimore und Austin, später führte ihn der Gewinn eines DAAD Stipendiums an die Musikhochschule nach Hamburg. Zu seinen wichtigsten Lehrern gehörten John Perry, Walter Hautzig und Alber Hirsh. In Europa begann er bald eine langjährige internationale Konzert- und Aufnahmetätigkeit.

1985 wurde Robert Hairgrove als Klavierlehrer an unsere Schule gewählt und blieb 32 Jahre lang der Alten Kanti treu. Sein Unterricht war geprägt von Begeisterung und Leidenschaft für alle Geheimnisse der Pianistik, von treffenden Sprachbildern bei der Vermittlung musikalischer Inhalte und insbesondere von seiner virtuosen Beherrschung der spieltechnischen Aspekte. Nicht zufällig fand eine beachtliche Zahl seiner Schülerinnen und Schüler den Weg in den Musikerberuf.

In der Fachschaft setzte sich Robert Hairgrove immer ein für Fairness, für Herzlichkeit und für inhaltliche Klarheit und Präzision. Als begeisterter Computerfachmann – eine zweite Begabung! – kümmerte er sich zudem um alle elektronischen Belange der Fachschaft Instrumentalmusik. In Kammermusikprojekten und als Liedbegleiter wirkte er oft in Aulakonzerten mit und begleitete am Klavier regelmässig Schülerinnen und Schüler an Prüfungen, in Lunchtime-Konzerten und Musizierstunden.

Lieber Bob, für all den Einsatz in deinem Unterricht und für die Kolleginnen und Kollegen dankt dir die Fachschaft Instrumentalmusik von Herzen. Möge die schöne Symbolik der magischen Beethovenzahl 32 ein gutes Omen sein für deine zukünftigen künstlerischen und privaten Unternehmungen!

Von Tomas Dratva, Klavierlehrer und Pianist

Heinz Boppart – auf zwei Rädern in die Zukunft

Vor etwa einem halben Dutzend Jahren tauchte in der Fachschaft Physik und Mathematik einer auf, der sowohl der Älteste als auch der Jüngste war. Er war ein Jung-Lehrer, hatte uns aber nicht nur ein paar Lebensjahre, sondern auch bedeutende berufliche Stationen und viel Lebenserfahrung voraus.

Heinz Boppart hat seine berufliche Karriere mit einer Elektroniker-Lehre bei der BBC begonnen, danach ein Physikstudium an der ETH und ein Postdoc in Harvard absolviert. Jahre später gab er zugunsten einer Anstellung an der Alten Kanti den Job als Vizedirektor bei der UBS auf. Daran mussten wir uns erst gewöhnen. Heinz Boppart machte es uns aber leicht: Mit seinem Hintergrund brachte er einen erfrischend anderen Wind in unsere Fachschaft, und mit seinem unbestechlichen Aussenblick und seiner Neugierde gegenüber dem Schulbetrieb zwang er vor allem uns alte Hasen zum Nachdenken über viele eingeschliffene Schul-Gewohnheiten.


[Bild: zVg]

Ich vermute, dass er sich bei uns gut aufgehoben fühlte – sonst hätte er sich wohl nicht bereit erklärt, die ganze Fachschaft an den legendären VSG-Kongress «science – cuisine» ins Wallis zu chauffieren. Nach dem grandiosen Buffet im Château de Venthône brauchten wir uns zum Glück keine Sorgen um die sichere Rückkehr zu machen.

Lieber Heinz, auch wenn wir noch nicht alle gemeinsam geplanten Projekte abgeschlossen haben: Wir lassen dich ziehen und freuen uns auf Postkartengrüsse von deinen Fahrradtouren. In diesem Sinn wünschen die Fachschaften Physik und Mathematik dir und deiner Frau Elisabeth alles Gute für den Weg zu neuen spannenden Lebensstationen.

Von Martin Jordi, Physiklehrer

Wort & Klang

In der «ausverkauften» Aula der Alten Kantonsschule  trafen die Talente der literarischen Begabungsförderungsgruppe «Treffpunkt Text» auf die Solist(inn)en der kantonalen Spitzenförderung Musik. Der anspruchsvolle, rundum gelungene literarisch-musikalische Novemberabend war eine Premiere. Mit hoffentlich vielen Nachfolgern. Weiterlesen

1 – 68 – 60

Im November fand an der Alten Kantonsschule erstmals der zusammen mit der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW konzipierte TecDay statt. 1 Tag. 68 Workshop-Module. 60 Schulklassen. Und alles drehte sich für einmal um Technik und Naturwissenschaften. Ein Stimmungsbericht.

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Auf dem Weg zur Spitze

Der Fleiss der Pianistin Sophie Holma wird sich auszahlen

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[Bild: zVg]

Anfang 1999 als Kind zweier Pianisten geboren, wurde ihr das Klavierspiel in die Wiege gelegt. Ihre Mutter begann, sie im Alter von fünf Jahren zu unterrichten. Schnell zeigte sich, dass Sophie Begabung für das Pianospiel hatte. Oberste Priorität für eine Karriere als Musikerin haben allerdings Fleiss und Disziplin. Ihre Eltern begleiteten sie als Lehrer und Mentoren bis zum Ende der Bezirksschule.

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Defekte Drucker und andere Debakel

Eine Reportage über den Hausdienst der Alten Kanti

‹Der Drucker im unteren Stock ist schon wieder kaputt!›, ruft ein Lehrer im Vorbeigehen, bevor er im Lift verschwindet und sich die Türen vor ihm schliessen. Solche impliziten Hinweise und Bemerkungen gehören zum Alltag von Beat Spillmann, dem langjährigen Leiter des Hausdienstes der Alten Kanti. Doch nebst den Druckerreparaturen gehört noch so manch anderes zu seiner Arbeit. Zusammen mit seinem Team, bestehend aus drei Hauswarten, einem Gärtner, einem technischen Supporter, zwei Lernenden im Beruf Fachmann/Fachfrau Betriebsunterhalt und den Reinigungskräften, sorgt er dafür, dass an unserer Schule alles reibungslos abläuft.
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„Keine Frau macht Politik, weil sie gut aussieht“

 Was bedeutet es, als junge Frau in der Politik aktiv zu sein? 43 Jahre nach der Einführung des Wahlrechts der Frau besteht noch keine ausgewogene Verteilung der Geschlechter auf politischer Ebene. Wir haben mit einer Frau gesprochen, die für Gerechtigkeit zwischen Mann und Frau einsteht. Irène Kälin ist seit fünf Jahren im Grossen Rat und Präsidentin der Grünen Lenzburg.

Frau Kälin, hatten Sie ein Schlüsselerlebnis, das sie zur Politik führte?

Irène Kälin: Ja und nein. Ich war irgendwie schon immer politisch, Fragen der Ungerechtigkeit auf der Welt, aber auch in unserer Gesellschaft haben mich schon immer beschäftigt. Aber bis zu meinem Nachrücken in den Grossen Rat vor fünf Jahren habe ich nie daran gedacht, Politik in einem Amt zu machen, sondern fühlte mich wohl in der Rolle der politischen Aktivistin.

Warum glauben Sie, gibt es weniger Politikerinnen?

Kälin: Weil die Politik noch immer – auch im Jahre 2015 – eine primär männliche Domäne ist und weil die bürgerlichen Parteien es offenbar nicht schaffen, jeweils mit ausgewogenen Listen anzutreten. In den linken Parteien hat es erstaunlich schnell und gut geklappt, eine mehr oder weniger ausgewogene Vertretung in allen Ämtern zu erreichen.

Werden Sie als Frau anders behandelt als ihre männlichen Parteikollegen?

Kälin: Nicht generell, aber es gibt leider doch Momente, in welchen man sich als Frau in der Politik andere Fragen anhören muss: „Denken Sie, dass sie gewählt wurden, weil sie eine junge, attraktive Frau sind?“ Keine Frau macht Politik, weil sie gut aussieht. Frauen machen genauso Politik aus Überzeugung wie Männer. Nur ist das offenbar noch nicht überall angekommen.

Das Durchschnittsalter im Grossen Rat beträgt 45,6 Jahre. Sie liegen eindeutig unter diesem Durchschnitt. Denken Sie, dass das für Sie eher ein Vorteil oder ein Nachteil ist?

Kälin: Ich sehe es insofern als Vorteil, dass ich eine Generation vertrete, die massiv untervertreten ist. Gleichzeitig ist es natürlich ein Nachteil, nicht für mich, sondern für die Gesellschaft, dass die junge Generation in den politischen Gremien nicht angemessen vertreten ist. Nur eine gute Durchmischung der Generationen, Geschlechter usw. kann die Gesellschaft adäquat vertreten.

Haben junge Politiker oder Politikerinnen überhaupt eine Chance, in die Politik einzusteigen?

Kälin: Ja, es gibt erfolgreiche Beispiele, nur leider viel zu wenige. Bei vielen Parteien müssen die Jungen hinten anstehen und bis sie dann einmal ein Amt ausüben dürfen (bzw. einen guten Listenplatz mit Wahlchancen bekommen), sind sie dann bereits auch etwas in die Jahre gekommen. Da müssen alle Parteien, insbesondere die bürgerlichen, noch umdenken lernen.

Denken Sie, dass die Jugend von heute sich zu wenig für die Politik interessiert?

Kälin: Es gibt mir zu denken, dass die Stimmbeteiligung bei Wahlen und Abstimmungen bei der jüngsten Generation ungleich tiefer ist als bei allen anderen Altersschichten. Wenn ich junge Menschen auf der Strasse treffe, habe ich nicht das Gefühl, dass sie apolitisch sind. Vielmehr dass ihnen das Schweizer Politiksystem zu träge ist und sie daher wenig Hoffnung haben, dass sich etwas verändern wird. Zudem gibt es wenige Themen, welche sich insbesondere den Problemen der jüngeren Generationen annehmen. Das wiederum ist auch nicht verwunderlich, weil die junge Generation massiv untervertreten ist in den politischen Ämtern.

Hätten Sie persönlich vielleicht gerne mehr junge Leute in der Politik?

Kälin: Ja, unbedingt. Jedoch bin ich nicht grundsätzlich für Junge oder gegen Alte. Aber solange die älteren Generationen in der Schweizer Politik die Überhand haben, setzte ich mich für Junge ein, denn nur eine ausgewogene Vertretung aus allen Altersschichten bringt uns weiter und spiegelt die Bevölkerung wieder.

Wie könnte man junge Menschen für Politik begeistern?

Kälin: Ich denke nicht, dass es da ein Rezept gibt, aber viele kleine Rezepte zusammen. Vorbilder können mobilisieren, sprich junge Menschen in der Politik haben sicher einen einfacheren Zugang zu jungen Menschen und ihren Problemen. Zudem müssen die Jugendparlamente aufgewertet werden. Sie sollten die Möglichkeit erhalten, richtig am politischen Schaffen teilzuhaben, in dem ihre Ideen und Forderungen in die kantonalen und nationalen Parlamente eingebunden werden. Das ist leider erst in wenigen Kantonen der Fall. Zudem fordere ich eine tiefere Ansetzung des Stimmrechtsalters. Man wird nicht erst mit 18 politisch. Jugendliche, die eine Lehre machen oder in einer Ausbildung sind, sind direkt von der Politik betroffen und reif genug, sich daran zu beteiligen. Das Stimmrechtsalter 16 wäre mehr als angebracht.

Was möchten Sie persönlich noch als Politikerin ändern?

Kälin: Es gibt noch viel zu tun. Mehr Lebensqualität, mehr Bildung, mehr Transparenz, mehr erneuerbare Energie, mehr Solidarität, mehr Asylsuchende und vor allem mehr Unterkünfte, konsequenterer Umwelt- und Landschaftsschutz, mehr Toleranz, mehr Verständnis für andere Kulturen und Religionen. Das Auseinanderdriften der Schere zwischen Arm und Reich muss gestoppt und wieder geschlossen werden. Der Atomausstieg braucht dringend ein Datum. Ausländer und Ausländerinnen sollen auch eine Mitgestaltungsmöglichkeit an der Politik bekommen. Junge Menschen sollen früher mitbestimmen dürfen. Wir brauchen eine andere Asylpolitik, welche auf Menschlichkeit und nicht auf Ausgrenzung beruht. Es braucht Lohnkontrollen, damit Frauen endlich den gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit erhalten, wie es das Gesetz schon seit Jahren vorschreibt. Familienpolitik muss neu überdacht werden und den geänderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen (Patchwork-Familien, Alleinerziehende, gleichgeschlechtliche Paare usw.), und es braucht mehr bezahlbare Krippenplätze und endlich eine gesetzliche Grundlage dafür im Kanton Aargau. Es gäbe noch unendlich viel zu tun, und es braucht junge engagierte Politiker und Politikerinnen, die Lust haben mitzugestalten.

Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Kälin: Diese Frage mochte ich noch nie. Bis jetzt hat mein Leben einige Kurven eingelegt auf meinem Weg, um welche ich von Herzen dankbar bin. Deshalb möchte ich keine Prognosen über meine Zukunft abgeben. Eines ist aber sicher: Jetzt steige ich in den National- und Ständeratswahlkampf und will als Grüne Vertreterin des Kantons Aargau nach Bern.

Was für einen Ratschlag möchten Sie jungen Frauen auf den Weg geben?

Kälin: Ich glaube nicht, dass Frauen einen besonderen Ratschlag brauchen. Heutige junge Frauen haben das Glück, dass schon ich hatte, dass sie in einer gesetzlich gleichgestellten Schweiz aufwachsen dürfen, und das macht uns stark. Das Einzige, was wir jungen Frauen nicht vergessen dürfen, ist, dass der Kampf für diese Rechte noch nicht lange her ist und noch nicht alles umgesetzt wurde, was in den Gesetztestexten steht. Deshalb müssen wir weiterhin bereit sein zu kämpfen, damit wir für gleiche Arbeit auch den gleichen Lohn erhalten, damit es mehr familienergänzende Kinderstrukturen gibt, so dass sich Karriere und Familie vereinbaren lassen. Ich sehe dies aber nicht alleine als ein Anliegen von Frauen für Frauen, sondern als ein Anliegen, das wir zusammen mit Männern erreichen müssen.

Tanja Brenner und Jocelyne Naumann (Freifach Politische Bildung)

Wenn Wissenschaft und Fantasie verschmelzen

„Der weisse Kalong“ – zwölf Schauspieler, zwei Theaterleiter und ein ungelöstes Mysterium: Der Flughund aus dem fernen Borneo.

Samstag, 5. März 2016, 20 Uhr: Die Geschäfte entlang der Bahnhofsstrasse in Aarau sind geschlossen, im Naturama brennt jedoch noch Licht. Im Foyer des mehrstöckigen Gebäudes sitzen wir gemeinsam mit etwa dreissig anderen Zuschauern auf farbigen Klappstühlen und lauschen den Worten des „Museumsdirektors“.

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Spitzensport inklusive Matura

Das Sportgymnasium an der Alten Kanti feiert sein zehnjähriges Bestehen

Ehemaliger Spitzen-Handballer, Sportlehrer und seit 2003 Prorektor an der Alten Kantonsschule Aarau: Kurt Büchler ist in Sachen Sportgymnasium der Mann der ersten Stunde. Massgeblich bei der Projektierung und der Umsetzung beteiligt, zeichnet Büchler nun seit zehn Jahren verantwortlich für eine optimale Verbindung von Gymnasium und Spitzensport.

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Was die Infrastruktur im Innersten zusammenhält

Eine Reportage über das Arbeitsleben des IT-Supports der AKSA

Wir steigen eine alte, schmale Wendeltreppe empor und betreten das Reich des IT-Supports. Eine freundliche Atmosphäre füllt das sonnengeflutete Obergeschoss. Der feine Duft nach Kaffee hängt noch in der Luft und zusammen mit dem leisen Surren der Computer deutet alles darauf hin, dass hier gearbeitet wird. Auf beiden Seiten des knarrenden Ganges befinden sich Zimmer mit jeweils zwei verstellbaren Arbeitspulten, auf denen grosse Bildschirme thronen. Zwei Männer begrüssen uns und führen uns hinauf in eine kleine Dachkammer. Die gekippten Fenster lassen eine angenehme Brise ins Zimmer. In der Nähe erklingt die Kirchenglocke. Weiterlesen

Sich mit Worten verstehen – oder besser ohne?

Theater@49 verblüfft das Publikum mit Gilles Dyreks Komödie „Venedig im Schnee“

Haben Sie sich jemals gefragt, was sich im 4. Stock des Einstein-Gebäudes befindet? Vielleicht wussten Sie von der Lehrerbibliothek oder dem Konferenzraum? Doch haben Sie schon einmal etwas vom Theaterraum mit der Quadratzahl 49 an Anzahl Plätzen gehört? Wenn nicht, dann haben Sie etwas verpasst, im Besonderen das letztens aufgeführte Stück „Venedig im Schnee“ unter der Regie von Heinz Schmid und gespielt von den talentierten Schauspielerinnen und Schauspieler mit Namen Michel von Känel, Thomas Waldmeier, Jessica Zybach und Delia Berner. Sie alle haben etwas gemeinsam: Sie besuchten die Alte Kanti; und das ist auch das Markenzeichen der Gruppe Theater@49, all ihre Mitglieder sind Ehemalige der Schule. Die Premiere des Stückes „Venedig im Schnee“ fand am 15. Februar 2017 statt. In der Folge kam es zu einer Reihe weiterer Aufführungen bis in den März.

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Die Büchse

Es ist vorbei. Alles ist vorbei. Er hatte sich von der Apotheke hergemüht und saß nun auf dem Boden der Abstellkammer, in der er sich als kleiner Junge schon versteckt hatte, wenn die Welt ihm zu nahe gerückt war. Er legte die Tablettenschachtel neben einen grossen Koffer, der verriet, dass seine Eltern früher gemeinsam Ferien verbracht haben mochten. Über einer alten Blechdose tanzten Staubkörner im Licht, das durch das Dachfenster flutete. Noch immer zögerte er, die Büchse zu öffnen. Die Überwindung, die es ihn kostete, liess sich in verstrichenen Minuten messen. Weiterlesen

Dicke Luft

Dunkelheit umgab die Hoffnung, als sie zum ersten Mal ihre Augen öffnete. Orientierungslos setzte sie sich auf und versuchte, ihre Umgebung zu erkennen. «Hallo?», rief sie zögerlich. Vielleicht waren ihre Freunde ja auch hier. «WO ZUM TEUFEL BIN ICH? WER HAT MICH HIERHER GEBRACHT?», kam es in ohrenbetäubender Lautstärke zurück. Na toll, das ist bestimmt die Wut, dachte Hoffnung. Aber mit ihr kann man sich sicher auch gut unterhalten. Sie kroch in die Richtung, in der sie vermutete, Wut zu finden. Dabei stiess sie auf einen noch regungslosen Körper, den sie als die Hinterlist identifizierte. Hoffnung schubste sie leicht, um sie zu wecken, doch plötzlich ging ein Ruck durch ihren Körper und Hinterlist packte Hoffnung. Sie legte ihre Hände um den Hals von Hoffnung und flüsterte drohend: «Sag mir sofort, wo wir sind, oder du wirst es bereuen!» «Ich habe keine Ahnung, du schon?», erwiderte Hoffnung. «Nein, natürlich nicht!» Weiterlesen

Die Hände von Prometheus

Lärm hallte in den engen Gassen des altertümlichen Bergstädtchens wider. Der hereinbrechende Herbst brachte kalte, scharfe Winde mit sich. Die Windstösse brausten durch die schmalen Gassen des Dorfes und trugen den Lärm weit über die Dorfgrenze hinaus. Die wenigen verbleibenden Dorfbewohner störten sich nicht am Lärm. Sie hatten sich daran gewöhnt, seit Jahrzehnten erfüllte er das Dorf am Tage und in der Nacht. Der Lärm kam aus einer kleinen Werkstatt mit schiefen Fenstern am Fusse des Berges. Je näher man der Werkstatt kam, desto klarer konnte man hören, dass es sich bei dem Lärm um Hämmern, Meisseln und Schleifen handelte. Manchmal war auch das Ächzen eines alten Mannes zu vernehmen. Keiner der Dorfbewohner wusste, was in dieser verschrobenen Werkstatt vor sich ging, die Tür war immer verschlossen. Man sagte sich, dass dort ein äusserst begabter Bildhauer lebte, der Figuren aus Stein meisseln konnte, welche aussahen, als ob sie vor Leben sprühen würden und sich jeden Moment aus ihrer Starre lösen könnten. Weiterlesen

Die Uhr

Telekinese, das sollte ich jetzt können. Aber egal, wie stark ich mich konzentriere, der Zeiger will sich einfach nicht schneller bewegen. Funktioniert diese Uhr denn überhaupt noch?!
Ich erinnere mich an den Physikunterricht – Einstein hat dieses Phänomen schon lange beschrieben: Zeit ist relativ, und je schneller man sich bewegt, desto langsamer vergeht die Zeit. Weiterlesen

Percy und ich

Mittag, 12.15 Uhr, für einige Schülerinnen und Schüler die Hölle auf AKSA-Erden. Acht Retter warten auf ihre Arbeit, unerreichbar ein jeder, so scheint es. Denn der Weg zur Erlösung ist weit. Gefühlte hundert Schüler versammeln sich vor der weltbewegenden Erfindung von Percy Spencer. Nun ist die richtige Taktik gefragt. Nach anfänglichem Zögern, genauem Überlegen und bedachtem Abschätzen wird eine Entscheidung gefällt, und man stellt sich hinter einer der zwei endlosen Schlangen an. Mit wachsamem Auge wird die Umgebung beobachtet. Ist ein bekanntes Gesicht unter den Kontrahenten? Ein kurzer Blick auf die Uhr, 12.26, schon bald 15 Minuten vorbei, und die Rettung noch immer weit …

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VIA

Was für ein Samstagmorgen. Wieso habe ich eigentlich Rückenschmerzen? Ah ja, das Argovia-Bänkli vor dem Einstein-Gebäude ist wohl kaum als Schlafplatz gedacht. Dem Geruch meines T-Shirts nach zu schliessen, musste ich gestern Abend nicht erbrechen. Oh, doch … mein Sportbeutel … Weiterlesen

Begrenzt grenzenlos

Ich sass in einem Zug, der mich von meiner verregneten Heimatstadt fortbringen sollte, irgendwohin, wo die Sonne meine Haut aufzuwärmen vermochte. Und mein Herz.
Das Spiegelbild auf der Zugscheibe liess mich blasser erscheinen, als ich eigentlich war, fast schon zerbrechlich. Ratternd schleppte sich die Maschine durch die gleichförmige Landschaft. Weiterlesen

„Stell Dir vor, es ist Zukunft und keiner hat investiert“

Vor 36 Jahren nahm Henning Timcke an der Alten Kanti Aarau sein Matura-Zeugnis entgegen. Und noch heute treibt ihn der Gedanke an die Zukunft an.

Henning Timcke, was ist Ihre erste Erinnerung an die Alte Kanti?
Henning Timcke: Lehrpersonen, die Wert darauf legten, in unserem sich entwickelnden Bewusstsein nachhaltig zu verankern, die Elite unseres Jahrgangs zu sein.

Das hat Sie: stolz gemacht? verärgert? ein müdes Lächeln gekostet?
Timcke: Das hat bei mir Widerstand geweckt und wenig Verständnis, damals. Aus heutiger Sicht sehe ich da eher die Besorgnis der Pädagogen und deren zum damaligen Zeitpunkt besten Willen, der Jugend – fokussiert auf die eigenen Klassen – einen Hinweis auf Halt im andauernden Chaos zwischen Pubertät und Adoleszenz zu geben. Damals war ja im Advent der Opernhauskrawalle, dem Aufstand gegen Elite, elitäre Kultur. Die Alte Kanti wollte Nobelpreisträger und wir bekamen No Future.

Was machten Sie damals eigentlich während der Pausen und Zwischenstunden? Gab ja weder Internet noch Handy …
Timcke: Geredet, diskutiert, dekorativ in der Gegend rumgestanden, kurz: nicht viel anderes als mit Handy und Internet, allerdings ohne Flatrate-Gebühren.

Das Leben war damals also günstiger? Auch einfacher als heute?
Timcke: Nein, das Leben war weder günstiger noch einfacher, wir standen nicht vor einfacheren Aufgaben und auch nicht vor schwereren, in der Hauptsache hatten wir das zu tun, was Jugend zu tun hat: Zu erkunden, was das beginnende Leben für uns bringen wird, was unserer Generation entgegenkommen wird und wo wir unseren Platz in der Zukunft finden werden. Nichts ist teurer als Zukunft (in der ja auch noch die Vergangenheit, die Jugend der Eltern, bezahlt sein will), und nichts ist schwieriger zu verstehen als die eigene Zukunft, vor allem weil sich das Verständnis für das eigene In-der-Welt-Sein nicht mit wenigen Klicks downloaden lässt. Und nebenher noch eine Matura machen wollen, der Liebe nicht nur in der Literatur zu begegnen … auch bis zur Lebensmüdigkeit enttäuscht zu sein, und nach dreieinhalb Jahren diese Matura dann doch zu bestehen, das ist wohl Privileg und Vermögen der Jugend.

Was war denn Ihr Lieblingsfach?
Timcke: Darstellende Geometrie, auch wenn meine Zeugnisnoten dem widersprachen.

Dann lag es vielleicht an der Lehrperson? Ist Ihnen jemand besonders in Erinnerung geblieben?
Timcke: An alle Lehrpersonen erinnere ich mich, an Cécile Laubacher und Bruno Bolliger, an die Professoren Siegrist, Wildi, Wernli, Suter, Sidler, Oelhafen Rey, Zemp, Magnin, Bösch und Bürki. – Zur Darstellenden Geometrie hingezogen zu sein, lag nicht an den Lehrpersonen Prof. Bürki und Prof. Wildi. Darstellende Geometrie war ein erstes Anklingen von Zukunft, da wurde als Idee und Prinzip erkennbar, wie heute mit Computern Welten geschaffen werden. Darstellende Geometrie war Magie und Erklärbarkeit, Wunder mit rechnerischer Grundlage, Vorstellungskraft beweisbar, die Brücke aus Naturwissenschaft von Kunst nach Poesie, Lyrik nummerisch.

Wenn Sie zurückblicken, denken Sie, das war damals eine gute (Aus-)Bildung, die Sie an der Alten Kanti erhielten?
Timcke: Von Ausbildung – im Sinne von Schule ist auch mal zu Ende – kann ja am Gymnasium nicht wirklich die Rede sein, von Bildung schon. Meine Kantonsschulzeit ist mir eine gute Erinnerung mit vielen Gefühlsfelsen an lang verlassenen Ufern. Sicherlich wehte auch Aarauer Kantonsschulgeist in meine Jugendzeit. Und bei allem, was daraus entstand, da möchte wohl dieser Aarauer Geist gerne auch sich als den guten Geist gezeigt sehen. Ganz persönlich betrachtet, verdanke ich die gute Bildung wohl zum grösseren Teil den Mitschülerinnen und Mitschülern, den Freundinnen und Freunden – auch ausserhalb der Schule –: deren Mit-mir-zusammen-die-Jugend-Sein, deren Mitringen nach neuer Haltung zu neuem Lebensgefühl. Unserer Klasse Widerstand geboten zu haben und unseren Widerstand ausgehalten zu haben, dafür gebührt unseren Lehrpersonen Respekt; und der Schule gehört Dank, der Ort zu sein, an dem Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer in einer Übergangszeit zu Hause sind. Denn wir, die Schülerinnen und Schüler, waren ja die Geister, die Sie, die Lehrerinnen und Lehrer, riefen.

Gab es auch „Dinge“ – Fächer, Möglichkeiten, Angebote –, die Sie vermissten?
Timcke: Nun ja, wohlwollende Alternativen zur Zukunftsperspektive Nobelpreisträger wären willkommen gewesen, beim radikalen Matura-Typus C waren die sozialkompetenten Optionen damals nicht im notenwirksamen Plan. „Dinge“ wie Theaterwochen, Studienreisen nach Florenz, Filmclub, Schülerratspräsidium und eigene – freiwillig klassenübergreifende – Filmproduktionen haben wichtige Beiträge geleistet, Sozialisierung zu erleben und zu erlernen, und geholfen, Möglichkeiten und Angebote, die zu vermissen gewesen wären, selbst zu erschaffen.

Wenn nicht alles täuscht, liegt Ihnen die Zukunft heute noch genauso sehr am Herzen wie damals?
Timcke: Heute ist mir die Zukunft noch wertvoller als damals während meiner Kantizeit, als ich noch so viel mehr Zukunft hatte, und erst knapp zwanzig Jahre Leben kannte, geglaubt hatte, Investitionen in die Zukunft seien sinnvoll, heute weiss ich, wie unmöglich Investitionen sind, die sich nicht in die Zukunft richten. Weshalb ich den Slogan „In die Zukunft investieren“ für unerträglich halte, denn welche Alternative haben wir denn, ausser in die Zukunft zu investieren?

Sie sind Firmengründer der Werft22 und derzeit hauptsächlich mit dem Projekt nanoo.tv beschäftigt.
Timcke: Als wir 1991 Werft22 als Genossenschaft gründeten, sahen wir „die Werft“ als die Verwirklichung der Idee unseres eigenen Werkplatzes für selbständiges, innovatives, kreatives Arbeiten, als Ort, an dem etwas stattfinden kann, von dem aus wir etwas vom Stapel laufen lassen. In unserem damaligen Selbstverständnis war unser „Blinder Fleck“ tatsächlich Kooperation, wir sieben Genossenschafter haben kooperiert und nicht erkannt, dass unsere Kooperationsfähigkeit die Kraft war. Was wir in der Idee sahen, war nur die Aussenwirkung unseres Zusammen-etwas-uns-Richtiges beginnen zu wollen. Auch wenn nanoo.tv innovativ, zukunftsweisend und was noch alles mehr ist, ist nanoo.tv ein Kooperationserfolg. Drei Jahre lang (2012–2014) war nanoo.tv ein akademisches Projekt der Zürcher Hochschule für Künste (ZHdK) und Werft22 zur Erprobung eines neuen Urheberrechtstarifs für einen legalen Online-Videorecorder und eine Filmplattform für Schulen, basierend auf Beschlüssen der Schweizerischen Konferenz der Erziehungsdirektoren (EDK) und dem gemeinsamen Tarif der ProLitteris. Das war ein intellektuelles, ambitiöses Vorhaben, aber vollständig frei von Subventionen und Drittmitteln, und das Scheitern des Projektes war eine Option. Nun, das Projekt ist nicht gescheitert, und gewinnt innerhalb Werft22 betriebliche, verbindliche Konturen, dank der internationalen Kooperation mit gut fünf Dutzend Experten, die im Trockendock mitwirken, nanoo.tv als eigenständiges, sich selbstragendes Bildungsinstrument auszugestalten. Auf den Stapellauf freue ich mich sehr, und auch auf den für Neues frei werdenden Platz auf dem Werkplatz Werft22.

Stellen wir uns vor, Sie wären – aus welchen Gründen auch immer – Lehrer am Gymnasium geworden. Welches Fach würden Sie unterrichten? – Und wie?
Timcke: Bildnerisches Gestalten wäre eine Möglichkeit, nach dem Didaktikum in Aarau habe ich dieses Fach an der Kantonschule Wettingen unterrichtet, stellvertretenderweise, vor zwanzig Jahren. Das Internet war damals noch ganz am Anfang und bot mehr Verdienstmöglichkeiten als die karg verfügbaren Stellen für Zeichenlehrer. Was an der Kanti an (Aus-)Bildung vielleicht noch zu bekommen gewesen wäre, habe ich am Didaktikum in Aarau mit nachzuholen gewusst. Wenn ich heute am Gymnasium unterrichtete, wäre es mit ein grosses Anliegen zu vermitteln, was die Vorteile von Schule als träges System sind, was die Kraft von Kreativität ist, was die Kraft einer Idee ist, die zur richtigen Zeit kommt. Zum Beispiel in einer Projektwoche mit dem Thema: „Stell Dir vor, es ist Zukunft und keiner hat investiert“.

Henning Timcke, geboren 1961, wuchs in Brugg auf und lebt heute in Baden. Er besuchte die Alte Kanti Aarau von 1977–1980 (Matura Typus C), studierte an der Universität Zürich Philosophie, Ethnologie und Linguistik, besuchte die F & F Schule für Experimentelle Gestaltung in Zürich, wo er auch als Assistent tätig war, arbeitete in den 1990er-Jahren bei ABB und Swisscom, bis er sich ab 1998 ganz der „Werft22“ verschrieb, deren CEO er seit 2003 ist. Seit 2011 ist er Vizepräsident von „Swissstream“. „Werft22“ wurde in den letzten Jahren mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Worlddidact Award (2014) und dem Swiss Cloud Award, Advanced Cloud Solution, nanoo.tv (2012).

Interview: Markus Bundi

… und im Musikunterricht?

Vom anderen Sehen und Hören dank neuer Medien

Um 1600 fand in der abendländischen Musikgeschichte eine der grössten Revolutionen statt: Der Sinn stand ganz nach musikalischer Dramatik. Textaussagen sollten musikalisch unmittelbar wirken. Prima le parole e poi la musica – zuerst das Wort, dann die Musik! Dem strengen Regelwerk komplexer mehrstimmiger Kompositionstechniken des Hochmittelalters bis ins späte 16. Jahrhundert wird eine radikal neue gegenübergestellt: Die Monodie. Diese Art von Sprechgesang über Stützakkorden in den nun vorherrschenden Tonsystemen Dur und Moll wird zum Beispiel das strukturelle Herz für die ersten Opern. Weiterlesen

Teil des Systems

Warum sich kaum jemand den neuen Medien entziehen kann.

Vielleicht war der Fortschritt noch nie so schnell wie heute. Wahrscheinlich ist ein Grossteil der Menschheit überfordert. Keiner weiss, wie die Welt sich in zwanzig Jahren dreht. Und dennoch scheint es sich um drei Aussagen zu handeln, die kaum noch jemanden nervös machen oder gar ängstigen – als hätten wir uns damit abgefunden, überholt worden zu sein … als hätten wir die Zügel längst aus der Hand gegeben? Weiterlesen

Vom Umgang mit der heutigen Medienvielfalt im Medienzentrum

Vor 20 Jahren gab es im Medienzentrum eine Internet-Station, ein oder zwei Computer mit Disketten. Weiter hatte es Videokassetten, CD, Dias, Tonbänder und deren Abspielgeräte, Mikrofone, sowie die herkömmlichen Printmedien wie Zeitungen, Zeitschriften und Bücher. Die Internet-Station – die erste und einzige an der Schule – war ein ansehnlicher Apparat. Dessen Benutzung kostete 2.50 Franken pro Viertelstunde und die Daten wurden per Telefonleitung übermittelt. Weiterlesen

Breite auf hohem Niveau

Die Maturitätslehrgänge, die an den schweizerischen Gymnasien und damit auch an der Alten Kantonsschule Aarau geführt werden, basieren auf eidgenössischen Vorgaben, die vor gut zwanzig Jahren von Bundesrat und EDK erlassen wurden. Wegen des kleinen „Jubiläums“ dieses Maturitätsanerkennungsreglements (MAR) hat die Rektorenkonferenz der aargauischen Kantonsschulen im vergangenen Herbst/Winter eine bildungspolitische Doppelveranstaltung organisiert. Es soll hier auch Anlass zu einem kurzen Überblick über wichtige Grundlagen unseres heutigen Gymnasiums sein. Weiterlesen

Alles fliesst –die Frage ist nur, wohin?

Zu den jüngsten Sparplänen des Kantons Aargau

Mit dem Aufgaben-und Finanzplan 2016–2019 hat die Regierung ein Sparpaket vorgelegt, welches den Staatshaushalt um 100 Mio. Franken entlasten soll. Je nach dem, durch welche politische Brille man diese ‹Entlastungsmassnahmen› betrachtet, erscheint einem die Vorlage als unabdingbare und richtige Reaktion auf die zugespitzten ökonomischen Rahmenbedingungen (Aufhebung des Euromindestkurses, schwächeres Wirtschaftswachstum und verminderte Steuereinnahmen) oder aber als Folge einer falschen Steuerpolitik in Kombination mit einer finanzpolitischen Kurzschlussreaktion ohne Notwendigkeit und einer (allzu) einseitigen Fokussierung auf die Ausgabenseite speziell im Bildungsbereich.

Der Kanton Aargau hat die tiefsten Pro-Kopf-Ausgaben der Schweiz. Die Aargauer Bevölkerung hat im Rahmen der Leistungsanalyse im März dieses Jahres 15 Sparmassnahmen deutlich abgelehnt (unter anderem die Abschaffung des Berufswahljahres oder die Kostenbeteiligung im Freifach Instrumentalunterricht im Mittelschulbereich). Die Strassenkasse ist von den Sparbemühungen ausgenommen, was im Hinblick auf die maroden Staatsfinanzen nicht nachvollziehbar ist.

Gegen die Sparabsichten im Bildungsbereich haben die Verbände im Juni in Rekordzeit 7329 (!) Unterschriften gesammelt. Eine vom Kanton initiierte Arbeitszeiterhebung förderte 2008 unzähligen Lehrerinnen-und Lehrerüberstunden zu Tage. Die Lehrperson als Ferientechniker ist ein Mythos und das Volk des Sparens an der Bildung überdrüssig.

Wenige für alle?

Von den 34 Sparmillionen im Bildungsbereich betreffen 4 Mio. die Mittelschulen direkt. Hinter den harmlos anmutenden Abkürzungen E16-320-7, E16-320-8 und E16-320-9 verbirgt sich einiges an Zündstoff: Die Erhöhung der Pflichtpensen um eine Lektion, die Einführung einer Kostenbeteiligung für das Freifach Instrumentalunterricht und eine massive Reduktion der Sportlektionen in der WMS/IMS.

Dem Anhörungsbericht ist zu entnehmen, dass bei der Pflichtstundenerhöhung weder der Lohn noch die Jahresarbeitszeit tangiert werden. Durch die Erhöhung des Arbeitszeitanteils für das Berufsfeld ‹Unterricht und Klasse› reduziere sich lediglich der verfügbare Arbeitszeitanteil für das Berufsfeld ‹Schülerinnen und Schüler›. Folgende Leistungen können also in Zukunft (gemäss VALL §36) grösstenteils nicht mehr erbracht werden: Beraten und Betreu-en, Zusammenarbeit mit den Eltern und Zusammenarbeit mit schülerinnen-und schülerbezogenen Fachpersonen.

Elterngespräche werden also für unnötig erklärt, Elternabende abgeschafft; ob eine Schülerin oder ein Schüler ein Handicap hat oder eine besondere Begabung –ist ab sofort irrelevant.
Bei der zweiten Massnahme, der Einführung einer Kostenbeteiligung im Freifach Instrumentalunterricht, gilt es zu berücksichtigen, dass das Volk die Kostenbeteiligung im Rahmen der Leistungsanalyse bereits einmal abgelehnt hat (allerdings abstimmungstechnisch ungeschickt in ein Gesamtpaket integriert).

Die dritte Massnahme, die Reduktion der Sportlektionen an der WMS/IMS, zeigt die Hilflosigkeit der Sparanstrengungen sehr deutlich. Ohne stichhaltige Argumente wird ein Fach und damit eine Gruppe von Lehrpersonen überproportional stark getroffen. Durch die geplante Standortverschiebung der WMS nach Zofingen und der IMS nach Baden verschärft sich die Problematik im Bereich Sport zusätzlich. Die WMS und die IMS dienen leider erneut als planerische Manövriermasse und werden nicht als austarierte Bildungsgänge wahrgenommen. Oder wie fänden Sie es, wenn man zwecks Mehreinnahmen einige Quadratmeter der Aargauer Überlandstrasse verpachten würde?

Andere Ressourcen?

Ob das Sparvolumen in der geplanten Grössenordnung nötig ist, darüber kann man geteilter Meinung sein. Dass die Vorlage die Volksmeinung teilweise ad absurdum führt und im Bildungsbereich ein umfangreicher Leistungsabbau zu verzeichnen sein wird, ist dagegen nicht von der Hand zu weisen. Der Bildungskanton Aargauverliert an Substanz. –Höchste Zeit, dass wir nach anderen Ressourcen Ausschau halten und nach unseren Bodenschätzen graben … CHF155.10 betrüge der Pro-Kopf-Sparbetrag. Ich wäre in Anbetracht des geplanten Bildungsabbaus mit einer Überweisung einverstanden, und Sie?

Michael Bouvard, Lehrer für Bildnerisches Gestalten und Co-Präsident des AMV

119 Jahre an der Alten Kanti

Von der Handelsabteilung zur Wirtschaftsmittelschule
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bestand die einzige Aargauer Kantonsschule aus zwei Abteilungen: Dem ursprünglich primär humanistisch ausgerichteten Gymnasium, stand die anfänglich auf industrielle und gewerbliche Berufe hinführende, bis zur Jahrhundertwende zunehmend mathematisch-naturwissenschaftlich orientierte Gewerbeschule zur Seite. Weiterlesen

Was es mit den basalen Kompetenzen auf sich hat

oder Warum Lesen, Verstehen und Schreiben nicht nur Sache der Deutschlehrer ist
Mit dem Bildungsziel für die Matura, dass „Schülerinnen und Schüler […] zu jener persönlichen Reife [gelangen], die Voraussetzung für ein Hochschulstudium ist und die sie auf anspruchsvolle Aufgaben in der Gesellschaft vorbereitet“ (MAR, 1995, Artikel 51), stellt sich eine doppelte Forderung für die Maturanden und Maturandinnen Weiterlesen

Sozial 2.0

Das Verhältnis von Schülern und Lehrpersonen ist wohl in den seltensten Fällen einfach. Doch Besuchern an der AKSA bietet sich seit einiger Zeit ein seltsames Schauspiel. Über den Rand der Tische bauen sich Mauern aus Mappen und Etuis auf. Der Sichtschutz-Zirkus hat nur einen Zweck, eine Störung durch die lästige Lehrperson zu verhindern, während die Schüler mit ihrem neuen besten Freund Zeit verbringen. Weiterlesen

Besuchstage

Die sind wieder da. Die Tage, an denen Menschen über die Schwelle der AKSA treten, die dort eigentlich gar nichts verloren haben. Eltern, Geschwister, Verwandte und Freunde nutzen die Gelegenheit, ein wenig Unterrichtsluft zu schnuppern und ihren Liebsten bei der Arbeit zuzusehen. Eigentlich eine schöne Idee, wenn es da nicht ein kleines Problem gäbe: Weiterlesen

Zwischen Smartmob und Smartphone

Oder wie politisch ist die heutige Jugend?

Vergleicht man die politischen Aktivitäten der Jugendlichen von heute mit denjenigen der Jugend der 1960er Jahre, so überkommt einen unwillkürlich das Gefühl, man habe es mit einer apathischen und desinteressierten Meute zu tun, welche sich um das Allgemeinwohl und den politischen Alltag keinen Deut schert. In der heutigen Gesellschaft hat sich das Bild einer egozentrischen und luxusorientieren Generation Y fest in die Köpfe eingebrannt.

„Viele Jugendliche entziehen sich der Politik mit der Ausrede, es betreffe sie nicht. Dafür ist das Engagement der Interessierten umso grösser.“ – Remo, 19

„Es spielt eine grosse Rolle, wie man politisch sein umschreibt. Geht es um Parteizugehörigkeit oder regelmässige Stimmbeteiligung, sind wenig junge Menschen politisch. Bedeutet politisch sein aber, sich für gesellschaftliche Fragen zu interessieren und eine individuelle Meinung zu haben, sind viele Jugendliche politisch.“ – Vera Sperisen, Zentrum für Demokratie, Aarau

„Meiner Meinung nach interessieren wir Jugendliche uns für Politik. Es variiert jedoch stark nach Thema.“ – Lukas, 19

Geht man davon aus, politisch sein beschränke sich auf die Partizipation bei Wahlen und Abstimmungen, so erhält man ein ziemlich ernüchterndes Jugendbild. Schweizweit lässt sich das Phänomen zwar nicht numerisch darlegen, da nicht alle Abstimmungen nach dem Alter der Stimmberechtigten aufgeschlüsselt werden, einen Trend lässt sich jedoch klar erkennen. Die Wahlbeteiligung der 20- bis 24-Jährigen im Jahr 2013 im Kanton Genf zum Beispiel lag bei nur rund 42 Prozent. Auch in der Stadt Zürich ist die Partizipation der Jugendlichen um bis zu 40 Prozent tiefer als bei älteren Semestern. Der Politologe Lukas Golder des Forschungsinstituts gfs.bern bestätigt, dass die aktive Beteiligung am politischen Alltag der Jugendlichen von heute vergleichsweise klein ist.

„Jugendliche bringen Würze in die sonst so schwerfällige Politik.“ Dean, 19

Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, wurden in der letzten Jahren zahlreiche Projekte lanciert, welche allesamt das Ziel verfolgen, den Schweizer Jugendlichen die Politik näher zu bringen. Seit 1995 gibt es den Dachverband der Schweizer Jugendparlamente DSJ. Daraufhin wurde im Jahre 2000 das „JUVENAT – Jugendparlament des Kantons Aargau“ ins Leben gerufen. – Bereits während der Schulzeit soll Jugendlichen das politische Engagement schmackhaft gemacht werden. Seit 2008 etwa bietet der Verein „Schulen nach Bern“ ein einzigartiges Projekt an, bei welchem Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geboten wird, die Schweizer Demokratie hautnah mitzuerleben.

„Ich beteilige mich aktiv an der Politik, da ich sozial- und finanziell Benachteiligte und Menschen, welche auf der Schattenseite des Leben stehen, unterstützen will.“ – Nadia, 20, JUSO-Mitglied

Die AKSA bietet ein breites Angebot für die Gymnasiasten, mit der direkten Demokratie warm zu werden und sich politisch zu engagieren. Sei es bei den Debattentagen, im Freifach Politische Bildung oder wenn eine Delegation der Alten Kanti an das European Youth Parliament geschickt wird. Auf Bundesebene wurde zusätzlich die Aktion Easyvote ins Leben gerufen, welche Jugendlichen aktuelle politische Themen kurz und verständlich erklärt und die Abstimmung erleichtert.

„Jugendliche interessieren sich heute nicht mehr grossartig für Politik. Dinge wie Social Media sind für die meisten wichtiger.“ – Corinne, 16

Trotzdem ist das Desinteresse der Jugendlichen bezüglich Politik scheinbar gross. Jungparteien verlieren an Mitgliedern und Abstimmungsurnen bleiben leer. Daraus lässt sich jedoch nicht notwendig auf eine apolitische Generation schliessen. Die Gesellschaft hat sich verändert und mit ihr auch die Möglichkeiten, sich politisch zu engagieren. Nebst den konventionellen Methoden wie zum Beispiel die Mitgliedschaft in einer Partei treten Jugendliche heute einer politischen Gruppe auf Facebook bei, leiten eine E-Mail mit politischem Inhalt weiter, sprayen ein Graffiti oder nehmen an einem Smartmob, also einem Flashmob mit politischer Aussage, teil.

Auffallend dabei ist, dass sich die Jugendlichen sehr wohl für Politik interessieren. Das Engagement ist aber sehr themenabhängig, zeitlich befristet und individuell. Je nach persönlichem Interesse und je nach Präsenz eines Themas in den Medien entscheiden Jugendliche spontan, ob und wie sie an einer politischen Diskussion teilhaben wollen. Vor allem bei Grundsatzthemen wie dem Klimawandel oder der Zuwanderungsbeschränkung fällt es Jugendlichen leicht, sich zu positionieren und für ihre Meinung einzustehen.

Trotzdem geben lediglich rund 34 Prozent der Schweizer Jugendlichen an, sich für Politik zu interessieren. Diese Zahl scheint alle Vorurteile einer desinteressierten Jugend zu bestätigen. Ich wage aber zu bezweifeln, dass sich der Geist der Jugend im Lauf der Jahrzehnte fundamental verändert hat. Denn sogar während der ausserordentlich politischen 1960er Jahre waren es nur knapp 5 Prozent, die auf die Strasse gingen. Eine Minderheit, welche das Bild einer ganzen Generation prägte.

Von Marina Bertoldi (Freifach Politische Bildung)

Links – rechts – vorwärts – Matur!

Ein Essay zur Frage: Wie viel Politik erträgt eine Mittelschule?

Sebastian Grüninger, Geschichtslehrer

„Ihr, liebe Schüler, tut mir wirklich leid: Schon zu meiner Mittelschulzeit versuchten mich meine Lehrer dauern politisch zu beeinflussen!“ – Mit diesen Worten wandte sich ein Exponent einer grossen Schweizer Partei vor Jahren in der Aula einer Aargauer Kantonsschule – nicht der AKSA – an sein Podiumspublikum, nachdem er mit scharfen Worten die Neutralität des moderierenden Geschichtslehrers in Zweifel gezogen hatte. Sollte ich mich über den Redner ärgern? Mich für meinen Kollegen auf dem Podium schämen? Ich war jedenfalls heilfroh, dass ich im Publikum sass und nicht in seiner Haut steckte.
Auch Jahre später hallt mir der Satz zuweilen nach, wenn ich vor einer Klasse stehe und mit ihr über Politik spreche bzw. Politische Bildung unterrichte, wie es heute heisst. Wie weit darf ich als Lehrer meine Meinung preisgeben? Nach dem auch in der bildungsföderalistischen Schweiz beachteten, in Baden-Württemberg der 1970er Jahre formulierten Beutelsbacher Konsens hat sich die Lehrperson im Unterricht neutral zu verhalten, die politischen Themen kontrovers und schülerzentriert zu behandeln.1
Muss die häufige Schülerfrage „Und was denken Sie darüber?“ nach geschlagener Debatte also immer unbeantwortet bleiben? Kann man Mittelschülern kurz vor oder nach der Erreichung des Mündigkeitsalters allenfalls zutrauen, dass sie eine klar als solche deklarierte Meinungsäusserung einordnen können? Sollten und wollen Sie sich gar am politischen Profil der Lehrperson reiben? Im Beutelsbacher Konsens wird denn auch nicht explizit die Meinungsäusserung verboten, sondern die „Überwältigung“ der Schülerinnen und Schüler, die Indoktrination. Doch wo beginnt diese?
Was heisst überhaupt neutral bleiben? Bin ich neutral, wenn ich vor Abstimmungen der Ausgewogenheit halber brav Weltwoche und Wochenzeitung (WoZ) anschleppe, weil hier Pro- und Kontra besonders prägnant formuliert werden? Oder unterstreiche ich damit primär die Extrempositionen? Ist strikte Zurückhaltung tatsächlich bei jeder politischen Diskussion angemessen – selbst dann, wenn mit Hilfe zweifelhafter historischer Metaphern genau jene Grundsätze bekämpft werden, die ich im Unterricht ansonsten als Errungenschaften der Aufklärung und Früchte eines zweihundertjährigen Kampfes um Freiheits- und Menschenrechte zu preisen gewohnt bin? Was gebietet mir da mein Fachwissen und was verbietet mir die political correctness? Wo endet persönliches Profil und wo beginnt unangemessene Beeinflussung?

„Man hört es nicht selten, dass Lehrpersonen sich nicht trauen, dass sie das Gefühl haben, eine politische Meinung dürfe an der Schule nicht thematisiert werden.“2 – Béatrice Ziegler, Dozentin und Co-Leiterin des Zentrums für Demokratie Aarau, hat diesen Satz zwar eher auf die Volksschule gemünzt, das damit angesprochene Dilemma ist aber zweifellos auch auf die Mittelschule übertragbar, wo Politische Bildung in diversen Schulfächern und über den eigentlichen Unterricht hinaus einen grossen Stellenwert besitzt und direkt oder indirekt in den Lehrplänen festgeschrieben ist.
Dies mussten denn auch drei Schülerinnen erfahren, die für ihren Artikel in diesem Heft „Wie politisch ist die AKSA?“ eine Umfrage durchführten: Als sie Lehrpersonen ihre politische Einstellung von links bis rechts deklarieren liessen, erhielten sie verschiedentlich Rückmeldungen bezüglich der politischen Brisanz einer Publikation dieser Resultate. Sind dies also Tabufragen? Ist hier gar Selbstzensur angebracht? Die in besagtem Artikel nachlesbaren Resultate der Umfragen bei Lehrer- und Schülerschaft geben bezüglich dieser Bedenken Entwarnung.

Zweifellos ist die Altersstufe unserer Schülerinnen und Schüler sehr bedeutsam für deren politische Laufbahn. Etwa auf halbem Weg zur Matur erreichen alle Studierenden die Mündigkeit und die Schweizerinnen und Schweizer damit das Stimm- und Wahlrecht. Dass dieses Recht auch wahrgenommen wird, belegt eine kürzlich erfolgte Umfragen unter Schülern der AKSA: Von 180 Stimm- und Wahlberechtigten gehen rund zwei Drittel, nämlich 124 angeblich oft bis regelmässig an die Urne, 31 immerhin gelegentlich und lediglich 25 geben an, selten bis nie abzustimmen. Von insgesamt 568 Befragten geben beinahe 47 Prozent an, zumindest gelegentlich politische Artikel in Zeitungen zu lesen, 8 Prozent tun dies oft bis regelmässig. Fast 60 Prozent sehen oder hören gelegentlich, 12 Prozent oft bis regelmässig Sendungen mit politischem Inhalt. Dies scheint das verbreitete Klischee von einer desinteressierten, politikfernen heutigen Jugend für viele unserer Schülerinnen und Schüler zu widerlegen. Doch dazu mehr in anderen Artikeln in diesem Heft („Wie politisch ist die AKSA?“ und „Zwischen Smartphone und Smartmob“).
Als Geschichtslehrer erkenne ich bei vielen Schülerinnen und Schülern genau in dieser Zeit einen Quantensprung, was politische Interessen und Informiertheit betrifft. Doch welche Rolle spielt dabei die Schule? Auch wenn die Datenmenge pro Klasse stark unterschiedlich ist, scheinen die befragten Schülerinnen und Schüler mit zunehmendem Alter mehr davon überzeugt zu sein, die Schule habe einen positiven Einfluss auf ihre politische Standortsuche, während andererseits eine abnehmende Anzahl keinen Einfluss der Schule erkennen mag. In diesem Bereich der Persönlichkeitsentwicklung unserer Schülerinnen und Schüler trägt die Schule also selbst im Urteil der Schülerinnen und Schüler eine Mitverantwortung, und es ist zweifellos wichtig, sich ihrer bewusst zu sein. Der Artikel „Wie politisch ist die AKSA?“ in diesem Heft legt allerdings einen entspannten Umgang unserer Schülerinnen und Schüler mit diesem Thema nahe und auf jeden Fall darf die Bedeutung der Schule für die politische Sozialisation nicht überschätzt werden. Dies ist gleichzeitig ernüchternd und entlastend.

Wie steht es aber mit der Mitsprache und Beteiligung unserer Studierenden an der Gestaltung des Schulbetriebes? Bei dieser Frage wird man zuallererst an den ständig serbelnden bzw. trotz Wiederbelebungsversuchen von Seiten der Schulleitung kaum wahrnehmbaren Schülerrat erinnert.
Zwar war Aarau nie das jugendbewegte Zürich, und doch erinnern sich ältere Semester unter den Lehrpersonen an Schulversuche mit gleichberechtigt zwischen Lehrpersonen und Schülerschaft ausgehandelten Programmen in den 1970er Jahren oder an das heutige Musikhaus/Fehrhaus, in dem sich damals weitgehend unbehelligt durch die Schule eine studentische Subkultur entwickeln konnte – eine Gegenwelt zum geordneten Schulalltag. Im Schularchiv liegt ein ganzer Stapel linksradikaler Flugblätter, die ein Schulleiter in den Schulhausgängen aufgesammelt hatte, und auf der anderen Seite des politischen Spektrums waren die Studentenverbindungen ungleich präsenter und aktiver als heute.
Weshalb geht heute wenig in diese Richtung? Sind unsere Schüler also doch unpolitisch und angepasst? Lässt die AKSA einfach zu wenig Raum für Initiativen aus der Schülerschaft? Oder bieten die vor einigen Jahren eingeführten Feedbacks zu Schule und Unterricht genügend Raum zur Einbringung von Anliegen und Kritik? Ist Feedbackkultur die politische Beteiligung der Generation Like? Können sich unsere Schülerinnen und Schüler tatsächlich mit dem „Liken“ bzw. „Disliken“ von Lehrpersonen und ihrem Unterricht zufriedengeben? – Viele tun dies auf jeden Fall nicht, sondern setzen sich auf unterschiedliche Art für politische Anliegen ein. Oft geschieht dies ausserhalb der Schule, in Jungparteien oder anderen Organisationen im Dienst der Öffentlichkeit, und sogar auf Demonstrationen sind sie teilweise anzutreffen. Dazu aber mehr im Artikel „Zwischen Smartphone und Smartmob“. Aber auch innerhalb der Schule ist Engagement zu erkennen, etwa in vielen Diskussionen im Unterricht oder bei den zahlreichen Autorinnen und Autoren, die völlig eigenständig Artikel für dieses Heft verfassten.

Was aber trägt die Schule zur Förderung des politischen Engagements unserer Schülerinnen und Schüler bei? Dass politische Bildung heute mehr ist als die traditionell unter Staatskunde verstandene Verfassungs- und Institutionenlehre, macht die Sache zwar aufwändig, aber dafür umso vielseitiger. Sie zielt heute neben einem möglichst tiefen Verständnis konkreter politischer Mechanismen unserer Demokratie sowie zentralen Aspekten der internationalen Politik vor allem auf die aktive Beteiligung der Schülerinnen und Schüler an politischen Prozessen ab. Auch wenn politische Bildung vornehmlich in den Lehrplänen der Fächer Geschichte sowie Wirtschaft und Recht einen eigens deklarierten breiteren Raum einnimmt, so werden politische Fragestellungen zweifellos auch in zahlreichen anderen Fächern aufgegriffen, in Naturwissenschaften genauso wie in Geistes- und Sozialwissenschaften. So wird beispielsweise von der Fachschaft Deutsch nun schon zum dritten Mal nach den Vorgaben von Schweizer Jugend debattiert mit allen Zweitklässlern ein Debattentag durchgeführt, dem jeweils eine eingehende Einführung in die Spielregeln politischer Debatten vorangeht. Auf Vermittlung des Zentrums für Demokratie Aarau wird im August 2016 zum zweiten Mal von einer externen Firma das Simulationsspiel „Politik – Macht – Gesetz“ mit allen Drittklässlern durchgeführt, das den Gesetzgebungsprozess simuliert. Auch die Austauschprogramme mit einer Mittel- und Wirtschaftsschule in Neuchâtel dienen einem wichtigen politischen Anliegen innerhalb unserer Demokratie, der Verständigung über den Röstigraben hinweg. Ob sich aus der Städtepartnerschaft mit Reutlingen in Baden-Württemberg die Möglichkeit eines regen Austauschs in den EU-Raum entwickelt, wird die Zukunft weisen. Bereits jetzt wird interessierten Schülerinnen und Schülern der Zugang zum Europäischen Jugendparlament vermittelt (siehe Artikel „Vier Mal Georgien und zurück“).
Inzwischen wird das zweite Jahr das Freifach Politische Bildung angeboten, in dem zur Zeit fast vierzig Schülerinnen und Schüler jeweils in den Mittagsstunden über Abstimmungsvorlagen debattieren, aktuelle Konflikte oder den „Cyberwar“ näher beleuchten, Planspiele spielen oder Einwohnerräte und Kampagnenleiter von Parteien empfangen und befragen. Dazu kommt die Organisation und Moderation von Podien, in diesem Monat etwa zur Aargauer Asylpolitik mit Regierungsrätin Hochuli und Grossrätin Gautschy vom Gemeindeamännerverband. Schliesslich werden auch auswärtige Institutionen besucht, wie das Bundeshaus, die Sendung Arena, die Demokratietage des Zentrums für Demokratie Aarau oder bereits vor der Eröffnung die Demokratie-Ausstellung im neu umgebauten Stadtmuseum (Schlössli).
Die Zusammenarbeit mit vielen interessierten und engagierten Schülerinnen und Schülern im Freifach sowie im obligatorischen Fachunterricht ist äusserst motivierend und lässt die eingangs erwähnten Rollenkonflikte für gewöhnlich in den Hintergrund treten.

Reform um Reform – WMS und IMS vor erneuten Anpassungen

Im Januar 2000 habe ich die Leitung der Wirtschaftsmittelschule übernehmen dürfen. Der Start war mit der Reform der Wirtschaftsdiplomschule verbunden. Es galt, das „Handeli“ in eine Berufsmaturitätsschule zu überführen. Nach der erneuten Reform der Wirtschaftsmittelschule 2010 stehe ich heute bei Reform Nr. 3. Bei der Informatikmittelschule IMS sind wir erst bei der zweiten Reform angelangt, wobei wir diesen Schultyp auch erst seit 2009 führen. Bei so vielen Reformen – die kleineren Anpassungen dazwischen lassen wir schon mal unerwähnt – ist die Frage erlaubt, ob sich der Reformrhythmus in diesem Mass so positiv auf die Qualitätsentwicklung auswirken kann. Weiterlesen

Die AKSA und Ihre Schülerinnen und Schüler in bewegten Zeiten

Der Deutsch- und Philosophielehrer Roland Latscha über seine Kantizeit 1970–1974

„Es liegt in der Natur der Sache, dass die Schülerinnen und Schüler heute anders sind als wir vor mehr als vierzig Jahren. Auch gibt es heute durchaus solche, die sich ausserschulisch engagieren, etwa in Umweltfragen oder im sozialen Bereich. Im Unterschied zu damals gibt es in meiner Wahrnehmung weniger ein unmittelbares Engagement im politisch-öffentlichen Bereich. Ich sehe auch keine offene Präsenz einer politisch-avantgardistischen Gegenkultur zum Establishment, die es zu meiner Zeit von einigen Schülerinnen und Schülern zumindest im Ansatz gegeben hat. In meiner Zeit an der Alten Kanti hatte man sich bewusst anders gekleidet, trug lange Haare und markierte nach aussen seinen Willen zur Abgrenzung.

Ich möchte nicht von einer apolitischen Generation von heute sprechen, das wäre falsch, aber vielleicht sind die politischen Herausforderungen nicht mehr so unmittelbar benennbar wie in meiner Mittelschulzeit – wenn man sich den Zustand der Welt insgesamt ansieht allerdings schon! Einige von uns hatten damals eine betont pazifistische Grundeinstellung, vor allem aufgrund des Vietnamkriegs; die Präsenz der Kasernen wurde dementsprechend als Provokation und Stein des Anstosses gesehen. Wir wollten uns auch bewusst von unserer Väter- bzw. Elterngeneration abgrenzen. Das will die heutige Schülergeneration, so jedenfalls mein Eindruck, wohl weniger extrem, als wir das zum Teil deutlich gemacht hatten. Dies kann man natürlich aus dem politischen Klima der 1960er, zu Beginn der 1970er Jahre erklären: Eine extreme Auflehnung gegen das, was die Generation der Eltern darstellte, und die gesellschaftliche und politische Ordnung, die sie verkörperten – ‚Kampf gegen das Establishment und irgendwelche Autoritäten‘ hiess die Losung. Dabei war natürlich die damalige Pop- und Protestkultur wichtig. Insbesondere im Zusammenhang mit Woodstock hatte man das aus heutiger Sicht schwärmerisch-utopische Gefühl, nun breche etwas völlig Anderes auf, Love and Peace bestimme zukünftig die Welt. Und diese Überzeugung trug man in die Öffentlichkeit und versuchte sich in entsprechenden Formen des Zusammenlebens – das Reizwort hiess ‚Kommune‘. Damit einher ging auch eine freiere Sexualität, möglich geworden durch die Pille.

Man sympathisierte mit einer anderen Auffassung von Staat, las Mao und Marx, Rudi Dutschke, Herbert Marcuse und befasste sich mit der Frankfurter Schule – man sympathisierte gar mit anarchistischen Vorstellungen eines Bakunin. Kurzum, wir wollten immer die neuste politische Literatur lesen, einige hatten zum Beispiel auch Maos Rotes Büchlein auf dem Nachttisch.

Auf Ebene der Schule kämpften wir damals für einen Schülerrat. Den gab es in den frühen 1970ern nicht. Man traf sich über Mittag zu Vollversammlungen, um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Wenn man den heutigen Schülerrat anschaut, wissen wohl deren Mitglieder nichts mehr über dessen Entstehung und wie umstritten diese Forderung von Seiten der Schülerschaft einmal war. Damals forderten wir ein Mitspracherecht und das Aufbrechen herkömmlicher Schulstrukturen, einen fächerübergreifenden Unterricht. Das Resultat war dann vor allem das Experiment in Form einer Experimentalklasse (gebildet aus interessierten Viertklässlern). Dieses Experiment hing auch mit Ansätzen in der Reformpädagogik zusammen, die zum Teil von Lehrern an der Alten Kanti in die Diskussion eingebracht wurde. Ich war zu meinem Leidwesen noch etwas zu jung, um am Schulversuch der Experimentalklasse mitzumachen, wo während eines Jahres neue Unterrichtsformen auf der gymnasialen Oberstufe entwickelt und erprobt wurden. Der Kanton Aargau war damals offen für gewisse schulische Reformprojekte, man konnte sich der reform-pädagogischen Diskussion nicht einfach entziehen. Dieser Wunsch nach Veränderung wurde von einem beträchtlichen Teil der Schülerinnen und Schüler in irgendeiner Weise getragen, aber auch von einigen Lehrpersonen, die dadurch teilweise politisch unter Druck kamen. So gab es eine Vernehmung wegen Maoismus-Verdachts von angeblich „Roten Lehrern“ – damals ein wirklicher politischer Skandal in unserem Kanton.

Ein Redaktionsteam eine Schülerzeitschrift mit dem Namen Zeus heraus, wo nicht nur Schülerinnen und Schüler sich zu Wort meldeten, sondern sich auch Lehrpersonen in die Diskussion mit Beiträgen einbrachten. Damit versuchten wir, unsere Vorstellung einer breiten Diskussionskultur an die Kanti zu holen. Darüber hinaus wurden sogenannte ‚Vollversammlungen‘ abgehalten, nach dem Vorbild engagiertere Studenten an den Unis. Das damalige Schlagwort in diesem Zusammenhang war: ‚basisdemokratische Grundstrukturen und freie Meinungsäusserung‘. Das hiess vor allem, dass wir mitbestimmen wollten, auch wenn es um die Gestaltung des Unterrichts ging. Dies hat natürlich zu Meinungsverschiedenheiten mit gewissen Lehrpersonen geführt; es gab aber auch Lehrpersonen, die unsere Anliegen im Rahmen des Möglichen unterstützten. Auch war damals das heutige Musikhaus (Fehrhaus) für eine kurze Zeit ein Treffpunkt für Schülerinnen und Schüler. Dort ging man ein und aus. Das Erscheinungsbild der Alten Kanti war in meiner Erinnerung etwas farbiger als heute. Und obwohl wir teilweise einen recht autoritären Unterricht erlebten, waren wir engagiert und interessiert an Veränderungen.

Ein Unterschied zu heute ist, dass die Studentenverbindungen mehr Mitglieder im Vergleich zu heute hatten und sie entsprechend präsent waren und natürlich weniger Teil der geschilderten Protestkultur waren. Aber es gab auch da schillernde Figuren, die sich sowohl in der einen als auch in der anderen Szene bewegten. Ich erinnere mich, dass die Studentenverbindungen Bälle hatten, worüber wir andern uns immer lustig machten. Einen Kantiball, wie es ihn heute gibt, wäre für uns damals undenkbar gewesen. Das wäre uns viel zu steif gewesen. Wir suchten mehr das Experimentelle, zeigten teilweise selbst zusammengeschnittene 8mm-Filme. Vor allem die aktuelle Popkultur war wichtig. Wir holten bekannte Bands ans alljährliche Kantifest. Dieses fand in den Schulzimmern statt, im Neubau (Karrerhaus), im Einsteinhaus. Das kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Aber es hat funktioniert. Mutwillige Zerstörungen von Einrichtungen gab es nicht. Ich war jeweils im Veranstaltungskomitee und hatte dafür grosszügig eine Woche schulfrei. Wir bekamen einen Schlüssel für alle Zimmer und bauten abends die Dekoration und Infrastruktur auf, um den Schulbetrieb am Tag nicht zu stören. Das Fest war jeweils am Samstag und das Ereignis an der Schule.

In Zeiten vor Internet und Smartphone waren Flugblätter das Kommunikationsorgan. Diese wurden teilweise mit Schnapsmatrizen selbst gedruckt und lagen dann auch im Schulhaus und auf dem Areal herum. Heute ist die AKSA dagegen geradezu clean in dieser Hinsicht, nicht zuletzt deshalb, weil ganz andere mediale Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

Aarau insgesamt war in den 1970er Jahren in meiner Wahrnehmung lebendiger als heute. Es gab eine vielfältigere Beizenkultur als heute, zum Beispiel legendäre Beizen wie die an der Riviera im Schachen oder die Brötlibar im Affenkasten, die über die Region hinaus bekannt war. Die Brötlibar im ‚Aff‘ war der Treffpunkt, da sassen wir schon als Schülerinnen und Schüler, und auch danach haben wir uns dort getroffen. Es war ein Stelldichein von Künstlern, Intellektuellen, Leuten aus den unterschiedlichsten Schichten und unterschiedlicher politischer Überzeugung. Leider gibt es diese Bar nicht mehr. Es gab auch ein angriffiges politisches Kellertheater in Aarau, dessen Aufführungen und Aktivitäten politisch nicht unumstritten waren. Ferner ist die Gruppe Ziegelrain, eine Gruppe von Künstlern, zu nennen, die eine Faszination ausübte auf einige von uns. Diese Gruppe – unter anderem mit dem Künstler und ehemaligen AKSA-BiG-Lehrer Max Matter – strahlte als künstlerische Avantgarde schweizweit aus und verhalf in jener Zeit Aarau zu einem künstlerischen Aufbruch. Einige von uns waren sehr an Kunst interessiert. Ich selbst hatte das Glück, bei Josef Herzog, einem Mitglied der Gruppe, das Fach Zeichnen zu besuchen. Eine Begegnung, die mich über die Kantonsschule hinaus bis heute geprägt hat. Er ist später zu einem engen Freund geworden und leider vor einigen Jahren viel zu früh verstorben.

Heute schmunzelt man über vieles im Rückblick, einiges ist auch in seiner Bedeutung zu relativieren. Aber wir wollten damals einfach etwas Neues – vieles ausprobieren. Der eine oder andere ging sogar nach der Kanti nach Indien, um die alte Kultur hinter sich zu lassen und eine neue zu entdecken. Dabei spielten oft auch Drogen eine Rolle. Nicht wenige kamen desillusioniert zurück.

Wie gesagt, es war eine völlig andere Zeit, in der wir im oft jugendlichen Übermut dachten, wir könnten die Welt aus den Angeln heben und etwas besser und gerechter machen. Daher auch dieser damalige Antireflex gegen die Elterngeneration und das Überkommene, Ewig-Gestrige, für das sie standen. Und so rumorte es in den 1970er Jahren in der Provinzstadt Aarau und ihrer Alten Kanti ein wenig … zumindest im Untergrund.“

Aufgezeichnet von Sebastian Grüninger (anlässlich eines rund dreissigminütigen Gesprächs im Rahmen der Recherche zum Essay in diesem Heft)

„Ich freue mich über jede schlechte Kritik!“

Interview mit Franz Hohler

Ein herzlicher und aufgestellter Franz Hohler begrüsst uns in seinem Arbeitszimmer bei ihm zu Hause in Zürich Oerlikon. An den Wänden des hohen Raumes steht Literatur vom Boden bis zur Decke. Werke, Publikationen, Abhandlungen, Bände, Schmöker … Auf einer kleinen Karte an der Pinnwand steht handgeschrieben: „Die etwas fragen, die verdienen Antwort.“

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Flecken im Nacken

Die Landschaft zieht an mir vorbei, verschwimmt zu einem trüben Bild aus Grau und Grün.
Es ist ungewohnt kalt, kalt und trocken. Besser als kalt und nass wie zu Hause.
Unruhig folgen meine Augen den Bäumen. Mischwälder erstrecken sich zu beiden Seiten des Zuges, über die Hügel und Berge. Da und dort Blüten, die sich dieser Kälte gewohnt sind. Der Fluss, über dessen Brücke der Zug gerade fährt, ist bedeckt mit einer dünnen Eisschicht. Kleine, fast unsichtbare Schneeflocken in der Luft.
Sie tanzen vor meinen Augen und erzeugen ein flimmerndes Bild.
Ich betrachte es so lange, bis ich nichts mehr sehe. Weiterlesen

Grad ein wenig erschöpft? Oder schon ausgebrannt?

Die Generation Y (zwischen 1980 und 2000 Geborene) sei nicht mehr so arg Burnout-gefährdet wie ihre Vorgänger, war unlängst in der „Aargauer Zeitung“ zu lesen. Wenn nun aber Lehrpersonen an der Alten Kantonsschule Aarau meinen, sie hätten in den letzten zwei, drei Jahren vermehrt Arztzeugnisse mit der Diagnose „Erschöpfungsdepression“ vorgesetzt bekommen, täuscht dann dieser Eindruck? Weiterlesen

Fit wie ein Kantischüler

Fit wie ein Neandertaler? In der Steinzeit haben die Menschen täglich gegen 4000 Kilokalorien umgesetzt. Sie waren hauptsächlich Fleischfresser und mussten, weil ihre Nahrungsquellen weit verstreut waren, beim Essenbeschaffen einen hohen Energieaufwand leisten. Ziel für sie war es, ein ideales Verhältnis zu finden zwischen Aufwand und Ausbeute. Heute setzen wir nur noch zirka 2000 bis 2500 Kilokalorien um. Wie aber stellt sich das ideale Verhältnis von heute dar? Hungrige Schüler und Schülerinnen sind auf der Suche nach (geistigem) Futter – Aufwand und Energieverbrauch werden dabei oft so minimal wie möglich gehalten. Weiterlesen

Von der Muse geküsst

„Ἄνδρα μοι ἔννεπε, Μοῦσα, … (Ạndra moi ẹnnepe, Moụsa), sage mir, Muse, singe mir von den Dingen, hilf meiner Eingebung und beflügle meine Worte! So lässt der griechische Dichters Homer seine Odyssee beginnen, das wohl berühmteste und einflussreichste Epos der abendländischen Literatur, das den Namen seines Helden zum Synonym einer menschlichen Irrfahrt schlechthin gemacht hat. Ein Irren und Streben durch das Leben. Weiterlesen