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«Wir werden geistig träge und verfetten im Kopf» 

You’re here because you know something. What you know you can’t explain. But you feel it. You’ve felt it your entire life. That there’s something wrong with the world. You don’t know what it is but it’s there, like a splinter in your mind driving you mad. (The Matrix, 1999)

Von Michael Schraner, Musiklehrer

Ich stand mit abgesägten Hosen da. Nach einem verbalen Schlagabtausch im kleinen Kreis. Eigentlich wäre Gemütlichkeit angesagt gewesen bei der Zusammenkunft über die Festtage. Aber es ging dann halt doch um Politik, um Grenzen und Migration, um Gender und Umverteilung, um Schmarotzer und Superreiche, um freie Märkte und Steuern. Ich war nicht in der Lage, die Lawine an Parolen argumentativ zu entkräften.

Es ist so unglaublich anstrengend, die Dinge differenziert anzuschauen und all die Widersprüche auszuhalten. Das Erlebnis im kleinen Kreis fühlte sich plötzlich so grundsätzlich an. Die Splitter der entgegengeschleuderten Parolen steckten in meinem Kopf. In solchen Momenten kommt sie jeweils richtig auf Touren, die innere Stressmaschine. Sie produziert eine düstere und bedrohliche Brühe. Diese Brühe kocht unaufhaltsam hoch. In ihr schwimmen schwer verdauliche Klumpen.

I.

Im Jahr 1958 erschien die Sci-Fi-Satire The Rise of Meritocracy des Soziologen und Politikers Michael Young. Der Autor skizziert eine zukünftige Gesellschaft, wo die Position des Einzelnen durch Intelligenz und Leistung bestimmt wird. Die daraus entstandene Leistungsgesellschaft mit elitärer Herrschaft endet in Youngs Erzählung im Jahr 2034 mit der Revolte der Populists gegen die meritokratische Elite.

Der US-amerikanische Philosoph Michael Sandel beschäftigt sich mit den Auswüchsen unserer Leistungsgesellschaft und beobachtet eine zunehmende Tendenz zur Meritokratie. Letzlich fürchtet er um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. The Tyranny of Merit, befürchtet er, führe konsequenterweise zum Ende des Gemeinwohls:

It has a dark side. Meritocracy is corrosive of the common good. It leads to hubris among the winners and humiliation among those who lose out. It encourages the successful to inhale too deeply of their success, to forget the luck and good fortune that helped them on their way. And it leads them to look down on those less fortunate, less credentialed than themselves. This matters for politics. One of the most potent sources of the populous backlash is the sense among many working people that elites look down on them. [ Michael Sandel: The Tyranny of Merit in einem Ted Talk, Mai 2020 ]

Oft bin ich fassunglos, mit welcher Gewalt dieser Graben dank der asozialen Aufmerksamkeitsmaschinen stetig vertieft und verbreitert wird. Mit Hass und Hetze. Schuld sind die anderen. Wer nicht meiner Meinung ist, ist mein Feind!

II.

A small percent of people live in a real-world environment that is rich, even overflowing, with glorious substance, beautiful settings, plentiful stimulation, and many fascinating people to talk to, and to work with, and to date. […] Everyone else, the vast majority of humanity, lacks Reality Privilege – their online world is, or will be, immeasurably richer and more fulfilling than most of the physical and social environment around them in the «real world».

Nein, dieses Zitat ist weder The Matrix entnommen, noch stammt es aus einem Roman von Aldous Huxley. Es sind Worte von Marc Andreessen, geäussert im Rahmen eines schriftlich geführten Interviews auf der Plattform Substack am 31. Mai 2021 mit Niccolo Soldo (ein Pseudonym). Andreessen erfand den Webbrowser und predigt als superreicher Unternehmer und Vertreter der Effective Accelerationism-Bewegung in seinem Techno-Optimist Manifesto (2023) freie Märkte und die unbeschränkte Weiterentwicklung von Technologie, vor allem KI, mit geradezu religiöser Inbrunst, während er Konzepte wie Nachhaltigkeit oder soziale Verantwortung verdammt. Der US-Autor Jonathan Taplin schreibt in The End of Reality (2023) über vier Tech-Milliardäre– nebst Andreessen sind es Mark Zuckerberg, Elon Musk und Peter Thiel –, die seiner Ansicht nach mit dem Metaverse, mit Kryptowährungen, der Eroberung des Mars und dem transhumanistischen Traum vom ewigen Leben eine existentielle Gefahr für unser Zusammenleben darstellen. Ich frage mich verzweifelt, wer endlich eine Pille gegen den Gottkomplex erfindet!

Bild: Michael Schraner, Staatsgalerie Stuttgart

III.

In der Kurzgeschichte The Machine Stops aus dem Jahr 1909 (ja, wirklich!) beschreibt E.M. Forster eine von Technik beherrschte Welt, in der alle Menschen isoliert in einem unterirdischen, standardisierten Raum leben und als einzige Tätigkeit mittels Instant-Messaging-Video Ideen austauschen. Eine allmächtige globale Maschine befriedigt alle körperlichen und spirituellen Bedürfnisse. Als die Maschine kollabiert, endet auch die menschliche Zivilisation.

«I have called you before, mother, but you were always busy or isolated. I have something particular to say.» –

«What is it, dearest boy? Be quick. Why could you not send it by pneumatic post?» […] – «I want you to come and see me.» Vashti watched his face in the blue plate. «But I can see you!» she exclaimed. «What more do you want?» –

«I want to see you not through the Machine,» said Kuno. «I want to speak to you not through the wearisome Machine.» –

«Oh, hush!» said his mother, vaguely shocked. «You mustn’t say anything against the Machine.» –

«You talk as if a god had made the Machine,» cried the other. «I believe that you pray to it when you are unhappy.

Men made it, do not forget that.» [ E.M. Forster: The Machine Stops ]

In seinem Wochenkommentar auf YouTube erläuterte der Autor und Medienwissenschaftler Matthias Zehnder am 10. Februar 2023, Warum die KI zum Tod des Internets führen wird. Nein, er meinte nicht den Tod des technischen Protokolls, sondern das Internet als Medium mit seinen Inhalten. Die künstliche Intelligenz schiebe sich mit ihren Zusammenfassungen und Kurzantworten zwischen die fragenden Benutzer und die professionellen Informationsanbieter, so Zehnder. «Die KI wird nicht mit Zwang arbeiten. Sie wird bloss so verführerisch angenehm sein und uns so freundlich ihre Dienste anbieten, dass wir sie alle nutzen werden. Und dann passiert mit unseren Gehirnen dasselbe, was in den letzten hundert Jahren mit unseren Körpern passiert ist: Wir werden geistig träge und verfetten im Kopf.»

Was geschieht mit uns, wenn wir den Eindruck haben, dass die Maschine uns besser versteht als der Freund oder die Nachbarin? Wann werden wir dieser totalen Verführung erlegen sein?

Wie soll man so einen Text abschliessen? Irgendetwas mit Hoffnung, vielleicht. Ein Gegengewicht zu dieser verklumpten inneren Unruhe, diesem Gefühl der Machtlosigkeit und Unausweichlichkeit. Diese letzten Zeilen schreibe ich während der Musikwoche mit dem Kantiorchester und -chor im Januar. Hier erarbeiten rund einhundert Schülerinnen und Schüler nicht nur eine Oper, die wir im März gemeinsam aufführen werden, sondern sie planen, gestalten, diskutieren, spielen Karten, üben weitere Stücke, die sie sich während der abendlichen Klangfenster vorspielen. Sie schauen miteinander und zueinander, eingelullt im Nebel oberhalb des Neuenburgersees, geschützt vor der Welt da draussen.

You take the blue pill, the story ends, you wake up in your bed and believe whatever you want to believe. You take the red pill, you stay in Wonderland, and I show you how deep the rabbit hole goes… [ The Matrix, 1990 ]

Hier am Neuenbuergersee muss ich mich für keine Pille entscheiden. Die Stressmaschine ist in dieser Woche im Flugmodus. Die Brühe köchelt auf kleiner Flamme, die Klumpen stossen weniger auf.

In kleinen Schritten zu einer umweltbewussteren Kanti

Auch 2021 gab es im Rahmen des Projektunterrichts an der Alten Kanti wieder einen Aktionstag rund um die Themen Ernährung, Lebensmittel und Abfall. Genau genommen war es ein Halbtag am 14. September 2021, an dem sich die Abteilungen G19A, G19F und G19H beteiligten und der von Sabrina Aegerter, Fabia Brentano, Lara Dredge und Manuela Knecht geleitet wurde. Ein Erfahrungsbericht. Weiterlesen

Masken im Schweizer Brauchtum

Wie wichtig sind unsere Bräuche heute noch? Manche geraten in Vergessenheit, andere werden immer noch von ganzen Regionen gelebt. Ganz besonders Bräuche, in denen Masken eine zentrale Rolle spielen, scheinen trotz (oder wegen!) ihrer jahrhundertelangen Geschichte nach wie vor im Trend zu sein. Worin also liegt die Faszination von Masken im Brauchtum? Und was verbirgt sich dahinter? Weiterlesen

222 Jahre Alte Kanti

Die Jubiläums-Events

Die Arbeitsgruppe Leitsätze hat die Schnapszahl 222 zum Anlass genommen, das Bestehen der Alten Kanti ausgiebig zu feiern – nicht mit einer grossen Sause, sondern mit zahlreichen informativen, überraschenden und witzigen Aktionen, Ausstellungen und Konzerten. Willkommene Auflockerungen im Schulalltag.

Von Prorektor Hans-Jürg Suter und der Gruppe Leitsätze

März
Die Schülerinnen und Schüler sind aufgerufen, farbige Ziffern «2» im Schulhaus zu finden; die Finderinnen und Finder erhalten eine süsse Belohnung.

April
Das Rätsel der «Zweiersuche» wird aufgelöst und das Jubiläum «222 Jahre Alte Kanti» offiziell gestartet.

Mai
In einem gedruckten «Extrablatt» wird die Schulgründung in den Kontext von damaligen Ereignissen im Aargau, in der Schweiz und in der Welt gestellt.

Juni
Ausstellung alter Apparaturen und Gerätschaften aus den Naturwissenschaften.

August
Ausstellung von historischen Dokumenten und von Fotos aus einem Schüleralbum aus den Vierzigerjahren.

September
Tondokument: Schülerinnen, Schüler und Lehrpersonen sprechen die Zahl 222 mit ihren eigenen Stimmen und in ihren Muttersprachen aus. Drohnenaufnahme: 350 Schülerinnen und Schüler bilden die Zahlen «2024» und «222» auf der Lustwiese der Alten Kanti.

Oktober
Ausstellung: Ein Blick in die Schätze der Biologiesammlung.

November
Ausstellung zum Schuljahr des jungen Albert Einstein in Aarau (1895-1896).

Dezember
Aulakonzert: Lehrpersonen der Fachschaft Instrumentalmusik der Alten Kanti spielen im Rahmen eines öffentlichen Konzerts Werke von Beethoven und Hummel, komponiert im Gründungsjahr der Alten Kanti (1802). Fünfzehn Schlaglichter auf die Menschen (und Tiere), die zusammen die Alte Kanti Aarau ausmachen.

Eine Zeitkapsel mit unseren Wünschen für die Zukunft wird ganz oben, unter dem Dach des Einstein-Hauses platziert und wartet dort auf ihre Öffnung im Jahr 2046 – 22,2 Jahre nach dem Verschliessen der Kapsel.


Drohnen-Video

Die Alte Kanti – das erste Schweizer Gymnasium

Von Prorektor Hans-Jürg Suter und der Gruppe Leitsätze

Nach dem Einmarsch napoleonischer Truppen in die Schweiz 1798 und der Gründung der Helvetischen Republik mit einem neuen Kanton Aargau (1803) herrschte auch im Bildungswesen eine Aufbruchstimmung. Auf private Initiative hin wurde 1802 in Aarau eine höhere Lehranstalt gegründet, welche allen Kantonsbürgern offen stehen sollte (die Verstaatlichung dieser Schule als offizielle Kantonsschule erfolgte dann 1813). Der Name sollte diesen Anspruch verdeutlichen und die Schüler auf das Leben als freie Bürger und auf die höheren Berufe vorbereiten:
Schwer taten sich die Gründer mit der Zweckbestimmung der Schule und dem damit zusammenhängenden Problem des Fächerangebots. Die Heranbildung einer Geistesaristokratie und akademischen Nachwuchses für den neuen Kanton Aargau war ein zentrales Anliegen der helvetischen Führungssschicht. Sie wünschte sich daher ein Gymnasium, das das Schwergewicht auf den Unterricht in den alten Sprachen legte. Der Mehrheit der Aarauer Bürgerschaft und der Fundatoren dagegen war mit einer Realschule, die ihren Söhnen das Rüstzeug zu gewerblichen und kaufmännischen Berufen gab, weit besser gedient, und schliesslich musste man doch auch dem Landvolk etwas bieten. Die Verschmelzung beider Schultypen erwies sich als (…) schwierig (…), die Ansprüche (waren) oft unrealistisch, Angebote der Bürger, die auch gerne Lehrer spielen wollten, zu ausgefallen – sie reichten bis zu Forstwirtschaft, Kameralwissenschaft und Baukunst.
[Heinrich Stähelin, Die Alte Kantonsschule Aarau 1802-2002 ]

Der Gründungsakt ist detailliert beschrieben in Franz Xaver Bronner, Kurze Geschichte der Sitftung und des Fortbestandes der Aargauischen Kantonsschule 1801-1840:
Um 1 Uhr Mittags kamen fast alle Fundatoren, und auf deren Einladung die Geistlichen nebst andern Freunden und Gästen und den sämmtlichen Lehrern der Stadt- und der Kantonsschule im großen Saale eines Gasthofes zusammen. Im anstossenden kleinen Saale waren bey offener Thüre die Kantonsschüler an wohlbesetzten Tischen. Es fehlte während der Tafel nicht an herzerhebenden Chören und witzigen Trinksprüchen. Gegen das Ende erschienen die Schüler im größeren Saale, und ihr Anführer rief: Er leben die Stifter und Lehrer der Kantonsschule. Alle Mitschüler riefen es nach und leerten ihre Gläschen. Als sie an ihre Tische zurückgekehrt waren, bestieg unerwartet ein kleinerer Zögling den nahen Stuhl, und rief: Es leben aber auch die Schüler der Kantonsschule! Mit Jubel ward das frohe Fest geschlossen.
Bild: zVg

Patrick Bühlmann

Rechtsanwalt / Fachanwalt SAV Arbeitsrecht, Matura Typus C 1988

Fassen Sie Ihre Kantizeit in einem Satz zusammen.
Die Zeit an der Alten Kanti hat mich massgebend geprägt, vorab wegen der vielen neugewonnenen, meist bis heute bestehenden Freundschaften, dann aber auch wegen der grossen Fülle an neuem, von kompetenten Fachlehrpersonen vermitteltem Wissen, und schliesslich auch einfach aufgrund der einzigartigen Stimmung auf dem Campus der Alten Kanti.

Wie sieht Ihr bisheriger Karriereweg aus?
Matura Typus C, diverse militärische Dienstleistungen, Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Zürich, Anwaltspraktika bei Gericht und in der Verwaltung, Erwerb des Aargauischen Anwaltspatents, Gerichtsschreiber am Bezirks- und Arbeitsgericht Lenzburg, seit 2001 Anwaltstätigkeit in Baden, hauptsächlich im Bereich des Arbeitsrechts, 2009 Erwerb des Titels «Fachanwalt SAV Arbeitsrecht».

Welches sind die wichtigsten Eigenschaften in Ihrem Beruf?
Verantwortungsbewusstsein, Zuverlässigkeit und Einsatzbereitschaft sind unabdingbar, aber auch eine gewisse Beharrlichkeit braucht es – und die Fähigkeit, einen Sachverhalt genau zu analysieren.

Weshalb sind Sie Mitglied im Ehemaligen-Verein der Alten Kanti?
Weil ich auf diese Weise auch über die Schulzeit hinaus mit «meiner» Schule verbunden bleibe und diese unterstützen kann. Aus diesem Grund habe ich mich während der letzten 20 Jahre auch aktiv im Vorstand von AULA engagiert und dabei zahlreiche wertvolle Bekanntschaften mit anderen Ehemaligen der Alten Kanti aus den verschiedensten Generationen machen dürfen.

Bild: zVg

Begäischterig 

Von Ernst Strebel

Won i 1968 e Kanti cho be, hämmer e Chorleiter gha, wo aues gäh het, zom öis metriisse. Friitig för Friitig esch är pflotschnass gsi noch de Prob, ond är esch so aagfrässe gsi vo siner Begäischterig för e Gsang, dass är öis öppe ganz öbu aagfluechet het. Aber för dä wäre mer dor s Füür gange.

Aagfrässe si vo öppisem: das häisst, das e Täil vo äim wegfrässe werd, e öppis anders öbergoht. Glichziitig eschs jo aber so, dass das, wo e Täil vo äim gfrässe het, e Täil vo äim werd, äim usföut. Das tönt jetz paradox. Aber wen i senge, fresst de Gsang aus wäg, wo sösch grad e mer esch, wo mer dor e Chopf goht, woni gschpüre. Oder ebe: Er föut mi us.

Es Läbe lang han i töffe em Kantichor senge, sogar nach de Pangsionierig no. Bäid Kollege, wo de Chor gläitet händ, send Supermusiger gsi, so Aagfrässni gsi we dä Chorleiter, won i as Schüeler gha ha. Ond onder de Schülerinne ond Schüeler hets emmer weder söttig gha, wo ganz bsonders vo de Begäischterig packt worde send. Je äuter i worde be, deschto me han i mi gfröit öber dene eri Usschtrahlig. I ha mi devo lo aaschtecke. De esch mi Schtemm mängisch en e Klangfloss groote, wo mi wiit öber das use träit het, won i sösch be.

Jetz, won i das Schriibe, goht s Joor z Änd, me öberläit sech Wönsch för s nöie Joor. I wönsche aune, wo das läse, dass si aagfrässe chöne wärde vo öppisem, wo si ganz usföut. Das ne, we das e berüemte Hernforscher gsäit het, d Fackle vo de Begäischterig lüchtet.

Ernst Strebel, Italienischlehrer im Teilamt von 1978-2015 und Autor

«Wir werden geistig träge und verfetten im Kopf» 

You’re here because you know something. What you know you can’t explain. But you feel it. You’ve felt it your entire life. That there’s something wrong with the world. You don’t know what it is but it’s there, like a splinter in your mind driving you mad. (The Matrix, 1999)

Von Michael Schraner, Musiklehrer

Ich stand mit abgesägten Hosen da. Nach einem verbalen Schlagabtausch im kleinen Kreis. Eigentlich wäre Gemütlichkeit angesagt gewesen bei der Zusammenkunft über die Festtage. Aber es ging dann halt doch um Politik, um Grenzen und Migration, um Gender und Umverteilung, um Schmarotzer und Superreiche, um freie Märkte und Steuern. Ich war nicht in der Lage, die Lawine an Parolen argumentativ zu entkräften.

Es ist so unglaublich anstrengend, die Dinge differenziert anzuschauen und all die Widersprüche auszuhalten. Das Erlebnis im kleinen Kreis fühlte sich plötzlich so grundsätzlich an. Die Splitter der entgegengeschleuderten Parolen steckten in meinem Kopf. In solchen Momenten kommt sie jeweils richtig auf Touren, die innere Stressmaschine. Sie produziert eine düstere und bedrohliche Brühe. Diese Brühe kocht unaufhaltsam hoch. In ihr schwimmen schwer verdauliche Klumpen.

I.

Im Jahr 1958 erschien die Sci-Fi-Satire The Rise of Meritocracy des Soziologen und Politikers Michael Young. Der Autor skizziert eine zukünftige Gesellschaft, wo die Position des Einzelnen durch Intelligenz und Leistung bestimmt wird. Die daraus entstandene Leistungsgesellschaft mit elitärer Herrschaft endet in Youngs Erzählung im Jahr 2034 mit der Revolte der Populists gegen die meritokratische Elite.

Der US-amerikanische Philosoph Michael Sandel beschäftigt sich mit den Auswüchsen unserer Leistungsgesellschaft und beobachtet eine zunehmende Tendenz zur Meritokratie. Letzlich fürchtet er um den gesellschaftlichen Zusammenhalt. The Tyranny of Merit, befürchtet er, führe konsequenterweise zum Ende des Gemeinwohls:

It has a dark side. Meritocracy is corrosive of the common good. It leads to hubris among the winners and humiliation among those who lose out. It encourages the successful to inhale too deeply of their success, to forget the luck and good fortune that helped them on their way. And it leads them to look down on those less fortunate, less credentialed than themselves. This matters for politics. One of the most potent sources of the populous backlash is the sense among many working people that elites look down on them. [ Michael Sandel: The Tyranny of Merit in einem Ted Talk, Mai 2020 ]

Oft bin ich fassunglos, mit welcher Gewalt dieser Graben dank der asozialen Aufmerksamkeitsmaschinen stetig vertieft und verbreitert wird. Mit Hass und Hetze. Schuld sind die anderen. Wer nicht meiner Meinung ist, ist mein Feind!

II.

A small percent of people live in a real-world environment that is rich, even overflowing, with glorious substance, beautiful settings, plentiful stimulation, and many fascinating people to talk to, and to work with, and to date. […] Everyone else, the vast majority of humanity, lacks Reality Privilege – their online world is, or will be, immeasurably richer and more fulfilling than most of the physical and social environment around them in the «real world».

Nein, dieses Zitat ist weder The Matrix entnommen, noch stammt es aus einem Roman von Aldous Huxley. Es sind Worte von Marc Andreessen, geäussert im Rahmen eines schriftlich geführten Interviews auf der Plattform Substack am 31. Mai 2021 mit Niccolo Soldo (ein Pseudonym). Andreessen erfand den Webbrowser und predigt als superreicher Unternehmer und Vertreter der Effective Accelerationism-Bewegung in seinem Techno-Optimist Manifesto (2023) freie Märkte und die unbeschränkte Weiterentwicklung von Technologie, vor allem KI, mit geradezu religiöser Inbrunst, während er Konzepte wie Nachhaltigkeit oder soziale Verantwortung verdammt. Der US-Autor Jonathan Taplin schreibt in The End of Reality (2023) über vier Tech-Milliardäre– nebst Andreessen sind es Mark Zuckerberg, Elon Musk und Peter Thiel –, die seiner Ansicht nach mit dem Metaverse, mit Kryptowährungen, der Eroberung des Mars und dem transhumanistischen Traum vom ewigen Leben eine existentielle Gefahr für unser Zusammenleben darstellen. Ich frage mich verzweifelt, wer endlich eine Pille gegen den Gottkomplex erfindet!

Bild: Michael Schraner, Staatsgalerie Stuttgart

III.

In der Kurzgeschichte The Machine Stops aus dem Jahr 1909 (ja, wirklich!) beschreibt E.M. Forster eine von Technik beherrschte Welt, in der alle Menschen isoliert in einem unterirdischen, standardisierten Raum leben und als einzige Tätigkeit mittels Instant-Messaging-Video Ideen austauschen. Eine allmächtige globale Maschine befriedigt alle körperlichen und spirituellen Bedürfnisse. Als die Maschine kollabiert, endet auch die menschliche Zivilisation.

«I have called you before, mother, but you were always busy or isolated. I have something particular to say.» –

«What is it, dearest boy? Be quick. Why could you not send it by pneumatic post?» […] – «I want you to come and see me.» Vashti watched his face in the blue plate. «But I can see you!» she exclaimed. «What more do you want?» –

«I want to see you not through the Machine,» said Kuno. «I want to speak to you not through the wearisome Machine.» –

«Oh, hush!» said his mother, vaguely shocked. «You mustn’t say anything against the Machine.» –

«You talk as if a god had made the Machine,» cried the other. «I believe that you pray to it when you are unhappy.

Men made it, do not forget that.» [ E.M. Forster: The Machine Stops ]

In seinem Wochenkommentar auf YouTube erläuterte der Autor und Medienwissenschaftler Matthias Zehnder am 10. Februar 2023, Warum die KI zum Tod des Internets führen wird. Nein, er meinte nicht den Tod des technischen Protokolls, sondern das Internet als Medium mit seinen Inhalten. Die künstliche Intelligenz schiebe sich mit ihren Zusammenfassungen und Kurzantworten zwischen die fragenden Benutzer und die professionellen Informationsanbieter, so Zehnder. «Die KI wird nicht mit Zwang arbeiten. Sie wird bloss so verführerisch angenehm sein und uns so freundlich ihre Dienste anbieten, dass wir sie alle nutzen werden. Und dann passiert mit unseren Gehirnen dasselbe, was in den letzten hundert Jahren mit unseren Körpern passiert ist: Wir werden geistig träge und verfetten im Kopf.»

Was geschieht mit uns, wenn wir den Eindruck haben, dass die Maschine uns besser versteht als der Freund oder die Nachbarin? Wann werden wir dieser totalen Verführung erlegen sein?

Wie soll man so einen Text abschliessen? Irgendetwas mit Hoffnung, vielleicht. Ein Gegengewicht zu dieser verklumpten inneren Unruhe, diesem Gefühl der Machtlosigkeit und Unausweichlichkeit. Diese letzten Zeilen schreibe ich während der Musikwoche mit dem Kantiorchester und -chor im Januar. Hier erarbeiten rund einhundert Schülerinnen und Schüler nicht nur eine Oper, die wir im März gemeinsam aufführen werden, sondern sie planen, gestalten, diskutieren, spielen Karten, üben weitere Stücke, die sie sich während der abendlichen Klangfenster vorspielen. Sie schauen miteinander und zueinander, eingelullt im Nebel oberhalb des Neuenburgersees, geschützt vor der Welt da draussen.

You take the blue pill, the story ends, you wake up in your bed and believe whatever you want to believe. You take the red pill, you stay in Wonderland, and I show you how deep the rabbit hole goes… [ The Matrix, 1990 ]

Hier am Neuenbuergersee muss ich mich für keine Pille entscheiden. Die Stressmaschine ist in dieser Woche im Flugmodus. Die Brühe köchelt auf kleiner Flamme, die Klumpen stossen weniger auf.

Verschnaufpause im Schulalltag 

Jeden Freitagmittag von 12.30 Uhr bis 13.30 Uhr findet an der Alten Kanti das Freifach «Relax! Strategien für weniger Stress und mehr Selbstvertrauen» statt. Diese eine Stunde inmitten des hektischen und prall gefüllten Schulalltags bietet den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unter der Leitung von Erica Fankhauser eine praxisorientierte Möglichkeit herunterzufahren, den Kopf auszuschalten und in das eigene Innenleben einzutauchen. Ausserdem sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer lernen, sich selbst zu reflektieren und ihre Bedürfnisse und Gefühle offen zu kommunizieren. sageundschreibe war bei einer Lektion dabei.

Von Ella Karg und Leonie Kihm , G21K

Wenn die Uhr an einem Freitag um 12.30 Uhr schlägt, dann sind die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Freifachs schon fleissig dabei, das Klassenzimmer im Einstein-Gebäude in eine Entspannungs-Oase umzufunktionieren. Auch wenn längst der Magen knurrt, steht für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer jetzt Wichtigeres an als das Mittagessen. Die Stühle und Tische werden beiseite geräumt und die Yoga-Matten ausgerollt. Danach ziehen alle die Schuhe aus und setzen sich auf die eigene Matte. Es ist Zeit für Ruhe, Entspannung und Introspektion – Dinge, denen auch im normalen Schulalltag bewusst Raum und Beachtung gegeben werden muss.

Akzeptieren und loslassen

Das Freifach beginnt mit einer kurzen, von Erica Fankhauser angeleiteten Meditation mit geschlossenen Augen. Ziel dabei ist es, sich auf sich selbst, den eigenen Atem und vor allem auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren. Belastende Gedanken und Sorgen sollen akzeptiert, danach aber wieder losgelassen werden. Einigen fällt das leicht, anderen weniger. Eine Teilnehmerin kommentiert: «Gewisse Dinge kann man nicht kontrollieren, aber man kann entscheiden, wie man damit umgeht und wie man darauf reagiert.» Nach der Meditation tauscht sich die Gruppe über das Erlebte aus, und man erzählt sich gegenseitig von Schwierigkeiten und persönlichen Gefühlen. Dabei soll ein Raum für Gedanken und Gefühle aller Art geschaffen werden, und die Schülerinnen und Schüler sollen die Möglichkeit haben, all das, was ihnen auf dem Herzen liegt, raus- und damit loszulassen.

Bewegungs- und Atemübungen führen zum Erfolg

Nebst den Meditationen gibt es andere Übungen, welche den Schülerinnen und Schülern helfen sollen, zukünftige Stresssituationen besser zu bewältigen. Dazu gehören Bewegungsübungen oder auch Atemübungen, sogenanntes «Breath Work». Wenn man vor einer Prüfung besonders nervös ist, kann man zum Beispiel im Flur einige Schritte gehen und sich dabei nur auf das Gefühl der Füsse auf dem Boden und den eigenen Atem konzentrieren. Die zusätzlichen Theorieinputs zum Thema Nervensystem und den damit verbundenen Vorgängen im Körper sollen die Praxis mit der Theorie verbinden – offensichtlich mit Erfolg. Eine Teilnehmerin berichtet, dass sie sich dank der Übungen, die sie lernt, entspannter und achtsamer im Alltag fühle und dadurch das Leben viel mehr geniesse. Sie könne das Freifach jedem weiterempfehlen, der mit Stress Mühe habe.

Das Freifach «Achtsamkeit» scheint perfekt für diejenigen, die sich selbst besser kennenlernen wollen und mehr Achtsamkeit und Ruhe in ihren stressigen (Schul-)Alltag integrieren wollen. Erica Fankhauser betont: «Hätte ich das, was ich den Schülerinnen und Schülern jetzt beibringe, schon früher gewusst, hätte ich niemals ein Burnout gehabt.» Nicht zuletzt die persönliche Erfahrung der Kursleiterin also zeigt, wie wichtig es ist, sich mit sich selbst und seiner Innenwelt zu befassen und dabei Wege zu finden, mit den Challenges eines herausfordernden Alltags besser klarzukommen.

Bild: Melody Peus

Der Stundenplan: Mythos und Wahrheit 

Ein Selbstgespräch

Von Hans-Jürg Suter, Englischlehrer und Stundenplaner

Wie lebt es sich als meistgehasster Mann an der Alten Kanti? Ob du das werden wolltest, hatte dich ja 2002 eine besorgte Kollegin gefragt.
Nein, das wollte ich nicht; aber Stundenplaner werden, schon. Ich meine, ich bin letzteres geworden, ohne ersteres zu sein. Falls ich mich täusche: Richtigstellungen bitte an hans-juerg.suter@ag.ch.

Das ist leicht gesagt, wenn du kritische Leute mit einem Strafstundenplan disziplinieren kannst.
Das nervt! Eine perfide Unterstellung, ein Schreckgespenst, das (selten, hoffe ich doch) in fast leeren Lehrerzimmern im Flüsterton aus dem Schrank geholt wird. Leider werden haltlose Unterstellungen manchmal geglaubt – mir klingt da ein Soundbite aus der vergangenen Präsidentschafts-Wahl in den USA im Ohr nach: «They’re eating the daawgs, they’re eating the cats – they’re eating the pets of the people who live there!»

Ja gut, den letzten Satz schneiden wir dann später raus. Zu politisch. Wie reagierst du denn, wenn dir eine solche Aussage doch zu Ohren kommt?
Mit einem Strafstundenplan.

Haha! Aber mich interessiert jetzt doch, warum du Stundenplaner werden wolltest.
Ich stellte es mir spannend vor: schwierig, aber erfüllend; ein Weg, unsere Schule von allen Seiten kennen zu lernen. Und ich suchte damals neben dem Unterricht noch etwas anderes. Und hatte doppelt Glück: Die Stundenplanung ist bis heute spannend, schwierig und erfüllend; unsere Schule kenne ich inzwischen in- und auswendig – und gerade weil ich diese zweite Aufgabe hatte, unterrichte ich bis heute mit grosser Freude.

Was macht einen guten Stundenplaner aus?
Der gute Stundenplaner ist natürlich männlich und Mathematiker. Physik und Chemie gehen notfalls auch. Gefragt sind scharfe Intelligenz, Ratio, Logik, Computerkenntnis. Das haben Frauen (und Englischlehrer) nicht in genügendem Mass.

Wirklich?
Nein. Das ist Blödsinn. Es fühlte sich aber in den Nullerjahren, als ich anfing, so an. Bei den legendären Stundenplaner-Seminaren in der Salzburger Residenz gingen die zwei bis drei Frauen in einer Masse von stark bebrillten deutschen und österreichischen Mathematikern mit Oberstudienratsbart unter.
Wahr ist: Es geht ohne y-Chromosom, ohne Bart, sogar ohne Brille vermutlich. Ganz ohne Intelligenz nicht.

Die Intelligenzbestie im stillen Kämmerlein also?
Gründlich muss man sein. Tüpflischiisserei hilft. Ohne Geduld geht nichts: Dranbleiben muss man – da hilft das stille Kämmerlein. Dieses ist auch nützlich, wenn man aus Frustration über ein unlösbares Problem oder einen Programmfehler einmal laut wird. Das wird sonst peinlich – auf der Insel Föhr wurde ich schon mit einer Alarmsirene verwechselt.

A propos Intelligenz, Gründlichkeit und Geduld: Jede KI macht deinen Job besser als du.
Nein. Kann ich mir nicht vorstellen. Glaube ich nicht. Einen Stundenplan bringt sie wohl zustande. Aber keinen besseren, im Gegenteil. Da spielen zu viele soft factors mit, implizites Wissen, persönliches Gespür. Das behaupte ich hier einfach mal.
Zudem, dem stillen Kämmerlein zum Trotz: Kommunikation ist zentral. «Me mues halt rede mit em Veh», sagte mein Vater früher. Ob eine KI das auch täte? Am Telefon, auch am Wochenende, am Abend, in den Ferien: «Diese Sperrung geht beim besten Willen nicht, was machen wir?» Per E-Mail, vor der Publikation: «Ich weiss, du wirst nicht Freude haben an deinem Montag; das liegt daran, dass…» – Das fördert Verständnis, glättet Wogen und hilft gegen das Abgleiten zur meistgehassten Person an der Schule.

Stundenplaner pflegen zu sagen: «Mir ist egal, wer unter mir Rektor ist» – und meinen es auch.
Kenne ich. Sage ich aber nicht. Meine ich auch nicht. Aber ich weiss, dass eine ehemalige Kollegin unseren früheren Rektor tatsächlich einmal gefragt hat: «Wer ist eigentlich hier Rektor, du oder Hans-Jürg?», als ihre masslosen Wünsche nicht erfüllt wurden.
Es ist nun mal so: Stundenplaner/-innen haben viel Verantwortung. Die Möglichkeit, Macht auszuüben, ist meist eine enge Begleiterin der Verantwortung. Daher muss die Führung der Schule wissen und verstehen, was bei der Stundenplanung passiert; die Stundenplaner/-innen müssen Rechenschaft ablegen; und sie müssen Kritik aus dem Kollegium ernst nehmen (aber sich auch gegen Unterstellungen wehren).

Wie auch immer: Du bestimmst ganz allein jedes Jahr über das Leben von 1400 Menschen.
Jetzt sind wir bei den Allmachtsphantasien. Wer solche hat, verkennt die Grösse des Gestaltungsspielraums in einem komplexen Organismus wie der Alten Kanti. Die Abteilung, die einen freien Nachmittag will, wenn die Schüler/-innen insgesamt über 50 Lektionen belegen, ist so naiv wie die Lehrperson, die beim Erscheinen des Stundenplans ihre sechs Freitagslektionen doch lieber am Dienstag hätte.
Wahr ist: Der Stundenplan bestimmt den Arbeitsalltag vieler Menschen erheblich. Dieses Wissen erfordert Verantwortungsbewusstsein und den zähen Willen, es möglichst gut zu machen – für das Ganze. Wer da in einen Machtrausch gerät, anstatt manchmal schlecht zu schlafen, ist fehl am Platz.
Was aber auch stimmt: Verglichen mit einer Lehre und mit den allermeisten Berufen lässt unser System den Schüler/innen und Lehrpersonen neben den Festlegungen durch den Stundenplan viel Freiheit zur eigenverantwortlichen Lebensgestaltung. Das vergisst man gerne, weil klagen so gut tut.

Du behauptest sicher, es gebe keinen schlechten Stundenplan, nur eine schlechte Einstellung dazu.
Nein – obwohl… Also so: Ich fürchte, es gibt ihn, den Stundenplan, der einen nachhaltig belastet. Allerdings ist die Definition von schlecht stets auch subjektiv, abhängig von Umständen und Persönlichkeit, und so bei der Planung kaum einzukalkulieren.
Was ich aber schon glaube: dass das Leben mit dem Stundenplan auch Einstellungssache ist. Nach dem einen oder anderen Gespräch zu Stundenplänen habe ich, zugegeben, den Satz «Lerne stöhnen, ohne zu leiden» vor mich hingemurmelt.

Das ist gar nicht nett. Aber du darfst gerne noch mehr auspacken: Wer fährt die Ellbogen aus und sieht nur noch sich, wenn es um die Stundenplanwünsche geht? Wir wollen Namen hören!
Das gibt es nicht bei uns. Ausser… nein. Die Antwort ist: Das gibt es nicht.
Man sagt, du schliesst Wetten ab, aus welcher Fachschaft am meisten Klagen kommen werden – und gewinnst immer!
Ich bin Stundenplaner, kein Spieler.

Ich habe sogar gehört, Schülerinnen würden für einen besseren Abteilungsstundenplan gedrängt, ihr Freifach aufzugeben. Schüler beteuern, sie schaffen easy neun Stunden ohne Mittagspause, damit sie früh nach Hause gehen können.
Du kennst doch unsere Leitsätze. Unsere Schülerinnen und Schüler sind durch und durch professionell.

Ach was. Man sagt, du wüsstest genau, bei wem der Mann daheim bei den Kindern mithilft und bei wem das Patriarchat ungebrochen herrscht. Du sollst Lehrpersonen kennen, die unfähig sind, sich in einer Zwischenstunde sinnvoll zu beschäftigen. Es gebe Leute, die tragen, wenn es um ihr Fach geht, Scheuklappen, wie man sie sonst nur auf der Pferderennbahn im Schachen sieht. Und –
Es reicht! Kannst du dir im Ernst vorstellen, dass es das bei uns gibt?

Nun gut. Aber sag doch wenigstens, wer dich wirklich, ich meine: wirklich zur Weissglut gebracht hat.
Ich habe mir das Image, dass ich stets ausgeglichen und ruhig sei, hart erarbeitet. Das will ich hier nicht aufs Spiel setzen.

Du enttäuschst mich. Höchste Zeit aufzuhören! Any famous last words?
Ich war 22 Jahre lang Stundenplaner. Eine lange Zeit. Wem es zu lang schien, darf jetzt aufatmen: Ab 2025/2026 übernehmen eine Mathematikerin und ein Mathematiker das Amt, aber beide ganz ohne Oberstudienratsbärte und -allüren. Das kommt gut.
Zum Schluss möchte ich all denen danken, die diese ganzen Jahre mit meinen Stundenplänen gelebt haben. Sie haben mir Vertrauen geschenkt, hatten Verständnis für unschöne Pläne und den einen oder anderen Fehler – sie haben es mir leicht gemacht.

Das tönt zu schön, um wahr zu sein.
Okay: fast immer. Meistens. Wir wollten ja bei der Wahrheit bleiben.

Na also.
Danke.

Hans-Jürg Suter, Englischlehrer und Mitglied der Schulleitung, tritt nach 22 Jahren per Ende Schuljahr 2024/2025 als Stundenplaner der Alten Kanti zurück. Sein Amt übernehmen Nora Mylonas und Pascal Christinat; beide unterrichten Mathematik.

Bild: Maurice Zimmermann

Studentenfutter 

Trockenobst mit Nüssen gibt es hier nicht. Dafür eine köstliche und leichtverdauliche Mischung aus allerlei Wissenswertem rund um die Alte Kanti.

von Alessia Marta Hostettler und Luisa Dambach

Monatelang musste die Alte Kantonsschule Aarau ohne Mensa auskommen. Im Herbst dann fuhren Foodtrucks im Kanti-Park auf. Mittlerweile ist die Mensa wieder in Betrieb Andreas Lienhard von Andrew’s Finest machts möglich. Ist die Versorgungskrise also gelöst? Alessia Marta Hostettler und Luisa Dambach von der sage&schreibe-Redaktion haben den Food-Check gemacht.

Bild: Annalea Gottermayer

Das Angebot von Andrew’s Finest ist beachtlich: Ob Thai-Currys, Italienische Pizza oder Pasta oder ein knuspriges Poulet, die Foodtruck-Menüs sind eine spannende Alternative zum Street-Food-Angebot rund um den Bahnhof. Seit Mitte November wird das Essen sogar wieder in der Mensa serviert.

An einem kühlen Novembertag testeten wir zwei Gerichte in der Vegi-Variante (CHF 10.00) und in der Fleisch-Variante (CHF 11.00). Serviert wurde damals noch vor der Mensa, direkt aus den Trucks. Trotz des grossen Andrangs verliefen Bestellung und Bezahlung reibungslos und schnell. Nach kaum 10 Minuten konnten wir die von zwei Köchen frisch zubereiteten Gerichte in Empfang nehmen.

Food-Check

Zuerst versuchten wir uns am Fleischgericht «Knusprige Pouletfilets» mit Ofenkartoffeln und Cole Slaw Salat. Bis auf
den Salat, welcher einen sehr speziellen Nachgeschmack hatte, schmeckte alles wirklich ausgezeichnet: Das Poulet war super knusprig und die Ofenkartoffeln waren perfekt zubereitet. Die Würzung war auf den Punkt getroffen und die Portion definitiv ausreichend.

Auch das vegetarische Gemüse-Curry mit Reis und Raita überzeugte. Das Curry verursachte eine richtige Geschmacksexplosion im Mund. Viele unterschiedliche Gewürze kamen in diesem Curry zusammen – eine interessante, gelungene Kombination. Zusammen mit dem Reis schmeckte das Gericht sehr gut. Ein bisschen mehr Mut zur Schärfe würde man dem Küchenteam um Andreas Lienhard allerdings wünschen.

Fazit und Empfehlung

Das Betreiber-Team war sehr freundlich, hatte die Abläufe im Griff und verwöhnte uns mit köstlichem Essen. Seit unserem Food-Check hat sich alles noch besser eingespielt, die Wartezeiten sind mittlerweile deutlich kürzer. Dass das Essen nun in der Mensa serviert wird, ist zweifellos ein Gewinn – nicht nur in Anbetracht der winterlichen Temperaturen. Insgesamt lässt sich sagen: Das Verpflegungskonzept überzeugt ebenso wie die Qualität der Speisen. Es ist zu hoffen, dass uns Andrew’s Finestnoch lange erhalten bleibt.

Bild: Annalea Gottermayer

Stress und Ernährung  

Stress ist für viele ein ständiger Begleiter im Alltag – sei es wegen beruflicher Herausforderungen, privater Verpflichtungen oder Prüfungen in der Schule. Welche Rolle spielt die Lebensmittelauswahl in solchen Zeiten? Wie beeinflusst Stress unsere Ernährung? Sage&schreibe hat bei der ernährungspsychologischen Beraterin Irene Held nachgefragt.

Von Erza Gashi und Nathalie Tanner, G21K

Sage&schreibe: Was passiert in unserem Körper bei Stress?
Irene Held: Wenn wir gestresst sind, versetzt uns unser Gehirn in Alarmbereitschaft, sozusagen in einen Kampf-Flucht-Modus. Das macht es über das sympathische Nervensystem und Hormone wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol. Adrenalin ist das, was uns – ähnlich wie das Noradrenalin – gewissermassen den Kick gibt: Muskeltonus, Herzfrequenz, Blutzuckerspiegel und Blutdruck steigen, die Bronchien weiten sich. Wir sind bereit für den Kampf oder die Flucht. Stresshormone können in verschiedenen Situationen ausgeschüttet werden – zum Beispiel beim Fallschirmspringen, auf der Achterbahn oder wenn uns jemand erschreckt. Das Cortisol ist zusammen mit dem parasympathischen Nervensystem dafür zuständig, den Körper wieder zur Ruhe zu bringen, wenn die «Gefahr» vorbei ist. Dieses Zusammenspiel von Nerven- und Hormonsystem ist eine evolutionär bedingte Reaktion, um unser Überleben zu sichern.

Hat Stress einen Einfluss auf unsere Ernährung?
Bei den meisten Menschen auf die eine oder andere Weise schon. Die einen verlieren bei Stress den Appetit. Andere neigen zu Heisshunger und greifen häufig zu ungesunden, kalorienreichen Lebensmitteln wie Süssigkeiten oder fettigen Snacks. Dann gibt es auch noch jene, deren Essverhalten trotz Stress unverändert bleibt.

Wie kann Stress unser Essverhalten beeinflussen?
Stress kann das Essverhalten auf unterschiedliche Weise beeinflussen. Heute bleibt die im Stress freigesetzte Energie oft ungenutzt, etwa wenn der Stress aus Prüfungsvorbereitungen oder beruflichem Druck resultiert. Die Folge: Auf Grund der ständigen Alarmbereitschaft sind wir auf Dauer ermüdet und erschöpft. Dann greifen wir vielleicht zu Fertiggerichten oder suchen schnelle Energie in Lebensmitteln, die Zucker, Fett oder auch Koffein enthalten. Diese schmackhaften, hochkalorischen Lebensmittel docken in unserem Belohnungszentrum im Hirn an, Dopamin – das Glückshormon – wird ausgeschüttet – wir wollen mehr davon. Dieser Dopamin-Flash hält jedoch nicht lange an und wir fühlen uns nachher noch schlechter. Stressesser suchen neben Energie im Essen oft auch Belohnung, Trost oder Motivation.

Können Mangelernährung oder gewisse Lebensmittel den Stress verstärken?
Ein Mangel an wichtigen Nährstoffen wie B-Vitaminen oder Magnesium macht das Nervensystem anfälliger für Stress. Gleichzeitig können beispielsweise Kaffee oder Energydrinks Stresssymptome wie Zittern und Nervosität verstärken, da sie die Ausschüttung von Adrenalin fördern. Zucker führt zudem zu Blutzuckerschwankungen, welche Heisshunger und schlechte Laune auslösen können.

Wie können wir ein ungesundes Essverhalten vermeiden?  
Regelmässige Mahlzeiten beugen Heisshungerattacken vor, und Achtsamkeit sorgt dafür, dass wir unsere Bedürfnisse besser wahrnehmen. Fragen Sie sich daher vor dem Essen: Habe ich wirklich Hunger, oder suche ich Trost oder Belohnung? Diese Reflexion schafft Raum für bewusste Entscheidungen. Neben der Ernährung sind auch Bewegung, Schlaf und Entspannung essenziell. Sport hilft, Stresshormone abzubauen, und verbessert die Schlafqualität. Zudem unterstützen Entspannungstechniken wie Atemübungen, Meditation oder Yoga den Umgang mit Stresssituationen.

Irene Held ist als Ernährungs-Psychologische Beraterin IKP und Hypnosetherapeutin OMNI/TMI in eigener Praxis in Dübendorf tätig. Zudem ist sie Präsidentin des Berufsverbands epb-schweiz.
www.epb-schweiz.ch
www.ireneheld.ch

Bild: zVg

Stress und Beruf 

Immer mehr Fehlzeiten, eingeschränkte Leistungsfähigkeit, Burnouts -sämtliche Statistiken zeichnen ein klares Bild: Stress im Beruf ist hierzulande ein Problem. Wir haben vier Personen aus ganz unterschiedlichen Berufsfeldern zu den komplexen Zusammenhängen zwischen Beruf und Stress befragt.

Von Vivien Arnold und Erza Gashi, G21K

Wie erleben Sie den Stress in Ihrem Beruf, und welche Faktoren tragen Ihrer Meinung nach am meisten zu diesem Stress bei?

Christiane Büchli (Redaktorin SRF, CR Audio/Digital | Regionalredaktion AG/SO): Stress gehört zum Alltag einer Journalistin, weil Deadlines erfüllt werden müssen. Eine Radiosendung läuft zu einer bestimmten Zeit, ein Online-Artikel soll so rasch wie möglich publiziert werden.

Martin Vogel (Hauswartung Kreisschule Aarau-Buchs, Rohr): Immer mehr Arbeiten in immer kürzerer Zeit mit immer weniger Personal erledigen – das verursacht Stress.

Diego Meyer (CEO Innovate Services AG): Als Geschäftsinhaber hat man mit verschiedenen Stressoren zu tun: Der Geschäftsverlauf, der Erfolgsdruck. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche man nur zu einem gewissen Grad kontrollieren kann, für die man aber auch verantwortlich ist.

Nicole Hofer (Primarlehrperson Kreisschule Aarau-Buchs): Ein Faktor ist natürlich die Klassengrösse. Bei neuen Klassen ist das Unterrichten zudem deutlich anstrengender. Und je jünger die Kinder, desto mehr Hilfe benötigen Sie, auch in den kleinen Dingen.

Welche Auswirkungen hat beruflicher Stress auf Ihr Privatleben und Ihre Freizeit? Fühlen Sie, dass Stress ausserhalb der Arbeitszeiten eine Rolle spielt?

Christiane Büchli: Nein, kein Stress ausserhalb der Arbeitszeiten. Im Journalismus nimmt man selten Arbeit mit nach Hause. Ist die Deadline vorüber, ist der Stress vorbei.

Martin Vogel: Beruflicher Stress hat zum Teil gesundheitliche Folgen: Schlafstörungen, Gereiztheit, Unlust. Und: Je mehr Verantwortung man hat, desto weniger kann man abschalten.

Diego Meyer: Weil auch in Asien Menschen für das Geschäft arbeiten, geht es schon sehr früh am Morgen mit der Arbeit los. Bevor ich richtig wach bin, muss ich schon Probleme lösen. Als Geschäftsführer endet der Arbeitstag für mich erst um 20 oder 21 Uhr, und das beeinflusst das Privatleben natürlich.

Nicole Hofer: Ich kann Schule und Zuhause recht gut trennen. Ab und zu, nach einem sehr mühsamen Unterrichtsmorgen, fühle ich eine gewisse Erschöpfung, aber das geht meist schnell vorbei.

Welche Strategien oder Methoden wenden Sie an, um mit beruflichem Stress umzugehen, und halten Sie diese für effektiv?

Christiane Büchli: Übung macht den Meister. Zudem gilt auch im Journalismus Teamwork, Delegieren kann helfen. Und: Die Freizeit abseits des Berufs gibt Energie für den Berufsalltag.

Martin Vogel: Wer Stress hat, ist der Arbeit nicht gewachsen, sagt man. Ich sage: Stress kenne ich nicht; ich arbeite nur schneller. Das hilft.

Diego Meyer: Meistens kämpe ich mich einfach durch den Tag. Oder ich spiele mit Kollegen Fussball. Was allerdings am meisten hilft, ist eine positive Einstellung zum Leben.

Nicole Hofer: Ich habe keine spezielle Strategie. Aber Reden, der persönliche Austausch – das hilft immer. Manchmal rufe ich einfach meine Kollegin an und erzähle ihr, was mich in der Schule stresst. Danach kann ich weitermachen.

v.l.n.r.: Christane Büchli, Martin Vogel, Diego Meyer und Nicolle Hofer, Bilder: zVg

Stress und Leistungssport 

Stress ist im Leben von Leistungssportlerinnen und Leistungssportlern unvermeidlich. Auch in der anspruchsvollen Disziplin des Schiesssports, bei dem Sekundenbruchteile über das Ergebnis entscheiden, ist Stress omnipräsent. Gerade in entscheidenden Momenten erleben Athletinnen und Athleten in solchen Momenten eine extreme Belastung. Auch Chiara Leone, die Olympiasiegerin von 2024 in der Königsdisziplin Dreistellung Gewehr 50m, kämpft mit solchen Herausforderungen. Sie erzählt uns in einem Videocall von ihren Erfahrungen und wie sie mit Stress umgeht.

Von Nathalie Tanner und Jessica Pinto Guerreiro, G21K

Nach wenigen Klingeltönen ertönt die Stimme von Chiara Leone am anderen Ende der Leitung. Die Olympiasiegerin und ehemalige Schülerin der Alten Kanti ist gerade auf dem Weg nach Wettingen, wo sie im Rahmen des Sport Forums Aargau als Rednerin gebucht ist. Ein persönliches Treffen liess ihr voller Terminkalender nicht zu, doch den stressigen Alltag und den bevorstehenden öffentlichen Auftritt hört man ihrer Stimme nicht an – sie wirkt entspannt. Da eine solche Gelassenheit ansteckend ist, spüren wir, wie die Anspannung auch von uns abfällt. Wir hören Chiara Leone aufmerksam dabei zu, wie sie unsere Fragen beantwortet.

Stress erlebt Chiara Leone im ganz normalen Alltag durch einen Kontrollverlust über Kleinigkeiten. «Es sind ganz einfache Sachen, die normalerweise nicht viel Energie kosten», sagt ie. «Aber man merkt einfach, dass alles, was man nicht kontrollieren kann, einem Energie raubt.» In einer Wettkampfsituation oder auch beim Training kann sich Stress auch ganz anders zeigen. Im Training manifestiert sich der Stress eher in ihren Gedanken; im Wettkampf hingegen spürt sie den Stress auch körperlich. «Der Puls geht schon ein wenig nach oben, alle Muskeln sind angespannt. Damit muss man umgehen können.»

Umgang mit Stress

Das Wichtigste im Umgang mit Stress ist, zu erkennen, dass man gestresst ist. Das geschieht, indem man sich zugesteht, dass etwas nicht so ist, wie es sein sollte. Da sich Stress jedoch bei vielen Menschen unterschiedlich äussert, ist es wichtig, die eigenen Symptome zu analysieren und sich mit ihnen auseinanderzusetzen. Denn wenn man weiß, welche Anzeichen auf Stress hindeuten, kann man gezielt dagegen ankämpfen. «Wenn du einen erhöhten Puls hast, helfen dir vermutlich Atemtechniken, mit denen du den Puls senken kannst. Falls du dich nicht fokussieren kannst, helfen Selbstgespräche, bei denen du lernst, deine Gedanken in eine Richtung zu lenken, die für dich im Moment förderlich ist.» Chiara Leone hat genau für solche Situationen einen Sportpsychologen, mit dem sie sich intensiv mit ihren eigenen Stresssymptomen und den adäquaten Bekämpfungsstrategien auseinandersetzt. Ihr persönlich hilft es am meisten, einfach über den Stress oder die Nervosität zu sprechen. Dies könne einem helfen, die Last zu verteilen, sagt sie, so müsse man sie nicht alleine tragen. Oft ist es mein Coach oder jemand aus meiner Trainingsgruppe, mit denen ich das spreche, was mich stresst.»

Auch in Bezug auf den landläufig bekannten Alltagsstress, der viele Menschen begleitet, hat Chiara Leone ihre eigene Herangehensweise. In Stress-Situationen hilft es ihr, einen Plan zu machen. «Man kann sich zum Beispiel einen halben Tag Zeit nehmen, um dringend Notwendiges abzuarbeiten, denn sonst schiebt man es immer weiter hinaus und ist für zwei Wochen gestresst. Das versuche ich zu vermeiden, weil es sich auch negativ auf meine sportliche Leistung auswirkt.»

Ein wichtiger Aspekt im Umgang mit Stress ist auch, sich selbst keinen unnötigen Druck zu machen. Oft versuche man, immer noch mehr zu leisten, sagt Chiara Leone, obwohl schlicht nicht mehr möglich sei. «Man muss nicht mehr als 100 Prozent geben, auch wenn das viele behaupten – denn 100 Prozent sind genug. »

Und dann ist Chiara Leone im Sportforum Wettingen angekommen. In ein paar Minuten wird sie zusammen mit anderen Schweizer Sportgrössen zum Thema Sport und Kreativität referieren. Atemübungen, Selbstgespräche – sie wird das mit dem Stress sicher hinbekommen. Immerhin ist sie Olympiasiegerin!

Bild: zVg

Social Media Detox 

Die Anti-Stress-Therapie im Selbstversuch: Zwei Redaktorinnen von sage&schreibe haben sich eine zweiwöchige Pause von jeglichen Sozialen Medien auferlegt. Ziel des Experiments: unnötigen Stress durch Medienkonsum vermeiden und den Alltag so stressfrei wie möglich bewältigen. Inwiefern das gelungen ist, haben die beiden in Erfahrungsberichten festgehalten.

Von Vivien Arnold und Luisa Dambach, G21K

Tag 1

Luisa: Ich hatte kein Verlangen nach den sozialen Medien und konnte mich während der Pausen gut anderweitig beschäftigen. Die grösste Herausforderung war allerdings, nicht aus Versehen und reiner Gewohnheit irgendwelche Apps zu öffnen. Als ich am Morgen auf den Bus wartete, wollte ich automatisch Instagram öffnen, dann fiel mir glücklicherweise sofort ein, dass ich ja genau darauf verzichten wollte. Was mir auch einfiel: Gemäss einer Studie sind Jugendliche ja durchschnittlich drei Stunden pro Tag auf den sozialen Netzwerken aktiv und am Wochenende sogar bis zu fünf Stunden. Nun war mir alles klar: Es geschieht automatisch, man tut es einfach – und verweilt dann stundenlang in diesen Netzwerken. – Um nicht ein weiteres Mal auf mein automatisches Handeln hereinzufallen, blendete ich meine Apps einfach aus. Und freute mich bereits auf die nächsten Tage.

Vivien: Die Bewältigung des ersten Tages hatte ich mir deutlich schwieriger vorgestellt. Auch wenn es immer wieder Momente gab, in welchen ich mein Handy rein aus Gewohnheit hervornahm, hatte ich keine grosse Mühe, auf die Sozialen Medien zu verzichten. Im Gegenteil, ich war wahnsinnig produktiv, vor allem mit dem Erledigen von Schulsachen. Herausfordernd wurde es erst am Abend: Bevor ich ins Bett gehe, bin ich üblicherweise auf Instagram – heute musste ich mich anders beschäftigen. Anstatt ziellos rumzuscrollen, hörte ich mir eine Folge eines Podcasts an. Daraufhin ging ich früh zu Bett.

Tag 2

Luisa: Heute war ich tagsüber so beschäftig, dass ich sogar froh war, dieses Experiment mitzumachen und auf die sozialen Medien zu verzichten. Aber am Abend stellte ich mir die Frage, wie ich mich denn nun mit meinen Freunden austauschen sollte. Es wurde mir bereits am zweiten Tag bewusst, wie viel ich eigentlich über die sozialen Medien kommuniziere und erfahre, was andere gerade tun. Ich stellte fest, dass meine Nutzung der Sozialen Netzwerke mehr darin besteht, mit anderen zu kommunizieren, als mir irgendwelchen Content anzuschauen, der gerade im Trend ist.

Tag 3

Vivien: Heute sind mir zwei Sachen aufgefallen. Zum einen merkte ich, dass wir in der Schule aufgrund der Digitalisierung oft und lange vor dem Laptop sitzen. Ich mache mir nämlich im Unterricht Notizen auf dem Tablet, was heisst, dass ich jede Lektion vor dem Bildschirm verbringe. Zudem ist mir aufgefallen, dass ich viel mehr Energie für persönliche Kontakte habe. Ich habe schon jetzt das Gefühl, gesprächiger geworden zu sein und allgemein mehr das Verlangen zu haben, Zeit mit Familie, Freundinnen und Freunden zu verbringen.

Tag 4-5

Luisa: Meine Freundinnen und Freunde erzählten mir in den letzten Tagen häufig von Dingen, die sie auf den sozialen Plattformen gesehen hatten. Oder bildete ich mir das nur ein? Jedenfalls fragte ich mich an Tag 4 zum ersten Mal, ob ich vielleicht etwas verpasste. Zudem: Ich konnte nicht mehr bei allen Themen mitreden. Es wurde mir immer klarer, wie häufig sich unsere Generation dieser Informationskanäle bedient. Dabei könnte man sich News auch über herkömmliche Kanäle wie Tagesschau oder Tageszeitung beschaffen. Genau das tat ich nun – und war erstaunt, in wie kurzer Zeit ich mich über das Tagesgeschehen informieren konnte.

Tag 6-8

Vivien: Die letzten Tage langweilte ich mich manchmal. Nicht, weil ich nichts zu tun hatte, sondern weil ich mich nicht aufraffen konnte, etwas zu unternehmen. Ich empfand es aber erstaunlicherweise als sehr angenehm, mich wieder einmal zu langweilen. Mit den sozialen Medien wird man ja ständig unterhalten und somit füllt man Langeweile mit Bildschirmzeit. Dass ich Langeweile nach langer Zeit einfach wieder mal zulassen konnte, war eine tolle Erfahrung.

Tag 9-12

Luisa: Heute wurde mir bewusst, wie nützlich die sozialen Medien Im Grunde sein können. Ich war auf der Suche nach einem Geschenk und bemerkte, dass ich mich normalerweise auf Internet-Plattformen inspirieren lasse. Zudem standen die US-Wahlen an, in die ich über die sozialen Medien spannende Einblicke hätte erhalten können. Viele der News-Plattformen haben sich nämlich angepasst und informieren insbesondere für unsere Generation, die Gen Z, auf den sozialen Medien. Ich musste zugeben, ich freute mich sehr auf morgen, denn morgen ist meine Social-Media-Abstinenz zu Ende.

Tage danach

Vivien: Interessanterweise hatte ich am ersten Tag nach Ablauf des Experiments gar keine Lust, auf irgendeine Plattform der sozialen Medien zuzugreifen. Ich verbrachte keine Sekunde in den Sozialen Medien – als wäre das Experiment noch weitergelaufen. Am zweiten Tag wagte ich es nach zwei Wochen zum ersten Mal, ein paar Apps zu öffnen. Ich ging ganz anders an die Plattformen heran; unnötiges Scrollen unterliess ich weitgehend und nahm mir Zeit, die Inhalte bewusster zu konsumieren.

Luisa:Ein paar Tage nach Beendigung des Detox-Experiments waren meine Apps wieder an ihrem ursprünglichen Platz. Vor allem Instagram hatte ich vermisst, und dort schaute ich auch gleich nach, was meine Freunde während der vergangenen zwei Wochen alles veröffentlicht hatten. Anders war es mit TikTok. Ich hatte die App zwar erneut installiert, jedoch verspürte ich kein Verlangen, diese auch zu nutzen.

Fazit

Grundsätzlich war es für uns sehr angenehm, auf sozialen Medienkonsum zu verzichten und somit mehr Zeit für die wirklichen sozialen Interaktionen zu haben. Das Experiment fiel uns beiden entgegen unserer Erwartung eher leicht, obschon die Versuchung zwischendurch gross war, Instagram-Reels anzuschauen. Unsere Schlafqualität verbesserte sich in dieser Zeit merklich, und wir hatten allgemein mehr Zeit im Alltag zur Verfügung.

Das Experiment führte bei Luisa allerdings trotzdem zu Stress, da sie immer befürchtete, etwas zu verpassen, und die virtuelle Kommunikation mit ihren Freunden sehr vermisste. Vivien stresste vor allem die unbewusste Gewohnheit, in bestimmten Momenten intuitiv nach dem Handy zu greifen. Aber dank des Experiments hat sie es geschafft, einen lästigen Stressfaktor loszuwerden.

Bild: Hanna Siegel

Wir sind wütend

Von Carla-Julie Brandenberger und Zoé Christen, G23B

Wir sind wütend, weil wir diese Zeilen schreiben müssen.

Wir sind wütend, weil wir tagtäglich für uns einstehen müssen, einzig aufgrund unseres Geschlechtes. Wir sind wütend, weil wir immer zu sein haben, wie andere uns sehen wollen. Überkreuz deine Beine, du sitzt zu maskulin da. Schmink dich doch, man sieht ja deine Augenringe. Trag doch einen BH, deine Nippel muss nicht die ganze Welt sehen. Wir sind wütend, weil unsere Wut als hysterisch , als typisch weiblich abgetan wird. Weil unsere berechtigten Forderungen als Launen betrachtet werden. Weil unser Kampf für Gleichberechtigung als Krieg gegen Männer missverstanden wird.

«Not all men» sagen sie und meinen, das Problem sei gelöst. «Not all men» sagen sie und haben damit etwas, hinter dem sie sich verstecken können. Ja, es sind nicht all men. Trotzdem ist es immer ein Mann. Und wir sind so lange wütend, bis sich etwas daran ändert.

Wir sind wütend, weil wir uns fragen müssen, ob wir uns nachts allein auf die Strasse trauen können. Weil wir uns Gedanken darüber machen müssen, ob unsere Kleidung zu provokativ sein könnte.

Wir sind wütend, weil uns von klein auf gezeigt wird, wo unser Platz in dieser Welt ist. Wir sind wütend, weil in der Schule immer noch nach «drei starken Jungs zum Helfen» gefragt wird.

Wir sind wütend, und unsere Wut ist berechtigt. Unsere Wut ist der Treibstoff für Veränderung. Und bis diese Veränderung Realität ist, sind wir laut. Und wütend.

Weg mit den Schubladen! 

Von Jakub Kwiatkowski, G22D

Wenn wir unser Haus verlassen, frische Luft schnappen, sehen wir eine überwältigend vielfältige Welt, voller faszinierender Dinge, voller unterschiedlicher Menschen. Wir sind so verschieden – gross, klein, breit, dünn, diese Sprache sprechend, jene Sprache sprechend. Diese Vielfalt ist nichts Ungewöhnliches. So ist die Natur. Nur scheint es, dass wir das nicht begreifen können. Wie unsere Kleider sortieren wir die diversesten Menschen in Schubladen. Der Typ an der Bushaltestelle bohrt in der Nase? Kinderstube lässt grüssen. Sie hat Mühe in der Schule? Wird wenig im Leben erreichen. Er trägt Jogginghosen? Hat sich aufgegeben.

Ohne den Individualismus einer jeden Person zu erfassen, teilen wir die Menschen in Gruppen ein und kategorisieren sie. Aus einer komplexen, polyphonen und vielfarbigen Welt wird eine fade, kleine, graue. Wir sehen, hören, treffen jemanden, stecken ihn oder sie in eine Schublade und meinen, Bescheid zu wissen. Mit dieser Simplifizierung laufen wir durch die Welt, jeden Tag, blind und taub, als wäre dies der einzige Weg für uns zu existieren.

Doch wenn wir uns anschauen, was wir verlieren, kann das doch nicht sein. Vieles in unserem Leben – Individualität, Vielfältigkeit, Komplexität – bleibt uns verborgen. Wenn wir es schaffen, die Welt, wie sie ist, anzuerkennen, dann leben wir mitten in einer grossen Vielfalt – und brauchen keine Schubladen mehr.

Einzig du

Von Aurelia Frey, G22I

Eine Gesellschaft voller Einzigartigkeit. Überall die Idee, sich von der Masse abheben zu müssen, nach dem höchsten Selbst zu streben. Egal, ob im Internet oder einfach im Alltag, es scheint, als wäre es das Lebensziel aller.

Und dieses Konzept ist wunderschön. Ich meine, es erinnert daran, dass wir alle Individuen mit unterschiedlichen Träumen, Stärken und Macken sind. Doch das Gefühl, besonders sein zu müssen, kann auch erdrücken. Denn wie viele von uns zerbrechen daran, dass sie sich ständig vergleichen? Die Angst, nicht gut genug zu sein, ist genauso präsent wie der Drang nach Einzigartigkeit. Oder eben deshalb so spürbar, weil wir jeden Tag von perfekt inszeniertem Leben umgeben sind. Normal ist längst nicht mehr genug.

Dabei würde doch in dieser Normalität so viel Magie liegen. Es ist am Ende des Tages nicht die Perfektion, an die wir uns erinnern. Es sind die echten Momente, die bleiben. Ein herzliches Lächeln auf der Strasse oder wenn die Sonne am Horizont auftaucht. Und genau deswegen müssen wir die Einzigartigkeit vielleicht gar nicht im Aussen suchen. Sie ist in uns. Denn keiner sieht die Welt wie du oder hat dasselbe wunderschöne Lachen. Einzig du bist du.

Und deshalb ist Einzigartigkeit nicht der Anspruch, aussergewöhnlich zu sein, sondern der Mut, echt zu sein. So sollten wir uns selbst und anderen mehr erlauben, uns ehrlich auszuleben. Denn diese Authentizität ist das höchste Gut in einer Gesellschaft, die ständig nach Perfektion strebt.

Uma viagem pela alma de Portugal 

Von Jessica Pinto Guerreiro, G21K

Deutsch-Übersetzung

Ich setze mich ins Auto und fahre los. Durchs Fenster sehe ich die grünen Blätter der Eukalyptusbäume, wie sie in der prallen Sonne glitzern. Es gibt unendlich viele von ihnen, vor allem an den Hängen der nördlichen Berge. Die Strassen nehmen kein Ende, Kurve um Kurve enthüllen sie neue majestätische Landschaften, und die frische, feuchte Luft steigt mir in die Nase.

Entlang der Küste komme ich an bekannten Städten vorbei: Porto, Figueria da Foz, Nazaré. In Fátima, der heiligsten Stadt des Landes, und natürlich in Lissabon, der Hauptstadt, lege ich eine Pause ein. Ich geniesse die berühmten Pasteis de Nata (Puddingtörtchen), bevor ich über die Brücke 25 de Abril weiter in südlicher Richtung über die Nationalstrassen fahre.

Die Landschaft verändert sich ständig. Das kräftige Grün der Wälder hat sich gelb gefärbt, wie die Blätter im Herbst, und die Berge sind längst einer sanften Ebene gewichen. Ich bin umgeben von Weizenfeldern und Bäumen, die für die Korkproduktion abgeholzt wurden. Nun bin ich in Évora, dem Hauptort des südlichen Alentejo, wo die intensive und trockene Hitze meine Haut umarmt und der blaue Himmel über der Kathedrale unendlich zu sein scheint.

Nach der kurzen Verschnaufpause fahre ich weiter Richtung Süden. Die Algarve begrüsst mich mit einer leichten Brise und verspricht wunderbare Strände. Endlich erreiche ich mein Ziel, die wohl bekannteste Stadt der Algarve: Faro. Ich schließe die Augen und spüre den feinen Sand zwischen den Zehen und das Rauschen der Wellen. Das warme Wasser lädt mich zum Baden ein – und ich springe hinein.

Die portugieschiches Original-Version

Eu entro no carro e ponho-me a andar. Pela janela, vejo as folhas verdes dos eucoaliptos a brilharem no sol escaldante. São muitos, sobretudo nas encostas das montanhas do norte. As estradas parecem não ter fim, revelando as paisagens majestosas curva após curva, e o ar fresco e húmido enche-me o nariz.

Ao longo da costa, passo por cidades conhecidas: Porto, Figueira da Foz, Nazaré. Faço uma pausa em Fátima, a cidade mais sagrada do país, e claro, em Lisboa, a capital. Saboreiro os famosos pastéis de nata antes de atraverssar a ponte 25 de abril e continuar para sul pelas estradas nacionais.

A paisagem está em constante mudança. O verde vibrante das florestas tornou-se amarelo, como as folhas costuman no outono, e as montanhas deram lugar a uma suave planície. Estou rodeado de campos de trigo e de árvores que foram cortadas para a produção de cortiça. Agora estou em Évora, a capital do Alentejo meridional, onde o calor intenso e seco abraça a minha pele e o céu azul sobre a catedral parece não ter fim.

Depois de uma breve pausa, continuo em direção a sul. O Algarve recebe-me com uma brisa leve e promete-me praias maravilhosas. Chego finalmente ao meu destino, a cidade mais famosa do Algarve, Faro. Fecho os olhos e sinto a areia fina entre os dedos dos pés e o som das ondas. A água morna convida-me a dar um mergulho – e eu salto.

Jessica Pinto Guerreiro hat ihre Wurzeln in Portugal. Ihre Mutter kommt aus São Pedro do Sul, welches im nördlichen Mittelland Portugals liegt. Ihr Vater hingegen kommt aus Castro Verde, im südlichen Alentejo.

Bild: Jessica Pinto Guerreiro

«Ich habe einen Grundoptimismus in mir» 

Das Amt der höchsten Schweizerin ist der bisherige Höhepunkt einer beeindruckenden politischen Karriere: 2025 präsidiert die Aargauerin Maja Riniker (FDP) den Nationalrat. Wir haben sie in der Aula der Alten Kanti zum Gespräch über Stress, Familie und Politik getroffen.

Von Jakob Hechler und Sorin Lababidi, G21K

Sage&schreibe: Frau Nationalratspräsidentin, wie viele Termine stehen heute in Ihrem Kalender?
Neben diesem Interviewtermin sind es vier weitere: zwei mit meinen Mitarbeitern, wo es um das Planen einer Reise und meinen Auftritt beim WEF geht. Dann habe ich noch einen Termin mit dem Team für Recherche und Information, welches mir meine Reden schreibt. Mit ihnen muss ich heute noch absprechen, welche inhaltlichen Schwerpunkte wir in Davos setzen wollen; schliesslich müssen wir noch mein Social-Media-Konzept besprechen und planen.
Abgesehen davon habe ich mir auch einen persönlichen Termin eingetragen für etwas, das ich heute unbedingt noch erledigen muss. Zusätzlich habe ich noch zwei Calls, einen am Mittag bezüglich Sicherheitspolitik in der Kommissionsarbeit und einen mit dem CEO eines Unternehmens. Das heisst, ich werde heute Abend wahrscheinlich schon um 17.30 Uhr in den Zug steigen und nach Hause fahren. Zusätzlich habe ich heute Abend frei, was eher selten vorkommt. Umso schöner!

Sind Sie stressresistent?
Ich denke, ja. Über die Jahre in den verschiedenen Ämtern habe ich gemerkt, dass ich resistenter und belastbarer bin als manch andere Person. Ich vergleiche das gerne mit den PS beim Auto: Wenn ich schnell fahre, sind das vielleicht 140 km/h, eine andere Person, die ebenso viel Gas gibt, kommt vielleicht nur auf 80 km/h. Das ist aber nicht alles nur Grundkonstitution – man muss auch den eigenen Körper kennen und pflegen. Wie viel muss ich schlafen? Wie viel Zeit brauche ich, um mich zu erholen? Wie ernähre ich mich gesund?
Abgesehen davon ist es aber auch wichtig, sich Ruhe-Inseln zu schaffen. Oder sich zu bewegen – in meinem Fall heisst das Joggen oder Wandern, was mir beim Erholen hilft. Ich denke, man kann viel zur Stressresistenz beitragen, indem man sich gesund und damit leistungsfähig hält.

Was stresst Sie auch nach so langer Zeit noch im politischen Betrieb?
Was mich auch heute immer noch stresst, sind definitiv die Medien, weil immer alles so schnell gehen muss. Gestern Abend habe ich noch um 23 Uhr eine Nachricht von einem Journalisten erhalten, in der er mich bat, seinen Text doch bitte bis heute um 11 Uhr gegenzulesen. Ehrlicherweise aber stresst mich die hektische Medienarbeit nicht mehr so sehr wie früher. Etwas anderes allerdings, das für mich immer wieder besonders stressig und vor allem körperlich anstrengend ist, ist das Vorbereiten und dann das Durchstehen einer Session im Nationalrat. Was mich hingegen kaum noch stresst, ist das Reden vor Publikum. Mittlerweile stellt sich eine Art innere Ruhe ein, sobald ich auf die Bühne komme.

Neben der Politik gibt es ja noch Ihr Leben als Familienfrau.
Meine Kinder sind inzwischen recht selbstständig, sprich, sie können sich auch selbst mal etwas zu Mittag kochen. Abgesehen davon unterstützt uns an drei Tagen pro Woche eine Haushaltshilfe, da mein Mann und ich nicht immer alles alleine managen können.
Am wichtigsten ist es aber, sich als Familie bestimmte Zeiten freizuhalten für gemeinsame Unternehmungen oder einfach für ungeplante Familienzeit. Ich habe zum Beispiel mal eine Anfrage aus der Privatwirtschaft erhalten, vor 700 Anwesenden zu sprechen – eine super Gelegenheit, die ich gern ergriffen hätte. Doch für jene Woche hatten wir als Familie bereits gemeinsame Ferienzeit vereinbart, weshalb ich das Angebot ablehnte. Wenn sich alle Beteiligten dieselben Zeitfenster schaffen und dann auch offenhalten, ist selbst in einem sehr unregelmäßigen Alltag wie meinem ein gemeinsames Miteinander möglich.

Wie lässt sich Stress managen?
Freunde darf man nie vernachlässigen. Ich selbst habe zum Beispiel einige langjährige, sehr enge Freunde, mit denen ich auch in arbeitsintensiven Zeiten in Kontakt bleibe. Da geht es dann null um Politik – für sie bin ich einfach Maja. Mit ihnen gehe ich zum Beispiel regelmässig jassen, treffe mich zum Sport oder auf der Piste zum Skifahren. Diese alten Beziehungen sind die wahren Freundschaften. Sobald man nämlich in der Öffentlichkeit steht und bekannter wird, wollen viele enger mit einem sein, aber ich mache mir da gar nichts vor: Kaum ist man aus dem Amt, sind die meisten wieder weg.

Woraus schöpfen Sie Kraft für die vielfältigen Aufgaben, die Sie zu bewältigen haben?
Früher hätte ich noch gesagt: einfach aus dem Sonnenlicht. Ich meine, so ein trister November in Aarau ist alles andere als gut für die Psyche. In diesen Zeiten gehe ich am Wochenende dann oft einfach mal raus, vielleicht sogar in die Berge, um das Sonnenlicht so richtig zu spüren und Energie zu tanken. Heute versuche ich aber auch, immer wieder Ankermomente zu setzen. Das sind Orte, die mir Kraft geben, wenn alles zu viel wird; oder ich begebe mich gedanklich noch einmal in unseren letzten Familienurlaub und lasse für ein paar Augenblicke besonders schöne Momente Revue passieren. Das hilft.

Sie haben Ihre Nationalratspräsidentschaft unter das Motto «Zusammenhalt durch Vielfalt» gestellt. – Fehlt es in der Schweiz an Zusammenhalt?
Ich glaube, dass Corona die Gesellschaft verändert hat. Dies betrifft besonders die Anspruchshaltung der Bevölkerung gegenüber dem Staat. Der Staat hat vielen Unternehmen unter die Arme gegriffen; sogar eine Grossbank wurde mit staatlichen Geldern vor dem Bankrott gerettet, um schlimmste Auswirkungen auf unsere Wirtschaft zu verhindern. Aus solchen Unterstützungen haben viele Menschen abgeleitet, ihnen stehe auch Geld vom Staat zu. Zum Beispiel in Form einer 13. AHV-Rente – obwohl bis heute unklar ist, wie diese finanziert werden soll. – Insgesamt zeigt sich zudem eine zunehmende Spaltung und Polarisierung der Gesellschaft, und zwar in Bezug auf viele Themen. Das ist keine gute Entwicklung.

Wie lässt sich denn dieser Zusammenhalt konkret verbessern?
Wir müssen auf der Bildungsstufe anfangen, mit mehr Schüleraustausch-Möglichkeiten innerhalb des Landes. Die Schweiz ist sprachlich sehr divers; eigentlich ein grosser Vorteil gegenüber anderen Ländern. Doch wir machen zu wenig draus. Jugendliche kommen nur selten mit Jugendlichen aus anderen Sprachregionen in Kontakt. Dabei wäre es für alle ein Gewinn, eine weitere Landessprache oder zwei zu lernen. Ausserdem muss die politische Bildung gestärkt werden, denn es gibt aktuell nur gerade drei Kantone, in denen diese im Lehrplan explizit verankert ist. Viele junge Menschen wissen tatsächlich nicht, wie unsere Demokratie aufgebaut ist, wie Referenden, Volksinitiativen, Wahlen oder Abstimmungen genau funktionieren. Doch um die Demokratie zu erhalten und zu fördern, sind wir auf dieses Verständnis angewiesen. Zusammen mit SP-Nationalrat Eric Nussbaumer und anderen Kolleginnen und Kollegen aus Bern bin ich deshalb dabei, ein Informations-Zentrum auf die Beine zu stellen.

In Aarau gibt es bereits ein Demokratie-Zentrum. Worin liegt der Unterschied?
In der Tat gibt es in Aarau das Zentrum für Demokratie. Unsere Idee ist es, unweit des Bundeshauses in Bern ein Besucherzentrum zu schaffen, das von Schulklassen und auch von Touristinnen und Touristen interaktiv erkundet werden kann. Wir wollen, dass Demokratie für alle zugänglicher wird. Demokratie soll erlebbar gemacht werden. Es wird dort zum Beispiel möglich sein, die eigene politische Haltung konkret mit anderen zu vergleichen. So zeigen sich Unterschiede und Gemeinsamkeit in allen möglichen Bevölkerungsschichten.

Wie werden wir als Gesellschaft fit für die Zukunft?
Ich glaube, wir müssen offen und auch anpassungsfähig bleiben. Wir werden auch in Zukunft mit grossen Herausforderungen wie Kriegen oder Energiekrisen konfrontiert sein; denn die gab es schon immer. Die Gesellschaft wird sich den Gegebenheiten bis zu einem gewissen Grad auch anpassen müssen, und wenn ich mir heute die jungen Leute ansehe, dann bin ich sehr zuversichtlich, dass uns das gut gelingen wird. Denn da gibt es viele junge Menschen, die innovative Lösungen für die Probleme unserer Zeit finden. Die Forschung in verschiedenen Bereichen schreitet weiter voran und wird uns auch in Zukunft unterstützen. – Ich habe einen Grundoptimismus in mir, der mich zuversichtlich stimmt. Trotz zweifellos grosser Herausforderungen.

Maja Riniker, 1978, vertritt den Kanton Aargau seit 2019 im Nationalrat, wo sie u.a. Mitglied der Sicherheitspolitischen Kommission (SiK) ist. Am 2. Dezember 2024 wurde die FDP-Politikerin zur Nationalratspräsidentin und damit für ein Jahr zur höchsten Schweizerin gewählt. Maja Riniker lebt mit ihrem Ehemann und den drei Kindern in Suhr.

Bild: Hanna Siegel

Stress auf den Teller

Stress auf dem Teller

Von Erza Gashi, G21K

Wer kennt es nicht: Der Tag war chaotisch, die Schule oder die Arbeit anstrengend, die To-do-Liste gleicht einem Roman. Und was tun wir? Wir suchen Trost. Nicht bei Freunden, nicht in einem inspirierenden Podcast, sondern in der Küche, genauer gesagt dort, wo die Snacks gelagert werden.

Klar, theoretisch wissen wir alle, wie man sich gesund ernährt: ein ausgewogener Mix aus Gemüse, Vollkorn und Proteinen, geregelt durch die berühmt berüchtigte Ernährungspyramide. Aber wer denkt schon an Brokkoli, wenn der Stresspegel steigt und das innere Chaos schreit: «Schokolade!»

Es gibt wissenschaftliche Gründe für unser Verhalten. Unter Stress schüttet unser Körper Hormone wie Adrenalin und Cortisol aus. Diese treiben uns in den Kampf-oder-Flucht-Modus, doch da wir eher auf Zoom-Meetings starren, als vor Säbelzahntigern wegzurennen, bleibt die bereitgestellte Energie ungenutzt, und wir werden müde. Ergebnis? Wir greifen intuitiv zu Zucker und Koffein, um uns einen schnellen Kick zu verschaffen.

Natürlich wäre die Lösung eine Ernährung, die das Nervensystem stärkt: B-Vitamine, Omega-3-Fettsäuren, gesunde Kohlenhydrate. Regelmässige Mahlzeiten, die Blutzuckerschwankungen verhindern, und ein bisschen mehr Achtsamkeit beim Essen. Klingt gut, oder? Eine Anleitung für das perfekte Leben, die wir alle ständig ignorieren.

Aber ehrlich: Manchmal hilft wirklich nur ein Schokoriegel. Den hol ich mir jetzt -stressfrei, versteht sich.

Die vielen Gesichter von Stress 

Stress ist ein Alltagsphänomen, das meist als etwas Negatives empfunden wird. Allerdings ist Stress ein normaler und unvermeidbarer Teil unseres Lebens – und erstaunlicherweise durchaus notwendig für unser Wohlbefinden. Dies behauptet PD Dr. med. Joram Ronel, Leiter des Departements für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Klinik Barmelweid. Wir haben ihn zum Gespräch getroffen.

Von Jessica Berger, Erza Gashi und Jessica Pinto Guerreiro, G21K

Sage&schreibe: Aus welchen Gründen sind Patient/-innen bei Ihnen in der Klinik?
PD Dr. med. Joram Ronel: Wir nehmen Menschen mit einer Vielzahl psychosomatischer und psychischer Störungen auf. Manche von Ihnen fallen durch die Maschen des Versorgungssystems und finden keinen Therapieplatz. Zum Beispiel gibt es Menschen, die unter körperlichen Beschwerden leiden, für die sich keine eindeutige Ursache finden lässt, da diese Beschwerden nicht somatisch (also körperlich) diagnostizierbar sind. Diese Personen gehen von der einen ärztlichen Konsultation zur nächsten, was nicht nur belastend für sie ist, sondern auch das Gesundheitssystem erheblich beansprucht. Unsere Aufgabe hier ist es, für diese Menschen eine passende Behandlung zu finden.

Was ist Stress eigentlich?
Umgangssprachlich meint Stress oft, dass einen etwas belastet – man fühlt sich innerlich angespannt und hat meist ein negatives Empfinden. Niemand hat noch nie Stress erlebt. Und das hat auch Vorteile: Babys, die in reizarmen Umgebungen aufwachsen, sind nicht widerstandsfähiger oder gesünder, sondern können in ihrem späteren Leben auch problematische Störungen entwickeln. Umgangssprachlicher Stress ist also ein natürlicher Bestandteil unseres Lebens.

Stress hilft uns also zu überleben?
Durchaus. Die biologische Erklärung für Stress ist, dass im vegetativen Nervensystem der Sympathikus aktiviert wird, damit der Mensch in Gefahrensituationen handlungsfähig ist. Stress ist entwicklungsbiologisch gesehen tatsächlich eine Reaktion, die wir fürs Überleben brauchen.

Dann gibt es aber noch den chronischen Stress. Dabei kann es sich beispielsweise um eine chronische Depression oder eine chronische Angstproblematik handeln. Depressionen können wir häufig am Verhalten erkennen. Die betroffene Person steht nicht auf, hat keine Energie und kümmert sich nicht um die eigene Gesundheit. Interessant ist dabei, was auf der biologischen Ebene passiert. Menschen, die an chronischen Depressionen leiden, haben beispielsweise eine veränderte Blutgerinnung. Das heisst, die Funktion der Blutplättchen wird schlechter, was zu Verklumpungen innerhalb der Gefässe führen kann. Dies kann insbesondere für Herzinfarktpatient/-innen lebensbedrohlich sein. Von chronischem Stress kann zudem auch das ganze Immunsystem betroffen sein, wodurch die Abwehrfunktionen des Körpers geschwächt sind. Akuter Stress und chronischer Stress unterscheiden sich also grundlegend.

Stress wird oft als etwas Negatives wahrgenommen, warum eigentlich?
Weil wir vielleicht davon ausgehen, dass unser Leben einfach so dahinplätschert, also möglichst gleichförmig verlaufen sollte. Unvorhergesehenes gefährdet dieses Konzept. Wichtig ist, über das, was uns belastet oder eben stresst, zu reden. Ein solcher Austausch ist ein urmenschliches Anliegen. Dabei stehen zentrale Fragen im Raum: Wie definieren wir unser Leben? Erhoffen wir uns ein reizfreies Leben, oder soll es bunt sein, mit Höhen und Tiefen? Was, wenn wir uns verlieben? Das kann ja durchaus grossen Stress verursachen. Soll man der Liebe deshalb aus dem Weg gehen? Oder akzeptiert man das Risiko, zurückgewiesen und verletzt zu werden? Ich meine, wir sollten nicht versuchen, ein möglichst reizfreies Leben ohne akuten Stress zu führen. Denn der gehört zum Leben dazu, und die Natur stellt uns ja auch Werkzeuge zur Verfügung, damit umzugehen. Zu uns Menschen gehört nun mal die ganze Palette von Erfahrungen und Emotionen. Der Umgang mit akutem Stress macht uns resilient und verringert die Gefahr, in den Teufelskreis von chronischem Gestresst sein zu geraten.

Bild: zVg

Dichtestress am Hotspot 

Das Phänomen ist nicht neu, immer häufiger aber sind auch Orte in der Schweiz davon betroffen: Social-Media-Influencer posten Bilder von wunderbaren Naturlandschaften – worauf diese von Tourist/-innen-Strömen buchstäblich überflutet werden. Nicht selten bringen solche Hypes und der damit verbundene «Overtourism» für die Gemeinden mehr Probleme als Vorteile mit sich. Wir haben nachgefragt bei Gabriela Blatter, Gemeindeschreiberin von Iseltwald.

Von Luisa Dambach und Alessia Hostettler, G21K

Am Anfang war Netflix. In der koreanischen Netflix-Serie «Crash landing on you» spielt ein Offizier auf einem Holzsteg am Brienzersee für seine Liebste Piano. Innert Kürze hat sich nach Lancierung der Serie der Hype um diesen zugleich zauberhaften und unscheinbaren Ort in Iseltwald verselbständigt. Der Piano-Steg ist zu einem Selfie-Hotspot geworden. Für die kleine Berner Gemeinde eine Herausforderung.

Sage&schreibe: –Mit welchen Problemen sind Sie genau konfrontiert? Wie wirkt sich der zunehmende Tourismus ganz konkret auf das Alltagsleben der Gemeinde aus?
Gabriela Blatter: Die Auswirkungen sind beträchtlich. Die öffentlichen Busse sind überfüllt, private Einfahrten werden zugeparkt. Häufig wird auch die Privatsphäre von Anwohnerinnen und Anwohnern verletzt – etwa, wenn sich rücksichtslose Touristen in privaten Gärten aufhalten. Und dann kommen natürlich sehr viele Reisebusse mit Gruppenreisen nach Iseltwald.
Wegen des hohen Touristenaufkommens verkehrt nun fast jede halbe Stunde ein Bus Richtung Interlaken. Zudem hat der Dorfladen jetzt bessere Öffnungszeiten.

Bedroht der Tourismus auch die Natur?
Ja, denn mehr Verkehr – auch im Dorf – bedeutet einen höheren Schadstoffausstoss. Das ist für die Natur und damit fürs Klima natürlich ungünstig.

Sie haben die Notbremse gezogen und am Steg ein Drehkreuz montiert. Wer den Steg betreten will, entrichtet nun eine Gebühr. – Was versprechen Sie sich davon?
Die fünf Franken Eintritt, die wir am Steg verlangen, bedeuten eine gewisse Wertschöpfung. Viele Touristen besuchen ja nur kurz das Dorf, machen ein Foto auf dem Steg, lassen ihren Kehricht zurück, benutzen die Toilette und gehen dann wieder. Das heisst: Weder die Gastronomie noch die Hotellerie oder Läden profitieren von den vielen Hotspottouristinnen und -touristen.

Welche anderen Lösungsansätze wurden in der Gemeinde diskutiert?
Es wurde erwogen, den Steg abzubauen. Auch ein Fahrverbot für Reisebusse wurde diskutiert.

Wem kommen die zusätzlichen Einnahmen zugute?
Die Eintrittsgelder kommen vollumfänglich der Gemeinde Iseltwald zugute. So können wir verhindern, dass die Steuerzahlenden für die zusätzlichen Aufwendungen für Kehrichtbeseitigung und Reinigung der Toiletten aufkommen müssen.

Gibt es bestimmte Gruppen von Tourist(inn)en, die Sie ganz besonders anprechen wollen? – Und wer soll lieber nicht (mehr) nach Iseltwald fahren?
Wir hatten schon vor dem «Hype» um den Steg Touristen, und wir leben sicherlich auch davon. Viele von den «normalen» Gästen besuchen auch den Dorfladen, die Restaurants und bleiben einige Tage hier oder in der Region. Das passt. – Von den Selfie-Touristen hingegen hat das Dorf ausser Gratiswerbung nicht viel. Sie besuchen wie erwähnt nur den Steg – sie sehen sich nicht mal unsere schöne Halbinsel oder das Schnäggeinseli an.

Auch Iseltwald ist ja auf den Tourismus angewiesen. Aber er soll nachhaltig sein. Wie ist das zu realisieren?
Das ist natürlich sehr schwierig, und eine Gemeinde allein kann das nicht schaffen. Die ganze Region muss sich dieses Themas annehmen.

Bild: zVg

Bild: zVg

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«Die Hilfe, die ich brauche» 

Das Chagall-Förderprogramm ist diesen Sommer im Raum Aarau ins zweite Jahr gestartet. Es unterstützt Jugendliche mit Migrationshintergrund oder aus finanziell bescheidenen Verhältnissen bei einem Übertritt in eine anspruchsvolle weiterführende Schul- oder Berufslaufbahn nach Abschluss der obligatorischen Schulzeit.

Von Marianne Deppeler, Prorektorin und Co-Projektleiterin Chagall

Es ist Mittwochnachmittag, kurz nach 16.30 Uhr. Neun Jugendliche sitzen in einem Unterrichtszimmer der Neuen Kanti und lauschen aufmerksam den Ausführungen von Janine Richner, Lehrerin an der Neuen Kanti Aarau und Chagall-Coach. Sie übernimmt an diesem Tag den gemeinsamen Input-Block zur Auftrittskompetenz, bevor die Chagallerinnen und Chagaller an die praktische Umsetzung gehen. Sie werden dabei von zwei weiteren Coaches unterstützt, Bärbel Hess Bodenmüller, Lehrerin an der Alten Kanti, sowie Martin Meyer, Lehrer und Schulleiter an der Bezirksschule Suhr. Es herrscht eine gute Stimmung. Die Coaches haben viel Erfahrung und wissen, wie sie die Jugendlichen in einer ruhigen und motivierenden Lernatmosphäre ohne Ablenkung abholen können.

Die Jugendlichen schätzen das Zusatzangebot und die abwechslungsreiche Arbeit mit den drei Coaches, auch wenn sie mit ihrem Engagement am Mittwochnachmittag einen Teil ihrer Freizeit opfern müssen. «Ich lerne während Chagall konzentriert und habe die Hilfe, die ich brauche», sagt eine Schülerin. Der Junge neben ihr ergänzt, dass Chagall ihm helfe dranzubleiben, um seine Ziele nicht aus den Augen zu verlieren. In so einem Setting stellen sich rasch spürbare Erfolge und Fortschritte ein: «Mein Auftreten und meine Präsentationstechnik haben sich verbessert», sagt eine Schülerin. Ein Schüler hat gelernt, sich zu öffnen, und bemerkt eine Steigerung seines Selbstbewusstseins. Ein weiterer Schüler stellt fest, dass er viel fokussierter arbeiten kann. Die Jugendlichen unterstützen sich auch gegenseitig: «Wir sind alle in der gleichen Situation, niemand lacht über einen.» In der gleichen Situation: Das heisst bei vielen, dass sie daheim keinen ruhigen Arbeitsplatz haben, an dem sie ihre schulischen Aufgaben erledigen können oder dass die Eltern oder älteren Geschwister ihnen bei unterrichtsbezogenen Fragen nicht helfen können. Und vereinzelt kann es auch heissen, dass eine Schullaufbahn an einer Mittelschule oder die Perspektive einer anspruchsvollen Lehre nicht im Fokus der Familien stehen.

Potenziale nutzen

Das Potenzial dieser Jugendlichen zu nutzen, sie zu fördern und sie an eine höhere Schule oder Lehre hinzuführen, haben sich die verschiedenen Chagall-Programme in der Schweiz auf die Fahne geschrieben. (Über die Zielsetzungen und die Lancierung des Projekts wurde in sage&schreibe 37/2023 berichtet.) Die Projektträger werden dabei unterstützt vom Verein Allianz Chance+, der auch Vernetzungs- oder Weiterbildungsangebote für die Projektleitenden oder Coaches organisiert.

Für die drei Chagall-Coaches in Aarau ist es eine gewinnbringende Erfahrung, mit den Jugendlichen zu arbeiten. Dass die jungen Menschen so zielstrebig und konzentriert an ihren Zielen arbeiten, imponiert ihnen. Im engen Kontakt mit den Schülerinnen und Schülern erfahren die Coaches viel darüber, «was die Einzelnen bewegt – sei es familiär, politisch oder schulisch», meint Martin Meyer. Für einige der Jugendlichen waren die letzten Jahre nicht einfach. Sie mussten sich gemeinsam mit Familienangehörigen gesellschaftlich und schulisch neu orientieren, mussten eine neue Sprache lernen und Erlebtes verdauen. «Mir gefällt, dass ich mit motivierten Schülerinnen und Schülern arbeiten darf, die aus ihrer teils schwierigen Situation das Beste machen wollen», fasst Bärbel Hess Bodenmüller ihre Motivation für Chagall zusammen.

Gewinn für den Raum Aarau

Mir geht es wie meinem Co-Projektleiter Thomas Müller von der Neuen Kanti Aarau: Wir sind beide überzeugt, dass das Chagall-Förderprogramm ein grosser Gewinn für den Raum Aarau ist. Das Echo der beteiligten Sekundar- und Bezirksschulen rund um Aarau-Lenzburg ist positiv. Das Angebot wird als wesentliche Bereicherung und Ergänzung der direkt an den Schulen etablierten Förderangebote wahrgenommen.

Stressfrei Arbeiten schreiben

Beim Schreiben der ersten wissenschaftlichen Arbeit, ob in Schule oder Beruf, kommt man leicht ins Schwitzen. Gut also, dass es nützliche Tipps und Tricks gibt, um nicht nur eine erfolgreiche Arbeit zu schreiben – sondern auch stressfrei.

Von Nina Federer, Praktikantin Medienzentrum

Der schiere Umfang einer Arbeit kann schon mal als unüberwindbarer Berg daherkommen. Ein getreuer Wegführer ist hierbei das «Handbuch Projekte» der Alten Kanti. Von der Ideensuche bis hin zu letzten Feinschliffen bietet es wichtige Hilfestellungen. Gegen Stress helfen die folgenden Punkte ganz besonders:

Arbeitstechnik: Wer beim Wort Arbeitstechnik an Arbeit denkt, irrt sich. Denn tatsächlich soll sie dazu beitragen, die anstehende Arbeit erfolgreich zu bewältigen. Beispielsweise konkrete, realisierbare und handlungsorientierte Ziele zu definieren und einzuhalten. Zur Arbeitstechnik gehört auch das Arbeitsjournal. Das Arbeitsjournal? Weshalb Zeit damit verschwenden, über die Arbeit zu schreiben, anstatt direkt an ihr zu arbeiten? Ganz einfach: weil das Arbeitsjournal dabei hilft, einen roten Faden durch die Arbeit zu spinnen und den Schreibprozess optimal zu bewältigen. Zudem werden im Arbeitsjournal alle wichtigen Daten, Ziele und Arbeitsschritte gebündelt und in übersichtlicher Form dargestellt. Die Arbeit erscheint so deutlich machbarer – was wiederum eine Menge Stress spart.

Projektplanung: Spätestens bei der Disposition entstehen viele Unsicherheiten. Aber auch hier ist das «Handbuch Projekte» ein verlässlicher Partner. Dank kluger Vorarbeit kann auch die gefürchtete Disposition leicht gemeistert werden. Dann nämlich, wenn Ziele spezifisch, messbar, ausführbar, realistisch und terminiert gesetzt werden, wenn ein passendes Thema gefunden und eingegrenzt und eine konkrete Fragestellung formulieren wird.

Informationen: Die Information, die man braucht, kennt man vorher leider noch nicht. Das kann beim Recherchieren Stress auslösen, doch auch hierfür stehen einige Tricks bereit. Ob man nun im Netz, im persönlichen Umfeld oder in Bibliotheken recherchiert – nicht alle Informationen sind hilfreich, geschweige denn richtig. Sorgen machen muss man sich deswegen aber nicht, denn das CRAP-Prinzip zeigt, worauf zu achten ist: Ist die Information aktuell (Currency) und verlässlich (Reliability)? Stammt sie von einem Experten oder einer Expertin (Authority)? Welchem Zweck dient sie (Purpose)? Um auch hier den Überblick zu behalten, kann die Informationen digital geordnet, ein Rechercheprotokoll angelegt oder alles ganz einfach mit Literaturverwaltungsprogrammen wie Zotero organisiert werden.

Schriftliche Arbeit: Nun ist also das Thema festgelegt, und haufenweise Informationen sind gesammelt – der „unüberwindbare Berg“ ist schon fast erklommen. Eigentlich. Denn für viele ist die Schreibarbeit der grösste Stressfaktor. Gut, dass das Handbuch an die Schreibscheuen gedacht hat und nicht nur die häufigsten Dos and Don’ts auflistet, sondern auch alles Nötige zum Aufbau und zur Gestaltung der Arbeit.

Und die Bibliothek?

Beim Verfassen einer schriftlichen Arbeit kann die Bibliothek eine wichtige Anlaufstelle sein. Auf der Webseite des Medienzentrums findet sich nicht nur das bereits mehrfach erwähnte «Handbuch Projekte», sondern auch etliche Hilfen zur Informationssuche und -Bewertung. Wer das Lesen satt hat, ist mit einfachen Erklärvideos bestens bedient. Falls trotz allem doch ein wenig Stress aufkommt: Viele Angebote können jederzeit auch von zuhause aus genutzt werden. So gibt es auf Statista eine Vielzahl spannender Statistiken und im Bibliothekskatalog, ganz altmodisch, alle Bücher des Medienzentrums.

Bild: Maurice Zimmermann

Ab ins Gehirn 

Sämtliche Studien, die sich in jüngster Zeit mit dem Phänomen Stress beschäftigt haben, kommen zum Schluss, dass immer mehr Menschen darunter leiden und Stress in seinen vielfältigen Ausprägungen ein wachsendes gesellschaftliches Problem darstellt. Was aber geschieht eigentlich mit uns, wenn wir gestresst sind? Wir haben nachgefragt bei Prof. Dr. med. Krassen Nedeltchev, Chefarzt für Neurologie am Kantonsspital Aarau.

Von Alexandra Ellena und Mila Schwyter, G21K

Sage&schreibe: Was passiert im Körper, wenn wir gestresst sind?

Prof. Dr. med. Krassen Nedeltchev: Bei Stress wird das Stresshormon Kortisol ins Blut ausgeschüttet. Der Blutzucker, der Blutdruck und die Herzschlagrate erhöhen sich. Auch wird das Blut in unserem Körper sozusagen umverteilt: Mehr Blut wird an jene Systeme geliefert, die wichtig sind, um einer Gefahr zu entfliehen, beispielsweise an die Beinmuskulatur. Dann gibt es eine Entscheidung zwischen fight, flight und sich totstellen. Diese Reaktion verläuft bei allen Menschen gleich.

Was passiert bei Stress im Gehirn?

Der Stress ist an sich eine gesunde physiologische Reaktion mit dem Ziel, Ressourcen so bereitzustellen, dass wir auf eine potentielle Gefahr, etwa einen Angriff, reagieren können. Es ist wichtig zu verstehen, dass eigentlich alles, was uns stresst, von uns als Gefahr wahrgenommen wird. Die eigentliche Stressreaktion findet in einem alten Teil des Gehirns statt, dem sogenannten Reptiliengehirn. Wenn dort eine Gefahr erkannt wird, kommt es zu einer Hormonausschüttung.

Die erste Reaktion ist bei jedem Menschen gleich. Wir müssen entscheiden, ob für uns eine Gefahr besteht oder nicht. Im sozialen Kontext kann diese Reaktion zum Beispiel durch Aggressionen oder sogar Mikroaggressionen ausgelöst werden, die oft als Scherze oder Spässchen verpackt werden, uns aber trotzdem Stress bereiten.

Wie schon erwähnt, werden dabei Stresshormone ausgeschüttet. Nach ungefähr 90 Sekunden werden diese Hormone wieder ausgeschwemmt, bis sie nicht mehr in der Zirkulation sind. Unser kognitives Gehirn entscheidet dann, ob die Stressreaktion weitergehen soll. Unter Umständen bewirkt eine Weiterführung der Stressreaktion einen dauerhaften und damit ungesunden Stresszustand.

Wie wirkt sich Stress über längere Zeit auf den Körper aus?

Wenn wir drei Tage lang zu viele Kalorien verbrauchen, zu wenig schlafen, zu hohen Blutdruck oder erhöhten Herzschlag haben, bedeutet das Stress für den Körper. Doch das hat keine negativen Folgen. Aber wenn wir über Monate in einer Stresssituation sind, dann werden Systeme, die normalerweise unbewusst laufen, vernachlässigt. Eines dieser vernachlässigten Systeme ist unser Immunsystem. Durch falsche Ernährung oder Schlafmangel kann es auch in anderen Bereichen zu einem Defizit kommen. Besonders schädlich sind solche anhaltenden Defizite in der Wachstumsphase von Kindern und Jugendlichen, weil sie zu Wachstumsstörungen führen können.

Dann gibt es noch das Phänomen des Traumas. Ein Trauma kann ausgelöst werden durch ein nicht zu bewältigendes Übermass an Stress in einer existenziellen Situation. Dann perpetuiert das Gehirn die Stressreaktion über einen langen Zeitraum, was dazu führt, dass man immer nervös ist. Unsere Ressourcen werden dann fortwährend dazu verwendet, für alle Eventualitäten bereit zu sein, ständig zwischen fight, flight und sich totstellen zu entscheiden. So haben wir aber keine Ressourcen mehr, uns zu erholen, unsere DNA zu reparieren und unser Immunsystem zu stärken.

Stimmt es, dass Eltern, die längere Phasen von Stress durchlebten, die Erinnerung daran an ihre Kinder vererben?

Ja, dies ist ein komplexes Phänomen, das wir durch das Forschungsgebiet der Epigenetik erklären können. Wir alle benutzen unsere DNA in unserem Leben. Alles, was wir tun, hinterlässt nachweisbare Spuren. Das heisst, man kann anhaltende oder wiederkehrende hohe Stressbelastung in der DNA eines Menschen tatsächlich nachweisen. Wenn wir unsere DNA dann an unsere Nachkommen weitergeben, vererben wir eben auch die Information der hohen Stressbelastung.

Um das zu veranschaulichen: Wenn eine Nation beispielsweise Hungerjahre durchmacht, beobachtet man in der folgenden Generation Prädispositionen für gewisse Krankheiten. Der Grund dafür liegt nicht etwa in einer schnellen Evolution der DNA-Sequenzen, sondern in der Weitergabe von Erbinformationen, die gewissermassen die Erinnerung an den Hunger tragen.

Sind gewisse Menschen anfälliger für Stress als andere?

Gewisse Menschen sind anfälliger, ja. Der Grund dafür liegt aber nicht in der Biologie, sondern in der persönlichen Entwicklung. Gefahren und Stressoren sind immer Teil eines Kontextes. Ein wesentlicher Teil dieses Kontextes ist die Stress empfindende Person. Nicht alle können gleich gut mit Stress umgehen, denn jeder Mensch hat je nach Stressor eine andere Resilienz. Eine bestimmte Situation mag für den einen stressig sein, für eine andere hingegen nicht. Was einen stresst oder eben nicht, hat wesentlich mit persönlichen Erfahrungen zu tun. Insofern ist eine Stressreaktion auch individuell.

Interessanterweise erfahren Tiere Stress anders als wir. Beispielsweise sind alleZebras einer Herde gestresst, während sie gejagt werden; sobald der Löwe aber ein Zebra gerissen hat, können die anderen Zebras sich wieder entspannen und weiteräsen. Bei Menschen hingegen bleibt der Stressor im Kopf und setzt sich dort fort.

Ist Stress ein Verursacher neurologischer Probleme? Und was für Probleme könnten das sein?

Im gestressten Zustand ist unsere Wahrnehmung eingeengt, speziell wegen der Cortisol-Ausschüttung. Dies bedeutet, dass unsere Interaktion mit der Umwelt eingeschränkt ist, und vor allem, dass wir nichts Neues lernen können.

Was ist der biologische Nutzen von Stress und was sind seine positiven Aspekte?

Die Stressreaktion hat aus biologischer Sicht über viele Jahrtausende unser Überleben gesichert. Wir Menschen haben ja eigentlich eine sehr schlechte Ausgangslage für das Überleben auf dieser Welt: kein Fell, keine besonderen Zähne, keine besondere Muskelkraft oder Grösse. Dennoch sind wir auf diesem Planeten die grösste Gruppe von Säugetieren. Das liegt, zumindest zum Teil, an unserer angeborenen Stressreaktion, die uns einen evolutiven Vorteil verschafft. Unserem rationalen Gehirn kommt dabei eine wichtige Rolle zu. Es entscheidet aufgrund von unseren Erfahrungen, ob eine Situation für uns gefährlich ist. Müsste ich beispielsweise eine halbe Stunde lang den Flugverkehr über Zürich koordinieren, wäre diese Situation für mich total stressig. Menschen, die diesen Beruf jeden Tag ausüben, sind davon aber natürlich nicht gestresst.

Stress hat auch soziale Vorteile. Die Fähigkeit des Menschen, sowohl physische als auch soziale Gefahren zu erkennen und Probleme zu antizipieren, ist ein Riesenvorteil. Tatsächlich allerdings ist das, was wir heutzutage als bedrohlich empfinden, selten physischer Natur. Viel zahlreicher sind soziale Situationen, die wir als gefährlich einstufen.

Sind Patient/-innen mit stressbedingten Problemen in den letzten Jahren häufiger geworden?

Ich glaube nicht. Für die häufigsten Erkrankungen in der industrialisierten Welt gibt es eine sehr zuverlässige Prävention: Impfungen, Blutdruckmittel, Schlafmittel, Diabetesbehandlung und Immunsystemstärkung. Über die letzten Jahrzehnte wurde diese Prävention zudem immer besser. Meiner Meinung nach ist das der Grund, weshalb stressinduzierte Krankheiten nicht zunehmen. Was aber natürlich nicht heisst, dass die Menschen weniger Stress hätten.

Was ist aus der Perspektive eines Neurologen das wirksamste Mittel gegen Stress?

Schlaf. Sport. Soziales Netzwerk. Mit Hilfe dieser Faktoren können wir Verhaltensstrategien entwickeln, die uns beim Stressabbau helfen.

Prof. Dr. med. Krassen Nedeltchev ist Chefarzt Neurologie und Leiter des Stroke Centers am Kantonsspital Aarau KSA. Zudem ist er Präsident der Medizinischen Kaderkonferenz, welche die Geschäftsleitung des KSA in Fragen zu medizinischen und betrieblichen Belangen berät.

Bild: Alexandra Ellena

Alleinerziehend, aber nicht allein 

Alltagsstress verbinden wir oftmals mit Faktoren, die sich ausserhalb unseres Familienlebens abspielen. Das fällt uns leicht, und es rechtfertigt unser tägliches Gestresstsein. Was wir gern verschweigen, weil es ein gesellschaftliches Tabu ist: Stress kann sehr wohl unmittelbar aus der familiären Situation erwachsen. Und noch immer sind die Leidtragenden zu oft die Mütter.

von Ella Karg und Leonie Kihm, G21K

Sie ist Rechtsanwältin, liebt es, in die Welt der Bücher abzutauchen, und ist seit drei Jahren alleinerziehend. Zusammen mit ihrer zehnjährigen Tochter, Hannah, wohnt sie in München. Stefanie Günzel steht stellvertretend für all jene Menschen, die ihre Kinder auf eigene Faust grossziehen – und denen es auch gelingt. Noch immer sind das vor allem die Mütter. Was speziell ist an Günzels Familiengeschichte: Sie konnte nicht nur Frieden schliessen mit der Situation und sich selbst – es haben sich durch den familiären Konflikt sogar neue Freiheiten offenbart.

Der Alltag

Am Morgen trennen sich die Wege der beiden: Stefanie Günzel betritt die Kanzlei oder den Gerichtssaal, und Hannah geht in die Schule – zurzeit in die 6. Klasse. Die Nachmittage der beiden sehen immer wieder anders aus. Manchmal gehen sie in die Stadt, manchmal auch zu Freunden. Die Zweisamkeit ist es, die zählt. Die Verbundenheit der beiden wird auch bei der Beschreibung eines normalen Abends klar. «Gegen acht geht Hannah ins Bett, dort reden wir über das, was den Tag über so geschehen ist, oder über das, was uns grad so beschäftigt.»

Die Herausforderungen

Den Fakt, dass Stefanie Günzel alleinerziehend ist, empfindet sie nicht als Belastung, vielmehr als eine Verbesserung im Vergleich zur vorherigen Familiensituation. Es geht um Nähe, um psychische Gesundheit, ums Sich-Ausdrücken. Durch die Trennung von ihrem Mann haben nicht nur die Streitereien aufgehört, sondern es haben auch Entwicklungen stattgefunden. Insbesondere in Bezug auf die Offenheit im Umgang mit Gefühlen und Gedanken, welche sie und ihre Tochter stets offen miteinander teilen. Und dennoch gibt es Herausforderungen und Hürden, die sie nicht allein meistern kann – so stark und mutig sie auch ist. So wendet sie sich in schwierigen Momenten an ihre beste Freundin. Reden, statt sich vom Kummer zerfressen lassen. Zum Beispiel, ganz praktisch, über die finanzielle Absicherung. «Neben den emotionalen Herausforderungen gibt es natürlich auch noch die materiellen Herausforderungen», sagt Stefanie Günzel. «Die bereiten mir immer mal wieder Kopfschmerzen, da ich nicht Vollzeit arbeiten kann und als Alleinerziehende alle Termine in der Schule wahrnehmen und auch bei Krankheiten von Hannah für sie da sein muss.»

Das Persönliche

Müsste man Stefanie Günzel mit drei Adjektiven beschreiben, dann wären es die folgenden: lebensfroh, begeisterungsfähig, frei. Sie lässt sich von den vielen Verpflichtungen nicht dauerhaft stressen oder gar beeinträchtigen. Nicht von Beruflichem, nicht von Erwartungen und Ansprüchen. Im Gegenteil: Sie hat gelernt ihre neue Situation als Bereicherung zu empfinden. Wenn Hannah bei ihrem Papa ist oder mit Freundinnen eine Übernachtungsparty feiert, dann nutzt Stefanie die Zeit stets, um sich selbst etwas Gutes zu tun: lesen, mit ihrer besten Freundin, die hier in der Schweiz wohnt, telefonieren oder verreisen. Nach Paris, zum Beispiel. Für ein Wochenende. Dann ist der Himmel wieder blau und ihre Gedankenwelt leichter.

Die Wünsche

Auf die Frage, was Stefanie Günzel besonders wichtig ist in ihrer Erziehung, antwortet sie ohne zu zögern: «Ich hoffe, ich kann dazu beitragen, dass Hannah sich selbst mag und stets authentisch bleiben kann.» Und, gross gedacht, ihre Wünsche für die Zukunft der Welt? «Leider muss ich mir auch wünschen, dass unseren Kindern ein Krieg erspart bleibt, dass sie weiterhin in einer Demokratie leben können, dass sie keine Angst haben müssen um ihre ausländischen Freunde und dass der Klimakollaps noch irgendwie abgewendet werden kann…» Auch über solche Themen redet sie mit Hannah. Jetzt müssen sie aber los. Hannah möchte noch die neue Ausstellung im Haus der Kunst besuchen.

Bild: zVg

Alle Wege führen in die Wellness-Therme Baden 

Der Begriff Therme leitet sich her vom griechischen «thermos» und bedeutet «warm». Bereits die alten Römer besuchten gerne Thermalbäder. Sie errichteten Badehäuser in ganz Europa, unter anderem auch in Baden. Das 2021 eröffnete Thermalbad FORTYSEVEN führt die jahrhundertealte Kultur des Badens weiter und profitiert dabei noch heute von den natürlichen Quellen in Baden. Die Marketingbeauftragte Meret Obrist hat sage&schreibe die Türen geöffnet und zu einem Rundgang eingeladen.

Von Nathalie Tanner und Jessica Pinto Guerreiro, G21K

«Wollt ihr auch etwas?», fragt Meret Obrist in der Cafeteria der Wellnesss-Therme FORTYSEVEN Baden. Wir setzen uns ihr gegenüber an einen Tisch mit hohen Stühlen, durch die Fenster sehen wir auf die Strasse, die vor lauter Regen nass glänzt. Es ist noch früh, an den zahlreichen Tischen sitzen erste Gäste und Mitarbeitende der Therme und geniessen ihr Frühstück.

Meret Obrist rührt in ihrer warmen Schokolade, bevor sie zu erklären beginnt: «Das FORTYSEVEN in der Faltenjura-Klus von Baden wurde vom Tessiner Stararchitekten Mario Botta konzipiert. Wir haben hier das mineralreichste und mit durchschnittlich 47 Grad das wärmste Thermalwasser der Schweiz.» Das Thermalwasser tritt in Baden auf natürliche Weise aus der Erde, weshalb die Quellen bereits in antiker Zeit genutzt wurden. Gegen Ende des 1. Jahrhunderts entstanden ganze Bäderanlagen, sogenannte «Aquae Helveticae», die allerdings bereits in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts zu einem grossen Teil wieder zerstört oder überbaut wurden.

Das FORTYSEVEN positioniert sich ganz klar als Wellness-Therme für Körper, Geist und Seele, 4‘500 Quadratmeter gross. Der medizinische Aspekt, sagt Obrist, sei aber wegen der positiven Auswirkung auf die mentale Gesundheit in gewisser Hinsicht durchaus vorhanden, zumal warmes, mineralisiertes Wasser äusserst entspannend wirke. «Wir sprechen eine klar definierte Zielgruppe an», ergänzt sie. «Im FORTYSEVEN wird es niemals eine Kinderrutschbahn oder einen Wasser-Gymnastik-Kurs geben.»

Ein Gang durch die Anlage
Meret Obrists Angebot, uns durch die Anlage zu führen, nehmen wir gerne an. Zuerst geht es in den Hauptbereich mit insgesamt elf Becken. Kalt- und Warmbäder gibt es hier, dazu drei Aussenbecken. Das Wasser kommt mit rund 47 Grad aus den Quellen, es muss deshalb nicht speziell aufgeheizt werden, um warm in die Becken zu kommen. Die Thermalbecken im Aussenbereich werden aus Energieeffizienzgründen jeden Abend abgesenkt in «unterirdische» Auffangbecken, wo das Wasser warm bleibt.

Weiter geht es zu den verschiedenen Sauna-Bereichen mit Dampfbädern, Duschen und stündlichen Sauna-Aufgüssen. Auch der Schneeraum fehlt hier nicht. Und ja: Im Schneeraum ist es kalt. Sehr kalt.

Die Spuren der alten Römer
Wenig später stehen wir in den Katakomben des Bads und schauen durch eine grosse Glaswand auf eine Ausgrabung: das Kesselbad. Es sind Überreste der alten römischen Bäder. Die Trennwand zwischen zwei Badebereichen, führt Obrist aus, sei als eine Art Verhütungsmethode betrachtet worden. Männer und Frauen hätten separat gebadet, um ungewollte Schwangerschaften zu verhindern. Weitere Funde seien von der zuständigen Archäologin Andrea Schär unter dem heutigen FORTYSEVEN zwar gemacht, aber nur zum Teil ausgelegt worden, sagt Meret Obrist. Und tiefer graben durfte man nicht, denn Heilwässer haben im Kanton Aargau seit 1869 einen Schutzstatus. Die Suche nach neuen Thermalwasserquellen ist weitgehend verboten, was auch Ausgrabungsarbeiten stark einschränkt. Gerade in Baden, wo es bereits 19 Quellen gibt, ist die Gefahr nicht unerheblich, versehentlich weitere anzubohren.

Meret Obrist weist uns den Weg zurück und erklärt unterwegs: «Ein Drittel des Wassers, welches das FORTYSEVEN aus den Quellen bezieht, wird übrigens auf die verschiedenen Becken verteilt. Die anderen zwei Drittel werden für den Unterhalt des Gebäudes genutzt – das heisst: Wir brauchen keinen Boiler, wir heizen und klimatisieren die Räumlichkeiten mit Thermalwasser.»

Nach und nach wird der Geräuschpegel lauter. Immer deutlicher hören wir das Wasser im öffentlichen Bad strömen und sprudeln. Genau da wollen wir jetzt auch hin.

Bild: Annalea Gottermayer

Die Zürcher Tropen 

Vogelgezwitscher, tropische Hitze und der Geruch von Regenwald. So stellt man sich Urlaub auf Madagaskar vor. Aber der Schweissfilm auf der Haut ist echt, und wir sind im Masoala Regenwald im Zoo Zürich. 11’000 Quadratmeter Dschungel mitten in der Stadt. Dominik Ryser, Leiter Kommunikation des Zoo Zürich, begleitet uns auf dem Gang durch eine bizarre Parallelwelt.

Von Jessica Berger, Denys Chernov, Jakob Hechler

Es ist Montagnachmittag, der Zoo ist gut besucht von jungen Familien und Senior/-innen, die durch die Anlage schlendern. Beim Eingang zum Masoala Regenwald kommt Dominik Ryser mit einem sympathischen Lächeln auf uns zu und führt uns direkt in die Zürcher Tropen. Masoala? Wieso eigentlich? Ryser erklärt, dass die Idee des Masoala Regenwalds, der 2003 eröffnet wurde und rund 40 Wirbeltierarten beherbergt, die Verknüpfung zum Naturschutzgebiet «Masoala» auf der Insel Madagaskar ist. So soll aufgezeigt werden, was man an Flora und Fauna auf Madagaskar finden kann, aber vor allem auch, was es zu schützen gilt, weil immer mehr Lebensraum der Tiere zerstört wird. «Unser Ziel ist es, Besucherinnen und Besucher so zu bilden und zu informieren», sagt Dominik Ryser, «dass sie selbst etwas tun und Naturschutzprogramme unterstützen können, damit die Tiere gar nicht erst aussterben.» Die Tiere im Zoo kommen allerdings nicht aus der Wildnis. Es sind Zuchttiere aus anderen Zoos, die im Rahmen von Zuchtprogrammen untereinander ausgetauscht werden.

Während sich über uns ein Roter Vari zwischen den Ästen des Baumes entlanghangelt, fragen wir Dominik Ryser nach dem Temperaturmanagement in der Halle. «Wir schauen darauf,» sagt er, «dass die Temperaturen in der Halle relativ konstant zwischen 22 und 24°C liegen.» Allerdings räumt er ein, dass es im Sommer, wenn die Sonne auf das Gebäude brennt, unter dem Dach bis zu 46°C heiss werden kann. Die Wärme, ergänzt er, werde mithilfe von 40 Erdsonden erzeugt. Auch wenn im Winter die Aussentemperatur sinke, dürfe die Anzeige in der Halle nicht unter 18°C fallen. So sind auf dem Dach des Vorbaus zur Halle sechs Photovoltaikanlagen zur Stromerzeugung installiert. Fünf weitere sind aktuell im Bau. Zusätzlich bezieht der Zoo Ökostrom. Sollte es zu Problemen kommen, der Strom über längere Zeit ausfallen, gibt es Notstromaggregate. Insgesamt werden für den Betrieb des Masoala Regenwalds nicht weniger als zwei Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr gebraucht.

Künstliche Wärme und Klima
Gewiss, Erdsonden sind grundsätzlich emissionsfrei und tragen daher nicht zum Klimawandel bei. Dennoch wollen wir wissen, wie sich das künstliche Erwärmen eines riesigen Gebäudes mit der Klimakrise vereinbaren lässt. «Die Klimakrise und der damit verbundene Biodiversitätsverlust sind menschengemacht», sagt Ryser. «Unser Auftrag besteht darin, die Menschen hierhin zu bringen und ihnen dieses eindrückliche Erlebnis zu ermöglichen, ohne dass sie in ein Flugzeug steigen müssen. Ausserdem sorgen wir durch optimale Lebensbedingungen dafür, dass sich die Tierarten, die hier leben, fortpflanzen. Wir halten sogenannte Reservepopulationen und leisten damit indirekt einen wichtigen Beitrag zum Artenschutz.» Würde also beispielsweise eine Tierart auf Madagaskar aussterben, wäre es möglich, ein Auswilderungsprogramm zu starten und so die Art zu erhalten.

Während Dominik Ryser zum nächsten Termin eilt, beschliessen wir, uns einer besonderen Challenge zu stellen.

Kreislauftest
Wir wollen uns eine Übersicht über den Indoor-Dschungel verschaffen und besteigen die Aussichtsplattform. Insbesondere an heissen Tagen soll man dies wegen Hitzschlag-Gefahr nicht tun, wird gewarnt, doch selbst bei Aprilwetter ist der Aufstieg eine Herausforderung für den Kreislauf, denn mit jedem Schritt wird es heisser. Oben angekommen, sind wir uns allerdings einig: Die Anstrengung hat sich gelohnt. Uns präsentiert sich eine komplett neue Perspektive auf das dichte Grün, und die exotischsten Vögel fliegen unerschrocken auf Augenhöhe an uns vorbei. Wir sind überwältigt, mitten in der Stadt Zürich – doch genau so muss es im Regenwald sein.

Bild: Maurice Zimmermann

Ein Fest der jungen Literatur 

Zum zweiten Mal wurde der von der Alten Kanti und dem Aargauer Literaturhaus Lenzburg ausgerichtete und von der Alumni-Vereinigung der Alten Kanti (AULA) mit einem Preisgeld von 1000 Franken alimentierte Wedekind-Preis für junge Literatur vergeben. Die Finallesungen mit anschliessender Preisverleihung im Literaturhaus waren ein Fest der jungen Literatur.

Von Andreas Neeser, Redaktionsleitung

War der 1. Wedekind-Preis noch eine rein kantonale Angelegenheit gewesen, richtete sich die Ausschreibung 2024 an alle Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe II in der Deutschschweiz. So wurden auch aus den Kantonen Zürich, Zug, Basel oder Luzern erzählende Texte zum anspruchsvollen Thema «Aprikosengelee» eingereicht.

Eine weitere Neuerung betraf die Jurierung der Texte. Dass jedes Jurymitglied einen persönlichen Favoriten in die Diskussionsrunden mitbrachte, trug wesentlich zu lebendigen und engagierten Diskussionen bei. Für die Argumentation auf hohem literaturkritischem Niveau sorgten Petra Meyer (Lektorin Knapp Verlag), Marc Späni (Mittelschullehrer/Autor), Sasa Vidic (Buchhändler) und Cédric Weidmann (Gesamtleitung Aargauer Literaturhaus). Dass das Publikum an der Jurydebatte teilhaben konnte, war ebenso einzigartig wie spannend – und machte den Reiz der Veranstaltung wesentlich aus.

Finallesungen und Jurydebatte
Und das waren die Finalistinnen und Finalisten 2024 der Kategorie 1./2. Klasse/Lehrjahr: Jakub Kwiatkowski (Alte Kanti Aarau), Rahel Lippuner (Alte Kanti Aarau) und Solana Weichelt (Alte Kanti Aarau). In der Kategorie 3./4. Klasse/Lehrjahr wählte die Jury folgende Schüler/-innen aus: Lara Urech (Kantonsschule Baden), David Bisang (Kantonsschule Zug) und Lana Muther (Kantonsschule Reussbühl LU). – Ihre Texte überzeugten allesamt durch inhaltliche Substanz und erzähltechnische Raffinesse. Der Schauspieler Jens Wachholz sorgte mit seinen fein gestalteten Lesungen dafür, dass die ganz unterschiedlichen Qualitäten der Texte auch zur Geltung kamen. Überhaupt stand an diesem Nachmittag die Wertschätzung der Texte im Mittelpunkt. Der Respekt und die Sorgfalt wurden in jeder Äusserung der Jury deutlich. Ein mutigerer Umgang auch mit kritischen Argumenten hätte der Jurydebatte freilich noch mehr Aussagekraft verliehen.

Die Wedekind-Preise
Im Anschluss an die Lesungen und die Jurydebatte stand die Vergabe der Preise im Zentrum. In der Kategorie I (400 Franken Preisgeld) setzte sich der Text von Solana Weichelt (Alte Kanti Aarau) durch. Die Jury lobte die Erzählung als Spiel mit und gegen Erwartungen: «Mit postmodernen Kniffs dreht die Erzählerin die Zeit zurück und vor, bedient sich an Erzählmustern von Shakespeare bis zu Hollywood-Blockbustern und behält am Ende als überlegene, aber ungerührte Autorin das letzte Wort.»

Nach einer animierten Jurydebatte stand Lara Urech (Kanti Baden) als Gewinnerin der Kategorie II fest (400 Franken Preisgeld). Die Jury begründete ihren Entscheid so: «Lara Urech beschreibt die Figuren rund um die Protagonistin Anne in kurzen Erinnerungsfetzen an gemeinsame Erlebnisse lebendig und bunt, genauso schnell verschwinden sie wieder aus dem Text – allein die Einsamkeit bleibt schwer und grau zwischen den Zeilen hängen.»

Publikumspreis
Beim Publikum kam die Erzählung von David Bisang (Kanti Zug) am besten an, was sich an der eindrücklichen Lautstärke des Applauses ablesen liess. Das Publikum honorierte damit ein rasantes und irrwitziges Schelmenstück über den Aprikosenkanton Wallis und den Kirschenkanton Zug. David Bisang durfte für den Gewinn des Publikumspreises 200 Franken in Empfang nehmen.

Der Wedekind-Preis 2025
Wie die Veranstalter mitteilen, lautet das Thema des Wedekind-Preises 2025 «Galgenvogel». Erzählende Texte können bis am 31. Januar 2025 beim Aargauer Literaturhaus eingereicht werden: info@aargauer-literaturhaus.ch.

Die Finalist(inn)en-Texte zum Nachhören:

Wedekindpreis

Förderangebote für Schreibinteressierte:
– Aargauer Literaturhaus Lenzburg: > mitmachen
– Alte Kanti Aarau: www.treffpunkttext.ch

Die Preisträger/innen 2024: Lara Urech (links), David Bisang, Solana Weichelt
Bild: Andreas Neeser

Entschuldigung 

Von Anna Caviezel

Sich entschuldigen bedeutet wörtlich, jemanden darum zu bitten, die Schuld, die man auf sich geladen hat, von einem zu nehmen. Aber wie viel ist eine Entschuldigung eigentlich wert? Heutzutage scheint es, dass ein einfaches «Sorry» unzählige Möglichkeiten eröffnet. Die schlimmsten Vergehen können durch so eine leere Floskeln glattgebügelt werden, was häufig missbraucht wird. Hat man Mist gebaut, sagt man flapsig «tschuldigung» und ist aus dem Schneider. Klappt das einmal, funktioniert es auch ein zweites Mal und immer wieder. Einige nutzen das schamlos aus und missbrauchen das Vertrauen anderer, indem sie behaupten: «Sorry, das mache ich nie wieder.»

Dann gibt es diejenigen, die sich entschuldigen, ohne überhaupt zu wissen, warum. Sie sagen einfach «tut mir leid», um eine lästige Konversation so kurz wie möglich zu halten. Und vereinzelt gibt es auch jene, die das Mitleid anderer gewissermassen erkaufen wollen, indem sie mit einem «du weisst ja gar nicht, wie…» auf die Tränendrüse drücken und dabei ihren Hundeblick aufsetzen.

Es gibt alle Arten von Entschuldigungen, was es schwierig macht, die aufrichtige, ernstgemeinte zu erkennen. Diese seltene Entschuldigung kommt tatsächlich von Herzen und ist nicht nur ein Lippenbekenntnis.

Eine echte Entschuldigung zeigt sich in der Veränderung des Verhaltens, nicht in der blossen Floskel. Es ist die seltene Entschuldigung, die wirklich zählt, weil sie aufrichtige Reue und den Willen zur Besserung zeigt. Und wenn wir ehrlich sind, ist es diese Entschuldigung, die wir alle verdienen. Am Ende zählen Taten mehr als Worte.

Anna Caviezel absolvierte im Juli 2024 erfolgreich die Maturaprüfungen an der Alten Kanti.

Flug über die Absturzkante 

Von Lena Tschannen

Vier Jahre, x-tausend Prüfungen und eine Matura später: was nun?

Die gnadenlose Frage, die jeder Schülerin und jedem Schüler nach den Schlussprüfungen innerhalb des Zeitraums der Kanti wie ein gotterbärmliches Fallbeil über dem Kopf hängt. Denn was danach sein wird, hat einem keiner gesagt. «Du hast noch genügend Zeit!», haben sie behauptet. «Du wirst es dann schon wissen», haben sie gemeint. Nun steht man also da nach dem mühseligen Überlebenskampf zwischen mündlichen Prüfungen, Arbeiten, Vorträgen und weiss der Teufel – und hat keinen Plan. Für nichts. Aber gut, glücklicherweise hat man das Maturzeugnis in der Hand. Was für ein Trost. Die Türen stehen nach allen Seiten hin weit offen, oder? Uni, Fachhochschulen und – was gibt es da eigentlich noch? Ach ja, die Berufswelt, auch sie erwartet einen schon mit offenen Armen.

Auf so vieles ist man vorbereitet worden – nicht aber auf diesen grossen Moment. Und dann steht man eben da, an der Absturzkante, betrachtet den Schlund des realen Lebens, an den man von den Lehrpersonen vier Jahre lang immer näher rangeschoben wurde. Man wirft einen letzten Blick zurück, um die Kanti-Blase endgültig platzen zu sehen, und dann schluckt man leer. Wie ein hilfloser Vogel, der kaltblütig aus der warmen Geborgenheit seines Nestes geworfen wird. – Was nun?

Das Leben geht tatsächlich weiter. Eine gute Nachricht. Jedenfalls rede ich mir das ein. Auch wenn die Töne des Wunschkonzertes allmählich verklingen – jenseits des Abgrunds, hinter der Ratlosigkeit muss es eine Welt voller neuer Möglichkeiten und Gelegenheiten. Rechnet nicht damit, dass man euch darauf vorbereitet, aber glaubt einfach, dass ihr euch bis zur Absturzkante durchschlagen könnt. Und dann: guten Flug!

Lena Tschannen absolvierte im Juli 2024 erfolgreich die Maturaprüfungen an der Alten Kanti.

Küstenlandschaften 

Von Michael Schraner, Musiklehrer

I
Der Schweiss fliesst einfach aus mir heraus. Steige ich die drei Stockwerke in mein Schulzimmer hoch, scheint es mir, als würde ich nachheizen. Dann fliesst es aus allen Poren. Während eines langen Schultags sind Leinenhemden und Merinoshirts immerhin ein Teil der Lösung. Für die Nase. Aber im Spätsommer bei mehr als 30 Grad Zimmertemparatur hinterlässt der Schweiss seine Spuren auf jedem Gewebe. Die 99 Prozent Wasseranteil bilden grosse Flächen am Körper. Das eine Prozent an Salzen zeichnet hingegen bis zum Ende des Tages weisse Konturen, wie Küstenlandschaften am Rücken, der Brust, in der Armbeuge und den Kniekehlen.

II
An der Küste der Normandie trocknet der Schweiss beim Radfahren dank des Windes sofort. Wir sind in Arromanches-les-Bains. Hier begann vor 80 Jahren die Operation Overlord. Arromanches liegt am Küstenabschnitt Gold Beach. Die Landung der Alliierten eröffnete eine zweite Front gegen das Deutsche Reich im Westen und brachte somit der Roten Armee Entlastung beim Kampf gegen die Wehrmacht an der Ostfront. Der längste Tag, der 6. Juni 1944, klingt auf Französisch so sanft wie der Titel eines Bilds von Claude Monet oder eines Klavierstücks von Claude Debussy: Débarquement.

III
Wenige Tage nach der Landung haben die Engländer bei Arromanches den künstlichen Hafen Mulberry B angelegt. Die riesigen Phoenix-Elemente aus Beton wurden über den Kanal gebracht und als Wellenbrecher im Halbkreis vor der französischen Küste versenkt. Reste dieser Ungetüme ragen immer noch aus dem Wasser, über die Jahrzehnte stark zersetzt durch Stürme, Gezeiten und Brandung. Mitten am Badestrand von Arromanches liegt Pontoon 449. Ein zur Seite geneigtes Zwischenelement der langen Landungsbrücken. Beton und verrosteter Stahl – einfach magisch. Bei Ebbe wirkt das kräftige Grün des Algenbewuchses lebendig und die Abertausenden Muscheln bestimmen aus der Nähe die feine Textur der Oberfläche. Hier wurden in kürzester Zeit 628’000 Tonnen Nachschubgüter, 40’000 Fahrzeuge und 220’000 Soldaten an Land gebracht.

IV
Mitten im Ersten Weltkrieg verfasste der kanadische Lieutenant-Colonel John McCrae das Gedicht In Flanders Fields. Sein Freund war am Tag zuvor bei einem Granatenangriff gefallen. An die ersten Verse muss ich denken, während ich weitere Strandabschnitte des D-Day mit dem Rad erkunde: «In Flanders fields the poppies blow / Between the crosses, row on row.» Mit Klatschmohn gesäumte Weizen- und Flachsfelder ziehen sich bis an den Rand der Steilküste, und dort verschmelzen sogleich das Meer und der Himmel miteinander. Auf dem Weg zum Omaha-Beach passiere ich Marksteine der Liberty Road, dem über tausend Kilometer langen Mahnmal, das hier ganz in der Nähe beginnt und dem Strassenverlauf der Befreiung bis nach Bastogne in Belgien folgt. Die Remembrance Poppies, Mohnblumen aus Plastik, sind zum grossen Jubiläum allenthalben und in grosser Zahl zu sehen. Noch nicht von Regen und Sonne ausgebleicht, sondern strahlend in kräftig warmem Rot, an Steintafeln angebracht, als Kränze niedergelegt. Zum Gedenken an jene, die hier gekämpft haben und gestorben sind –em>< for the liberty of the world. Das ist die Flughöhe aller Inschriften hier.

V
Auf meiner inneren Leinwand tauchen kurze Sequenzen zweier filmischer Monumente auf, die in ihrer Darstellungsweise nicht konrastreicher sein könnten: zum einen die eher distanzierten Schwarzweissbilder aus The Longest Day (1962), zum anderen das Gemetzel aus nächster Nähe in Saving Private Ryan (1998). Ein schottischer Radfahrer spricht mich an. Er hat gerade realisiert, dass die Remembrance Poppies hier beim Mahnmal mit den drei Elementen The Wings of Hope, Rise, Freedom! und The Wings of Fraternity von einem Veteranenverein aus seiner Heimatstadt niedergelegt wurden. Er könne es einfach nicht fassen, was sich hier an diesem wunderschönen Strand einst abgespielt habe. Ich bin etwas überfordert.

VI
Den Krimi Fatherland, das Romandebüt von Robert Harris, habe ich als Jugendlicher gelesen. Die Handlung spielt 1964, in einem fiktiven Deutschland, das den Zweiten Weltkrieg gewonnen hat. Ich versuche mir vorzustellen, wie meine Familie bei diesem Szenario geworden wäre. Wie ich geworden wäre.

VII
Das Pathos, das den amerikanischen Soldatenfriedhof in Colleville-sur-Mer umweht, ist schwer auszuhalten. Die 9’387 weissen Kreuze und Davidssterne strahlen eine kühle Ruhe aus und sind in ihrer Anordnung von einer überwältigenden Ästhetik. Die halbkreisförmige Säulenreihe des Portal of Freedom, die kunstvolle Statue, als allegorische Darstellung des Spirit of American Youth Rising from the Waves, und das grosse Becken mit klarem Wasser sind verstörend makellos. Hier liegen viele Jungs im Alter meiner Schüler. Tausende von Kilometern entfernt von ihren Freundinnen und Familien wurden sie am Atlantikwall aus MG-Nestern niedergemäht. Für die Freiheit geopfert. Der ganze Küstenabschnitt ist voll mit solchen Sätzen. In Stein gehauen, in Metall graviert.

VIII
Wieder in der Kühle des schönen Ferienhauses in Arromanches schaue ich beim Doomscrolling das neuste Video zum Project 2025 der Heritage Foundation. Es läuft mir kalt den Rücken herunter. Ein Kampfruf aus dem aktuellen US-amerikanischen Wahlkampf hämmert in meinem Kopf: We are not going back!

Bild: Michael Schraner

IX
Meine Kinder zitieren öfters aus Star Wars. Ein Dialog zwischen Anakin Skywalker und Obi-Wan Kenobi kommt mir vor dem Einschlafen in den Sinn:

«Don’t lecture me, Obi-Wan! I see through the lies of the Jedi. I do not fear the dark side as you do. I have brought peace, freedom, justice, and security to my new Empire!»
«Your new Empire?»
«Don’t make me kill you.»
«Anakin, my allegiance is to the Republic, to democracy!»
«If you’re not with me, then you’re my enemy.»

X
An einem schweisstreibenden spätsommerlichen Nachmittag sitze ich in meinem Schulzimmer am liebsten auf dem Klavierstuhl, weil ich dort nicht an einer Rückenlehne kleben bleibe. Ob das die Salzkonturen auf dem Hemd verändern würde? Ich versuche, meine Schülerinnen und Schüler trotz Hitze und fortgeschrittener Tageszeit für die Schönheiten des Dominantseptakkords zu begeistern. Vor einigen Jahren habe ich meine letzten Diensttage im Kompetenzzentrum Musik in Aarau damit verbracht, angehende Offiziere in Musiktheorie zu unterrichten. Landesverteidigung mit der Septime und dem Leitton zu einer Zeit, als ich dachte, Freiheit sei einfach automatisch da. Zuhause spüle ich mit einer kühlen Dusche die herausgeschwitzten Gedanken von mir ab.

Bild: Michael Schraner

Rechtsmedizin: Wissenschaft und Wahrheit 


Ein Leben endet, doch es ist noch einiges zu klären, das möglicherweise juristisch von Belang ist. Hier beginnt die Arbeit der Rechtsmedizin. Der kalte Körper soll die Antworten liefern, die das Leben offengelassen hat. sage&schreibe hat Dr. med. Daniel Eisenhart, Institutsleiter und Chefarzt des Instituts für Rechtsmedizin im Kantonsspital Aarau, über den Beruf des Rechtsmediziners befragt.

Von Alexandra Ellena, Emilia Laube und Lilly Zgraggen G21K

sage&schreibe: Herr Dr. Eisenhart, Ihr Arbeitsfeld ist die Rechtsmedizin. Inwiefern hängen die Bereiche Juristerei und Medizin zusammen?
Dr. med. Daniel Eisenhart: Wir sind ausgebildete Ärzte und haben uns aus den unterschiedlichsten Gründen für die Rechtsmedizin entschieden, während die Staatsanwaltschaft einen juristischen Hintergrund hat. Wir kennen allerdings die Sprache und Welt der Juristen und versuchen, die Untersuchungsergebnisse, allfällig relevante medizinische Zusammenhänge sowie ereignisrekonstruktive Überlegungen in Wort und Bild in Form eines Gutachtens so wiederzugeben, dass die Staatsanwaltschaft entscheiden kann, ob ein Straftatbestand vorliegt. Entscheidend ist nicht zuletzt die Verständlichkeit: Unsere Gutachten müssen so geschrieben sein, dass wir sie jemanden auf der Strasse zum Lesen geben könnten und diese Person den Inhalt problemlos nachvollziehen kann. Deshalb verwenden wir in unseren Berichten auch nie fachspezifische Fremdwörter.

Wann müssen sie eine Leiche untersuchen?
Die Strafprozessordnung sieht vor, dass zuerst der Tod im Rahmen einer ärztlichen Leichenschau durch einen Hausarzt oder Spitalarzt festgestellt wird. Werden dabei Auffälligkeiten bemerkt oder geht man von Anfang an von einem Delikt, Unfall oder einer Selbsttötung aus, erfolgt eine sogenannte Legalinspektion durch die Rechtsmedizin. Können nicht alle strafrechtlich relevanten Fragen vor Ort beantwortet werden, verfügt die Staatsanwaltschaft eine Autopsie.

Wie unterscheidet sich die Arbeit an einem toten Körper von einer normalen Operation?
Eine Autopsie ist vergleichbar mit einer Operation, die aber im Unterschied zur Operation nicht blutet, weil sie am leblosen Körper vorgenommen wird. Es handelt sich um eine standardisierte Untersuchung, die immer von zwei Ärzten durchgeführt wird. Wir untersuchen in jedem Fall die Kopf-, Brust- und Bauchhöhle sowie die darin befindlichen Organe. Für uns ist es wichtig herauszufinden, ob es Befunde gibt, welche die Todesursache und die Umstände des Todeseintritts erklären.

Gilt bei der Arbeit an toten Körpern derselbe ethische Kodex wie bei lebenden Menschen?
Der Umgang mit Verstorbenen ist stets würdevoll. Angehörige haben auch oft die Befürchtung, dass der Körper bei der Autopsie entstellt wird. Dem ist aber nicht so. Die Untersuchung wird bewusst so durchgeführt, dass nach der Ankleidung und Einsargung durch den Bestatter keinerlei Hinweise auf eine vorgängig durchgeführte Autopsie erkennbar sind. Auf diese Weise ermöglichen wir den Angehörigen trotz durchgeführter Autopsie einen würdevollen Abschied.

Wie viele Fälle pro Jahr bearbeiten Sie?
Wir untersuchen etwa 750 Verstorbene vor Ort und führen ca. 150 Autopsien sowie knapp 300 klinische Untersuchungen durch.

Was ist der schwierigste Teil Ihres Berufes?
Anders als zum Beispiel bei Chirurgen, die eine Operation durchführen und bei positivem Ausgang ein Erfolgserlebnis haben, bekommen wir praktisch nie ein positives Feedback. Erkenntnisse aus unseren Untersuchungen haben fast immer negative Konsequenzen für jemanden. Unsere Motivation ist denn auch in erster Linie, sich für jemanden einzusetzen, welcher nicht mehr dazu in der Lage ist – oder in anderen Worten einen wichtigen Beitrag für die Wahrheitsfindung zu liefern. Auch nicht einfach sind Untersuchungen in Zusammenhang mit ärztlichen Eingriffen. Es ist nicht unsere Absicht, Berufskollegen in die Pfanne zu hauen. Auf der einen Seite gibt es den Arzt, der etwas Gutes tun wollte – auf der anderen Seite den Verstorbenen, welcher sich nicht mehr zu Wort melden kann. Unsere Aufgabe ist es dann, unvoreingenommen und wertfrei alle notwendigen Informationen der Staatsanwaltschaft zur Verfügung zu stellen, damit diese entscheiden kann, ob ein strafrechtlicher relevanter Tatbestand vorliegt.

Bild: Erza Gashi

Das Gefühl von Freiheit 

Mit dem Fahrrad über Stock und Stein, durch den Wald und auf den Strassen, immer so schnell wie möglich. Dies ist der Alltag von Lea Huber, die seit acht Jahren Mountainbikerin ist und deshalb das Sportgymnasium der Alten Kanti besucht. sage&schreibe hat die 20-jährige Vizeweltmeisterin zum Gespräch getroffen.

Von Alessia Marta Hostettler und Nathalie Tanner, G21K

Wie bist du zum Mountainbiken gekommen? Gab es einen bestimmten Moment oder Auslöser, welcher dich dazu inspiriert hat?
Zum Mountainbiken kam ich durch meine Familie. Mein Vater war als Jugendlicher Strassenrennfahrer und wechselte später aufs Mountainbike; seine Leidenschaft für beide Sportarten behielt er bei und so geriet auch ich in diesen Sport. Zu Beginn machte ich auch noch Geräteturnen, doch von einem Tag auf den anderen entschied ich mich dafür, ganz aufs Mountainbiken zu setzen, da es mir besser gefiel.

Worin besteht die Faszination, mit dem Fahrrad im Wald über Steine und Wurzeln zu fahren?
Mir gefällt es vor allem, dass ich mich im Wald und in der freien Natur bewege. Man muss bei jedem Wetter rausgehen, auch wenn dies manchmal nicht so grossartig ist. Da ich den Sport in der Natur ausübe, ist er sehr abwechslungsreich. Man erlebt immer wieder etwas Neues und es gibt einem das Gefühl von Freiheit.

Wie hat sich dein Leben durch diese Leidenschaft verändert?
Durch den Sport eröffnen sich mir ohne Zweifel sehr viele Möglichkeiten; mit meinem Team war ich letzte Woche in Brasilien, und von solch einer Reise hätte ich sonst nur träumen können. Man lernt auch viele bedeutende Menschen kennen, und ich denke, beides ist nicht möglich, wenn man einen Sport nicht auf Leistungssportniveau ausübt.

Wie sieht ein gewöhnlicher Trainingstag für dich aus?
Das ist sehr tages- und phasenabhängig, denn ein Trainingstag im Winter, während der Vorbereitungszeit, sieht anders aus als einer im Sommer vor einem Rennen. Grundsätzlich gehe ich zuerst in die Schule; eventuell mache ich später noch ein Ausdauertraining, das zwischen zwei und vier Stunden dauert. Je nach dem gibt es noch Krafttraining, entweder zu Hause oder im Fitnessstudio.


Bild: zVg

Woran denkst du auf den langen Fahrten über Stock und Stein?
Ich denke so ziemlich an alles. Es ist manchmal schon sehr erholend, wenn man ein etwas weniger intensives Training hat. Dann fahre ich irgendwo durch und denke an alles, was mich zurzeit gerade beschäftigt. Nach solch einer Fahrt geht es mir meistens besser als vorher.

Auf welchen Erfolg bist du besonders stolz?
Mein erster wirklich grosser Erfolg war, als ich ganz unerwartet im Jahr 2019 Europameisterin wurde. Dann der zweite, welcher vielleicht auch noch erwähnenswert ist, als ich vor zwei Jahren Vizeweltmeisterin wurde. Das Aussergewöhnliche daran war, dass meine Schweizer Teamkollegin gewonnen hatte und wir so einen Schweizer Doppelsieg feiern durften.

Im Sport geht es um Erfolg und Misserfolg. Wie gehst du mit Niederlagen um?
Im ersten Moment ist es manchmal schon ein bisschen enttäuschend, vor allem wenn man sich mehr erhofft hat. Aber ich versuche mich dann immer wieder daran zu erinnern, dass es eigentlich ja nur Velofahren ist und dass es auch noch andere wichtige Dinge im Leben gibt. So finde ich auch immer wieder die Motivation, mich zu verbessern.

Welche Ziele strebts du im Mountainbikesport an?
Für nächstes Jahr habe ich mir ein grosses Ziel gesetzt: Wir haben die Heimweltmeisterschaft im Wallis, und ich hoffe zu gewinnen.
Wenn ich noch weiter in die Zukunft schaue, ist mein Ziel, einen Doppelvertrag abschliessen zu können; ich würde dann sowohl auf der Strasse als auch auf dem Bike unterstützt. Irgendwann die Tour de France zu bestreiten und an der Olympiade teilzunehmen, steht natürlich auch noch auf meinem Wunschzettel.

Bild: Melody Peus

Hot chicken Pad thai

Ein Team der sage&schreibe-Redaktion stellte sich der Herausforderung, beim Kochen und Essen in Sachen Schärfe an die Grenzen zu gehen. Nach reichlicher Absprache entschieden sich die Test-Köchinnen dazu, «Hot Chicken Pad Thai» zu kochen. Extra hot. Aber dann kam doch alles ein wenig anders.

Von Alessia Marta Hostettler, Jessica Pinto Guerreiro und Graciella Kazadi, G21K

Nachdem wir ein Rezept gefunden hatten, an welches wir uns halten wollten, mussten wir verschiedenste Zutaten ausfindig machen und einkaufen. Das hat uns schon mal die ersten Schwierigkeiten bereitet, da einige Zutaten nicht leicht aufzutreiben waren und wir zudem noch die entsprechenden Mengen finden mussten. Für das Gericht wurde Fischsauce benötigt; wir halfen sogar der Mitarbeiterin beim Suchen, doch ohne Erfolg. «Nicht mehr im Sortiment», hiess es. Also ab in einen anderen Coop. – Jackpot! Und unsere letzte Zutat war gekauft. Als wir schliesslich alles beisammenhatten, gingen wir ans Werk.

Die Pad Thai Nudeln wurden gekocht, und während Jessica die Sauce zubereitete, wusch und zerschnitt Alessia den Koriander, die Zwiebeln und die Bohnensprossen. Das Hühnchen wurde von Jessica zerstückelt und leicht angebraten. Dieser nächste Schritt hatte es in sich, denn wir mussten den perfekten Zeitpunkt finden, um die bereits abgeschöpften Nudeln zum Hühnchen und dem leicht angebratenen Gemüse zu geben. Graciella gab dann die Sauce dazu, und wir stellten erstaunt fest, dass wir sehr viel mehr davon benötigten, als im Rezept angegeben war. Jessica machte sich wieder ans Werk; sie mischte Sojasauce, Ketchup, Erdnussbutter und noch viele weitere Dinge erneut zu einer leckeren Sauce zusammen. Und das Ganze fünf Mal, bis die Menge ausreichte.

Die Schärfe
Alessia sorgte währenddessen dafür, dass nichts anbrannte. Wir wollten schliesslich keinen Feueralarm auslösen. Nachdem wir nun die Portion der Sauce verfünffacht hatten, sah das Ganze schon ein bisschen besser aus, doch irgendetwas fehlte noch – die Schärfe! Für den Schärfekick hatten wir Chiliflocken gekauft, welche nach Belieben dosiert, werden konnten. Somit mussten wir nur noch anrichten. Dann noch etwas Koriander als Dekoration, um das Ganze zu verschönern, und darüber schütteten wir eine regelrechte Chiliflockenlawine.

Die Verkostung
Wir hatten das Glück, in unserem Redaktionsteam gleich zwei Schärfeliebhaberinnen zu haben – und eine Testperson, welche Schärfe nicht ausstehen kann. (Wieso sie sich freiwillig zum Schärfe-Experiment gemeldet hat, wissen wir bis heute nicht.) Nun war es also an der Zeit, unser vollendetes Gericht zu kosten – mit erstaunlichem Resultat: Jessica nahm zögernd einen Bissen. Sobald das Essen in ihrem Mund war, verzog sie das Gesicht und hielt sich eine Hand vor den Mund. Aber das half natürlich nichts. Alessia hatte nichts gegen die Schärfe einzuwenden. Nachkochen würde sie das Gericht aber nicht unbedingt. Graciella gab unumwunden zu, dass das Hot Chicken Pad Thai nicht ihrem Geschmack entsprach – grundsätzlich. Und in Bezug auf die Schärfe, gab sie zu Protokoll, hätte sie durchaus noch Luft nach oben gehabt.
Das merken wir uns, falls wir wieder mal zusammen «hot» kochen.


Hot Chicken


Hot Chicken : Der Schärfe Test

Vom Kalten Licht zum Feueropal 

Von Michael Schär, Lehrer für Chemie
«Heiss, heiss!» rief mein Patenkind jeweils laut, wenn es etwas in glühend roter oder gleissend weisser Farbe sah. Das konnte die Flamme beim Anzünden der Tischbombe sein – oder einfach nur eine rote LED oder ein Glühwürmchen. Dieses Wort des Kleinen, eines seiner ersten überhaupt, war Ausdruck einer einfachen Assoziation, mit der er begann, die Welt um sich herum zu begreifen: Was heiss ist, gibt helles Licht ab. Erinnert an den Farbencode einer Wärmekamera: Helle Farben für heisse, dunkle Farben für kalte Zonen. Ach, und was heisst eigentlich überhaupt kalt? Ich höre meinen ehemaligen Physiklehrer sagen: «Kälte gibt es physikalisch nicht!» Inzwischen weiss ich selbst, dass gemäss Planckschem Strahlungsgesetz jeder (schwarze) Körper mit einer Temperatur oberhalb von -273.15 °C eine definierte Wärmestrahlung abgibt – also gewissermassen warm ist.

Abbildung 1

Und was bedeutet nun «kaltes Licht» oder «kaltes Leuchten»? Dazu finden sich in der Chemie unterschiedliche Definitionen: Vom «Leuchten unterhalb der Glühtemperatur» bis hin zur «Ausstrahlung von Licht ohne Temperaturänderung». Wobei letztere Definition genau genommen nicht ganz stimmt, weil bei jedem realen chemischen Prozess etwas Energie in Form von Wärme verlorengeht. So wandelt beispielsweise ein «Glüh»-Würmchen erstaunliche 95% vom Energiegewinn eines biochemischen Prozesses in Licht um (Wirkungsgrad: ca. 95%); dieser Wert übertrifft eine konventionelle Glüh-Lampe um Welten (Wirkungsgrad: ca. 5%) und bringt die Augen jedes Ingenieurs zum Glühen.

Eine präzisere Definition setzt «kaltes Licht» mit «Lumineszenz» gleich: Lichtfreisetzung als Folge einer nicht-thermischen Energieaufnahme. Nun gibt es aber diverse Arten davon. Ein paar eindrückliche Beispiele aus dem Alltag sollen dies illustrieren:

Chemolumineszenz – Anregung durch die Energie einer chemischen Reaktion: Chemolumineszenz trifft man beispielsweise bei Leuchtstäben an. Wird ein solcher geknickt, so zerbricht ein Glasröhrchen im Innern des Stabes. Daraus wird H2O2 freigesetzt, welches dann im Stab mit dem umliegenden Oxalsäureester Licht erzeugt.

Ähnlich funktioniert die Luminol-Reaktion, welche in der Kriminalistik zum Nachweis von Blutspuren verwendet wird. Man vermischt Luminol mit H2O2 – allerdings ist diese Reaktion bei Raumtemperatur zu langsam. Beschleunigt wird sie aber dadurch, dass die Mischung mit dem Blut und dem darin enthaltenen Eisen in Kontakt kommt. So leuchtet das Ganze schliesslich hellblau (Abbildung 1).

Biolumineszenz – Anregung durch die Energie einer biochemischen Reaktion: ein Sonderfall der Chemolumineszenz. Die Liste der dazu befähigten Organismen ist lang: Glühwürmchen, Leuchtbakterien (vgl. Meeresleuchten), Hallimasch-Pilze, Leucht-Quallen und Angler-Fische… Ebenso vielfältig ist der Zweck des «Kalten Leuchtens»: Erkennung von Artgenossen, Anlockung von Partnern, Köder für den Nahrungserwerb, Abschreckung von Feinden – und in manchen Fällen ist die biologische Funktion des Leuchtens noch unbekannt.

Photolumineszenz – Anregung durch Lichtenergie: wird eine Banknote, eine ID oder ein Reisepass mit einer UV-Lampe beleuchtet, beginnen die Sicherheitsmerkmale darauf in sichtbaren Farben zu leuchten (Abbildung 2) – man spricht von Fluoreszenz, in Anlehnung an das Mineral Fluorit.

Was aber ist mit den Leuchtsternen, welche man als Kind im Zimmer aufhängte und die noch in der Nacht geleuchtet haben? Funktioniert ähnlich – aber im Unterschied zur Fluoreszenz muss bei der sogenannten Phosphoreszenz ein elektronischer Übergang stattfinden, der aufgrund des Pauliprinzips zeitlich verzögert abläuft. Deshalb also das Nachleuchten in der Dunkelheit.

Abbildung 2

Diese Aufzählung von Möglichkeiten «kalten» Lichts ist bei Weitem nicht vollständig. Zu erwähnen wären beispielsweise noch die Tribolumineszenz (Anregung durch Reibung) und die Elektrolumineszenz (Anregung durch elektrische Felder wie bei der LED). Alternativ gibt es «kalte» optische Phänomene ohne Lumineszenz, die faszinierend sind, wie z.B. die Opaleszenz des Feueropals (Abbildung 3). Als Mineral aus hydratisiertem Kieselgel mit darin eingebetteten, sehr regelmässigen SiO2-Kügelchen zeigt der Feueropal ein lebendiges Farbenspiel (hervorgerufen durch Reflexion und Interferenz vom einfallenden Licht).

Mein Patenkind ist inzwischen alt genug, um zu wissen, dass nicht alles, was feurig aufblitzt, auch heiss ist. Und was den Feueropal betrifft, ist das wirklich Feurige der vulkanische Ursprung. Vielleicht reden wir darüber, wenn wir uns demnächst wieder sehen.

Abbildung 3

Bilder: zVg

Alte Kanti Theater «AKT!»

Seit vier Jahren leiten Andrea Santschi und Eva Welter erfolgreich die Theatergruppe der Alten Kanti «AKT!». Im Nachgang zur jüngsten Produktion – der szenischen Umsetzung des Mittelalter-Romans «Tristan und Isolde» – haben wir Andrea Santschi zum Gespräch getroffen.

Von Alexandra Ellena, Emilia Laube und Lilly Zgraggen, G21K

sage&schreibe: Wie lange führen Sie das Kanti-Theater schon?
Andrea Santschi: Als ich 2013 meinen Master in Theaterpädagogik begann, nahm mich Heinz Schmid, der damalige langjährige Leiter, freundlicherweise ins Team auf. Das erste Stück, welches ich verantwortete, Molières «Le bourgeois gentil homme», konnte aufgrund des Lockdowns 2020 leider nicht aufgeführt werden. Seither leite ich das Kanti-Theater zusammen mit Eva Welter. Zu zweit fällt die Arbeit deutlich leichter, wir motivieren und ergänzen uns, und jede kann ihre Stärken einbringen.

Was ist Ihre Motivation?
Als Gymnasiastin habe ich wenig Theater gespielt; ich habe getanzt und gesungen. Erst später, als ich Französischlehrerin wurde, habe ich mit Rollenspielen und kleinen Inszenierungen im Klassenzimmer angefangen. Da hat mich das Interesse so richtig gepackt, weil Theater im Moment lebt und wirkt, und weil da eine intensive Zusammenarbeit aller Beteiligten auf und hinter der Bühne stattfindet. Spielplatz, Gemeinschaft, Erlebnis – das ist für mich Theater, das macht glücklich.

Wie entsteht so ein Theaterstück?
Die Vorbereitungen fangen eineinhalb bis zwei Jahre im Voraus an. Eva Welter und ich haben ein Thema im Kopf und suchen nach Materialien, je nach dem, ob wir ein eigenes Stück mit der Gruppe entwickeln (was mehr Zeit braucht) oder ob wir eines adaptieren. Ein Raum für die Aufführungen muss gefunden werden. Es wird in der Gruppe ausprobiert, improvisiert und diskutiert. Parallel dazu entwickeln wir mit den Verantwortlichen die Konzepte für Bühne, Kostüm und Licht. Sobald ein Skript steht, beginnt auch das Inszenieren, dabei können sich auch die Spielerinnen und Spieler mit ihren Ideen einbringen.

Falls man mitmachen möchte, welche Qualitäten sollte man mitbringen?
Wer neugierig ist und bereit, sich auch stimmlich zu exponieren, wer eine gewisse Selbstironie besitzt und Lust und Mut zum Spielen hat, kann sich anmelden. Mer muess chönne blöd tue, experimentieren, ausprobieren. Wer nicht auf die Bühne will, kann auch hinter und neben der Bühne mitgestalten. Zu beachten gilt es: Die grossen Produktionen finden im Abstand von eineinhalb Jahren statt, der Einstieg ist also ideal bis zum zweiten Semester der dritten Klasse. Wir proben jeweils montagabends von 17.30 bis 19.00 Uhr im Theaterraum der Schule.

Und wie verteilen Sie die Rollen?
Ein Vorsprechen im eigentlichen Sinn gibt es nicht. Wir probieren einzelne Szenen aus, lesen und diskutieren gemeinsam das Skript, bevor jede und jeder sich mehrere Rollen aussucht, die er oder sie gerne spielen würde. Im nächsten Schritt kann man seine Mitschülerinnen und Mitschüler für Rollen vorschlagen, Eva Welter und ich machen unsererseits Vorschläge. So werden die Rollen verteilt, bis in der Regel alle zufrieden sind.

Und gibt es schon Pläne für die Zukunft?
Zwischen unseren aufwändigeren Produktionen proben wir auch für kleinere Auftritte. Erst kürzlich haben wir beispielsweise im Kantiteich und im Park Schwanengedichte präsentiert. Für den August 2025 planen wir Aufführungen einer Eigenkreation. Im Zentrum wird das Thema «Familie und Geschwister» stehen. Wir stecken noch in der Anfangsphase und warten natürlich auf die neuen Erstklässler/-innen nach den Sommerferien, die unser Ensemble ergänzen werden. Auch für dieses Stück wird es uns ein Anliegen sein, einen Stoff umzusetzen, der die Schülerinnen und Schüler betrifft und vielleicht betroffen macht. Denn im Endeffekt machen wir Theater für junge Erwachsene und solche, die es wieder sein möchten.

Bild: Alessia Castro Castell

Alte Kanti Theater ‹AKT!› im Internet: www.altekanti-theater.ch

Beruf und Geschlecht

Noch vor wenigen Jahren waren sogenannte Männer- beziehungsweise Frauenberufe selbstverständlich. Unsere heutige Gesellschaft legt jedoch zunehmend Wert darauf, diese stereotypen Berufsbilder aus dem Weg zu räumen und Platz für mehr Diversität zu schaffen. Wirklich? – Leonie Kihm und Alessia Marta Hostettler vom Redaktionsteam haben eine Pilotin und einen angehenden Fachmann Gesundheit bei ihrer Arbeit besucht und über die Beziehung von Beruf und Geschlecht befragt.

Esther Hess: Souveränes Flüstern

Im Operation Center des Flughafen Zürichs sind wir umzingelt von Frauen und Männern in Uniform. Members der Cabin Crew, Piloten und eine Pilotin treffen sich vor jedem Flug hier im OPC. Die Stimmung ist gut, und es liegt Reiselust in der Luft. Die Pilotin heisst Esther Hess, sie ist Senior First Officer auf dem SWISS Airbus 330/340, und sie nimmt uns mit in ihre ganz persönliche Welt der Aviatik, in welcher Nachtflüge mit Blick auf die Nordlichter oder Langstreckenflüge von mehr als 12 Stunden keine Seltenheit sind.

Der Weg in die ewigen Lüfte
Esther Hess ist schon immer eine sehr reisefreudige, neugierige und kontaktfreudige Person gewesen. In der Nähe des Flugplatzes Birrfeld aufgewachsen, habe sie schon früh den Wunsch verspürt, selbst mal so ein Flugzeug zu steuern. Bereits mit 17 Jahren konnte sie sich den Traum der Privatpilotenlizenz (PPL) erfüllen. Nach der Matura an der Alten Kanti (Schwerpunkt Mathematik, in einer Klasse mit liediglich vier Frauen) studierte sie Sport- und Bewegungswissenschaften an der ETH. Heute sitzt sie berufeshalber im Cockpit eines Airbus, zieht den Stick nach hinten und hebt mit 275 Tonnen ab in die Lüfte. Was bewegt sie denn an ihrem Beruf? «Die Passagiere», antwortet sie, ohne zu zögern. «Da gibt es immer wieder ganz besondere, bereichernde Begegnungen.» Es komme immer wieder vor, dass ein Kind ihr eine Zeichnung schenke. Für sie ist das ein Beweis dafür, dass sie ihren Job gut macht. «Und wenn man eine Sache gut macht», schiebt sie nach, «gibt es überhaupt keinen Grund, an sich selbst zu zweifeln.».

Als Frau in einem «Männerberuf»
In der Luftfahrt arbeiten auch heute noch deutlich mehr Männer als Frauen. SWISS beschäftigt rund 4.9% weibliche Pilotinnen, auch wenn die Fluggesellschaft aktiv nach weiblichen Pilotinnen sucht. Esther Hess erläutert, dass der Beruf noch immer von Stereotypen geprägt ist. Obwohl beide Geschlechter dieselbe Ausbildung durchlaufen, müssten Frauen sich tendenziell mehr beweisen oder für die gleiche Benotung eine bessere Leistung erbringen. «Aufgrund der Geschlechterverteilung», sagt sie, «steht man als Frau unweigerlich im Fokus, was zu einem ziemlich hohen persönlichen Druck führt. – Ein Beispiel: Wenn man als Frau leise spricht, wird dies als Unsicherheit gewertet. Ein Mann hingegen wird in derselben Situation nicht als unsicher eingestuft, sondern als souverän und gelassen.» Hess muss sich auch immer wieder frauenfeindliche Kommentare wie «Oh, das kann eine Frau auch…» oder «Ist da auch ein Mann im Cockpit? Dann ist die Operation gerettet» anhören. In Genf seien sogar einmal zwei Passagiere ausgestiegen, als sie hörten, dass kein Mann im Cockpit sass. Von solchen Erfahrungen lässt sich Esther Hess aber nicht beirren. «Ich mache mein Ding und gebe bei jedem Flug mein Bestes. Ich muss hauptsächlich mit mir im Reinen sein.» Sie ist eine stolze Pilotin und liebt ihren Job. Denn bei der SWISS gebe es prinzipiell nichts, was sie als Frau nicht tun könne oder dürfe.

Ein Blick in die Zukunft
Esther Hess glaubt an die Wichtigkeit der weiblichen Rolle in der Zukunft der Aviatik. Auch wenn die Stereotypen in ihrer Generation noch ziemlich verankert seien, habe sie das Gefühl, dass die jüngeren Generationen immer toleranter und offener würden. Das wünscht sie sich jedenfalls. Schliesslich: «Die klassische Rollenverteilung in der Familie hat sich ja auch verändert.» Für die Pilotin ist klar, dass man heutzutage alle beruflichen Hürden überwinden kann, wenn man dies unbedingt will.


Bild: zVg

Edion Ramadani: Unpopuläres ausprobieren

Im Seniorenzentrum Sanavita in Windisch werden wir von den Bewohnerinnen und Bewohnern angelächelt, die draussen die frische Frühlingsluft geniessen. In einem kleinen Büro neben den Zimmern treffen wir Edion Ramadani, Auszubildender Fachmann Gesundheit im 2. Lehrjahr. Die Stimmung im Raum ist von Anfang an entspannt, und Edion Ramadani, gekleidet in einen weissen Arbeitskittel, beginnt stolz von seiner Arbeit zu erzählen. Er sei ein sehr kontaktfreudiger Mensch, der den täglichen Austausch mit anderen Personen schätze und geniesse. Aus diesem Grund habe er sich für einen Beruf entschieden, welcher Abwechslung, Vielfalt und Begegnungen mit Menschen in seinen Alltag bringe. In seiner Freizeit schreibt Ramadani eigene Songs und beschäftigt sich mit Autos. «Typisch Mann», fügt er lachend hinzu. Auf unsere Frage, welche Vorteile er in seinem sozialen Beruf sieht, antwortet er, dass er täglich vieles für sein Privatleben lerne. Einerseits kriege er ein Gefühl dafür, wie man mit Menschen in verschiedensten Situationen umgehe und für sie da sei, andererseits schätze er das theoretische Wissen, das er sich in der Berufsschule aneigne. Wir fragen nach, wie die Klassenkonstellation in der Berufsschule aussehe – und werden überrascht. Von 25 Lernenden sind 20 weiblich und fünf männlich. «Das sind vergleichsweise viele Männer», sagt Edion Ramadani. «Ich habe Freunde in Parallelklassen, in denen nur ein einziger Mann sitzt.»

Als Mann in einem «Frauenberuf»
Ähnlich wie in Ramadanis Berufsschule sind im Sanavita von über 140 Mitarbeitenden nur fünf männlich. Der angehende Fachmann Gesundheit ist der Meinung, dass ein stereotypes Berufsbild auch heute noch in unserer Gesellschaft verankert sei. Kommentare wie «Wieso hast du diesen Beruf gewählt? Das ist doch ein Frauenberuf!» musste auch er sich anhören. Er versichert uns, dass ihn solche Kommentare jedoch nicht interessieren und fügt hinzu, dass er den Beruf schliesslich für sich selbst mache, weil er ihm Freude bereite und ihn erfülle. «Noch vor einigen Jahren hätte mich so ein Kommentar jedoch stärker getroffen.» In der Frauentruppe des Sanavita fühlt er sich vorurteilslos akzeptiert. «Die Mitarbeiterinnen finden es nicht komisch, dass ich hier arbeite. Im Gegenteil», sagt Edion Ramadani mit einem Lächeln. Es gibt jedoch Situationen, in denen «Mann sein» zum Nachteil wird. Es gibt Bewohnerinnen, die nicht von einem Mann gepflegt werden wollen, sei es aus religiösen oder persönlichen Gründen. Ramadani räumt ein, dass auch er sich in solchen Situationen unwohl fühle. Um es den Bewohnerinnen und sich selbst einfacher zu machen, tauscht er nötigenfalls den Einsatz gerne mit einer weiblichen Mitarbeiterin.

Ein Blick in die Zukunft
Die Zukunft des Pflegeberufs schätzt Edion Ramadani positiv ein. «Viele Betriebe geben sich Mühe, auch Männer anzuziehen und werben damit auf Social Media.» Er wünscht sich, dass sich Jugendliche in Zukunft trauen, etwas noch «Unpopuläres» auszuprobieren. Es sei enorm wichtig, seinen Träumen nachzugehen, ganz egal, was die Gesellschaft dazu sagen könnte. Edion Ramadani findet, es sei an der Zeit, dass dieser Beruf auch für Männer zur Normalität werde.


Bild: zVg

Es brennt – im Einsatz mit der Feuerwehr

Sobald das Wort «Feuerwehr» fällt, spielt sich vor dem inneren Auge ein Film ab: gefährliche Flammen, Wasser, das aus Schläuchen schiesst. In keinem anderen Beruf treffen Hitze und kühlende Nässe so häufig aufeinander, ja bedingen sich sogar. sage&schreibe hat die Stützpunktfeuerwehr Baden durch eine Rettungsübung begleitet.

Von Ella Karg und Luisa Dambach, G21K

Wir werden bereits erwartet, als wir mit der Fotografin um 19.30 Uhr bei der Stützpunktfeuerwehr Baden ankommen. Es ist die grösste Feuerwehr im Kanton Aargau, mit zurzeit 193 Mitgliedern. Während der Begrüssung inmitten von roten, pompösen Fahrzeugen wird uns schnell klar: Hier geht es um viel mehr als das Löschen von Bränden.
Wenig später ist der Appell in vollem Gang. Immer wieder huschen neugierige Blicke zu uns, den Gästen. Die Vollmontur der Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen reflektiert die Abendsonne. Die Stimmung ist heiter, Motivation für die bevorstehende Übung liegt in der Luft. «Heute haben wir drei spezielle Gäste», ruft der Einsatzleiter, Daniel Gysel. Wir lächeln verlegen, die Crew nickt zustimmend. «Auf dem Programm stehen heute Rettungsübungen.» Zu uns gewandt, ergänzt er: «Keine Sorge, Action-Bilder von einer Brandlöschung werdet ihr auch machen können.»

Achtung: Wohnhaus im Brand
Dass Geschwindigkeit für die Feuerwehr zentral ist, wird uns sofort bewusst. Ehe wir uns dessen versehen, sitzen wir im ZKF, was so viel wie Zugkraftfahrzeug heissen soll, wie uns der Fahrer erklärt. Bereits während der Fahrt zum ersten Übungsort wird klar, was die Kunst des Feuerwehr-Handwerks ist: die lässige Ernsthaftigkeit. Das mag wie eine paradoxe Aussage klingen, ergibt jedoch spätestens beim Beobachten der Situation vor Ort Sinn. Angekommen auf dem Vorplatz eines Mehrfamilienhauses, fängt die gesamte Crew sofort an, sich in kleinere Gruppen aufzuteilen, wobei jeweils ein Gruppenführer oder eine Gruppenführerin bestimmt wird. Sobald der Einsatzleiter die Situation geschildert hat und die einzelnen Anweisungen erteilt worden sind, wird losgelegt. Plötzlich sind wir von einem Stimmengewirr umgeben, Leitern werden ausgezogen, Absperrungen werden platziert, Menschen rennen, sogar ein Flipchart wird aufgestellt. Die Gruppendynamik berührt uns. Jede und jeder hat seine Aufgabe, und rundum wird kommuniziert. Die Situation scheint so echt, so ernst, dass wir unseren gebannten Blick kaum der Hauswand entreissen können. Im Jahr 2023 hatte die Stützpunktfeuerwehr Baden 220 Einsätze zu bewältigen. Davon beinhaltete etwa jeder zehnte Einsatz eine Brandlöschung.

Der Ablauf der Übung ist jetzt klar. Ziel ist es, eine Person von dem obersten Balkon eines dreistöckigen Hauses zu bergen. Immer wieder erklärt uns der Einsatzleiter, wieso er gewisse Anweisungen gegeben hat. «Die Druckleitung wird gelegt, um das entfachte Feuer im Inneren des Hauses löschen zu können. Wobei wir den Lüfter brauchen, um den Rauch abzuziehen, damit eine Personenbergung im Haus stattfinden kann.»

Was uns auch auffällt, ist die stete Kommunikation der einzelnen Gruppenführer mit dem Einsatzleiter. immer wieder vernehmen wir ein atemloses «Meldung», worauf eine Schilderung der ausgeführten Aktionen folgt. Die Atmosphäre sprüht nur so vor Professionalität.
Nach der erfolgreichen Rettung wird der Rückzug angeordnet, und der Einsatzleiter erklärt uns die verschiedenen Arten von Rettungsübungen. Entweder werden die Übungen anhand von Posten durchgeführt und die Mannschaft somit durch die verschiedenen Aktionen geleitet, «oder die Mannschaft wird ins kalte Wasser geworfen, wobei ihr Können, das durch vergangene Übungen vorhanden sein sollte, getestet wird.» Das Feedback spielt also eine zentrale Rolle in dieser Variante von Gesamtübung.

Das gesamte Team versammelt sich um den Einsatzleiter. Wir stehen ein bisschen abseits und lauschen. Bei jeder Gruppe ist ein sogenannter Postenleiter dabei, der sich während den ausgeführten Aktionen eher im Hintergrund gehalten hat und die Details, positiv wie negativ, dem Einsatzleiter ausführlich berichtet. Die Kritik ist konstruktiv und löst einheitliches Nicken aus. Es werden alle noch rumstehenden Objekte aufgeladen, und los gehts zum zweiten Übungsort.

Bild: Erza Gashi

Live: Rettung aus dem Schulhaus
Als wir am zweiten Übungsort ankommen, einer Primarschule in Baden, werden wir sogleich von unserem Fahrer in das Gebäude gebracht. Ziel der Übung: Personen retten – und wir sind die, welche gerettet werden sollen. Wir werden also in ein Klassenzimmer geführt, die Fenster, durch welche wir später gerettet werden sollen, werden sperrangelweit geöffnet. Breits kurze Zeit später sehen wir, wie Rauch vor dem Fenster aufsteigt. «Der erste Stock steht in Brand!», ruft einer. Weitere Stimmen sind zu vernehmen.

Wir beobachten alles vom Fenster aus. Zuerst kommen die Gruppenleiter, um sich einen Lageüberblick zu verschaffen. Wie viele Personen befinden sich im Gebäude? Wo genau brennt es? Danach holen sie Verstärkung sowie Leiter und Seile, um uns später abzuseilen. Die Schadenplatzorganisation verläuft reibungslos, jeder weiss, was zu tun ist. Beim Aufstellen der Leiter braucht es immer vier Personen, welche die Leiter halten, und einen Gruppenleiter, welcher die Befehle gibt; beispielsweise, wie weit die Leiter ausgefahren werden muss.

Plötzlich hören wir, wie die Leiter angestellt wird, und wenig später klettert der erste Feuerwehrmann durch das Fenster in das Klassenzimmer, in dem wir uns aufhalten. Zuerst wird Ella sicher ans Seil gebunden, gleichzeitig erklären uns die Feuerwehrleute das weitere Vorgehen. Danach steigt Ella gesichert durchs Fenster und klettert die Leiter nach unten.

Dann ist Luisa an der Reihe. Zuerst stellt sich bei ihr die Gruppenleiterin vor. Ein Feuerwehrmann fragt: «Ist dies das erste Mal, dass du abgeseilt wirst?» Luisa nickt, und weil es auch für die Gruppenleiterin das erste Mal ist, wird die Anspannung noch grösser. Auch Luisa klettert anschliessend durchs Fenster, und auch sie wird immer wieder gefragt, ob alles in Ordnung sei, ob sie sich wohl fühle. Ein Gefühl von Sicherheit macht sich breit.
Unten angekommen, wird auch Luisa von den Seilen befreit, bedankt sich und gibt zu Protokoll, sie habe sich jederzeit sicher gefühlt. Die Gruppenleiterin meldet sich beim Einsatzleiter, welcher daraufhin den Befehl gibt, die Leitern wieder abzubauen. Das Material wird wieder in den Fahrzeugen verstaut, der Schlauch, mit dem während unserer Rettung ein kleiner Brand gelöscht worden ist, wird aufgerollt und auch im Fahrzeug verstaut. Ein fingierter Brand, aber echtes Wasser. Das ist kein Problem, denn bei Grossereignissen darf die Feuerwehr bei Bedarf Wasser aus den Flüssen Limmat, Reuss und Aare der Region Limmattal absaugen.

Alle versammeln sich beim Sammelplatz und der Übungsleiter gibt nochmals ein kurzes Feedback: «Das Wichtigste ist, gut im Team zu arbeiten.» Ansonsten sei die Übung etwas besser als die erste Übung gewesen, beim Tempo gebe es allerdings noch immer Luft nach oben.

Somit ist die zweite Übung zu einem Ende gekommen, woraufhin alle wieder in ihre Fahrzeuge einsteigen. Zurück beim Stützpunkt der Feuerwehr Baden bedankt sich der Einsatzleiter bei allen für ihren Einsatz. Gemütlich lassen die Mitglieder der Stützpunktfeuerwehr den anstrengenden Abend bei Essen und Getränken ausklingen.

Bild: Erza Gashi

Studentenfutter

Trockenobst mit Nüssen gibt es hier nicht. Dafür eine köstliche und leichtverdauliche Mischung aus allerlei Wissenswertem rund um die Alte Kanti.

Seit Monaten hat die Alte Kanti keine eigene Mensa mehr. Was läuft da? Beziehungsweise: Weshalb läuft da nichts? Jakob Hechler und Denys Chernov vom Redaktionsteam haben nachgefragt beim Rektor persönlich.

Von Jakob Hechler und Denys Chernov

sage&schreibe: Herr Hunziker, Sie sind Rektor des einzigen Aargauer Gymnasiums ohne Mensa. Wie fühlt sich das an?
Dr. Andreas Hunziker,
Rektor Alte Kanti: Gut sicherlich nicht. Allerdings gibt es in der Stadt Aarau mehrere Schulen unserer Grösse, die ebenfalls über keine Mensa verfügen. Ich denke da beispielsweise an die Handelsschule HVK, die noch mehr Schülerinnen und Schüler als unser Gymnasium hat. Aber klar: Unser Gymnasium unbedingt eine eigene Mensa, damit die Schüler/-innen, aber auch die Lehrpersonen weiterhin einen Platz für die Mittagszeit haben.

Die Räumlichkeiten der Mensa werden also nicht zu Schulzimmern umfunktioniert? Schulzimmer sind ja Mangelware an der Alte Kanti.
Wir haben nie einen Umbau in Betracht gezogen. Auch zum jetzigen Zeitpunkt sehen wir keine Notwendigkeit für eine Zweckentfremdung der Mensa. Die Schülerinnen und Schüler sollen, gerade im Winter, einen warmen und gemütlichen Ort haben, an dem sie sich verpflegen oder miteinander austauschen können.

Bedienen Sie sich manchmal aus den Snack-Automaten, die in der verwaisten Mensa stehen?
Von Zeit zu Zeit ja, meist ein- bis zweimal pro Woche. Nichtsdestotrotz ist uns allen bewusst, dass die Automaten für unsere Schule keine dauerhafte Lösung sind.

Was macht es so schwierig, auf dem Areal der Alten Kanti eine Mensa zu führen?
Das Führen einer erfolgreichen Mensa an der Alten Kanti wird hauptsächlich durch die grosse Konkurrenz erschwert. In der unmittelbaren Umgebung gibt es nämlich nicht einen, nicht zwei, sondern über zehn Take-away-Läden. Dies ist für jeden Mensabetreiber eine gewaltige Herausforderung.

Gibt es Überlegungen, die Schüler/-innenschaft und die Lehrpersonen im Hinblick auf ein neues Betriebskonzept zu befragen?
Die Schulleitung führte bereits eine Umfrage in den dritten und vierten Klassen durch. Ein Grossteil der Drittklässler/-innen ist der Meinung, dass sie keine Mensa brauchen, da sie dort kaum Zeit verbringen und ihr Essen ohnehin am Bahnhof oder in der Stadt kaufen. Gleichzeitig ergab eine Umfrage unter den Viertklässler(inne)n, dass eine Mensa an unserer Schule unverzichtbar ist. – Sie sehen: Die Sache ist kompliziert.

Inwieweit hat die Schule überhaupt ein Mitspracherecht bezüglich Betriebsführung der Mensa?
Die Schule wird vom Kanton bei der Suche nach möglichen Mensabetreibern unterstützt. Wenn es dann darum geht zu entscheiden, welcher Anbieter den Zuschlag bekommt, hat die Alte Kanti das letzte Wort.

Ab wann dürfen wir wieder mit einer funktionierenden Mensa rechnen?
Ziel ist derzeit die Wiedereröffnung der Mensa im Oktober 2024, zu Beginn der Winterzeit. Wir sind bereits im Gespräch mit möglichen Betreibern und hoffen, dass diese für alle unbefriedigende Situation ein baldiges Ende findet.

Die heisseste und die kälteste Schweizer Bibliothek (online)

Dass Lesen unser individuelles Wärme- und Kälteempfinden beeinflussen kann, ist nicht neu. Wie aber liest es sich da, wo die äußeren Temperaturen extrem sind? Das Medienzentrum der Alten Kanti hat nachgefragt in der Kantonsbibliothek Lugano und beim Bibliobus neuchâtelois, der auch La Brévine, den kältesten Ort der Schweiz, anfährt.
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Aus aller Welt: Czarcia łapa z Lublina 

Von Piotr Bielski*

Deutsch-Übersetzung: Die Teufelshand von Lublin

Etwas von vielem, das mich an meine Kindheit in Polen erinnert, sind die alten Geschichten. Polen ist reich an Märchen, Sagen und Legenden, die seit Jahrhunderten überliefert werden und die kulturelle Identität der einzelnen Regionen prägen. Eine dieser faszinierenden Geschichten aus meiner Heimatregion Lublin ist die Legende von der Teufelshand.

Im 16. Jahrhundert lebte in Lublin eine Witwe, die fälschlicherweise des Diebstahls beschuldigt wurde. Ihr Fall kam vor das Krongericht. Weil es keine Beweise gab, wurden die Richter vom Ankläger, einem reichen und einflussreichen Mann, bestochen. Die Witwe flehte um Gnade und ein gerechtes Urteil, doch ihre Bitten wurden ignoriert. Verzweifelt rief sie, dass selbst der Teufel gerechter urteilen würde als die menschlichen Richter.

Da erschien tatsächlich der Teufel, entschlossen, ihren Ruf zu erhören. Als Edelmann verkleidet, betrat er den Gerichtssaal und verlangte eine Wiederholung des Prozesses. Die schockierten Richter stimmten untertänig zu. Der Teufel führte die Verhandlung fair und unparteiisch und bewies die Unschuld der Witwe. Nach der Urteilsverkündung verschwand er und hinterliess auf dem Richtertisch den Brandfleck seiner Hand als Warnung für künftige Generationen.

Noch heute ist dieser Handabdruck auf dem Richtertisch im Schloss Lublin zu sehen. Er symbolisiert den Triumph der Gerechtigkeit über die Korruption und warnt vor Ungerechtigkeit.

Die polnische Original-Version

Jedną z rzeczy, które przypominają mi moje dzieciństwo w Polsce, są stare historie. Polska jest bogata w bajki, sagi i legendy, które przekazywane przez wieki charakteryzują tożsamość kulturową poszczególnych regionów. Jedną z fascynujących opowieści z mojego rodzinnego regionu Lubelszczyzny jest legenda o czarciej łapie.

W XVI wieku w Lublinie żyła wdowa, która została fałszywie oskarżona o kradzież. Jej sprawa trafiła przed sąd koronny. Ponieważ nie było żadnych dowodów, sędziowie zostali przekupieni przez oskarżyciela, bogatego i wpływowego człowieka. Wdowa błagała o litość i sprawiedliwy wyrok, ale jej błagania zostały zignorowane. Zrozpaczona krzyknęła, że nawet diabeł osądziłby sprawiedliwiej niż ludzcy sędziowie.

Wtedy diabeł rzeczywiście się pojawił, zdecydowany wysłuchać jej wołania. W przebraniu szlachcica wszedł na salę sądową i zażądał ponownego procesu. Zszokowani sędziowie pokornie się zgodzili. Diabeł przeprowadził proces sprawiedliwie i bezstronnie, czym udowodnił niewinność wdowy. Po ogłoszeniu wyroku zniknął i pozostawił ślad swojej dłoni na stole sędziowskim jako ostrzeżenie dla przyszłych pokoleń.

Ten odcisk dłoni do dziś można zobaczyć na stole sędziowskim na Zamku Lubelskim. Symbolizuje triumf sprawiedliwości nad korupcją i ostrzega przed niesprawiedliwością.

Piotr Bielski wuchs in Świdnik in der Region Lubelszczyzna, Polen, auf und kam im Alter von 12 Jahren in die Schweiz. 2024 absolvierte er erfolgreich die Maturaprüfungen an der Alten Kanti.

Bild: www.bi.im-g.pl

Anna Felder. Eine literarische Würdigung 

Im November 2023 ist Anna Felder verstorben. Neben ihrer Lehrtätigkeit an der Alten Kanti schrieb sie ein literarisches Werk, das grosse Beachtung fand und 2018 mit dem Grand Prix Literatur des Bundesamtes für Kultur (BAK) ausgezeichnet wurde.

Von Ernst Strebel

Als 1975 ihr zweiter Roman, La disdetta («Umzug durch die Katzentür»), im renommierten Einaudi-Verlag erschien, schrieb Bruno Bolliger, Literaturwissenschafter und Lehrer für Deutsch und Philosophie an unserer Schule, in einer Rezension im «Aargauer Tagblatt» von der «Entdeckung einer kleinen, verborgenen, aber in ihrer Stille einzigartigen dichterischen Welt», und er wies auf Eigenheiten von Anna Felders Werk hin, die auch alle ihre späteren Texte kennzeichnen: «Anna Felder hat mit ihrer Katzengeschichte eine literarische Form gefunden, die ihr erlaubt, mit verschiedenen Perspektiven zu spielen, Ernstes auszusprechen ohne das Lachen zu verlieren, ironische Distanz zu halten, ohne das Leben zu verachten.» Dieses Spiel mit Perspektiven gibt den Lesenden immer wieder die Möglichkeit, Vertrautes, Alltägliches in neuen Sinnzusammenhängen zu sehen.

Zwei Erzählungen seien hier besonders empfohlen: «Geschwinde Wehmut» (in No grazie, Limmat 2002; im Original «Veloce mestizia», in Nati complici, Casagrande 1999) und «Ein Kuss in der Dritten» (in Circolare , Limmat 2018; im Original Un bacio in terza, in Liquida, Edizioni Opera Nuova, 2017). In «Geschwinde Wehmut» wird eine Klassenzusammenkunft, zu der auch der Lehrer eingeladen ist, so beschrieben, dass diese rituelle Zusammenkunft in ungewohnter Perspektive erscheint (u.a. ist von den «Dialekthänden» der Ehemaligen die Rede, und der Lehrer fragt sich, «ob jemand das Schweigen des Wassers in sich trüge»). «Ein Kuss in der Dritten» spielt im Neubau der Alten Kantonsschule, dem sogenannten Aquarium; vieles ist denjenigen, die einst den Unterricht darin besuchten (oder es heute tun), vertraut: das Verhalten der Wartenden vor den Lifttüren und vor den Schulzimmern, die Dachterrasse, die Platanen vor dem Gebäude. Aber die Studierenden sind auch Fische, die Schlüssel Sardinen, die Fahrstühle Luftblasen, und vor allem ist da eine Marina, die nach einem Kuss oben auf der Terrasse des Aquariums ganz allein mit dem Lift fahren will, obwohl viele Wartende hereindrängen möchten: nicht das einzig Rätselhafte in dieser an Motivverknüpfungen reichen Erzählung.

Denjenigen, die Anna Felders Texte lesen möchten, sie aber nicht in der Originalsprache lesen können, seien die Übersetzungen und die Originale empfohlen, denn die Texte der Autorin, eigentliche Prosagedichte, sind gekennzeichnet durch tiefgründige Wortspiele und Klangketten, die nur schwer oder nicht übersetzbar sind.

Ernst Strebel war an der Alten Kanti von 1978 -2015 Italienischlehrer im Teilamt.
Julie Courcier Delafontaine: «Atlas. La storia di Pa’ Salt» von Lucinda Riley (auf Deutsch im Goldmann Verlag erschienen.)

AULA präsentiert das Werk von Anna Felde

Anna Felder war auch Mitglied der AULA, der Alumni-Vereinigung der Alten Kanti. Zusammen mit der Società Dante Alighieri wird die AULA am 8. 12. 2024 in der Aula der Alten Kantonsschule eine Matinee ausrichten, in der das literarische Werk von Anna Felder ebenso wie ihr Wirken als Lehrerin an unserer Schule gewürdigt werden.

Bild: Anna Felder | Ladina Bischof | www.ladinabischof.ch

Die heißeste und die kälteste Schweizer Bibliothek 

Original Version

Dass Lesen unser individuelles Wärme- und Kälteempfinden beeinflussen kann, ist nicht neu. Wie aber liest es sich da, wo die äußeren Temperaturen extrem sind? Das Medienzentrum der Alten Kanti hat nachgefragt in der Kantonsbibliothek Lugano und beim Bibliobus neuchâtelois, der auch La Brévine, den kältesten Ort der Schweiz, anfährt.
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Eigenverantwortliches, begleitetes Lernen (EBL) 

Anfang 2023 hat die Leitung des Departements Bildung, Kultur und Sport der Konferenz der Rektorinnen und Rektoren den Auftrag erteilt, an den einzelnen Schulen Projekte zum eigenverantwortlichen, begleiteten Lernen zu erarbeiten. Schon im kommenden Schuljahr wird das von der Alten Kanti erarbeitete Konzept nun in einer Pionierphase umgesetzt.
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Eine haarige Debatte 

Von Susanna Burkhard, G21K

Nach unzähligen Tierschutzkampagnen und Protesten war letzten Winter dennoch wieder ein Comeback von Pelzmänteln und anderer felliger Kleidung zu sehen. – Moral und Trendfieber treffen erneut aufeinander, wobei die Generation Z neue Aspekte zum Meinungsstreit beizufügen hat.

Eigentlich könnte man annehmen, jahrzehntelange Dispute hätten den meisten bewusst gemacht, wie viel Tierleid in fast allen Fällen am Echtpelz hängt. So haben selbst die grossen Fashionhäuser Pelze seit Jahren weitgehend aus ihrer Produktion ausgeschlossen. Wurde nichts aus all diesen Fortschritten in Richtung tierfreundliche Mode gelernt?

Ein Grossteil der Menschen, welche der neuen Welle des Felltrends folgen, demonstrieren tatsächlich Lernfortschritte: Ihre Pelze sind nämlich secondhand. So zeigen sich Content Creators zum Beispiel stolz mit Pelzmänteln ihrer Grossmütter.

Gewiss, Echtpelz hat die Stärke, dass er mit genügend Pflege und Sorgfalt noch nach vielen Jahren fast wie neu aussehen kann. Zudem wird damit argumentiert, dass Kunstfell aus Plastik, zum Beispiel aus Polyester, hergestellt wird. Das heisst, dass Kunstfell eine Mikroplastikquelle sein kann und hunderte von Jahren braucht, bis es biologisch abgebaut ist. Auch wenn an biobasierten Methoden für die Kunstfellherstellung geforscht wird, ist Echtpelz aus ökologischer Perspektive momentan also die bessere Option.

Obwohl man mit gebrauchtem Pelz den noblen Look ohne schlechtes Gewissen bezüglich Tier Leid oder Umweltverschmutzung tragen kann, sollte man mögliche Nebenwirkungen in Betracht ziehen. Als Außenstehender kann man nun mal die Quelle des Fells kaum beurteilen, und solange der Markt für neue Echtpelze weiterhin besteht, könnte dies bedeuten, dass die Trendwelle von Secondhand-Pelzen die Produktion sowie den Kauf von neu produzierten Pelzen mit ankurbeln könnte.

Glaziologie: Eine Wissenschaft der Zukunft 

Die Klimaerwärmung zeigt weltweit immer häufiger teils verheerende Folgen. In der Schweiz gilt eine der grössten Sorgen den Gletschern, die rasant schmelzen. Damit rückt eine noch relativ junge Wissenschaft in den Fokus: die Glaziologie. Simon Jung, Gletscherforscher an der ETH Zürich, gibt Einblicke in sein komplexes Forschungsgebiet und zeigt auf, wie sich die Gletscherschmelze langfristig auswirkt und inwiefern wir dem Wandel auch Positives abgewinnen können.

Von Ella Karg und Mila Schwyter, G21K
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Mental Health Crisis 

Von Jeremia Frey

Wir, die sogenannte Generation Z, verbringen mehr Zeit in unseren Häusern als unterm Himmel.
Wir haben keine Ahnung, von wo unsere Nahrung kommt und wie sie hergestellt wird.
Wir verbringen mit unseren Liebsten mehr Zeit über einen Bildschirm als in Person.
Wir haben unbegrenzte Mengen an Instant-Informationen über unsere Fingerspitzen zur Verfügung.
Wir nutzen all diese Informationen, um unsere Gehirne konstant zu überfluten.

Like um Like um Like – konstantes Stimulieren unseres Gehirns. Via Sozialmedia holen wir uns wie Abhängige unsere Dopaminschübe. Ständiges Vergleichen mit den besten Aspekten anderer und den schlechtesten von uns selbst. Unaufhörliches Abgleichen mit dem eigenen Ideal, obwohl jeder Mensch seinen einzigartigen Weg im Leben verfolgt.

Die meisten von uns befinden sich an der Spitze der Maslowschen Bedürfnispyramide, wir streben nach konstanter Selbstverwirklichung und jagen dem Sinn des Lebens hinterher. Zweifellos, Selbstverwirklichung ist durchaus positiv, aber ist sie dies noch in dem Masse, wie wir sie anstreben? Wir sind so besessen davon, unsere Gefühle einordnen zu wollen, dass wir vor lauter fast schon autistischer Selbstschau den Bezug zum Außen verlieren. Die Ironie dabei: Der von Sozialmedia gesteuerte Individualismus ist in Echt ein Teufelskreis, welcher uns von der Essenz unseres menschlichen Daseins und unseren Mitmenschen entfremdet. Es geht oftmals nur um uns selbst, obwohl wir in einer Zeit, die von Krisen geprägt ist, doch füreinander da sein sollten, unabhängig von Kultur, Herkunft oder Nation. Wir allein haben die Verantwortung, wem oder was wir unseren Moment schenken.

Jeremia Frey hat im Juli 2024 die Maturaprüfungen an der Alten Kanti erfolgreich absolviert.

Gänseblümchen

Dieser Text thematisiert sexualisierte Gewalt

Von Emilia Laube

I
Er liebt mich, er liebt mich nicht
kleine Augen, grosse Hände
du liebst mich nicht, du liebst mich
schleichend kommt es hoch in mir
anscheinend fühl ich mich wohl bei dir
du beugst dich über mich
du liebst mich, du liebst mich nicht
deine kalten Fingerkuppen gehen mir unter die
Haut auf Haut
spür ich dich, fühl ich mich meinem Körper so fern
er liebt mich, du liebst mich nicht. Ich liebe dich
sagt er immer wieder.

II
Wie du erzählst von deiner Trophäe
da war ja kein Nein, da war ja kein Nein.

III
Ich möchte mich in Brand stecken.

IV
Das Kleid hängt im Flur
als ich klein war, konnte Mama meine Kleidung immer sauber kriegen
der Schwamm schrammt Wunden
in Stellen meiner Haut, die ich früher gemocht habe
mein Kleid hängt im Flur.

V
Und irgendwann
werde ich reden
bis an dein Ende.

Bild: Alessia Castro Castell

Zuekonft ond Scheffbroch

Von Erst Strebel

As aute Ma, wo scho öber sebezg Johr Zuekonft hender sech het, möcht i Muet mache för d Zuekonft. Aber wen i a d Wäutlag dänke, schiint mer, am stärchschte sege di zerstörerische Chreft, ond d Klimapolitik wärdi prägt vo egoestischer Chorzsechtigkeit.

Do chont mer es italiänisches Gedecht e Senn, wo me e de letschte föfzg Johr emmer weder begleitet het. Gschrebe het’s de Giuseppe Ungaretti em erschte Wäutchrieg, ar italiänisch-öschtrichische Front, zmetzt em maschinelle Abschlachte vo jonge Manne. I probier’s of Mondart z öbersetze.

Heiteri Scheffbröch

(Versa, am 14. Februar 1917)

Ond sofort räist är
wiiter
wie
naoch em Scheffbroch
en öberläbende
Seebär

Em Italiänisch riimt «viaggio» (Räis) met «naufragio» (Scheffbroch). Das han i ned chönne öbersetze. Aber i wönsch vor allem dene, wo no am Aafang vo der Reis stöhnd, dass si naoch de Scheffbröch, wo chum z ’vermiide send, emmer weder wiiterräiesed. Ond ungarettischi «al-legria» wönsch i ou.

PS: «allegro» chame öbersetze met «loschtig», «fröhlech», «vergnüegt», «heiter», «läbhaft», mängisch au met «liechtsennig», «aagheiteret». Me cha wähle, was för all di Scheffbröch passt.

Allegria di naufragi

(Versa, il 14 febbraio 1917)

E subito riprende
il viaggio
come
dopo il naufragio
un superstite
lupo di mare

Ernesto Strebel, Italienischlehrer im Teilamt von 1978 -2015

Crazy for Gelato 

An einem regnerischen Morgen ist man vermutlich kaum in der Stimmung, Glace zu essen. Es sei denn, man trifft sich mit Roger Holzer in seiner ehemaligen Garage. Dort befindet sich nämlich die Werkstatt der Glace-Manufaktur «Crazy for Gelato», welche er 2022 gemeinsam mit seiner Frau gegründet hat. Wenn man sich durch das eiskalte Sortiment probiert, schmilzt, egal bei welchem Wetter, nicht nur die Glace.
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Kantitag der Kulturen

Am 8. September 2023 ticken die Uhren an der Alten Kanti anders als normal. Der Stundenplan ist ausser Kraft gesetzt, viele Klassenzimmer bleiben leer, Abteilungen mischen sich bunt durcheinander, die Schul- und Sportanlagen sowie weitere Räumlichkeiten in der näheren Umgebung stehen für einen besonderen Anlass bereit – den Kantitag der Kulturen.
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Suomalaisia hauskoja faktoja (DEUTSCH)

Deutsch-Übersetzung

Finnland? – Ach ja, das Land in Skandinavien! – Das denken viele, aber es stimmt nicht. Finnland gehört nicht zu Skandinavien, sondern zu den sogenannten Nordischen Ländern. Soll man dieses Land besuchen? Als Entscheidungshilfe hier ein paar Funfacts:

In Finnland gibt viele Sportarten, die sehr ungewöhnlich sind. Zum Beispiel gibt es Wettbewerbe, bei denen man ein altes Nokia-Handy so weit wie möglich werfen muss (und ja: das Nokia Handy wurde in Finnland erfunden). Dann gibt Wettrennen, bei denen die Männer ihre Frauen tragen müssen. Oder: Fussball spielen im Schlamm. – Wir finden das orignell, denn so was gibt es nur bei uns in Finnland. Und zwar bis heute.

Noch etwas, das populär ist in Finnland: Saunas. In jedem Haus – egal ob klein oder gross, ob billig oder teuer – gibt es eine Sauna. Die Sauna-Kultur ist etwa 2000 Jahre alt und wurde in Finnland erfunden. Es gibt verschiedenene Typen von Saunas: Dampfsaunas, Rauchsaunas, Holzsaunas, türkische Saunas und so weiter. Alle sind sie nicht aus dem finnischen Alltag wegzudenken.

In Finnland gibt es Polarnächte, und es gibt die Mitternachtssonne. Finnland liegt nämlich am Polarkreis; deshalb ist es möglich, dass die Sonne nie untergeht oder nie aufgeht. Das sind fantastische Naturphänomene. Ausserdem gibt es die Nordlichter. Es gibt sogar spezielle Hotels mit transparenten Dächern, damit Touristinnen und Touristen vom Kaminfeuer aus die Sterne und die bunten Nordlichter sehen können. – Übrigens: In Finnland kann man den Nikolaus in seinem eigenen Dorf besuchen.

Und? Entschieden?

Von Anastasia Uosukainen, G23B
Anastasia Uosukainen lebt in Espoo, Finnland. Aktuell besucht sie als Austauschschülerin eine erste Klasse der Alten Kanti.

Finnische Übersetzung

Suomi? – Aah, se maa Skandinaviassa! – Monet ajattelevat niin, mutta se ei pidä paikkaansa. Suomi ei kuulu Skandinaviaan, vaan niin kutsuttuihin Pohjoismaihin. Kannattaako tätä maata käydä? Päätöksen tueksi tässä muutamia hauskoja faktoja:

Suomessa on monia epätavallisia urheilulajeja. Esimerkiksi on kilpailuja, joissa heitetään vanhaa Nokia-kännykkää niin pitkälle kuin mahdollista (ja kyllä, Nokia-kännykkä keksittiin Suomessa). Sitten on kilpailuja, joissa miehet kantavat vaimonsa. Tai: jalkapalloa mutaisella kentällä. – Pidämme sitä omaperäisenä, koska tällaista on vain meillä Suomessa. Ja vielä tänään.

Toinen asia, joka on suosittua Suomessa: saunat. Jokaisessa talossa – oli se sitten pieni tai suuri, halpa tai kallis – on sauna. Saunakulttuuri on noin 2000 vuotta vanha ja se keksittiin Suomessa. On erilaisia saunoja: höyrysaunoja, savusaunoja, puusaunoja, turkkilaisia saunoja ja niin edelleen. Ne kaikki ovat kiinteä osa suomalaista arkea.

Suomessa on napajäätä, ja siellä on keskiyön aurinko. Suomi sijaitsee nimittäin napapiirillä; siksi aurinko ei koskaan laske tai nouse. Nämä ovat fantastisia luonnonilmiöitä. Lisäksi on revontulia. On jopa erityisiä hotelleja läpinäkyvillä katoilla, jotta matkailijat voivat nähdä tähdet ja värikkäät revontulet takkatulen äärellä. – Muuten: Suomessa voi vierailla joulupukin omassa kylässä.
Entä sitten? Päätetty?

Von Anastasia Uosukainen, G23B
Anastasia Uosukainen lebt in Espoo, Finnland. Aktuell besucht sie als Austauschschülerin eine erste Klasse der Alten Kanti.

Bild: Anastasia Uosukainen

«Der digitale Richter bleibt hoffentlich Utopie» 

Gesetze sind juristische Setzungen. So leicht lassen sie sich nicht verändern. Genau dies aber verlangt der rasant fortschreitende gesellschaftliche und technologische Wandel. Wie soll das gehen, und wo setzt man in Zukunft die Schwerpunkte? – sage&schreibe hat nachgefragt beim Aarauer Oberrichter Dr. Lukas Cotti.
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Der Mensch der Zukunft

Arten verändern sich, so auch Homo sapiens. Was offensichtlich für seine kulturellen Errungenschaften gilt, stimmt auch für seine natürlichen Eigenschaften, bestimmt durch sein Erbgut. Was, wenn wir diese genetische Entwicklung aktiv beeinflussen und gestalten wollten? Wo könnten wir ansetzen, und wie müssten wir dabei vorgehen? Ein weihnächtliches Gedankenspiel.
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Die letzte Generation in der Zeitenwende? 

Von Sebastian Grüninger, Lehrer für Geschichte

Geschichte ist eine Rekonstruktion der Vergangenheit. Das lernen alle meine Schülerinnen und Schüler in den ersten Geschichtsstunden. Nur ist das mit der Rekonstruktion so eine Sache. Denn jede Rekonstruktion hat auch mit Interpretation und politischen Interessen zu tun. So ist es wenig erstaunlich, dass es beispielsweise nicht die eine Rekonstruktion des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine gibt. Vielmehr haben der russische Präsident, die grosse Mehrheit der Russinnen und Russen, aber auch viele der sogenannten «Putin-Versteher» hier im Westen eine andere Version der Geschichte als neutralere Betrachter. Wenn Rekonstruktion also nicht faktenbasiert geschieht, haben wir es nicht mit historischen Wahrheiten, sondern mit Geschichtsklitterung zu tun, mit Fake News und letztlich mit politischer Propaganda. Grundsätzlich wirken sich Umdeutungen von historischen Fakten nicht nur auf die Gegenwart aus, sondern sie sind auch eminent zukunftswirksam. Dies ist gerade angesichts einer zu befürchtenden neuen Teilung der Welt in Demokratien und autoritäre bis totalitäre Diktaturen problematisch, befördert aber auch massiv die Spaltung innerhalb der westlichen Gesellschaften.

Selbstverständlich sind politische Blockbildungen und Spaltungstendenzen in pluralistischen Gesellschaften nicht neu; im Gegenteil: sie sind wesentlicher Bestandteil davon Ich erinnere mich gut an das Schreckgespenst Sowjetunion, das vor allem im bürgerlichen Lager heraufbeschworen wurde, aber auch an dessen Gegenstück, die tatsächlichen und vermeintlichen neoimperialistischen Bestrebungen der USA, die im Kalten Krieg vor allem vom linken Lager angeprangert wurden. Abhängig von der politischen Gesinnung ganz unterschiedlich gedeutet wurden etwa auch die Fakten im Zusammenhang mit dem Fichenskandal, den Jugendprotesten der 1980er-Jahre oder der frühen Umweltbewegung im Zuge von Waldsterben und Reaktorkatastrophe von Tschernobyl. Emotionen, politische Propaganda und Demagogen gab es schliesslich bereits im Alten Athen.

Im Zuge der medialen und gesellschaftlichen Digitalisierung und Algorithmisierung bekommt die interessengeleitete Rekonstruktion von Geschichte aber eine ganz neue Qualität. Vor dreissig Jahren wusste man noch, von welchen Zeitungen was zu erwarten war, oder man glaubte es zumindest. Heute ist die Gemengelage einigermassen unübersichtlich. Zum einen hat sich die Tonlage im politischen Diskurs deutlich verschärft, zum andern kommt insbesondere in digitalen Echokammern eine zunehmend menschenverachtende Gesinnung offen zum Ausdruck. Gesinnung ist alles in einer Gesellschaft, die sich vom Versuch einer möglichst neutralen Rekonstruktion von Geschichte verabschiedet hat. Denn Gesinnung braucht heutzutage kaum noch Argumente, kaum Fakten – und Geschichte, wie sie einem gefällt. Im postfaktischen Zeitalter wird Gesinnung von Emotionen generiert. In diesem Zusammenhang stellen sich unangenehme Fragen: Was geschieht dort, in diesen digitalen Echokammern, weitgehend unter Ausschluss der breiten Öffentlichkeit? Wer steuert die Algorithmen heute und in Zukunft? Wie entwickelt sich diese «Kommunikationskultur» weiter und wie wirkt sie sich auf Gesellschaft und Politik aus?

Da ich kein Hellseher, sondern nur Historiker bin, habe ich keine schlüssige Antworten auf diese Fragen. Klar aber scheint mir, dass von unserem Umgang mit den Herausforderungen der digitalen Welt und der Globalisierung nichts weniger als der Zusammenhalt unserer freiheitlichen, pluralistischen Gesellschaft abhängt.

Viele Politiker und Forscherinnen rechnen damit, dass wir in Zukunft mit weniger Sicherheiten leben müssen: Der lebenslange fixe Job ist für die meisten längst Geschichte, die Rentensicherheit scheint zu wanken, aus den Armuts- und Konfliktgebieten Afrikas und Asiens drängen mit periodischen Ausschlägen immer mehr Menschen in unser mitteleuropäisches Paradies, selbst die seit Jahrzehnten andauernde Friedenszeit in der westlichen Welt scheint akut bedroht: Auch nach zwei Jahren noch führt Putin einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine, seit dem Spätsommer schwelt der Kosovo-Konflikt wieder bedrohlich, und am 7. Oktober hat die radikal-islamische Hamas das demokratische Israel mit nie gekanntem palästinensischem Terror attakiert und damit den nahöstlichen Dauerkonflikt zum erneuten Krieg ausgeweitet.

Zu alledem kommt der Klimawandel. Haben wir bereits die ersten «Kipp-Punkte» erreicht, welche eine immer stärkere Beschleunigung der Erderwärmung unumkehrbar machen? Zumindest ein Teil der Wissenschaft behauptet das, und keine ernstzunehmende Institution ist der Meinung, dass wir noch viel Zeit für wirksame Gegenmassnahmen haben. Was erwartet unsere Schülerinnen und Schüler? Werden sie tatsächlich die «letzte Generation» sein, wie es eine Gruppe von Klimaaktivist/-innen behauptet? Wann werden die ersten Flüchtlinge bei uns eindeutig als «Klimaflüchtlinge» einzustufen sein, und wie gehen wir mit ihnen um? Beunruhigenderweise haben die oben genannten politischen Konflikte dieses mindestens so zukunftsrelevante Thema teilweise aus den Schlagzeilen verdrängt, trotz Rekordhitzesommer und Extremwetterereignissen.

Düstere Aussichten, so scheint es. Und sowieso: Früher war alles besser.

Nein, war es nicht! Noch nie gab es in den westlichen Gesellschaften so viele individuelle Gestaltungsmöglichkeiten, so viele denkbare Lebensentwürfe, so viele neue Perspektiven wie heute. Auch wenn gewisse Tendenzen wie etwa das konsequente Gendern, Klimakleben, Ernährungstrends oder Körperkult so manches Gemüt erhitzen – die Gesellschaft soll und kann diese und viele weitere Entwicklungen zulassen. Werte wandeln sich – und das ist gut so! Denn so wird Zukunft. Schön, dass wir uns heute noch nicht vorstellen können, was die Zukunft noch alles an Ideen, kulturellen Leistungen und Spielarten von Geschmack und Lifestyle für uns bereithält.

Schon jetzt jedenfalls ist zu erkennen, dass unsere Schülerinnen und Schüler vieles für selbstverständlich halten, woran ältere Jahrgänge sich erst noch gewöhnen müssen: Online-Dating, das Vordringen des Englischen in Alltags- und Bildungssprache, die Digitalisierung von immer mehr Bereichen des Lebens, der achtsame Umgang mit Queerness aller Art – die Aufzählung könnte fast beliebig weitergeführt werden.

Es ist wohl kein Zufall, dass solche Entwicklungen in den autoritär geführten wertekonservativen Staaten unterbunden werden durch Zensur, Diskriminierung und Verfolgung. Wir sind gut beraten, solche rückwärtsgewandten Tendenzen nicht unsere Zukunft bestimmen zu lassen.

Dann besteht die berechtigte Hoffnung, dass wir auf guten Wegen in die Zukunft gehen; dann kann es uns gelingen, einen Umgang mit den neuen digitalen Kommunikations- und Informationsformen zu finden, der sich wieder vermehrt an Fakten orientiert und die Gesellschaft nicht weiter spaltet; dann werden sich bei allen Herausforderungen, vor die uns die multipolare Weltordnung stellt, auch Chancen zeigen, gerade für Schwellenländer und bisher unterprivilegierte Regionen des globalen Südens; dann dann sind die schrecklichen Ereignisse in Israel und Palästina nicht nur eine Zäsur im Nahost-Konflikt, sondern auch ein Wendepunkt hin zu einer positiven Entwicklung, an deren Ende die friedliche Koexistenz von Israelis und Palästinensern steht; dann, schliesslich, nutzen wir die Energieprobleme, die uns aus den vielfältigen Konflikten erwachsen, zur konsequenten und schnellen Dekarbonisierung,

Es gibt also durchaus Anknüpfungspunkte für Optimismus: Voraussetzung dafür ist jedoch zweifellos, dass die Teilhabe an den Errungenschaften und Möglichkeiten der Moderne in den Regionen sowie den sozialen Milieus dieser Welt zunimmt und nicht verhindert wird. Nur so können wir sicher sein, dass die «Letzte Generation» mit ihrer apokalyptischen Zukunftsvision nicht Recht behält.

Bild: Hanna Siegel

Geschlechtsneutrale Fashion 

Von Susanna Burkhard, G21K

Die Marken Gucci und Zara sind nicht gerade bekannt für ihre Gemeinsamkeiten. Trotz ihrer Unterschiede haben sie jedoch etwas gemeinsam: Beide haben in den letzten Jahren geschlechtsneutrale Modelinien veröffentlicht. Ein Trend, welcher immer mehr an Bedeutung gewinnt.

Das Prinzip von «Unisex Mode» ist simpel. Anstatt Modelinien separat für Frauen und Männer zu entwerfen, wird bei Unisex Mode eine einzige Linie für alle Geschlechter vermarktet. Dies ist in mehrfacher Hinsicht sinnvoll: Oft bestehen solche Linien aus Kleidungstücken, deren Funktion den meisten Personen, egal welchen Geschlechts, bereits bekannt ist, wie zum Beispiel weite Hosen, Blazer oder T-Shirts in neutralen Farben. Zudem ist solche Kleidung oft sehr bequem und funktional. Besonders im Vergleich zu den meisten Frauenmode-Linien ist dies ein Vorteil, da zweckmässige Funktionen wie Hosentaschen bei Frauenmode gerne minimiert werden.

Der Trend spiegelt auch die generelle Genderdebatte, welche zunehmend an Bedeutung gewinnt. Selbstverständlich wird es noch eine Weile dauern, bis wir uns in einem Kleidungsgeschäft nicht mehr zu der für ein Geschlecht bestimmten Kleidungsabteilung durchfragen müssen. Unisex Mode stellt jedoch die wichtige Frage, ob geschlechterspezifische Kleidung tatsächlich einen bestimmten Nutzen hat oder ob es sich dabei doch eher um ein veraltetes Konzept handelt. Es sind genau solche Fragen, welche als Ansatz für grössere Veränderungen dienen können.

«Ich lese in meiner Freizeit keine Businessbücher» 

Alois Zwinggi: von der Zementindustrie zum Managing Director des World Economic Forum

sage&schreibe hat Alois Zwinggi, den Managing Director des World Economic Forum, in Cologny am Genfersee zu einem persönlichen Gespräch getroffen. Der Innenschweizer erzählt von seinem Werdegang, von den Anliegen des WEF und macht sich Gedanken über die Zukunft. Ein intensives und humorvolles Gespräch, bei dem der charismatische Alois Zwinggi auch einiges von sich selbst preisgibt.
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Intellektualitätsposerei 

Von Anna Caviezel, G20F

Es gibt eine sehr spezielle Art von intelligenten Menschen. Die Intelligenz, bei der in einem simplen Apfel die Verkörperung des Guten oder der Unschuld gesehen wird. Es geht nicht darum, etwas zu essen, sondern man erörtert philosophisch dieses nun abstrakte Symbol. Mit solchen Menschen kann jedes banale Gespräch über das Wetter zu einer wissenschaftlichen Debatte über die Flüchtigkeit der Nimbostratuswolken werden. Eine simple oder klare Antwort existiert in dieser Welt schlichtweg nicht. Denn warum soll man etwas verständlich erklären, wenn man alle von seiner scheinbaren Intelligenz überzeugen kann und in jedem Gespräch unbedingt erwähnen muss, dass man «Stolz und Vorurteil» gerne gelesen hat, das Stück Weltliteratur aber ein bisschen zu einfältig fand.

Es wird mit Begrifflichkeiten um sich geworfen, die nicht mal der Duden kennt. Und doch scheint es diese Menschen aufs Tiefste zu befriedigen, wenn sie diesen Schwall an Wörtern ausgekotzt haben, denn sie schauen sich Beifall heischend um und warten vielleicht sogar darauf, dass man klatscht. Es ist, als würden sie in einem intellektuellen Zirkus auftreten, bei dem die wahre Kunst darin besteht, so zu tun, als wisse man alles besser, ohne tatsächlich etwas Substanzielles zu irgendetwas beizutragen.

Auf solche Intelligenz können wir alle getrost verzichten, denn es geht nicht um die Sache, nicht ums Verstehen, nicht um Erkenntnis. Es geht nicht einmal um sich selbst, sondern einzig um den hohlen Kopf, der narzisstisch zur Schau getragen wird.

Self Care: das neue Erfolgsrezept! 

Von Lena Tschannen, G20F

Triggerwarnung: Unerwünschte Nebeneffekte des unten skizzierten Erfolgsrezepts könnten Einsamkeit, sozialer Ausschluss und Verlust des nahestehenden Kreises sein. Hilfe bietet jederzeit die Dargebotene Hand unter der Nummer 143.

Wenn es etwas gibt, das dich immer weiterbringen wird, dann ist es Egozentrik. Schließlich musst du dich durchsetzen, um herauszustechen, oder wie sonst stellst du dir vor, die Masse zu übertreffen? Aber wie kannst du das auch verkaufen in einer Umgebung, die aus lauter Sittenwächtern besteht? Die Antwort ist einfach: Nenne es Self Care. Wenn du dich ausschließlich um dich selbst kümmerst und dabei niemand anderen als dich selbst im Blick hast, können die Leute kaum verärgert über dich sein, denn du willst ja nur das Beste für dich, damit du das Beste geben kannst für alle anderen. «Werde die beste Version von dir selber» soll deine neue Maxime sein. Du widmest dir selbst deine ganze Zeit und Energie. Wenn dabei Gefühle von anderen verletzt werden, dann ist das nicht dein Problem. Der Erfolg der Menschheitsgeschichte liegt im Einzelgängertum. Die grössten Popstars wie Beyoncé und Taylor Swift spielen schliesslich nicht in einer Band, sondern praktizieren diesen Leitgedanken. Was also lernst du daraus? Setze dein bestes «Mir ist alles egal»-Gesicht auf und heb den Mittelfinger in die Luft. Jetzt ist deine Zeit gekommen! Und wenn es anderen nicht passt, dann gehst du aufs Ganze: Schneide sie komplett aus deinem Leben heraus!

Zeitgenössischer Tanz 

Von Eowyn Wark

Wenn man früher an Tanz dachte, kam einem sofort das Bild einer Ballerina in den Sinn. Perfekte Linien, perfekte Technik und ein Tutu mit Spitzenschuhen. Heute dringt ein anderer Stil immer mehr in die Köpfe der Gesellschaft: Contemporary oder Zeitgenössischer Tanz. Zeitgenössischer Tanz ist ein Sammelbegriff für die choreografische Bühnentanzkunst der Gegenwart. Anfang 1900 wurde in Amerika in Abgrenzung zum klassischen Ballett der Begriff «Modern Dance» von Martha Graham geprägt. In Deutschland entstand im Zeichen des Expressionismus der deutsche Ausdruckstanz.

Während im Ballett strikte Formen und Positionen vorgegeben sind, besteht zeitgenössischer Tanz nicht nur aus einer Technik oder ästhetischen Form. Er entwickelt sich aus der Vielfalt verschiedener Tanzstile und Techniken und sucht Grenzüberschreitungen. Somit versucht man vorhandene Formen und Normen zu brechen und neue Wege zu finden. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt.

Viele Leute wissen daher nicht so recht, was sie mit dem Gesehenen anfangen sollen, wenn sie zum ersten Mal eine Aufführung eines zeitgenössischen Stückes gesehen haben.

Am Anfang ist diese Art von Kunst sehr gewöhnungsbedürftig. Doch ich lege allen ans Herz, noch ein zweites oder drittes zeitgenössisches Stück sehen zu gehen, bevor sie sich vom Thema abwenden. Eine spezielle Welt braucht eine spezielle Kunstform, und dies ist dem zeitgenössischen Tanz gelungen.

Eowyn Wark war bis 2023 Schülerin der G20B. Im Januar 2024 hat sie ihre Ausbildung an der Stage School Hamburg begonnen.

Obsession Zukunft

Die Gegenwart gestalten. Im Moment leben. Irgendwie versuchen wir das ja alle. Immer wieder aber bremst uns dabei die Erinnerung aus, denn die Vergangenheit hat uns zu dem gemacht, was wir sind. Und die Zukunft? Für uns alle ein weisses Blatt, das wir beschreiben sollen. Das ist unheimlich. Ungelebtes Leben verunsichert, weckt Ängste und Hoffnungen. Nicht wenige beschäftigt die ungewisse Zukunft deshalb mehr als die Gegenwart. Woran liegt es, dass wir uns so schwertun mit dem Augenblick? Woher die Faszination für das, was noch gar nicht ist? Der Psychologe Prof. Dr. Christopher J. Hopwood von der Universität Zürich liefert Antworten.

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Partnersuche vor Publikum

Während man früher mangels Alternativen im richtigen Leben nach einer Partnerschaft suchte, sieht das heute ganz anders aus. Zahlreiche Internet-Plattformen ermöglichen Dating im virtuellen Raum. Selbst vor laufenden Fernsehkameras lässt sich das Beziehungsglück suchen. Und in der Zukunft? Werden wir bald unseren Avatar zum ersten Date schicken? – Wir haben einen gefragt, der sich auskennt mit der Partnersuche: Stephan Schulz, Casting-Verantwortlicher der Schweizer TV-Dating-Sendung «Bauer, ledig, sucht…».

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Die Wespe im Weltall 

Von Nadia Bajrami

Luca richtete sich zu voller Grösse auf und versuchte vergeblich, einen Blick auf den Brief in den Händen seiner Mutter zu werfen, die konzentriert am Pult sass. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, doch auch das half nicht. Also hüpfte er auf den alten Stuhl neben dem Pult – seinen heissgeliebten Mount Everest. Von oben herab starrte er nun gebannt auf das Papier, die Augen weit aufgerissen. Es sah aus, als hätte man ihm blaue Murmeln in das Marshmallow-Gesicht gedrückt. «Mama!», rief er halb ratlos, halb belustigt, «dieses Zeichen da oben links sieht aus wie ein Elefant!»

«Hör mal, mein Schatz, Mama braucht jetzt Zeit für sich allein, ja.»

«Aber ich hab doch gar nichts gemacht!»

Als die Mutter nicht antwortete, kraxelte er mit einem betont lauten Seufzer von seinem Berg herunter und stampfte aus dem Arbeitszimmer, dass der Boden vibrierte. Aber die Mutter reagierte noch immer nicht.

Im Wohnzimmer liess er sich auf das Sofa fallen, verschränkte die Arme vor der Brust und schob trotzig die Lippen vor. Dann fiel Lucas Blick auf die Fernbedienung auf dem Salontisch. Bevor er nach dem Gerät langte, schaute er noch einmal in Richtung Arbeitszimmer, dann schaltete er den Fernseher an und suchte den Kanal mit seiner Lieblingsserie.

Ein sprechender Seestern jammerte, er sei auf der Strasse einer toten Miesmuschel begegnet. Der gelbe Schwamm – nicht weniger redselig – entgegnete: «Tote Miesmuscheln zu berühren – das ist gefährlich. Schlimme Krankheiten können übertragen werden, man kann sogar daran sterben.»

Luca rümpfte die Nase. Schluckte. Schauderte. Wie konnte etwas Totes einen tot machen? Er hatte immer gedacht, nur Lebendiges könne etwas töten.

Mit diesem mulmigen Gefühl machte er den Fernseher aus, legte die Fernbedienung weg und ging auf sein Zimmer.

Auf dem Weg dorthin kam er schnell auf andere Gedanken, denn es galt, wie immer, so über den Boden zu hüpfen, dass er nicht in die abgrundtiefen Canyons zwischen den Fliesen stürzte. In seinem Zimmer setzte er sich auf den bunten Auto-Teppich und bastelte aus Legosteinen ein Raumschiff mit Leoparden-Muster. Immer wieder versuchte er dabei, das Geräusch eines Raumschiff-Antriebs nachzuahmen, doch da er keine Ahnung hatte, wie sich so was anhörte, liess er sich ein Geräusch einfallen, das wie eine seltsame Mischung aus Mofa und Elektroroller klang.

Versunken in seine Arbeit und konzentriert auf sein Triebwerksgeräusch, hatte er nicht bemerkt, dass eine Wespe durch das offene Fenster ins Zimmer geflogen war und sich ins Bücherregal gesetzt hatte. Als der Düsenantrieb stockte und stotterte und der kleine Weltraumtechniker wütend mit den Armen fuchtelte, hob sie wieder ab und flog Schleifen im Zimmer. Sie brummte jetzt so laut, dass Luca auf sie aufmerksam wurde. Er zuckte, zog den Kopf ein und griff reflexartig nach einem Heft, das auf dem Boden lag.

Wespen gehörten definitiv nicht ins Weltall, also musste er den nervenden Brummer in die Flucht schlagen, und zwar richtig. In der einen Hand das Heft, in der anderen das Raumschiff, schlug er wild um sich, bis es still war.

Er hörte noch einmal genau hin, dann war er beruhigt.

Er hatte es geschafft. Er hatte das Weltall heldenhaft verteidigt und war nun in Sicherheit. Erleichtert widmete er sich wieder dem Raumschiff und zog nach erfolgreicher Reparatur neue Bahnen durch seine überirdische Welt. Direkt über dem Bücherregal entdeckte er einen neuen Planeten, neben der Spielzeugkiste gleich drei.

Nachdem er noch zwei Sterne am Rand des Teppichs gefunden hatte, knurrte ihm der Magen, und er wollte sich auch schon aufrappeln, als seine Finger etwas berührten. Er schaute genau hin und vergass zu atmen. Mitten auf dem Teppich, zwischen ein paar bunten Lego-Steinen, lag die Wespe, die er eben aus seinem Universum vertrieben hatte. Sie lag auf dem Rücken, die dürren Beinchen zeigten zum Planeten über dem Bücherregal. Und sie bewegte sich nicht.

Moment mal – hatte er die Wespe tatsächlich angefasst? Luca roch kurz an seinen Fingern und fragte sich, wie eine Wespe überhaupt rieche. Eine tote Wespe.

Er wurde bleich. Wie war das noch mal? Was hatte der blöde Schwamm gesagt? Schlimme Krankheiten… Luca spürte, wie ihm gleichzeitig heiss und kalt wurde.

Langsamer als sonst tapste er ins Arbeitszimmer der Mutter. Vorsichtig. Leise.

«Mama?», flötete er, «darf ich dich was fragen?»

«Hm?»

«Wie steht es eigentlich so mit – ich meine, mit Wespen?»

«Wespen? Wie kommst du denn –»

«Also, nehmen wir mal an… eine Wespe stirbt. Wespen sterben ja, oder?»

Sie hob den Kopf, kniff die Augen zusammen und sah ihn fragend an. «Korrekt, ja. Aber –»

«Und Wespen sind ja Tiere…»

«Ja, und Katzen und Hunde und Bienen sind auch Tiere. Keines lebt ewig – selbst wir Menschen sterben eines Tages.»

«Das weiss ich doch – aber wegen der Wespe, Mama!»

Ihr Blick verdüsterte sich, Falten zogen sich über die Stirn. «Wie bitte? Ich versteh gar nichts, Luca.»

Luca spürte, wie sein Herz pochte. Sie verlor allmählich die Geduld, aber er musste es wissen, selbst wenn ihm die Antwort nicht gefiel. Und er durfte nicht weinen. Astronaut mit einem riesigen Raumschiff war er; bis zur letzten Sekunde seines Lebens würde er nicht heulen. Trotzdem wollte er es wissen, unbedingt.

«Also rein theoretisch, Mama: Kann ein totes Tier Krankheiten übertragen?»

Luca war ein bisschen stolz darauf, diesen Begriff benutzt zu haben. Rein theoretisch. Den hatte er von seiner Mutter.

«Wie kommst du denn darauf?»

«In der Schule meinte Tobias, dass das möglich ist. Er sagte, er habe mal so was im Fernsehen gesehen.»

«Also, es ist schon möglich. Rein theoretisch.»

Die Mutter legte eine Pause ein und dachte nach. Dann erklärte sie: «Wenn dich zum Beispiel ein Fuchs beisst, der Tollwut hat, kann diese Krankheit auch auf dich übertragen werden. Verstehst du? Dann folgen Gliederschmerzen, schreckliche Krämpfe und Angst vor Wasser. Der Speichel läuft dir übers Kinn, und schlussendlich stirbst du.»

Luca schluckte.

«Also nur bei Füchsen, oder?»

«Auch bei Hunden und Wölfen.»

«Und rein theoretisch auch bei Wespen?»

«Hat dich etwa eine gestochen?»

Er zögerte, räusperte sich, machte den Mund auf und schloss ihn wieder. Er musste das Gespräch sofort beenden, andernfalls würde Mama etwas ahnen. Das durfte er natürlich nicht riskieren. Schliesslich war er Astronaut.

«Nein, nein. Ich dachte bloss», sagte er und ging so leise aus dem Arbeitszimmer, wie er reingekommen war.

Luca legte sich auf sein Bett. Wenn er den Kopf leicht drehte, sah er die Wespe auf dem Teppich. Sein Herz klopfte bis in den Hals hinauf, ihm wurde ganz übel.

Mit einer ruckartigen Bewegung zog Luca die Decke über den Kopf.

Und wartete.

«You’re dead only if you’re warm and dead» 

Eine der wenigen Gewissheiten im Leben ist zweifellos die Unumstösslichkeit dess Todes. Könnte man denken. Denn schon bald wird der Tod möglicherweise nicht mehr das Ende des Lebens sein, sondern der Anfang zu einem neuen. Dies jedenfalls ist das Forschungsgebiet der Kryobiologie, die damit experimentiert, Tote einzufrieren, um sie zu gegebener Zeit wieder zum Leben zu erwecken. sage&schreibe hat den Molekularbiologen Patrick Burgermeister, einen der Vorreiter auf dem Gebiet, zum Gespräch getroffen.
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Zukunft und Politik 

Klimakrise, Migration, steigende Energie- und Lebenshaltungskosten, rekordhohe Krankenkassenprämien – selten war die Schweiz mit so vielen existenziellen Problemen gleichzeitig konfontiert. Nachhaltige Lösungen erhoffen wir uns von der Politik. sage&schreibe hat mit Martin Bäumle, Nationalrat GLP, und Matthias Müller, Präsident der Jungfreisinnigen Schweiz, zwei Politiker aus unterschiedlichen Lagern und Generationen mit Fragen zur politischen Zukunftsgestaltung konfrontiert.
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Zukunftsforschung? Zukunftsforschung! 

Die wissenschaftliche Beschäftigung mit der Zukunft ist ein verhältnismässig junger Forschungszweig. Die Zukunftsforschung versucht Trends und Entwicklungen in den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft oder Innovation frühzeitig zu erkennen, damit uns die Zukunft nicht unvorbereitet trifft. – sage&schreibe hat mit der renommierten Zukunftsforscherin Karin Frick vom Gottlieb Duttweiler Institut gesprochen und unter anderem gefragt, wie genau man etwas erforscht, was es noch gar nicht gibt.
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Die Magie musikalischer Harmonie im eigenen Heim 

Hausmusik, eine jahrhundertealte Tradition, beschreibt das gemeinschaftliche Musizieren in den eigenen vier Wänden. Dabei vereinen sich Familie, Freunde und musikbegeisterte Nachbarn, um in entspannter Atmosphäre zusammen zu musizieren. Dieses intime Musikerlebnis schafft eine einzigartige Magie, die in größeren Konzertsälen selten erfahrbar ist.
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För s Reglemänt 

Von Ernst Strebel*

Velech het sech öpper ufgregt öber mi letscht Kolumne. Dass en aute Sack, wo nömm a de Front esch, gäg d Reglemänt schribt. Aute Sack esch ok, aber i be ned gäg aui Reglemänt. Zom Bispel wär i för es rigoroses Reglemänt gäg die, wo d Strosse blockiere. Gäg die, wo Tag för Tag, äine oder äini eläi, emene (meischt idiotisch grosse) Auto hocke ond d Strosse verstopfe. Di Auti Kanti esch jo diräkt betroffe. E Kolleg, e begäischterete Biolog, het for Johre an ere Wiiterbeudig gsäit, dass s Strosse-Drüegg om öisi Schuel för Tier em Park e Todesgränze seg. För d Mönsche zwar ned, aber em Lärm und de Abgas send täglech öppe 1500 Jongi vo der Kanti ond KSB usgsetzt. Of die sött me Röcksecht näh ond d Strosse för e Vercher speere. Woäne met de Auto? Ondere Bode. Grossi Städt händ U-Bahne; Aarau (wo jo scho di Meyersche Stolle het) chönt di erscht (fasch grossi) Stadt met U-Strosse wärde: Die Stadt der schönen Giebel und der stillenden Stollen.

Jetz spennt dä aut Sack totau, wärde di Automobile rüefe. Aute Sack esch we gsäit ok, aber d Idee stammt vom grosse Dechter Friedrich Schiller, wo em letschte Värs vo «Nenie» schriibt: «Denn das Gelärme geht klanglos zum Orkus hinab.» Ecco!

PS: I ha fasch 40 Johr lang gschompfe öber e Strosselärm rond om öisi Schuel. I ha bem Onterrechte em Sommer d Fäischter ned chönne uftue. Nie aber ben i met eme Transparänt of d Loränzi gstande. I ha de Muet ned gha.

* Italienischlehrer im Teilamt von 1978–2015

De Vouäärnter

«Nääääi!» No äinisch «nääääi!» Denn es dritts Moou. Deewääg luut und schaarf, dass mes wiitume ghöört, bis zum Waudrand, bis abe zum Schiessplatz und bis is Buech use. Di paar Spaziergänger im Waud bliibe stoo, schüttle de Chopf und froge sech, was ächt loos seig. E Schlegerei drei Taag vor de Wienecht? De Haubstarche isch jo äu der Advänt nümm häilig. Nach eme Wiili hets plötzlech überluut ghüület, entsetzlech, häärzzerriissend. Aui sind schweer verschrocke, hätte gäärn ghouffe, aber e kene het gwüsst, wohäär dass s chunt.
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»Nicht alles ist bei uns traurig»

In der Schweiz werden laut Bundesamt für Statistik jährlich knapp 20’000 Menschen Opfer von häuslicher Gewalt. Bei mehr als 70% der Fälle handelt es sich um Frauen. Als Zufluchtsort für betroffene Frauen und deren Kinder gibt es in der Schweiz 23 Frauenhäuser. sage&schreibe hat Rosmarie Hubschmid, die Leiterin des Frauenhauses Aargau-Solothurn, über Zoom getroffen und Einblick erhalten in eine wichtige Institution.
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Schöner Wohnen

Zweifellos ist es die Wohnungseinrichtung, die uns ein Gefühl von Behaglichkeit und Zuhause-Sein vermittelt. Die gemütliche Sofa-Ecke, der grosse Esstisch, ein Bücherregal, vielleicht. sage&schreibe wollte wissen, wie die Schweizerinnen und Schweizer wohnen, und hat einen gefragt, der sich auskennt: Ralph Hasler, Mitglied der Geschäftsleitung und Regionalverkaufsleiter von Pfister.
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Jeden Tag ein bisschen mehr ankommen

Nach dem völkerrechtswidrigen russischen Angriff auf die Ukraine fühlten sich Anna Pavlova und Liudmyla Pavlova nicht mehr sicher in ihrem eigenen Land. Mutter und Tochter versuchten der ständigen Bedrohung zu entkommen und verliessen die Ukraine. Seit April 2022 leben die beiden zusammen mit drei Landsleuten am Hallwilersee. Angst um ihr Leben brauchen sie keine mehr zu haben. Doch die Angst um ihre Lieben nimmt ihnen keiner.
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Zuhause in der WG

Die klassische Wohnsituation von Studentinnen und Studenten: die Wohngemeinschaft. sage&schreibe hat eine Neun-Personen-WG in Zürich besucht, um mehr über das studentische Zusammenleben zu erfahren. Red und Antwort gestanden sind zum einen die 22-jährige Jelena Hufschmid, die an der Uni Zürich Veterinärmedizin studiert und seit November 2020 in der WG lebt, zum anderen Janick Baumann, 23, der Gesundheitswissenschaften und Technologie an der ETH studiert und Mitte Juni in die WG eingezogen ist.
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ALLEGRA! (Deutsch)

Von Katrin Brupbacher*

Allegra! Forsa pensasch uossa da l’aua minerala. Forsa üna jada hast gìa vis üna buttiglia sü la maisa d’ün restaurant. Ubain hasch però fat vacanzas en chantun Grischun, ingio scuntrasch «allegra» sün via: sco salüd, surtuot enturn mezdi ed davomezdi. Eu chat quai in fich bel salüd: el cuntegn l’allegria. Oriundamaing fa apart dals idioms rumantschs Putèr, Vallader/Jauer che vegnan scrits e discurrids en Engiadina ed en Val Müstair.

Quai cun la quarta lingua naziunala es üna chosa cumplicada: main co 0.5% en Svizra discuorran rumantsch sco lura lingua principala, e lura i sun tschinch idioms!

Ünsacura sco giuvenila eu vaiva decidì d’imprender tuot las quatter linguas naziunalas. Id ha deplorablamain durà ün pa fin che eu n’ha pudü cumanzar. Durant ün sogiuorn plü lunga en Val Müstair avant trais ons eu n’ha quai pudü as metter vi. Intant che meis uffants sun sfunsads en la lingua in scoula, sün la plazza da ballapè ed en l’auto da posta cun lur collegas, eu n’ha fat ün prüm pass cun meis vaschinas chi han 80 onns ed plü, insembel cun café ed un cudesch da cuors. Daspö eu exercitesch la lingua durant las fins d’eivnas ed en vacanzas en Val Müstair. I basta s-chars per scriver quist text – ed con quist eu as di adieu. Grazia fichun ed a revair, Alte Kanti!

Deutsche Übersetzung

Allegra! Vielleicht denkst du jetzt an Mineralwasser. Vielleicht hast du irgendwann mal eine solche Flasche auf einem Tisch im Restaurant gesehen. Oder aber du hast Ferien in einer Ecke Graubündes gemacht, wo «allegra» dir auf der Strasse begegnet: als Grusswort, vorwiegend um den Mittag und am Nachmittag. Ich finde das einen sehr schönen Gruss: er trägt die Freude, die allegria, in sich. Ursprünglich gehört er in die rätoromanischen Idiome Putèr, Vallader/Jauer, die im Engadin und im Val Müstair geschrieben und gesprochen werden.

Ja, das mit der vierten Landessprache ist eine komplizierte Sache: weniger als 0.5% der Schweizer Bevölkerung nennen sie ihre Muttersprache, und dann gibt es auch noch fünf Idiome!

Irgendwann als Jugendliche habe ich entschieden, alle vier Landessprachen zu lernen. Es hat leider etwas lange gedauert, bis ich das in Angriff nehmen konnte. Während eines längeren Aufenthalts im Val Müstair vor drei Jahren habe ich damit begonnen. Während meine Kinder in der Schule, auf dem Fussballplatz und im Postauto mit ihren Kollegen in die Sprache eintauchten, habe ich mit meinen über 80-jährigen Nachbarinnen bei Kaffee und mit einem Kursbuch erste Versuche gemacht. Seither übe ich an Wochenenden und in den Ferien im Val Müstair. Es reicht gerade, um diesen Text zu schreiben – und mit ihm verabschiede ich mich. Danke vielmals und auf Wiedersehen, Alte Kanti!.

*Katrin Brupbacher, langjährige Geschichtslehrerin an der Alten Kanti, wird ab August 2023 als Gründungsrektorin die neue Kantonsschule Fricktal in Stein aufbauen und leiten.

Damit Herkunft keine so grosse Rolle mehr spielt…

Jugendliche mit Migrationshintergrund oder aus finanziell bescheidenen Verhältnissen unterstützen und fördern und für sie eine Brücke schlagen, damit sie nach der obligatorischen Schulzeit leichter Zugang zu einer weiterführenden Schule finden? «Chagall» macht es möglich. Das Förderprogramm wird neu auch in Aarau umgesetzt.
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Ein neues Zuhause im Pflegezentrum

Für viele Menschen ist der letzte Umzug ein besonders schwieriger, denn er bedeutet, vom alten Zuhause Abschied zu nehmen und sich in einem Alters- oder Pflegezentrum neu einzuleben. Was bedeutet dieser Schritt für die Betroffenen? Wie wichtig ist es gerade für ältere Menschen, sich zuhause und geborgen zu fühlen? sage&schreibe hat das Pflegezentrum Sanavita AG in Windisch besucht – und nachgefragt beim Geschäftsleiter und drei lebensfrohen Bewohnerinnen.
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Festung Europa

Von Melanie del Fabro, G21E

Die Aussengrenzen Europas werden immer undurchdringlicher. Es gibt kaum legale Fluchtwege. Diejenigen, die es trotzdem versuchen, geniessen zu wenig Schutz, laufen Gefahr, ausgebeutet, geschlagen, gefoltert oder gar getötet zu werden.

Die Abschottungspolitik der EU beziehungsweise Europas zeigt gerade im Juni 2023 wieder ihr hässliches Gesicht.

Frontex arbeitet mit der libyschen Küstenwache zusammen, um illegale Pushbacks von Flüchtlingsbooten in Auftrag zu geben oder gar durchzuführen. Die kroatische Polizei zwingt Geflüchtete illegal und mit Gewalt zurück über die bosnische Grenze. Die griechische Küstenwache greift bei einem der schrecklichsten Schiffsunglücke viel zu spät ein, woraufhin über 600 Menschen im Mittelmeer ertrinken.

Sobald Menschen nicht-europäisch beziehungsweise nicht-weiss sind oder kein Kapital besitzen, sind ihre Leben kaum mehr etwas wert. Allein seit 2016 gab es über 27’000 Tote im Mittelmeer. Viele davon hätte man retten können, doch Seenotrettungsaktivist/-innen werden kriminalisiert, während Frontex gerne bewusst wegschaut und Fluchtrouten nach Europa erschwert.
In Zukunft wird es allein aufgrund der Klimakrise Millionen Menschen geben, die ihr Land verlassen müssen. Sie werden trotz der grossen Risiken versuchen, Europa zu erreichen, denn die Gefahr in ihrer Heimat ist grösser.

Nun bleibt die Frage, was sich in Europa schliesslich durchsetzt: Menschenrechte oder Rassismus?

Mr. Sportkanti goes Fliegenfischen

Dr. Andreas Hunziker, Rektor
mit Unterstützung von Dr. Martin Burkard, Rektor a.D.

Aarau und Boniswil. An diesen zwei Orten im Aargau hat Kurt Büchler Wurzeln geschlagen. Noch heute verrät sein Dialekt jedoch unmissverständlich die Solothurner Herkunft: In Olten wuchs er auf und besuchte die Kanti, in Solothurn absolvierte er das Oberseminar. Bereits während seines Sport-Studiums an der ETH aber schnupperte er als Stellvertreter und Skilagerleiter Alte-Kanti-Luft – bis er 1984 eine Anstellung als Hilfslehrer im Fach Sport erhielt und damit definitiv in Aarau ankam. 1993 wurde er zum Hauptlehrer gewählt, weitere 10 Jahre später zum Prorektor. Dieses Amt prägte er während 20 Jahren massgeblich und nachhaltig.

Verbunden mit Aarau war er auch durch seine grosse Leidenschaft, den Handballsport, fanden doch die Trainings und Spiele des TV Suhr in der Aarauer Schachenhalle statt. Als Rückraumspieler war er im Nationalliga-A-Team stets ein sicherer Wert. Ein grosser Rückhalt war er auch bis zuletzt für unsere Schule. Denn auch als Prorektor packte Kurt die Dinge sportlich an, – klar und geradlinig, immer das Resultat im Blick. Für die Alte Kanti war und ist es ein Glück, dass Kurt eindeutige Abmachungen und Regeln liebte, verdankt sie ihm doch zahlreiche wichtige Überarbeitungen von Reglementen im Bereich Organisation und Administration. Seine umsichtig ordnende Hand wird uns fehlen, aber die Spuren, die er beispielsweise im Bereich Spezieller Unterricht, im Austauschwesen oder in verschiedenen Krisenkonzepten hinterlassen hat, werden bleiben.

Kurts Verdienste erschöpfen sich freilich nicht im Organisatorischen und Administrativen. Immer stand für ihn nämlich der Mensch im Vordergrund. Nicht selten traf ich Kurt nachdenklich an; Schicksalsschläge von Schülerinnen oder Schülern, aber auch von Lehrpersonen oder Mitarbeitenden machten ihm ebenso zu schaffen wie soziale Ungerechtigkeiten. Wo es ihm möglich war, bot er deshalb Unterstützung mit Rat und Tat, auch ausserhalb der Schule. So engagiert er sich etwa seit Jahren als ehrenamtlicher Stiftungsrat der Stiftung FARO für Menschen mit kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen.

Kantonal, wenn nicht sogar national bekannt wurde Kurt seit 2005 als Mitgründer und Leiter des Sportgymnasiums an der Alten Kanti, das es schulisch starken Spitzensportlerinnen und -sportlern ermöglicht, das Gymnasium in fünf statt vier Schuljahren abzuschliessen. Seiner Initiative und planerischen Finesse ist es auch zu verdanken, dass der Lehrgang 2022 dank eines deutlich flexibleren Unterrichtsmodells mit mehr selbstständigen Arbeitsformen für die Schülerinnen und Schüler nachhaltig modernisiert werden konnte. Kurts Kontakte in die Welt des (Handball-)Sports waren bei seiner Arbeit als Mr. Sportkanti immer wieder Gold wert für unsere Schule.

Seine Fähigkeiten als Projektleiter stellte Kurt nicht zuletzt als Verantwortlicher für die Sportanlage Telli unter Beweis, als er ab Ende der 90er-Jahre die Reorganisation und Modernisierung der komplexen Strukturen begleitete und dabei eng mit Stadt und Kanton zusammenarbeitete.

Privat schlug Kurt Wurzeln in Boniswil am Hallwilersee, wo er bis heute mit seiner Familie lebt – in einem alten Bauernhaus, bei dessen Umbau der begabte Handwerker und nimmermüde Schaffer auch selbst Hand anlegte. Kreative Pausen gönnt sich Kurt im Garten oder – in enger Zusammenarbeit mit seinem früheren Vorgesetzten – bei der Produktion von edlen Obstbränden. Auch auf dem See ist Kurt regelmässig anzutreffen, wo er sich einem weiteren Hobby, dem Fischen, widmet. Nach der Pensionierung wird er sich übrigens in der schwierigsten Disziplin, dem Fliegenfischen, weiterbilden.
Kurt zieht es aber auch immer wieder weg, in die Glarner Berge, nach Braunwald, wo seine Frau Bea herkommt, auf abenteuerliche Safaris in Afrika, nach Griechenland zum Klettern oder in die Fauna und Flora Costa Ricas.

Ich danke Kurt herzlich für seinen grossen und bis zuletzt unermüdlichen Einsatz zugunsten der Alten Kanti und wünsche ihm Musse und viel Freude bei seinen sportlichen und handwerklichen Aktivitäten – und wunderschöne weitere Entdeckungsreisen im nagelneuen VW-Camper.

Zeitenwende

«Die Zeit ist kein Sumpf, sie ist Strom. Alle Völker nennen sie so, und mit Recht. Denn Stillstand ist nirgends, sondern fortwährender Wandel der Dinge und darum Verwandlung von Allem», schrieb der aus Magdeburg stammende und in Aarau sesshaft gewordene Publizist Heinrich Zschokke (1771 – 1848) im Jahr 1817 in seinen «Überlieferungen zur Geschichte unserer Zeit».
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Frag Aarau

Chiara Audia und Giada Di Lorenzo vom sage&schreibe- Videoteam haben am Weihnachtsmarkt in Aarau
einige Aarauerinnen und Aarauer auf die Probe gestellt und ihr Allgemeinwissen getestet. Ganz nach dem
Motto: «Frag Aarau.»

Zeitenwende

«Die Zeit ist kein Sumpf, sie ist Strom. Alle Völker nennen sie so, und mit Recht. Denn Stillstand ist nirgends, sondern fortwährender Wandel der Dinge und darum Verwandlung von Allem», schrieb der aus Magdeburg stammende und in Aarau sesshaft gewordene Publizist Heinrich Zschokke (1771 – 1848) im Jahr 1817 in seinen «Überlieferungen zur Geschichte unserer Zeit».
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MOREinga am Europäischen Entrepreneurship Finale in Tallinn

Anfang Juni lagen wir uns überwältigt und freudetaumelnd in den Armen. Am nationalen Finale des Company Programmes, organisiert durch Young Enterprise Switzerland, wurden wir zur «Company of the Year 2022» gekürt. Über 200 Miniunternehmen aus der ganzen Schweiz nahmen an diesem Wettbewerb teil, und unsere Leistungen konnten die Jury überzeugen. Dadurch wurden wir für das Europäische Finale nominiert und hatten das Flugticket nach Tallinn in der Tasche. Das bedeutete für uns allerdings viel Arbeit: Geschäftsbericht, Flyer, Homepage, Präsentation etc. – alles musste innerhalb von zwei Wochen auf Englisch übersetzt werden. Weiterlesen

Vom Glück zu spielen

Schon früh war Jakob Schildhauer von der Blockflöte fasziniert, seit seinen ersten Versuchen auf dem Instrument hat der Schüler der Alten Kanti viel erreicht: Er ist Teil der Spitzenförderung Aargau, hat diverse Preise gewonnen, spielt mit den Besten seines Fachs und in so vielen Formationen, dass er selbst manchmal den Überblick verliert. Wir habenden aufstrebenden Flötisten mit Fragen zu seinem Instrument, zur Technik und zu seiner noch jungen Karriere konfrontiert.
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Wenn Geschichte lebendig wird

Im Schweizer Mittelland soll das Mittelalter wieder lebendig werden. Möglich macht es der Verein «abenteuer – zeitreise», welcher den Nachbau einer Siedlung plant, wie sie zwischen 1000 und 1500 n. Chr. ausgesehen haben könnte. Wir haben uns zusammen mit Silvia Aeschimann, der Initiantin des Projekts, einerseits auf eine Zeitreise zurück ins Mittelalter begeben, andererseits aber auch auf eine Reise in die Zukunft, denn die Umsetzung des Projekts steht noch in den Sternen.
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«Die Zeit hat für mich jetzt einen anderen Wert»

Sandresegarem Tharmachandran ist 73 Jahre alt und bereiste dank seiner Arbeit auf Frachtschiffen Länder wie Brasilien, Japan, Amerika, Kanada, Saudi-Arabien und viele weitere. Er flüchtete wegen des Bürgerkriegs aus Sri Lanka und lebt heute in der Schweiz. – Ein Porträt über einen Menschen mit einer besonderen Beziehung zur Zeit.
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Viel zu kurz

Im April 2022 starb völlig überraschend nach kurzer Krankheit der Publizist, Schriftsteller und Germanist Lukas Tonetto im Alter von nur 49 Jahren. Lukas Tonetto unterrichtete von 2019 bis 2022 Deutsch an der Alten Kanti.
Der nachfolgende Text des Musiklehrers Michael Schraner ist eine persönliche Annäherung an einen vielschichtigen, schillernden Menschen und Kollegen, der im Kollegium der Alten Kanti schmerzlich vermisst wird.
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Wie Demenz das Zeitgefühl verschiebt

Von Demenzkranken heisst es oft, sie hätten den Bezug zur Zeit verloren. Tatsächlich verlieren viele das Gefühl für Tag und Nacht, sind mit dem normalen Tagesablauf überfordert. Nicht wenige ziehen sich dann in eine für Aussenstehende verschlossene Vergangenheitswelt zurück. Was macht diese Krankheit mit den Betroffenen? Wie verändert sie insbesondere den Umgang mit der Zeit? sage&schreibe hat nachgefragt bei Ralph Juchli, Wohngruppen-Teamleiter auf der Demenzabteilung des Alterszentrums Haslibrunnen in Langenthal BE.
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Kaufmännische Grundbildung mit neuem Fokus

Mit Beginn des kommenden Schuljahrs verändert sich einiges in den Lehrplänen der Wirtschaftsmittelschule. Verantwortlich dafür ist die vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation, SBFI, konzipierte Reform der kaufmännischen Grundbildung, welche der Digitalisierung und dem Fachkräftemangel Rechnung trägt und Handlungskompetenzen in den Fokus der Ausbildung rückt.
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«Im Gefängnis lebst du in der Vergangenheit»

Für den Rest des Lebens eingesperrt sein. Wegen weniger Minuten, wegen eines grossen Fehlers. Das ist die Realität von B. der heute 56-Jährige wurde im April 2009 festgenom- men und bekam achteinhalb Jahre später das Urteil. Seither verbüsst er eine lange Frei- heitsstrafe in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Lenzburg.* Vor seinem Tod wird er das Gefängnis wahrscheinlich nicht mehr verlassen. Wie er damit umgeht, was das mit einem Menschen macht und was Zeit für ihn bedeutet – mit sage&schreibe hat er darü- ber gesprochen.
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Auf und davon

Ein halbes oder ein ganzes Jahr fremde Familie, fremde Sprache und fremde Kultur satt – dies ist das Programm eines Austausch-Aufenthalts im Ausland. Jedes Jahr wagen zahlreiche Schülerinnen und Schüler der Alten Kanti das Abenteuer, sich auch im übertragenen Sinn auf unbekanntem Terrain zurechtzufinden. sage&schreibe hat vier Schülerinnen der Abteilung G21K gebeten, von ihren Erfahrungen zu berichten.
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«Wir sind alle nur ein Zahnrad in der Uhr des Lebens»

Die Uhrmacherei hat eine lange Tradition in der Schweiz. Uhren verraten mehr als nur die Zeit. Um den Geheimnissen, welche sich hinter den Uhren verstecken, auf den Grund zu gehen, haben wir die Uhrmacherin Rebekka Meier in der Uhrenstadt Grenchen besucht. Sie betreibt dort in der alten Michel-Villa seit Jahren ein Uhrenatelier. Weiterlesen

Die Kunst der Berührung

In vielen Sportarten, aber auch im künstlerischen Bereich ist der Körperkontakt als besondere Form von Nähe zentral. Haut, Schweiss, Atem – wie fühlt sich solch extreme Nähe an? Wir haben den mehrfachen Kickbox-Weltmeister Rocco Cipriano, den «eidgenössischen» Schwinger Nick Alpiger und die Tänzerin und Choreographin Brigitta Luisa Merki getroffen und nach ihren Erfahrungen gefragt. Weiterlesen

Kann man Nähe kaufen?

Der Mensch ist ein soziales Wesen und auf die Nähe zu seinen Mitmenschen angewiesen. Aber was, wenn man diese Nähe in seinem Umfeld nirgends finden kann? Genau diese Zielgruppe spricht «rent a friend» an, das Online-Portal, welches Menschen, die sich einsam fühlen, einen unkomplizierten Weg zu neuen Freundschaften verspricht. Der einzige Haken dabei: Man muss den gemieteten «friend» für die gemeinsam verbrachte Zeit bezahlen. Geniale Geschäftsidee oder schamloses Ausnützen von Einsamkeit? Wir haben den aus Deutschland stammenden Wahl-Basler Leon C. gefragt, einen der potenziellen Friends, die gebucht werden wollen. Weiterlesen

«Nähe ist Nahrung für den Körper»

Assunta Amatucci ist gelernte Sexualbegleiterin und Berührerin für Menschen mit Beeinträchtigung. Wir haben die 55-Jährige in ihrer Praxis in Solothurn besucht, um mehr über diese noch immer weitgehend tabuisierte Arbeit zu erfahren. Wir wollten wissen, wie sie mit ihren Klientinnen und Klienten umgeht und was für sie Nähe bedeutet. Weiterlesen

Shiatsu

Eine Hunderasse? Oder vielleicht Kampfsport? Mit beidem hat Shiatsu nichts zu tun. Shiatsu kommt ursprünglich aus der fernöstlichen Medizin und ist eine Therapie- beziehungsweise Massageart. Um mehr über Shiatsu herauszufinden, haben wir Elena Ritmeisters, ausgebildete Shiatsu -Therapeutin, in ihrer Praxis in Aarau besucht. Weiterlesen

Sichere Häfen für Kinder mit Bindungsstörung

Unser Selbstwert hat sehr viel mit Nähe und sicheren Bindungen bereits im Säuglings- und Kindesalter zu tun. Die Tatsache aber, dass 40 bis 50 Prozent der Menschen als Kind eine unsichere Bindung erfahren haben, lässt aufhorchen. Prof. Dr. Guy Bodenmann, ein führender Experte in der klinischen Paar- und Familienpsychologie, gibt im Interview vertiefte Einblicke in die Thematik der Bindung beziehungsweise Bindungsstörung im Kindesalter. Weiterlesen

Zwischen Leben und Tod

Einen ganz besonderen Beruf hat das Luzerner Medium Maria Piazza. Sie sieht sich als mediale Lebensberaterin, als Vermittlerin zwischen der geistigen und der materiellen Welt und hat daher eine eher ungewöhnliche Nähe zu Verstorbenen. Im Interview gibt sie Einblick in ihre Arbeit, ihre besonderen Fähigkeiten und ihre Beziehung zum Reich der Toten.

Von Amina Colombo und Elin Cattaneo, G19A Weiterlesen

Begegnung erleben

Am 8. und 9. März 2022 hatten die Schülerinnen und Schüler aller 2. Klassen der Alten Kanti die Gelegenheit, im Rahmen von massgeschneiderten Modulen spannende Persönlichkeiten aus allen Bereichen der Gesellschaft kennenzulernen.
Die sage&schreibe-Redaktorinnen Amina Colombo, Alexandra Ihle, Ella Jost, Paynavi Punithakumar, Valeria Tomassini und Selina Wick
haben ausgewählte Module besucht und berichten hier von ihren Erfahrungen und Eindrücken. Weiterlesen

«Die Schönheit der Polyamorie besteht in der grenzenlosen Liebe»

Mehrere romantische Beziehungen zur gleichen Zeit leben wird als Polyamorie bezeichnet. Genau in so einer Beziehung lebt der Schotte Orion Toivonen, welcher bereit war einige Fragen zur Polyamorie zu beantworten. Dabei werden Themen wie Nähe, Liebe oder Eifersucht in polyamorösen Beziehungen behandelt.

Von Valeria Tomassini und Paynavi Punithakumar, G19A Weiterlesen

3 Gedichte mit Audio

Sterbender Sommer
Bernsteinbraune Augen
verlieren sich
in der weiten Menge
der warme Wind wirbelt
in meinem Haar
und roten Blättern
an der Ecke zum Park

Die Schönheit der Welt
liegt in den Zyklen
Geburt und Vergehen
und alles ein Anfang

Denn ich bin verliebt
in den Jungen
der im Café sein Buch liest
in die Mädchen an der Kreuzung
in die alte Dame am Zeitungskiosk

Und vielleicht
ist das Liebe auf Zeit.

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Schwarzer Schnee
Du tanzt barfuss im Schnee
unter tintenschwarzer Nacht
unsere Atemwolken schimmern
im blassen Fensterlicht
wann bist du so schön geworden?

Jubelnde Silvestergäste
hier draussen hören wir sie nicht
zu zweit allein
jung und frei
du tanzt, ich sehe dich –
doch du

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Graffito
I’m sorry I fell for you during a pandemic
steht oben geschrieben
an der düstergrauen Wand

Warum sind es immer fremde Menschen
die mir am vertrautesten sind?

Von Tabea Geissmann

Ein Quöllfrisch – und ab nach La Spezia

Ende November trafen sich drei weisse verheiratete Männer, mittleren Alters im Zimmer15 und diskutierten zwei Stunden lang mehr oder weniger erfolgreich über den BegriffLifestyle. Getrunken haben sie dazu ein Appenzeller Quellfrösch, welche einer der dreiaus einer weissen 5-Rappen-Plastik-Tüte des nahen Grossverteiler gezaubert hatte. Weiterlesen

Biryani Rezept

Von Paynavi Punithakumar, G19A

Reis:
2 Tassen Basmatireis -Reis waschen
3 Tassen Wasser
2TL Salz
1 kleines Stück Butter -Wasser, Salz, Butter und Safran aufkochen
2 Msp. Safran -Reis dazu geben
-Evtl. übrig gebliebenes Wasser vom Reis abgiessen

3 Karotten -Kartoffeln und Karotten in kleine Würfel schneiden und
2 Kartoffeln -mit Salz und Chillipulver gut durchmischen
1 TL Salz
Chillipulver (Menge je nach Schärfe)
Öl – In einer Pfanne zuerst Karotten frittieren, danach die Kartoffeln
50g Erbsen -Erbsen anbraten
Am Schluss den fertigen Reis mit dem Gemüse gut durchmischen.

Poulet-Curry:
2 grosse Zwiebeln -Zwiebeln in kleine Stücke schneiden und in einer Pfanne auf mittlerer Stufe anbraten
500 g Poulet Fleisch -Das Fleisch in mittelgrosse Stücke schneiden und wenn die Zwiebeln goldbraun sind, in die Pfanne geben.
1 ½ TL Salz -Nach etwa einer Minute mit Salz und rotem Curry würzen und Wasser dazugeben, anschliessend aufkochen lassen
Rotes Curry (nach Schärfe anpassen)
100 ml Wasser -Etwa zehn Minuten auf niedriger Stufe weiterkochen lassen
1/2 Zitrone oder Limette -Vom Herd nehmen und Saft der Zitrone oder Limette dazu pressen und gut umrühren. Reis mit dem Curry und mit gekochten Eiern servieren.

«Du kannst du sein»

Mark alias Kira Lafleur hat in der Kunst, in Drag zu performen, das Glück gefunden. Wir haben die 21-Jährige Aargauerin, eine Grösse in der Zürcher Drag-Szene, über Zoom zu ihrer nicht alltäglichen Kunst befragt und einen jungen Menschen kennengelernt, dem es ein Anliegen ist, seine Leidenschaft mit anderen Menschen zu teilen, aber auch Missverständnisse zu klären und mit Vorurteilen aufzuräumen. Weiterlesen

Die Alte Kanti in der grossen weiten Welt

Im Zeitalter der Digitalisierung ist es selbstverständlich, dass auch eine so alte und ehrwürdige Institution wie die Alte Kanti sich die Vielzahl von digitalen Möglichkeiten zu Nutze macht. sage&schreibe bietet hier eine Übersicht über die verschiedenen Arten, wie die Alte Kanti in der grossen weiten Welt auf sich aufmerksam macht. Weiterlesen

«Das Leben ist kurz, deshalb darf es auch intensiv sein»

Ein Künstler-Atelier, ausgestattet mit verschiedensten Werkzeugen. An den Wänden hängen nebst Tiergeweihen Fotos von Landschaften und unendlichen Weiten – aus Grönland oder Patagonien. Eines ist darauf immer zu erkennen: ein Mann, der sich ein Ziel gesetzt hat. Sei es als Expeditionsführer in der Arktis oder als Gleitschirmpilot mit einer Gämse als Passagier im Arm – seine Lebensart bedeutet Risiko. – Wir befinden uns im Büro von Thomas Ulrich. Und was für uns auf den ersten Blick nach Risiko aussieht, ist in Wahrheit detaillierte Planung. Weiterlesen

Lernen für das Klima

Es war das Buch «The Magic of Tidying-up», das Carla Opetnik den Anstoss für ihre besondere Lebensweise bot. Heute ist es Carla selbst, die ihre Mitmenschen «mit einer Prise Ungeduld» und grossem Engagement zum Nachdenken bewegen will, um die Welt ein Stück offener – grüner – zu machen. Ihre Leidenschaft vermittelt die Zürcher Studentin in zahlreichen Projekten wie «bonnieversum» oder «minimalwastezurich». Im Web-Interview bietet sie uns einen Einblick in eine alternative Welt –eine, welche die Bedeutung von Konsumverzicht thematisiert und den Begriff der «Nachhaltigkeit» in ein neues Licht rückt. Weiterlesen

Wir helfen dort, wo es uns braucht

Schon seit vielen Jahren gibt es an der Alten Kanti Aarau eine Schulkommission. Genau. Nur, was tut so ein Gremium? Und braucht es so was überhaupt? – sage&schreibe hat bei Dr. Ruedi Bürgi, ehemaliger Oberrichter und Präsident der Schulkommission, nachgefragt – und überraschende Einblicke in die Arbeit hinter den Kulissen unserer Schule bekommen. Weiterlesen

Wir haben die gleichen Pflichten, aber nicht die gleichen Rechte

Die Jenischen, oft auch «Fahrende» genannt, gehören zu einer Minderheit in der Schweiz, der von der Gesellschaft wegen ihrer Lebensart nicht selten mit Zurückhaltung, Misstrauen oder gar offener Ablehnung begegnet wird. Wir wollten genauer wissen, was das für ein Leben ist, wenn man während der Sommermonate mit der ganzen Familie von Ort zu Ort zieht. Daniel Huber, Präsident der Radgenossenschaft Zürich und heute «sesshaft», hat sich unseren Fragen gestellt. Weiterlesen

Lifestyle

Beim Wort Lifestyle handelt es sich wortgeschichtlich um eine doppelte Entlehnung:
Zuerst übernahm das Englische den Begriff aus dem Deutschen, dann kam er als Rückentlehnung wieder ins Deutsche zurück.
Das Zentrum für digitale Lexikographie der deutschen Sprache zeichnet den Weg des Wortes sehr präzise nach. Demgemäss wird der Begriff Lebensstil des Individualpsychologen Alfred Adler im Jahr 1929 auf Englisch mit «life-style» (mit Bindestrich) wiedergegeben. Erst ab 1946 erscheint lifestyle als eigener Eintrag im Oxford English Dictionary mit der Bedeutung «style or way of living». Das neue englische Wort verbreitet sich anschliessend über den Bereich der Individualpsychologie hinaus in den der Soziologie: Der Begriff Lebensführung von Max Weber wird 1958 mit «style of life» übersetzt, und Louis Wirth gibt seinem Aufsatz den Titel Urbanism as a Way of Life, deutsch: «Urbanität als Lebensform». Aus der Soziologie wird der Begriff lifestyle in die entstehende Konsum- und Werbeforschung übernommen und Ende der Achtzigerjahre zurück ins Deutsche entlehnt. Allerdings verengt sich dabei die Bedeutung: Im Englischen heisst lifestyle dasselbe wie das deutsche «Lebensstil», im Deutschen dagegen ist lifestyle ein Unterbegriff von «Lebensstil». Es bezeichnet einen «Lebensstil, der dem Zeitgeist entspricht und der der sozialen Distinktion dient». Lifestyle feiert das pulsierende Lebensgefühl der Stadtbevölkerung, die Mode und Design, Fitness und Wellness und ganz allgemein hochwertige, erlesene Konsumangebote schätzt.
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Im Kreis

Ziehen im Oberschenkel, Schmerzen im linken Knie. Toxische Männlichkeit, zumindest in Bezug auf den
Säurehaushalt der Beinmuskulatur. Dranbleiben! Dem Typen hinter mir gestehe ich so kurz vor der
Passhöhe kein Überholmanöver mehr zu. Die Lippen sind trocken, der Atem geht stossweise, das
Merinotrikot nimmt den Schweiss zuverlässig auf. Vorfreude auf die obligate Cola Zero auf einer
Scheitelhöhe von 2239 Metern.
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Treffpunkt Text 2021

Sie ist da – die zweite illustrierte Anthologie mit Texten von aktuellen und ehemaligen Schreibtalenten der Alten Kanti. – Ein Buch, das definitiv ins Regal aller Freunde von guter Literatur gehört.

Von Andreas Neeser, Redaktionsleitung

Der zweite Band der Reihe «Treffpunkt Text» enthält Geschichten und Gedichte von 14 Autorinnen:

Caroline Buck, Lena Franke, Tabea Geissmann, Tatjana Gligorevic, Hannah Hermann, Sarah Hunziker, Sophie Kuse, Anja Obrist, Skyla Rossi, Sofiya Schweizer, Priska Steinebrunner, Anna Sophia Stöckli, Olivia Studer, Sara Katarina Trailovic.

Künstlerisch bereichert wird die Textsammlung von der eigenständigen, ausdrucksstarken Bilderspur von Sebastian Samek.

Das Buch in englischer Broschur wurde in einer Auflage von 350 Exemplaren gedruckt und kann zum Preis von CHF 20 (CHF 10 für Schülerinnen und Schüler) auf dem Sekretariat erworben werden: info@altekanti.ch.

Weitere Texte von Schreibtalenten sind zu finden auf der Website von «Treffpunkt Text»: www.treffpunkttext.ch

Zorro und die Panzerknacker

Ein Treffen ohne Maske in Zeiten von Corona? Schwierig. Es sei denn, man trifft sich im virtuellen Raum. Immerhin eine der wenigen Möglichkeiten, wieder mal ganze Gesichter zu sehen. Genau das haben eine Geografin und eine Sprachlehrerin der Alten Kanti getan. Dass der im Chatraum Microsoft Teams geführte Wortwechsel dann ausgerechnet um das Thema Masken kreist – wen wunderts! Weiterlesen

Die Alte Kanti in Zeiten von Corona II

Als Rektor Dr. Andreas Hunziker Ende 2020 für sage&schreibe eine «Chronologie der Ereignisse» rund um die Corona-Pandemie skizzierte, zeichnete sich bereits ab, dass eine Fortsetzung unumgänglich sein würde. So präsentieren wir ein halbes Jahr später also Teil II dieser Chronologie, die zeigt, wie herausfordernd Corona-Management auch an der Alten Kanti ist. Weiterlesen

«Ich empfinde den Niqab für mich persönlich nicht als nötig»

Das Thema Verschleierung war schon immer Brennstoff für angeregte Auseinandersetzungen, und gerade seit der Abstimmung über das Verhüllungsverbot im März 2021 steht insbesondere der Niqab im Mittelpunkt der Diskussion. Maske? Erniedrigende Verhüllung? Oder religiöses Bekenntnis? –- Und was ist eigentlich mit dem Kopftuch?
F. M., Schülerin einer dritten Klasse an der Alten Kanti und überzeugte Kopftuchträgerin, gibt Auskunft über ihre Überzeugungen, ihre Haltung zu Niqab und Kopftuch und über ihre Erfahrungen im Alltag.
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Larven sind keine Masken!

Einmal im Jahr ist es so weit – jeweils am Montag nach Aschermittwoch beginnen in den Strassen Basels mit dem Morgenstreich um vier Uhr früh die «drey scheenschte Dääg»: die Basler Fasnacht. Obwohl sie auch 2021 der Corona-Pandemie zum Opfer gefallen ist, haben wir uns auf die Suche nach dem Geheimnis der berühmten Larven gemacht. Weiterlesen

Sonne auf dem Teller

Lichtnahrung bezeichnet verallgemeinernd und vereinfachend eine Ernährungsweise, bei der angeblich die Energie aus Sonnenlicht als Hauptnahrungsquelle dient. Dies ist Bestandteil eines esoterischen Konzeptes, das auch als «Breatharianismus» bezeichnet wird. Breatharianisten glauben, dass aus Licht alle lebensnotwendigen Stoffe gewonnen werden können. In Extremfällen verzichten sie deshalb auf die Aufnahme jeglicher herkömmlicher Nahrung, inklusive Flüssignahrung wie Suppen und Säfte. Weiterlesen

Zimmer 11


Vaters Hand umklammert meine. Er hält sie ungewohnt fest, so dass die zarten Fingerchen meiner Kinderhand fast abgedrückt werden. Die freie Hand folgt der weiss gestrichenen, rauen Wand. Wieder biegen wir um eine Kurve, diesmal wenden wir uns nach rechts und folgen den nummerierten Zimmertüren. Alle diese Türen haben denselben grau glänzenden Knauf, dieselbe weiß lackierte Oberfläche. Unsere Schritte eilen uns voraus, ergießen sich vor uns in den fast menschenleeren Gang und hallen von den kalkweißen Wänden. Vereinzelte Gestalten, in weiße Kittel gehüllt, fließen ruhig wie kleine Rinnsale von einem Zimmer ins nächste. Ansonsten ist es bedrückend still. Wir folgen weiterhin dem immer enger werdenden Flur. Ich weiß, wohin dieser Weg uns führen wird. In meinem Kopf schwappen die Gedanken wie eine dicke Flüssigkeit von der einen Wand zur anderen, klatschen gegen das Innere meines Kopfes, so dass ich keinen klaren Gedanken fassen kann. Die Schlinge um meine Hand zieht sich noch enger zusammen und zerrt mich unerbittlich weiter. Da! Hier ist sie! Kalt, ohne Farbe, ohne Gefühl, versperrt sie uns den Weg ins Zimmer. Aha, Zimmer 11. Ich blicke hoch in das Gesicht meines Vaters. Aschfahl, kaum lebendig, schwebt es dort oben. Die Sorgen haben tiefe Falten in sein Gesicht gefressen. Langsam, ganz langsam, löst er den Griff um meine Hand, dreht den Türknauf nach links und stößt sachte die Tür auf. Seufzend gibt sie den Weg ins Zimmer frei. Ganz behutsam, als würden wir über zartflauschige Wolken waten und ihnen ja keine Delle verpassen wollen, treten wir ein. Hinter uns fällt die Tür kaum hörbar ins Schloss. Kühles Mondlicht ist die einzige Lichtquelle in diesem vor Kummer und Schwärze geradezu überquellenden Krankenzimmer. In seinem Schein erkenne ich Trauernde, zwei tuscheln leise zusammen, den Rücken dem Krankenbett zugewandt. Ich weiß, wo dieses Krankenbett steht, rechts in der Ecke des Raumes steht es. Links an der Wand, welche meine Schulter streift, stehen zwei hölzerne Stühle und ein kleiner runder Tisch. Rechts befindet sich das karg eingerichtete Bad, zu welchem die Tür jedoch geschlossen sein wird. Ich bin mir sicher, dass sie geschlossen ist, weil sie immer geschlossen war, wenn wir zu Besuch kamen. Aber vielleicht ist sie es heute ausnahmsweise doch nicht? Ich widerstehe der Versuchung, nachzusehen. Mein Blick klebt nun an der gelblich schimmernden Zimmertapete über dem Ort, wo das Bett steht. Ich will sie nicht sehen! Nicht so! Mein Herz pocht. Und dann auch noch diese Stille, diese alles verwüstende, mich auffressende Stille! Sie ist unerträglich. Gierig steuere ich auf die geschlossene, sauber geputzte Fensterfront zu. Luft ! Der Gedanke an frischen, noch nicht vom Gram weggeatmeten Sauerstoff tobt in meinem Kopf. Doch plötzlich…verweinte Augen, rötlich glänzend, die Lippen zusammengepresst. Ein Mann taumelt auf mich zu, seine Augen klammern sich hilfesuchend an meinen fest, während sich seine wulstigen Finger in das Fleisch meines Oberarmes graben. Doch ich fühle den Schmerz nicht, nicht diesen. Sobald er mich erreicht hat, presst er mich an sich. Mein kleines Gesicht gräbt sich in einen rundlichen Bierbauch. Der raue Stoff des weißen Hemdes streicht über meine Wange. Und da ist sie! Eine einzelne Träne muss sich aus meinem Auge gekämpft haben, denn sie kullert über meine Wange und zerfließt im Stoff. Als der Mann sich schwerfällig von mir löst und sich auf einen der beiden Stühle fallen lässt, spüre ich die Trauer. Sie hatte sich unbemerkt wie ein Tuch über mich und alle hier in diesem Raum gelegt, uns isoliert von aller Freude. Weitere Tränen strömen in unregelmäßigen Abständen über meine Wangen auf den Hals. Benommen wanke ich in Richtung des Betts, um sie zu sehen, mich ein letztes Mal zu verabschieden. Doch während ich mich zu ihr vorkämpfe, ruht mein Blick auf den Sternen draußen am beruhigenden, dunkelblauen Nachthimmel. Der Mond ist aufgegangen, die goldenen Sternlein prangen am Himmel hell und klar. Dieses Lied, welches sie, wie auch mein Vater, mir zu singen pflegte, fällt mir ein. Die Melodie hallt durch den Raum, umfließt die Silhouetten aller Anwesenden und taucht sie in goldenes Licht. Doch nur für einen kurzen Augenblick. Dann erreiche ich das Totenbett, wo mich Vater auf seinen steifen Schoss hebt. Sein Dasein fängt mich auf, bewahrt mich davor, in der Verlustangst zu ertrinken. Er gibt mir die Kraft, sie anzusehen. Sie liegt auf der geblümten, fein säuberlich gefalteten Bettwäsche. Die kurzen Haare sauber zurückgekämmt, das Kinn mit Hilfe einer Stütze in Position gehalten, ruht sie auf dem Bett. So schön hergerichtet wie sie ist, wirkt sie wie eine Statue. Ich lasse den Blick über ihre blassblau angelaufenen Lippen gleiten und folge ihren unebenen Wölbungen. Ob sie Durst hat? Oder Hunger? Sie muss sicherlich ganz dringend ins Bad! Ist ihr vielleicht kalt? Liegt sie denn auch ganz bestimmt bequem? Die Augen wandern weiter, über den von Adern durchzogenen Hals bis hin zur Brust; sie hebt und senkt sich nicht mehr. Die Luft muss ihre vom Krebs zerfressene Lunge vollständig verlassen haben. Ihre Hände und Arme umrahmen den schmächtigen Oberkörper. Die kraftlosen Beine, in schwarze Hosen gezwängt, stramm gestreckt, hindrapiert. Noch einmal, ein letztes Mal, beginne ich sie von Kopf bis Fuß mit meinen Augen abzutasten, mir jedes Detail ihrer letzten Erscheinung einzuprägen. Die glatte Stirn, die filigranen, mit Perlen geschmückten Ohren, ihren Lieblingspullover. Ein schwarzer Strickpullover aus Baumwolle mit einem eingenähten, weißen Hemdkragen. So zufrieden wie sie hier liegt, mit geschlossenen Augenlidern, befreit von ihrer Erschöpfung, könnte man meinen, dass es einfacher sei, sie gehen zu lassen. Doch in Wahrheit starrt mich das fürchterliche Gesicht des Todes an. Es ist kaum zu ertragen! Ob ich sie noch ein letztes Mal berühren darf? Ehrfürchtig lege ich meine Hand auf die ihre. Sie ist eiskalt! Diese Kälte, die Kälte des Todes, versetzt mir einen Schrecken, jagt über die Fingerspitzen meinen Arm hinauf direkt in das vor Qual und Kummer zu zerbrechen drohende Herz. Ich zucke zurück, nur, um sie dann noch einmal fester zu halten. Ihr ist bloß kalt, ich muss ihre Hand nur kurz wärmen. Warum sagt sie denn nicht, dass sie friert? Erst als mein Vater meinen kleinen Körper sanft hochhebt, löst sich die nun kalte Kinderhand von der ihren. Bevor sich die Tür hinter uns schließt, erhasche ich einen letzten Blick auf den Sternenhimmel. Der Mond ist aufgegangen die goldenen Sternlein prangen am Himmel hell und klar. «Papa, wo ist sie jetzt?», flüstere ich in sein Ohr. Er hält inne, dann hebt er mich auf die andere Seite seiner Hüfte und geht wortlos weiter. Draußen zeigt er auf einen Stern, den hellsten aller Sterne. «Siehst du diesen Stern dort oben? Dort ist sie jetzt.»

Von Sophie Kuse

Verschwörungstheorien III: Warum den Illuminaten bald die Welt gehören könnte

Immer wieder werden die sogenannten Illuminaten für die verschiedensten bizarren Ereignisse verantwortlich gemacht. Die Gruppe, zusammengesetzt aus den einflussreichsten Menschen der Welt, soll nämlich im Untergrund an einer neuen Weltordnung arbeiten. Was steckt tatsächlich hinter dem mutmasslichen Sündenbock für ungewöhnliche Geschehnisse? Weiterlesen

Gespiegelt


«Du hast mein Leben zerstört, Marah. Das werde ich dich nie vergessen lassen!»

Marah weicht vom Spiegel zurück. Ihr Spiegelbild funkelt sie aus kalten, grünen Augen an. Das waldgrüne Kleid schmiegt sich an ihre helle Haut. Sorgfältig streicht sie eine nicht-vorhandene Falte aus dem Kleid. Ihr Gesicht ist blass. Die kastanienbraunen Haare sind zu einem strengen Knoten zurückgebunden. Eine einzelne Haarsträhne sträubt sich widerspenstig, doch erfolglos – Marah streicht sie mit einer schnellen Handbewegung zurück an ihren Platz. Sie mag keine Unordnung. Alles muss absolut perfekt sein – und zwar immer!

Sie wendet sich vom Spiegel ab und begibt sich nach unten. Nolan wartet schon auf sie an der Eingangstür. Er trägt einen dunkelgrünen Anzug, abgestimmt auf ihr Kleid. Alles passt, alles ist perfekt.

Nach einigen Minuten Fahrt kommen sie an ihrem Zielort an. Vor dem majestätischen Gebäude steht eine Limousine neben der nächsten, eine schöner und imposanter als die andere. Mit ihrem Ehemann am Arm stolziert Marah durch das mächtige Eingangstor. Heute sollte sie endlich geehrt werden für all die harten Jahre voller Arbeit, die sie in ihren Beruf gesteckt hat. Nolan strahlt voller Stolz, während er neben der Top-Immobilienmaklerin der Stadt – wenn nicht sogar des Landes – steht. Sie kann alles verkaufen, und sie kann es an jeden verkaufen. Niemand schlägt ihr ein Angebot aus.

Das Telefon klingelt. Marah wendet sich ab und entfernt sich einige Schritte von den anderen. Sie hebt ab.

«Eine Insassin des Ignatium – Staatsgefängnisses versucht Sie zu erreichen. Um anzunehmen, drücken Sie bitte die Eins. Wollen Sie ablehnen, drücken Sie die Nummer Zwei.»

Nein, nicht heute. Sie drückt die Zwei und nimmt das Telefon vom Ohr. Als sie sich wieder gefangen hat, schreitet sie bestimmt zurück zum Gespräch, und zu ihrem Mann.

Doch Marah ist alles andere als gefasst. Ihre Hände zittern kaum merklich, aber sie zittern. Ihre Haut fühlt sich heiss an. Gott, schwitzt sie etwa? Das kann doch jetzt nicht sein! Marah entschuldigt sich und eilt einem Tablett Champagner hinterher. Champagner, der wird sie jetzt beruhigen. Doch nach einer halben Stunde Smalltalk mit einigen Anwesenden ist sie alles andere als gelassen.

Endlich ist es soweit. Ihr Chef führt die versammelte Menge in einen riesigen Saal. Die Wände sind mit einem blutroten Vorhang abgedeckt. Rot – was für eine schreckliche Farbe. Sie bringt so viel…Zerstörung. Marah ist noch immer heiss. Ihre zittrigen Hände klammern sich an ihr bereits viertes Champagnerglas. Dann beginnt die Rede. Es ist eine Laudatio von ihrem Chef, doch sie hört sie gar nicht. Ihr ist heiss. So heiss. Wieso nur? Das passt gar nicht zu ihr. Sie hat immer alles unter Kontrolle. Bei ihr läuft immer alles nach Plan.

Klatschen. Ja, die Leute klatschen. Sie steht in der Mitte des gigantischen Raumes. Nolan lächelt ihr zu und hebt sein Glas in die Höhe. Alle andern tun es ihm gleich. Dann fallen die Vorhänge. Und da sind sie. Spiegel. Aus der Ferne hört sie ihren Chef sagen, dass sie heute nur sich selbst sehen soll. Sie stehe heute im Mittelpunkt, sie habe es sich verdient. Doch Marah sieht nicht sich…sie sieht Naira. Naira ist überall. In welchen Spiegel sie auch schaut, eine Erinnerung starrt zurück.

Die Spiegel kommen näher, immer näher.

Stop!

Vergeblich. Marah streckt ihre Arme von sich, will die Spiegel auf Distanz halten, doch sie halten nicht an. Nein, sie verschlingen sie.

Rauch. Marah erkennt den beissenden Geruch sofort. Wie könnte sie vergessen, wie er riecht…nach allem…. Dann hört Marah sie. Die Schreie. Wie in jener unheilvollen Nacht. Dieses Feuer…es ist so heiss. Aber sie ist an der Gala, da ist kein Feuer. Plötzlich sieht sie Naira. Naira sollte nicht hier sein – nein, sie kann nicht hier sein. Und trotzdem versucht sie, ins Haus zu gelangen. Doch das ist unmöglich. Niemandem im Haus könnte sie mehr helfen.

Nein, Naira, es hat keinen Sinn! Es ist zu spät!

Aber wir müssen doch….

Nein!

Die Sirenen der Feuerwehr sind zu hören. Angst steigt in ihr auf. Marah spürt, wie das Gewicht ihres Rucksacks sie nach unten zieht. Er ist so schwer, sie kann – und will – diese Last, die er mit sich bringt, nicht mehr tragen. Sie lässt ihn fallen.

Die Feuerwehr ist dabei, das Feuer zu löschen. Rettungskräfte gehen ins Haus, um nach den Eltern von Marah und ihrer Zwillingsschwester Naira zu suchen. Doch finden können sie nur noch ihre Körper. Ihre Seelen sowie die Erinnerung an sie werden für immer im Haus sein, in den Spiegeln – das ist zumindest das, was ihre Mutter immer zu sagen pflegte: «Unsere Erinnerungen an diejenigen, die nicht mehr bei uns sind, werden wir nie verlieren, Marah. Wenn wir in einen Spiegel sehen, werden wir uns erinnern, denn wir tragen sie in uns. Für immer.»

Nie glaubte Marah tatsächlich an diese Geschichte, aber an diese unheilvolle Nacht wird sie sich für immer erinnern können. Kein Spiegel wird sie das je vergessen lassen. Denn ihr ganz persönlicher Fluch macht das unmöglich. Wo auch immer sie sich sieht, sieht sie auch ihre Zwillingsschwester, und ihr Anblick wird sie nie vergessen lassen, was sie ihr in dieser Nacht angetan hat.

Die Feuerwehr löscht das Feuer. Sie sind sich sicher, dass es Brandstiftung war. Dann finden sie einen Rucksack. Marah’s Gesicht ist von Tränen aufgeweicht. Eine unscharfe Gestalt fragt sie, ob sie wisse, wem der Rucksack gehöre. Und da ist sie wieder – die Angst.

«Naira.»

Sie spürt, wie ein Arm um sie gelegt wird. Es ist Nolan. Marah klammert sich an ihn. Sie schaut in die Spiegel rund um sich herum. Und dann in die Gesichter der Menschen, die sie erwartungsvoll anschauen.

«Wo warst du?»

«In den Spiegeln.»

«War Naira da?»

«Ja, sie ist immer in den Spiegeln Nolan. Immer.»

«Dann lass sie dort. Lass die Erinnerung an sie in den Spiegeln.»

Sie nickt und richtet sich auf. Mit geradem Rücken steht sie in der Mitte des Saales. All diese Menschen sind ihretwegen hier. All diese Menschen wollen, dass sie etwas sagt. Ihre Hände zittern nicht mehr. Da ist eine Ruhe, die sich über sie selbst, aber auch über den ganzen Saal legt.

Ihre Vergangenheit ist genau das – in der Vergangenheit. Genauso wie ihre Schwester. Dagegen kann sie nichts tun. Jetzt nicht mehr. Diese Geschichte, die sie so lange unterdrückt hat, ist jetzt vorbei. Genauso wie diese Erinnerung. Nie wieder wird sie daran denken. Sie ist am Höhepunkt ihres Lebens und nichts und niemand wird ihr das ruinieren. Erst recht keine Erinnerung oder irgendein Spiegelbild. Das wird sie schlicht und einfach nicht zulassen. Ihr Leben, ihre Kontrolle.

Ihr Blick schweift über die Menschen. Ihre Worte nehmen den ganzen Saal ein. Da ist sie wieder.

Mit einer eleganten Bewegung hebt sie ihr Champagnerglas und alle stossen an. Marah lächelt. Es ist ein aufgesetztes Lächeln, doch das bemerkt niemand. Noch nie hat es jemand bemerkt. Für alle ist es ein perfektes Lächeln. Ein perfektes Lächeln für einen perfekten Abend in einem perfekten Leben.

Von Skyla Rossi

Armenien – Der Krieg und die gleichgültige Welt

Armenien ist mein Heimatland. Es ist eines der ältesten Länder der Welt, mit einer Geschichte, die bereits 3000 vor Christus anfängt. Das heutige Armenien bildet mit etwa 29.7km2 einen sehr kleinen Teil des historischen Armeniens. Wie auch andere Länder hat mein Heimatland in seiner Geschichte Kriege, Gewinne und Verluste erlebt. Weiterlesen

Peace


Dicker schwarzer Edding wasserfest auf fast allen Materialien, auch auf dem Fensterglas der Strassenbahn. Der Junge steckte ihn wieder ein, schulterte seinen Rucksack aufs Neue, wartete genauso lange bis die blecherne Stimme verkünden liess: «Nächster Halt Kunsthaus», kramte dann ein Taschentuch aus einer seiner unzähligen Hosentaschen und liess damit die Träne aus seinem Gesicht verschwinden. Er streckte seinen Rücken durch, schob die letzte seiner widerspenstigen Strähnen unter die alte Mütze seines Vater, starrte noch ein letztes Mal auf seinen Schriftzug und trat mit einem angestrengten Lächeln aus der Strassenbahn auf die wartenden Menschen zu. Er würde das Wochenende schon irgendwie überstehen, wenn er ihnen keine Angriffsfläche bot.

Was hatte der Junge mit der hässlichen Mütze bloss an dieser Scheibe gefunden? Die junge Frau verdrehte die schwarz umrahmten Augen, als sie das mickrige, unsicher wirkende «PEACE» in der unteren Ecke des Fensters sah. Nicht gut genug für meinen Account, dachte sie, stieg ein, zog sich die Kopfhörer wieder über die Ohren und schaltete die gleiche Musik wie immer ein. Das laute Schlagzeug übertönte den leisen Ton der Fussglocke, auf die sie versehentlich trat. Sie drückte weiter auf ihrem Handy herum, staunte über eines der Bilder auf Instagram – «SCHEISS SYSTEM» war dort riesig auf eine Wand geschmiert – und hinterliess ein Herzchen, während sie gedankenverloren mit einer ihrer blonden Strähnen spielte.

Eine ältere Frau rannte auf die Bahn zu, hämmerte hektisch auf den grünen Knopf neben der sich schliessenden Türe. Sie durfte sich nicht schliessen…! Erleichtert stolperte sie die drei Stufen hinauf, drängte eine Jugendliche zur Seite und klammerte sich an einer der Metallstangen im Eingangsbereich fest. Ohne etwas wahrzunehmen starrte sie aus dem Fenster. Sie musste nach Hause aufs Land fahren, einkaufen und kochen. Hätte ihr Chef sie doch bloss nicht so lange im Büro aufgehalten, sie musste rechtzeitig fertig werden, um ihre Kinder zu begrüssen. Sie fasste sich an die Stirn, als ihr klar wurde, dass sie ihre Jacke im Büro vergessen hatte. Sie atmete tief durch und sah auf ihre goldene Armbanduhr, deren Zeiger sich viel zu schnell bewegten. Sie fluchte. Sie musste doch den Zug noch erwischen, warum fuhr die Tram denn so langsam! Sie sprang aus dem Waggon, kümmerte sich nicht darum, dass sie einige Leute anrempelte und rannte mit einem letzten hektischen Blick auf ihr Handgelenk auf die Gleise im Hauptbahnhof zu.

Mit einem leisen Ächzen hievte sich der Mann mit der Aktentasche in der Hand in die Tram. Warum konnten diese Irren nicht einmal aufpassen. Diese Woche war er nun schon drei Mal fast über den Haufen gerannt worden. Mit blitzenden Augen sah er sich um. Schon wieder lag am Boden eine dieser stinkenden Getränkedosen und das Fenster direkt neben ihm war auch schon wieder vollgeschmiert. «PEACE», pah, als ob es das jemals geben würde, das hatte es noch nie gegeben! Er konnte diesen Saustall nicht dulden, suchte verzweifelt nach etwas, was er dagegen tun könnte. Er fand nur einen Kugelschreiber, aber er hatte nicht vor aufzugeben! Wütend versuchte er den Schriftzug zu übermalen, von ein paar Kratzern abgesehen, gelang es ihm jedoch nicht. Er schmetterte den zerbrochenen Plastikkugelscheiber auf den Boden, als er bemerkte, dass er ihn etwas zu sehr strapaziert hatte, kickte nach der Getränkedose am Boden und stieg aus. Innerlich wild fluchend über die respektlose moderne Gesellschaft.

Das kleine Mädchen wartete ein wenig, bis es sicher sein konnte, dass der Anzugträger nicht zurückkommen würde und verliess dann seinen Sitz. Die Strassenbahn fuhr unsanft an, während das Kind sich vor dem Fenster, genau dort, wo zuvor der Mann gestanden hatte, auf die Zehenspitzen stellte und sich die fünf schwarzen Buchstaben ansah. P-E-A-C-E, was das wohl hiess? Vorsichtig kramte es aus seiner Schultasche einen violetten Filzstift und malte eine Blume hinter das Wort. Das Mädchen lächelte, als es aus der Tram stieg. Endlich hatte das Wochenende begonnen.

Von Carla Reuter

Mondlicht

Abnehmend, zunehmend, voll, leer. Der Mond hat viele Gesichter und weckt seit dem Beginn der menschlichen Existenz unsere Neugierde. Es existieren etliche Mythen über den hellsten Himmelskörper am Nachthimmel. Der wohl bekannteste ist der des schlechten Schlafs. Nicht selten wird eine unruhige Nacht auf den vollen Mond geschoben. Auch manche Kritiker, die von unwissenschaftlichen Deutungen sonst nicht viel halten, geben zu, dass sie dann schlechter schlafen. Aber was steckt wirklich dahinter? Weiterlesen

Հայաստան – Պատերազը և անտարբեր աշխարհը

Հայաստանն իմ հայրենիքն է։ Այն աշխարհի ամենահին երկրներից է, որի պատմություը սկսվում է դեռևս մեր թվյարկությունից առաջ երրորդ հազարամյակից։ Ներկայիս Հայաստանը կազմում է պատմական Հայաստանի միայն շատ փոքր մասը, մոտ 29,7 km2։ Մյուս պետությունների նման Հայաստանն էլ պատմության ընթացքում ունեցել է տարբեր պատերազմներ, հաղթանակներ, պարտություններ։ Մեր պատմության ամենատխուր էջը թերևես հայոց ցեղասպանությունն է, որը կազմակերպվեց 20-րդ դարի սկզբին թուրքական իշխանության կողմից և որի ժամանակ կոտորվեցին ավելի քան 1,5մլն հայեր։ Weiterlesen

Von Lichtern und Nachttöpfen

Zu «Licht» ist das meiste schon gesagt. Wenigstens vom literarischen Standpunkt aus. Kein Schriftsteller, von der Zeit auf den Sockel gehoben, der nicht irgendetwas übers Licht gesagt hätte. Seitenweise könnte ich sie hier abfeiern, von Novalis über Mörike bis zu Michael Krüger. Allerdings, selbst wenn schon alles gesagt wurde, sind wir doch, wir Allwissenden, wir Herren dieser Welt, Beherrscher aller Feuer, stets aufs Neue gebannt, wenn Helios, Sohn des Hyperion und der Theia, seine Pferde schirrt und gleissend ins Firmament steigt, auch wenn wir couldn’t say exactly where the night became the day*, um nun doch einen dieser Dichter zu zitieren, wenn auch keinen deutschsprachigen. Unabhängig aber, wie weit sich unsere Spezies von ihrem Urgrund entfernt, sie bleibt doch bis zum heutigen Tag gebannt vom archaischen Schauspiel der Sonnenauf- und -untergänge, zwar weniger als Pendlerhorde abends auf den Bahnhöfen denn als Pauschaltouristen beim Sundowner in der Ägäis. Womöglich eine Alterserscheinung, dass mir der Sonnenaufgang mittlerweile näher liegt als der Untergang. Und so stehe ich frühmorgens immer wieder draussen im Dämmerlicht und harre der Sonne, deren tägliches Rührstück ich freilich nur im Winterhalbjahr bezeugen kann; im Sommer geht sie bekanntlich mitten in der Nacht auf. Weiterlesen

Kleines neues Virus versus grosse Alte Kanti

Als am 13. März nachmittags die Meldung die Runde macht, dass die Schulen ab der kommenden Schulwoche schliessen würden, ertönt in den Gängen der Schulgebäude das Jubelgeschrei der Schülerinnen und Schüler: Ferien! Und dann erst noch auf unbestimmte Zeit! Jeder Gedanke an das für diese «Ferien» verantwortliche Virus und die unabsehbaren Folgen im Gesundheitswesen oder in der Gesellschaft, jeder weiterreichende Gedanke scheint in diesem Moment sekundär. Weiterlesen

Das Abo


Ich starre auf die Rechnung und überfliege erneut die Mitteilung. Offene Rechnung … Bitte begleichen Sie diese innerhalb von 30 Tagen. Mit einer Hand schliesse ich den Briefkasten und mit der anderen taste ich nach dem Schlüssel in meiner Tasche.
Ich hebe den Kopf, als Frau Roths Stimme von der anderen Strassenseite zu mir herüberhallt.
«Was schauen Sie denn so erschrocken, Frau Hauser? Haben Sie etwa ein Gespenst gesehen?»
Ich räuspere mich.
«Nein, nein, alles in Ordnung. Nur die Handyrechnung meines Sohnes – Sie wissen ja, wie Jugendliche sind.» Weiterlesen

Wege zum Erfolg ermöglichen

Der aktuelle Newsletter unserer Schule ist mit «Die Alte hat einen Neuen» überschrieben: Ja, wir haben einen neuen Rektor! Ebenfalls auf der Shortlist für den Titel war: «Die Alte hat eine Neue» – nämlich eine neue Schulleitung. Gleich zu dritt haben wir diesen August in unseren Funktionen in der Schulleitung begonnen. Und ich freue mich, innerhalb der Schulleitung die Wirtschaftsmittelschule und die Informatikmittelschule sowie weitere Ressorts wie etwa die der externen Kommunikation mit zahlreichen Anlässen betreuen zu dürfen. Weiterlesen

Flair im János-Tamás-Haus

Auf dem Parkplatz der Alten Kanti, genauer: vor dem Tamáshaus, steht wie immer eine Honda oder ein ähnlich schwerer Töff. Er ist ein Schauobjekt, das auch an einem warmen Sommernachmittag die Aufmerksamkeit von neugierigen Schülern, nein, nicht von Schülerinnen, auf sich zieht. Gerade hat Petra für heute die letzte Unterrichtsstunde beendet, tritt aus dem János-Tamás-Haus und geht in Richtung ihres Fahrzeugs. Dort angekommen, wird sie mit bewundernden Augenpaaren und folgendem Ausruf empfangen: «Wow, gehört dieser Töff dir?» Der Schüler, welcher zuvor bei Petra Unterricht hatte, ist auch bereits da. «Ihr dürft sie doch nicht duzen, sie ist meine Posaunenlehrerin», platzt es aus ihm heraus. Petra hingegen reagiert mit einem Schmunzeln. – Diese Episode aus den neunziger Jahren passt hervorragend zu Petra Bachmanns Charakter. Ihre Spontanität ist wie eine Blume, die sich öffnet, aber überlegt und aufmerksam, denn sie duftet nur, wenn das Umfeld für Petra stimmt.


[Bild: Sarah Böhler]

Wenn die Posaunistin im János-Tamás-Haus war, dann spürte man es im Nordteil oder im Lehrerzimmer durch die Wände hindurch. Es war nicht ihr «profumo», es war ein freundlicher Blick, ein Lachen oder ein aufgewecktes Wort, welches wie ein fröhlicher Luftzug durch die Räume hallte.

Petra Bachmann, aufgewachsen in Bayern, unterrichtete an der Alten Kantonsschule Aarau während nicht weniger als 35 Jahren Posaune und zeitweise auch Klavier. Bei den Schülerinnen und Schülern erfreute sich Petra mit ihrer fröhlichen, frischen und kommunikativen Art grosser Beliebtheit. Das Resultat dieses motivierenden Unterrichts mit Herzblut und pädagogischem Können kam besonders in den öffentlichen Ensembleauftritten zur Geltung. Das Publikum durfte stets in abwechslungsreiche Klangwelten eintauchen.

Auf die Frage, welches Fach Petra neben ihrem Instrument noch unterrichten möchte, sagt sie spontan: «Sport, da Musik und Bewegung zusammenpassen.»

Als Posaunistin hat Petra eine vielseitige Karriere hinter sich. Sie spielte 30 Jahre lang im Aargauer Sinfonie-Orchester und war im Opernhaus in Zürich als Zuzügerin tätig. Sie absolvierte auch ein Studium in Blasmusikdirektion und dirigierte danach mehrere Jahre eine Brass Band. Zudem spielte sie im Blechbläserquartett AROWE BRASS, u.a. mit dem Trompeter André Wey. Der unterwartete Tod dieses geschätzten Kollegen vor einigen Jahren hat Petra sehr erschüttert. Die Musik hat ihr geholfen, diesen Schmerz zu verarbeiten und mit Hingabe ihren Unterricht fortzusetzen.

Ihrer Wahlheimat Schweiz bleibt sie auch nach der Pensionierung treu: «Meine Lieblingsstadt ist nur ein Städtchen und es heisst Sempach. – Sempach hat Geschichte, Charakter und Charme. Die Menschen sind nett, es ist für mich schnell erreichbar und es liegt am herrlichen Sempachersee, wo es vermutlich schweizweit die schönsten Sonnenuntergänge gibt.»

Wir wünschen Petra für Ihre Zukunft von Herzen alles Gute, vor allem spannende Highlights auf allen Ebenen und Horizonten bei ihren Trekkingvorhaben in den Schweizer Alpen.

Als Kollegin werden wir Petras Ausstrahlung vermissen, aber uns bleibt eine schöne Erinnerung an eine wache und spontane Kollegin.

Unserer Fachschaft gibt Petra übrigens Folgendes auf den Weg: «Haltet zusammen, unterstützt euch und hört euch gegenseitig zu. Seid euch immer bewusst, dass ihr mit eurer Arbeit den Schülerinnen und Schülern etwas vom Schönsten weitergeben dürft: die Liebe zur Musik.»

Dem ist nichts hinzuzufügen.

Von Esther Flückiger, Klavierlehrerin

«Eine Schule wie vor 25 Jahren – das wäre heute undenkbar»

Zur Pensionierung von Rektor Martin Burkard

Martin Burkard verlässt die Alte Kanti. Nicht weniger als 36 Jahre hat er an der ältesten Kantonsschule der Schweiz gewirkt, anfangs als Lehrer für Deutsch und Latein, während der letzten 22 Jahre hat er die Geschicke der Schule geleitet. Mit Martin Burkards Pensionierung geht eine Ära zu Ende. Versuch einer Bilanz im Gespräch. Weiterlesen

Être und avoir oder Das Wesen der Bildung

Être und avoir? Da denken die meisten wohl zuerst einmal an Lektionen, in denen die beiden Hilfsverben geübt und in allen zu kennenden Tempi und Modi durchkonjugiert werden. Es mag wenig erstaunen, wenn eine Französischlehrerin einen Text im «sage&schreibe» mit den beiden Verben beginnt und diesen sogar noch einen prominenten Platz im Titel des Textes zugesteht: Es sei mir erlaubt, siebzehn Jahre Französischunterricht – und natürlich ganz grundsätzlich die Faszination für mein Fach, die mich immer noch begleitet – in den folgenden Gedanken nicht ganz aussen vor zu lassen. Die Konjugation kann dabei aber für einmal getrost vergessen werden. In den grundsätzlichen Gedanken einer Prorektorin zu Schule und Bildung ist eine weit allgemeinere Warte gefragt. Was also haben sein und haben mit Bildung zu tun? Sehr viel. Weiterlesen

Der Lehrer und die Lücke

Zur Pensionierung von Roland Latscha

Geht einer wie Roland Latscha nach siebenunddreissig Jahren als Deutsch- und Philosophielehrer in den Ruhestand, ist man versucht, auf die Lücke hinzuweisen, die so einer hinterlässt. Dass es sich dabei um eine grosse Lücke handelt, versteht sich von selbst, nicht zuletzt in Anbetracht der ungewöhnlich langen Dienstzeit. Weiterlesen

Kapitän und humorvoller Menschenfreund

«Mein erstes gemeinsames Unternehmen mit Martin Burkard war eine Schulreise. Wir ahnten damals nicht, dass dies der Anfang einer intensiven Zusammenarbeit und herzlichen Freundschaft werden sollte. 14 Jahre später wurde Martin Rektor der AKSA, gerade als MAR 95 umgesetzt werden sollte. Ich wurde als Konrektorin sofort in die politischen und pädagogischen Auseinandersetzungen einbezogen. Wir waren stark gefordert, das Schiff MAR durch die hoch gehenden Wogen zu steuern. Ich erlebte Martin als besonnenen Kapitän, der sich nicht vom Kurs abbringen liess, und war stolz darauf, ihn unterstützen zu dürfen. Martin, es war schön, mit dir zusammen zu arbeiten!»

Silvia Bonati
Deutschlehrerin von 1968-2005
Konrektorin von 1995-2007

«Caesar, Commentarii Belli Gallici, Seneca, Ad Lucilium Epistulae Morales, Vergil, Aeneis – diese drei Bücher sind neben meinem Maturitätszeugnis die einzigen Relikte aus meiner Zeit an der «Alten Kanti» in Aarau. Damit verbunden sind tolle Erinnerungen an den jungen, beliebten und mitreissenden Lateinlehrer Martin Burkard, von dem man schon nach der ersten Lektion wusste, dass er eine grosse Leidenschaft für die Werke von Friedrich Dürrenmatt und den Fussballclub Grasshopper Zürich hegte.»

Andreas Bachmann
Rechtsanwalt
Schüler an der Alten Kanti Aarau von 1984-1988

«Ich habe mit Martin Burkard zwischen 2010 und 2016, während wir als Rektoren den beiden Aarauer Kantonsschulen vorstanden, eng zusammengearbeitet. Ich habe Martin in diesen Jahren als hilfsbereiten und sehr erfahrenen Kollegen, der mir immer wieder zur Seite stand, kennen und schätzen gelernt. Martin war nie belehrend, vielmehr zeigte er mögliche Wege und Herangehensweisen auf, was bei mir zu zahlreichen interessanten und erhellenden Einblicken führte. Ich verdanke Martin Burkard viel.»

Daniel Franz
Rektor Kantonsschule Baden

«Mit Martin Burkard geht ein Rektor in Pension, der sich über Jahrzehnte hinweg mit enormer Hingabe und viel Leidenschaft nicht nur für die Alte Kantonsschule, sondern für den gesamten Mittelschulbereich im Aargau eingesetzt hat. Ich danke Martin Burkard für seine Arbeit, seine Loyalität und seine grossen Verdienste für die Bildung in unserem Kanton und wünsche ihm alles Gute für seinen neuen Lebensabschnitt.»

Regierungsrat Alex Hürzeler
Vorsteher Departement Bildung, Kultur und Sport

«Martin habe ich als blitzgescheit, einsatzfreudig und hilfsbereit kennen gelernt. Als ich ihn anfragte, als Bearbeiter der Umsetzung der MAR Vorgaben ins BKS zu kommen, war er sofort bereit dazu. Viele weitere Eigenschaften Martins traten zutage, er war zuverlässig, führungsstark, zuvorkommend, ziel- und lösungsorientiert, seine Sozialkompetenz und sein Verhandlungsgeschick halfen ihm, kreativ umsetzbare Lösungen zu finden. Zudem war und bleibt er ein humorvoller Menschenfreund. Die Wahl zum Rektor der AKSA war folgerichtig. Beste Wünsche für das neue Leben!»

Bruno Biberstein
ehem. Generalsekretär BKS

Die süsse Verführung der Ablenkung

Aqua. 14:50 Uhr. Weder Motivation noch Aufmerksamkeit sind unter den vielen Schülern, die zur nächsten Lektion schlurfen, zu erkennen. Erschöpft von den vielen Unterrichtsstunden, wünschen sie sich nichts lieber, als nach Hause zu gehen. Aus der Ferne vernehmen einige von ihnen jedoch ein leises: «Pop, plop, pop,…». Gedanklich immer noch nicht ganz anwesend, suchen sie nach dem Ursprung des Geräusches. Doch plötzlich fängt die Nase einen Duft ein. Popcorn! Endlich aus der Trance herausgeholt, wird eruiert, woher dieser Geruch kommt und wer ihn erzeugt. Ist es jemand, den man kennt? Wenn ja, wie stellt man es an, dass man etwas vom Popcorn abbekommt? Aber nein, man kennt die Person natürlich nicht und muss so oder so in die nächste Stunde. Doch der Geruch des Popcorns lässt einen nicht los. Das ganze Gebäude ist davon erfüllt. Auch wenn man schon im Klassenzimmer sitzt, riecht man ihn noch und hört das Poppen der Körner. In den letzten Minuten vor Unterrichtsbeginn kann man an nichts anderes mehr denken. Dann ertönt die Schulglocke. Die Lehrperson beginnt zu sprechen, doch man kann all dem nicht folgen, denn vor lauter Popcorn hat man völlig vergessen, dass man eigentlich noch auf die Toilette hätte gehen müssen. Nach kurzem Hin- und Herrutschen auf dem Stuhl fragt man dann doch lieber, ob man die Toilette aufsuchen dürfe. Unter dem missmutigen Blick der Lehrperson sowie dem Starren aller Mitschüler verlässt man das Zimmer. Auf der Toilette hört man ein Gespräch mit. Über wen oder was sprechen die zwei? Zurück in der Stunde, denkt man an das mitgehörte Gespräch. Haben sie nicht über etwas geredet, wovon man auch schon gehört hat? Da man sowieso müde ist und das Geschwafel der Lehrperson nicht sonderlich interessant zu sein scheint, denkt man lieber über das Gespräch auf der Toilette nach, oder darüber, ob man sich zu Hause nicht auch Popcorn machen könnte. Die Stunde scheint endlos, während man nervös mit dem Stift in der Hand herumspielt, kleine Zeichnungen auf den Rand eines Blattes kritzelt, dem Ticken der Uhr zuhört und den Zeiger beobachtet, wie er langsam über das Zifferblatt kriecht. Die qualvoll lange Stunde geht endlich vorüber, aber mitbekommen hat man nichts. Nun ja. Es ist manchmal halt viel leichter, sich ablenken zu lassen von den eigenen Gedanken, als sich anzustrengen und zuzuhören.

Von Skyla Rossi, G2l

Indigene Visionen und Weltbilder als Alternativen zum europäisch-westlichen Denken

Weltwahrnehmung. Welch eine Vieldeutigkeit schwingt in diesem einen Wort. Wie kaum ein zweites in der deutschen Sprache vermag es sämtliche Ausrichtungen des menschlichen Ingeniums zu umreissen. Jede Meinung, jede Ahnung und Erinnerung, gar jede emotionale Regung ist Weltwahrnehmung, vorausgesetzt man bezieht die Begrifflichkeit Welt auf alles Äussere, das den Menschen umgibt und auf ihn wirkt – so auch die Begegnung mit sich selbst –, und bezeichnet Wahrnehmung als Informationsfluss aller Sinne. Weiterlesen

Ein kleines Abenteuer

Vielleicht war es eine schlechte Idee, Opa aus dem Altersheim zu schmuggeln. Für einen Rückzieher war es nun aber sowieso zu spät. Opa hielt meine Hand und genoss die spätsommerliche Luft. Als die Sonnenstrahlen auf sein faltiges Gesicht fielen, schloss er die silbernen Augen. In der sanften Brise wippte sein fedriges Haar hin und her. Wir schlenderten über den Parkplatz und ich lächelte die anderen Besucher verkrampft an, um nicht aufzufallen. Ich strich mir die blonden Locken aus der Stirn. Bis jetzt lief alles gut. Der blassblaue Trabant stand schief in der Parklücke. Weiterlesen

Auf der Schwelle zur Wirklichkeit

Ein Grollen. Für einige Sekunden ist alles hell. Dann wieder absolute Dunkelheit. Das nächste Grollen. Doch schon bald ist das erstarrende Geräusch verschwunden. Dann lässt sich nur dem Stürmen des Regens lauschen. Auf einmal wird erneut alles hell, der Waldrand blitzt durch das verregnete Fenster. Und abermals das Grollen und das Toben des Regens. Ein Pfeifen. Durch die Latten des kleinen Hauses bläst der Wind. Die Bretter biegen sich. Die Balken ächzen. Hammer und Nägel liegen griffbereit. In drei Decken eingewickelt, mit Mütze und selbst gestrickten Wollsocken an den zitternden Füssen und dem Knistern des Kamins im Hintergrund liegt er in seinem aus Holz gezimmerten Bett. Auf dem Nachttisch eine Tasse qualmender Tee. Die Hütte gleicht eher einer Baracke. Es reicht gerade so für sein Bett. Der kleine Kleiderschrank lässt seine schief hängende Tür bei jeder unvorsichtigen Bewegung fallen. Daneben ein kleiner, gasbetriebener Herd und ein Kamin aus der Zeit des Ersten Weltkriegs. Ein Jäger hatte sich einst die Hütte gebaut. Und irgendwann verlassen. Am Waldrand, abseits der Zivilisation, nicht weit von einem kleinen Teich.
Das Knistern des Feuers ist beinahe verschwunden. Zeit, Holz nachzulegen. Der Kopf als Erstes, gefolgt von Schulter und Bauch, und ganz zum Schluss die Beine werden von der Decke befreit. Ein schneller und gekonnter Armschwung zur Öllampe. Es folgt der Hüftschwung und schon ist er bei den gestapelten Holzscheiten. Ein Paar in die Glut zu werfen genügt und das Feuer ist wieder entfacht. Mit schnellen Schritten und einem finalen Sprung wirft er sich zurück ins Bett.
Drei Schläge. Ruhe. Nochmals. Drei heftige Schläge gegen die Tür. Das verrostete Vorhängeschloss hält die Tür fest. Mit einem Knall landet der Laden des Kleiderschranks auf dem Boden. Der Kopf verschwindet unter der Decke. Dann wieder ein Blitz. Ohne Donner. Ruhe. Ein dunkler Schatten bleibt beim Fenster stehen. Eine Nase, eine Stirn quetschen sich ans Fenster und starren hinein. Sehen sie ihn im Bett liegen? Ganz vorsichtig schaut sein Auge durch eine kleine Luke in der Daunenfestung hindurch. Ein Gesicht. Es kommt ihm sehr bekannt vor. Und dann erkennt er ihn. Sein Vater. Er schaufelt sich frei. Mit einem grossen Satz ist er an der Tür. Dreht den Schlüssel um. Ein leises Quietschen und die Tür steht offen. Er geht hinaus. Grelles Licht. Nichts zu erkennen. Erst nach ein paar Sekunden bekommt er seinen Vater und den Jäger in kurzen Hosen und T-Shirt zu sehen. Hinter ihm brennt immer noch das Feuer im Kamin. Kurzes Gespräch. Beide auf dem Weg zum Teich, zum Angeln. Sie wollten nur kurz Hallo sagen. Verabschiedung. Angeln war noch nie sein Ding. Mit kleinen Schritten und gesenkten Hauptes kehrt er in seine Hütte zurück. Ein kurzes Zögern auf der Türschwelle. Er schaut auf seine Füsse. Nasse Socken. Verwirrt blickt er zurück. Alles trocken. Am Waldrand erkennt er den Wagen des Jägers. Die rote Farbe lässt sich nur noch erahnen. Überdeckt mit grauem Staub. Sein Blick wandert langsam wieder zu den Füssen. Durchnässt. Der Pullover ebenso. Er steckt den Schlüssel zurück ins Schloss und schliesst die Tür ab. Das Feuer im Kamin knistert. Ihm ist kalt.

Von Noah Schönfeld, G2G

Traum oder nicht Traum – das ist Zirkus

Der Vorhang geht auf, die Artisten des «Jour de fête» erwecken die Manege zum Leben und versetzen das Publikum in Staunen. Das Thema der 35. Monti-Inszenierung ist das bunte Treiben eines Jahrmarktes. Der Circus Monti ist bekannt für seine träumerischen und atemberaubenden Vorstellungen mit Artisten aus aller Welt. Sobald die Show beginnt, befinden sich die Zuschauer in einer Traumwelt. Und was ist das für ein Leben, wenn die Lichter gelöscht sind? Wir haben hinter die Kulissen geschaut. Weiterlesen

Gewitter im Kopf

Einem Palast vergangener Tage ähnelnd, so ragte die imposante Basis vor ihm auf.
Sie war Teil eines staatlichen Verbundes, dem Zentrum für Netzwerk-Verarbeitungsstellen.
Die Basis B-213 war natürlich in ihre Umgebung, eine Höhle von enormen Ausmassen, eingebettet, sodass sie wie aus dem Boden gewachsen erschien. Die ganze Grösse der Grotte war nur zu erahnen, denn ihr Rand verlor sich in tiefem Schwarz. Nur gelegentlich konnte man Licht aus angrenzenden Höhlen erblicken. Die Basis befand sich genau in der Mitte des Hohlraums; sie war von überall her sichtbar, so als wollte sie gesehen und bestaunt werden. Weiterlesen

Heute ist ein guter Tag

«Hellblau oder gestreift?» Obwohl ich ihr die Frage nun schon zum dritten Mal stelle, scheint sie deren Inhalt nicht zu begreifen. Oder sie wägt noch ab. Ungeduldig rutsche ich auf dem altmodischen Holzstuhl hin und her, versuche ihrem kritischen Blick standzuhalten. Heute ist eigentlich ein guter Tag – und doch sieht es aus, als ob sie diese wenigen Worte überfordern würden.
Ich erwäge, ihr die Entscheidung abzunehmen und einfach selbst zu wählen – die Verlockung ist gross. Dennoch halte ich ihr stand und warte ab. Ich warte ab, wie mir geraten wurde.
«Sei geduldig, verlange nicht zu viel, mach oft Pausen …» Weiterlesen

Traum

«Mami? Was schreibst du denn übers Träumen?» – «Ja, was denkst denn du, was Träumen ist?» Als Antwort auf meine Frage präsentiert mir meine 6-jährige Tochter kurze Zeit später die zwei folgenden Skizzen mit der Erklärung: «Träumen ist wie Denken – aber beim Träumen schläft man und beim Denken ist man wach.» Weiterlesen

Gedankenbruch

«Lasst mich! Was glaubt ihr eigentlich, wer ihr seid?» Eine keifende Stimme über-tönte trotz des Lärms, der mittags immer in der Mensa herrschte, alle Gespräche, und als die Besitzerin der Stimme aufstand, waren alle Augen auf sie gerichtet. Ich fand es faszinierend, wie schnell etwa zweihundert Schüler ihre Gespräche einstel-len und eine Aufmerksamkeit zu Tage fördern konnten, wie es wohl nur selten in einer Unterrichtsstunde geschah. «Ihr versteht es nicht, ihr versteht es nicht, und so etwas schimpft sich meine Freunde! Ich werde das verdammte Zeug nicht mehr nehmen, ich kann nicht mehr atmen, es erstickt mich, seid still, seid still!» Die Worte wiederholend stand sie da, die Hände auf ihre Ohren gepresst, bis nicht nur ihre ‹Freunde›, sondern wirklich jedes Lebewesen im Raum schwieg und sie an-starrte. Ihre Miene war verschreckt, angespannt, ihre Augen zuckten hin und her, als ob sie nach einem Fluchtweg aus diesem Hexenkessel von Menschen suchte. Immer mehr schienen ihre Instinkte sie zu beherrschen; dann, auf einmal, verän-derte sich ihr Ausdruck und etwas anderes, mindestens genauso Unkontrolliertes, nahm den Platz der Panik ein. Weiterlesen

«Man hat nur dort Ängste, wo man auch Wünsche hat.»

Peter Fischer ist Fachpsychologe für Psychotherapie in einer Gemeinschaftspraxis in Zürich, oberhalb des Freud-Institutes. Er empfängt das sage&schreibe-Team, um über Träume und die Traumdeutung zu sprechen, aber auch Einblicke zu geben in die professionelle Auseinandersetzung mit den Botschaften des Unbewussten. Weiterlesen

Die Traumfängerin

Die Luft war kalt und strich um ihre blossen Beine. Neben den müde funkelnden Sternen hing der Mond am Himmel. Unter ihren Füssen knirschten die Blätter, die sich verfärbt hatten und von den Ästen der Bäume gesegelt waren. Die Fenster der Häuser waren dunkel, die gesamte Lilienstrasse schlief; einzig das Licht der Laternen erhellte die Strasse.
In ihrem weissen Kleid tapste die Traumfängerin die Häuser entlang, bis sie vor einem roten Backsteinhaus stehen blieb. Der Briefkasten im Vorgarten stand schief da. Efeu kletterte an der Fassade hoch. Zwei edle Blumentöpfe standen vor den Stufen, die zur Haustür hinaufführten. Weiterlesen

Ihre Freundschaft

Sind Sie zufrieden mit sage&schreibe? Sogar begeistert? – Dann müssen Sie hier weiterlesen!
Zweimal jährlich präsentiert Ihnen die Alte Kanti in sage&schreibe vielfältige thematische Beiträge, verfasst von Schülerinnen und Schülern und von Lehrpersonen aller Fachschaften. Jedes Heft ist ein publizistisches Gemeinschaftswerk, das aus unterschiedlichen Perspektiven vertiefte, immer wieder überraschende Einblicke in den Alltag an der Schule bietet und über den Ententeich hinausblickt.
Wenn Sie dieses Engagement schätzen und gleichzeitig verhindern möchten, dass sage&schreibe dem vom Kanton Aargau verordneten Konzept der papierlosen Schule zum Opfer fällt, freut uns das sehr.
Der Ausdruck Ihrer Freundschaft in Form eines einmaligen oder wiederkehrenden Unterstützungsbeitrags sichert die Finanzierung des Heftes für die Zukunft. – Wie wir uns bei Ihnen revanchieren, verrät der Freundschafts-Flyer.

Die neue Alte Kanti

«Kleider machen Leute» –Schon Gottfried Keller führte uns vor Augen, wie wichtig das Auftreten ist und was passieren kann, wenn die Wirkung nach aussen nicht mit dem Inhalt übereinstimmt.
Auch die Unternehmenswelt hat die Bedeutung eines einprägsamen, positiven Bildes längst erkannt und dabei die Form mithin gar über den Inhalt gestellt. Das kann allerdings nur kurzfristig funktionieren, denn bekanntlich haben ja Lügen kurze Beine; wir ärgern uns schnell, wenn wir nicht das erhalten, was wir versprochen bekommen.
Negative Beispiele mindern jedoch die Bedeutung eines guten Auftritts nicht. Sie fordern uns vielmehr auf, dass wir nach aussen das darstellen, was auch drin ist. Konsistent, offen, ehrlich. Das gilt nicht nur für Unternehmen, sondern gerade auch für Schulen.

Ein Blick zurück
Mit Mandarinen und grünen Äpfeln haben wir 2005 den Auftritt des damals neuen Logos und der neuen Website der Alten Kantonsschule Aarau lanciert. Farblich frisch, neu, für viele überraschend, für einige auch befremdend. Der Auftritt – das Corporate Design (CD), wie man es heute nennt –, wurde von Andrea Gsell, einer ehemaligen Schülerin der Alten Kantonsschule, erfolgreich gestaltet und umgesetzt.
Simone Leuenberger, eigentlich Deutschlehrerin an unserer Schule, baute auf dieser Basis die Website auf. 2006 durften wir für die besonders klar strukturierte und optisch frisch gestaltete Website einen Preis der Weiterbildungszentrale (WBZ) entgegennehmen.
Mit den Jahren zeigte sich immer deutlicher, dass unser elektronischer Auftritt rein technisch bald überholt sein würde und die gestalterischen Trends und technologischen Fortschritte neue Möglichkeiten eröffneten. Im Sommer 2018 beschloss die Schulleitung, eine neue Website und gleichzeitig auch einen neuen Auftritt auf den Weg zu bringen.

Neuer Auftritt und neue Website
Die beiden Projekte wurden zeitgleich gestartet. In der Arbeitsgruppe «Neue Website» mit Cyrill Engeli, Simone Leuenberger, Stefan Märki und Michael Eger beschafften wir uns Informationen zu den Bedürfnissen, um die Ausschreibung für eine neue Website vornehmen zu können. Gleichzeitig holten wir mit Unterstützung des Departements BKS von mehreren Agenturen Offerten für die Gestaltung des neuen Auftritts ein.
für die externe Website samt Aufbau einer neuen internen Website entschieden wir uns für die Firma zeitgeist; für die Gestaltung des neuen Corporate Designsfür die reaktor ag. Bei beiden Agenturen handelt es sich um Aarauer Unternehmen, was die Zusammenarbeit deutlich vereinfachte.
Am Anfang des neuen Auftritts stand ein Workshop mit der Schulleitung, um die Werte der Alten Kantonsschule aufzunehmen und damit sicherzustellen, dass am Ende auch das nach aussen dargestellt wird, was wir sind.
Es zeigte sich gleich: Wir sind die Alte Kanti. Unser Name soll Programm sein, der Name mit der eigens für und mit uns entwickelten Schrift, der Farbe und weiteren grafischen Elementen soll unser Logo sein. Konsistent, offen, ehrlich.
Es folgten die Anwendungen für die verschiedenen Informationsmittel wie Flyer, Drucksachen, Briefe oder auch die Website. Letztere wurde in der Zwischenzeit von der Arbeitsgruppe in Absprache mit der Schulleitung mit Herrn Wegmann von zeitgeist konzeptionell aufbereitet und mit den umfangreichen Bedürfnissen hinsichtlich interne Informationsvermittlung mit schulNetz, Webmail etc. abgestimmt.
Das Resultat der beiden längeren Prozesse liegt nun vor. Und wir meinen: Es kann sich sehen lassen. Nun liegt es an uns, das neue Kleid auch richtig zu tragen.


[Bild: zVg]

Herzlichen Dank!
Für die befruchtende Zusammenarbeit in Form von Gesprächen, Erwägungen, Rückkommensanträgen und Entscheiden danke ich Reto Hell und Marcel Deubelbeiss von reaktor ag sowie Beat Wegmann von zeitgeist ganz herzlich. In diesen Dank schliesse ich Anouk Gyssler ein, welche die Texte neu formuliert hat. Intern danke ich Cyrill Engeli für die grosse Unterstützung, Sonja Pirotta und Michael Bouvard für die wertvollen gestalterischen Inputs und allen weiteren Personen, die sich für das Gelingen der beiden Projekte eingesetzt haben und weiterhin einsetzen werden.

Von Ulrich Salm, Prorektor

Knacke den Smarties-Jackpot! – BEENDET

Wie viel Geld geben wir eigentlich in der Mensa aus? Wollen wir gar nicht wissen. Doch was wäre, wenn man eine ganze Woche lang kein Geld für Essen ausgeben müsste? Mit ein bisschen Glück bist du schon bald Besitzer eines Mensa-Gutscheins im Wert von 60 CHF und einer Riesenportion Smarties! Weiterlesen

musicfactory time

Während Monaten waren die Schülerinnen und Schüler der Schwerpunktfach- und Ergänzungsfachklasse der Neuen sowie der Alten Kantonsschule Aarau damit beschäftigt, ihre eigenen Werke zu komponieren. Am 4. April 2019 kamen diese Werke im Rahmen der musicfactory zur Aufführung. Die ehemalige Emus-Schülerin Michelle Claus führte locker durch den musikalischen Abend. Weiterlesen

Verschwörungstheorien I: Warum die Erde flach ist

Die NASA lügt, und die Mondlandung ist ein Fake – das behaupten die Anhänger der sogenannten Flat Earth Theory, der Theorie der flachen Erde, einer Verschwörungstheorie, die angeblich beweist, dass die Erde in Wahrheit nicht rund, sondern flach ist. Auf den ersten Blick mag dies ziemlich absurd wirken. Es lohnt sich aber durchaus, einige Aspekte genauer zu betrachten. Weiterlesen

Sieben Stücke, die den Abend versüssen

Die Sonne ist kurz davor, den Horizont zu streifen, sodass die reformierte Kirche in Buchs goldenen bestrahlt wird. Die Temperatur sinkt und die letzten Musikerinnen und Musiker betreten den hinteren Teil des Gebäudes, während die Besucher beim Haupteingang warten. Sinfoniekonzert der Alten Kanti. Eine genaue Ahnung von dem, was an diesem 24. März 2019 auf sie zukommt, haben die Zuhörerinnen und Zuhörer nicht. Das stört sie auch nicht, denn alle sind hier, um sich zu überraschen lassen. > Weiterlesen

Aargauer Mensa-Check I

Für den grossen Aargauer Mensa-Check haben wir alle sechs Mittelschulen im Kanton besucht, mit den Verantwortlichen gesprochen und das Essen vor Ort getestet. Über tausend Gäste gehen in den jeweiligen Mensas täglich ein und aus. Drei bis vier Menüs werden angeboten, darunter mindestens ein vegetarisches. Doch worin unterscheiden sich die Mensas überhaupt?  Für den ersten Teil des Mensa-Checks haben wir die Mensas in Baden, Wohlen und an der Neuen Kantonsschule Aarau auf Herz und Nieren geprüft. Weiterlesen

Die fahrende Sardinenbüchse

«Weg von der Tür!», ruft der Busfahrer missmutig durch die Sprechanlage. «Ich kann nicht losfahren, solange ihr da nicht weggeht!» Unter den Fahrgästen macht sich genervtes Murmeln breit, während drei Schüler verzweifelt versuchen, einen grösseren Abstand zwischen sich und die Tür zu bringen. Nach einigen Sekunden, in denen gedrückt, geschoben und gezwängt wird, ertönt endlich der Motor. Alle Passagiere atmen erleichtert auf. Doch dann senkt sich der Bus auf der Einstiegsseite erneut ab. Ein keuchender Schüler, der offensichtlich direkt vom Sportunterricht kommt, drückt hektisch auf den Knopf, in der Hoffnung, dass sich die Tür erneut öffnet. Und siehe da, der Busfahrer ist gnädig und erweitert die Schar der leidenden Fahrgäste um eine Person. Weiterlesen

Warum Lesen unglücklich macht

Glück ist als Dauerzustand im Plan der Schöpfung nicht vorgesehen. Diese melancholische Einsicht verdanken wir Sigmund Freud, dem 81-jährigen Hellmuth Karasek und der Firma Ikea. Freud schrieb sie 1930 in Das Unbehagen in der Kultur nieder; der berühmte Literaturkritiker Karasek zitierte sie 2015 in einem Werbespot für Ikea: In einem behaglichen Sessel rezensiert Karasek «das meistverbreitete Buch der Welt», nämlich den Ikea-Katalog. Er liest: «Glück ist, wenn du ein superbequemes Sofabett, ein paar Beistelltische und eine gute Wifi-Verbindung hast». Daraufhin lässt er den Katalog sinken, schaut halb besserwisserisch, halb milde in die Kamera und kontert mit Freud. Weiterlesen

China – 1 Land, 4 Regionen, 4 Küchen

China ist ein Land mit langer Geschichte und Tradition, wenn es ums Essen und um Essgewohnheiten geht. Es gibt viele verschiedene Regeln und Bräuche, wie anständig gegessen wird. Grundsätzlich wird das Essen nicht jedem Einzelnen auf einem eigenen Teller serviert, sondern alles wird auf den Tisch gelegt, sodass jeder das essen kann, was er will. Weiterlesen

Finalis

Grässlich. Einfach grässlich. Endlich habe ich ein passendes Wort für die Kakofonie namens «Babywillstmeinneuesstückhören». Existiert eigentlich Ohrenkrebs? Ich fürchte, schon. Bestimmt gibt es Klänge, welche die Ohrenzellen mutieren lassen. Und am Ende werde ich eine Radio-Therapie in einem spezialisierten Krankenhaus irgendwo in Israel über mich ergehen lassen müssen. – Es regnet wieder. Zum wievielten Mal heute? – Vielleicht bin ich einfach zu altmodisch und checke das moderne Zeug nicht. Ich meine, wenn du mir von deinen musikalischen Reisen erzählst, die nur in deinem Kopf stattfinden, dann wird mir einfach nur übel. Moment – diese Passage kenne ich – die kommt auch in einem anderen Stück vor, nicht? Na ja. Mama hat immer gesagt, das Leben mit einem Musiker sei anstrengend. Sie hatte Recht. Mama hat immer Recht. Ich sollte sie vielleicht mal anrufen und fragen, wie es ihrem Pudel geht. Bono. Schon sein Vorgänger hiess so. Sie wählt immer denselben Namen. Keine Veränderungen – kein Stress. Gutes Motto, Mama. Weiterlesen

Glück und die Sprache der Kunst

Der Künstler Raja Dibeh ist 48 Jahre alt und hat erlebt, was niemand erleben will. Blut, Leid und Krieg hat er in seiner Heimat Syrien tagtäglich gesehen und hautnah erfahren. Vor allem für islamistische Rebellengruppen wie den IS war Raja Dibeh als christlicher Künstler eine Zielscheibe. Deshalb musste er flüchten und lebt nun seit vier Jahren in der Schweiz. Zusammen mit anderen Geflüchteten wohnt er in einer Asylunterkunft in Schupfart. Wir haben ihn nach der Bedeutung von Glück gefragt. Weiterlesen

Glück

Irgendwie haben wir es ja vermutet: Glückserfahrungen haben nicht nur mit Psychologie, sondern auch eine ganze Menge mit Biologie zu tun. Die Zusammenhänge zwischen körperlichen Prozessen und seelischer Empfindung sind ebenso spannend wie komplex – und es zeigt sich: Auch aus biologischer Sicht ist das Glück ein flüchtiges und alles andere als ungefährliches «Geschenk». > Weiterlesen

Weniger lauffe – meh Liftschlüssel

Das tägliche Rennen gegen die Zeit beziehungsweise die eigenen Mitschüler um den letzten freien Tisch im Erdgeschoss des Aquariums. Der leidige Kampf um einen Platz im Lift. Immer kein Kleingeld in der Mensa. – Das muss nicht sein! Der sage&schreibe-Fotowettbewerb «Weniger laufe, mehr Liftschlüssel» macht das Leben an der Alten Kanti lebenswerter. – Vielleicht auch deines!
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Wunder? Wunder!

„Glauben Sie an Wunder?» Kaum jemand im Umfeld einer Kantonsschule wird diese Frage mit einem uneingeschränkten «Ja» beantworten. Wunder wirken wie ein Relikt aus alten Tagen. Sie erinnern an Aberglaube und Magie. Im Denken unserer Zeit scheinen sie keinen Platz mehr zu haben. Der Gang Jesu auf dem Wasser? – Spontane Heilungen an Wallfahrtsorten? – Eine Madonna, die Blutstropfen weint? – Wundersame Erscheinungen am Himmel? Nein, danke! Weiterlesen

Von Eintretenswahrscheinlichkeiten für das Unglaubliche

Bei einem Kaffee und einem Chai im Barista Shop haben sich der Biologie Stefan Girod (SG) und der Pianist Daniel Woodtli (DW) über einen der ganz grossen Begriffe unterhalten. Im Dialog unternehmen die beiden Lehrer der Alten Kanti Aarau einen ebenso unterhaltenden wie anregenden Gedankenspaziergang – immer im Spannungsfeld zwischen der Macht der Fakten und der Macht des Göttlichen. Weiterlesen

Die Wunderstätte

Schmid Beck im beschaulichen Zunzgen ist eine Feinbäckerei, Konditorei und Chocolaterie der besonderen Sorte, denn sie trägt die herausragende Qualität bereits in ihrem Namen: «echt weltmeisterlich». Um die Genusswelt zu erkunden und der Leidenschaft der Erschaffer auf die Spur zu kommen, sind wir tief in die preisgekrönte Wunderstätte eingetaucht. Weiterlesen

Der Wunderbaum – Fluch und Segen

Tatsächlich: Es gibt einen Baum, aus dem eines der tödlichsten natürlichen Gifte und gleichzeitig ein tagtäglich gebrauchtes Öl gewonnen wird. Vielleicht klingelts bei der einen oder anderen Krimi-Leseratte oder bei faltengeplagten Beautyfans bei den Begriffen Rizin und Rizinusöl. – Was hat es wirklich auf sich mit dem Wunderbaum? Wir haben über die «Giftpflanze des Jahres 2018» recherchiert. Weiterlesen

Leichte Kost

Einhundert Gramm durchschnittliches Brot enthalten etwa zweihundertsiebenundsechzig Kalorien. Eine Schreibe davon wiegt ungefähr fünfzig Gramm, hier jedoch können wir von mindestens siebzig ausgehen. Also sind wir mit einer Scheibe schon mal bei einhundertneunundachtzig Kalorien. Je nach dem, von welchem Teil des Brotes das Stück stammt, lassen sich durch die Kruste weitere Kalorien addieren oder subtrahieren. Weiterlesen

Ελλάδα

Η Ελλάδα είναι χώρα της νοτιοανατολικής Ευρώπης. Συνορεύει βορειοδυτικά με την Αλβανία, αποτελείται από την ήπειρο και την Πελοπόννησο και έχει πάνω από 3000 νησιά. Η χώρα βρέχεται από το Λιβυκό Πέλαγος στον Νότο και το Ιονικό Πέλαγος στη Δύση. Η Ελλάδα έχει Έκταση 131’957 τετραγωνικά χιλιόμετρα και είναι τρείς φορές μεγαλύτερη απο τήν Ελβετία. Η χώρα έχει περίπου 11,2 χιλιάδες πληθυσμό. Λόγο των πολλών νησιών η Ελλάδα έχει μια ακτογραμμή από 13’000 χιλιόμετρα. Αν και υπάρχουν πολλά νησιά και μεγάλη επιφάνεια θάλασσας, η Ελλάδα έχει επίσης 80 της εκατό βουνά. Weiterlesen

Zwischenstunde

Ding – ein paar letzte Plopps ertönen aus der Mikrowelle, dann ist es ruhig. Ich nehme die Tüte vorsichtig in die Hand und trage sie zu unserem Tisch. Ein buttriger Duft steigt daraus auf, der Duft einer Zwischenstunde. Alle haben ihre Schulsachen ausgepackt, Stifte liegen achtlos verstreut auf dem Tisch. Wirklich am Arbeiten ist jedoch niemand. Dazu fehlt die Motivation. Weiterlesen

#3 Poesie

In unregelmässigen Abständen hält der passionierte Filmer und Fotograf Tobias Gamp (G4L) seinen Blick auf die Welt in einem ganz persönlichen Video fest. Mal frech, mal schräg, mal nachdenklich, mal knallig – immer aber zusammen mit Alexander Levnajic (G3B). Nur zusammen sind sie «Ganz Gamp.»

Griechenland

Das im Südosten von Europa liegende Griechenland grenzt an das südliche Ende des Balkans und besteht aus der bekannten Halbinsel Peloponnes sowie mehr als 3000 Inseln. Eingegrenzt wird das griechische Festland vom im Süden liegenden Libyschen Meer und dem Ionischen Meer im Westen. Griechenland erstreckt sich über eine Fläche von 131 957 km² und ist somit fast dreimal grösser als die Schweiz. Es leben 11,2 Millionen Einwohner auf dem Festland und den umliegenden Inseln. Wegen seiner vielen Inseln besitzt das Land eine Küstenlinie von über 13’000 km. Obwohl viele Inseln und eine grosse Wasserfläche zu Griechenland zählen, hat die Nation einen Gebirgsanteil von fast 80 Prozent. Weiterlesen

Schweizer und Schweizerinnen umarmen sich viel

Die 18-jährige Claire Ngo aus Kanada kam im August 2018 in die Schweiz, wo sie zuerst einmal einen zweiwöchigen Deutschkurs für Anfänger besuchte. Ab September war sie dann ein Jahr lang Austauschschülerin in der G2F an der Alten Kanti Aarau. Der vorliegende Text ist ihr sprachlich nicht bearbeitetes) Abschiedsreferat, das sie anlässlich eines Farewell-Dinners des Rotary Clubs Aarau Alpenzeiger gehalten hat. Weiterlesen

Glückspost

«Die Arthritis, weisst du, die wird immer schlimmer. In den Händen auch. Zwei Reihen stricken, Andi, zwei, dann muss ich’s schon wieder hinlegen», jammert Oma Ingrid. Ihr Körper versinkt beinahe im übergrossen Bademantel, und händeringend blickt sie ihren Enkel an. Die Glückspost, die Andi ihr hilflos entgegenstreckt, lässt ihre Augen für einen Moment aufleuchten. «Wie lieb von dir! Sag Erika lieben Dank. Willst du Kaffee? Komm, ich ruf die Heike, die bringt dir einen.» «Nee nee, lass mal Oma. Ich trink doch eh keinen Kaffee, weisst du doch. Ich muss ja sowieso auch gleich weiter. Hab noch viel zu tun. Schule und so», murmelt der schlaksige Junge, vergräbt die Hände tief in den Hosentaschen seiner verwaschenen Jogginghose und der Rechten ertastet ein kleines Plastiktütchen, das er fest mit den Fingern umschliesst. Weiterlesen

«Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit sind unser wichtigstes Gut»

Mit 43 Jahren ist Christian Dorer bereits Chefredaktor von BLICK, SonntagsBlick, Blick am Abend und Blick online. Der Absolvent der Alten Kantonsschule Aarau bestimmt, was jede Woche 1.8 Millionen Schweizerinnen und Schweizer lesen. Wie fühlt sich so viel Verantwortung (und Macht) an? Wie begegnet Christian Dorer der digitalen Herausforderung? Und wie geht er mit der allgegenwärtigen Gefahr von Fake News um? – Wir haben den einflussreichsten Journalisten der Schweiz in Zürich zum Gespräch getroffen. Weiterlesen

Die vier Sinne des Menschen

Wenn im Wald ein Feuer brennt, können wir das mithilfe unserer Sinne feststellen, was uns in verschiedenen Szenarien einen evolutiven Vorteil bringen kann. Das Feuer werden wir aber nie in seiner Gesamtheit erfassen können. Dafür sehen wir gelbe Flammen züngeln und hören ein Knistern, obwohl das Feuer genau genommen weder Farben besitzt noch Geräusche erzeugt. Wie kommt’s? Weiterlesen

«Schau, deine Schuhe sind Mittwoch!»

Stell dir vor, der September wäre hellgrün, der Februar eisig-rosa, das «E» gelb, alle 20er Zahlen rötlich und die Melodie der Schulglocke orange. Genau so geht es Victoria Dvořák, einer Schülerin der Alten Kantonsschule Aarau. Wir treffen sie an einem Mittwoch in einem Café. Sie erzählt uns von ihrem Leben als Synästhetikerin und legt uns ihre ungewöhnliche Wahrnehmung offen: die Verknüpfung von Musik, Zahlen und Wörtern mit Farben.  Weiterlesen

Vom (Un-)Sinn der Ökonomie

Veronika Potykanowicz (PotVe), Wirtschaftslehrerin an der Alten Kantonsschule Aarau, sucht über WhatsApp das Gespräch mit ihrer 19-jährigen Nichte Bernadette Schwarz (SchBe) aus Österreich, die zurzeit Umweltsystemwissenschaften an der Universität Graz studiert. Immer im Zentrum des Dialogs zwischen der Pädagogin und der jungen Idealistin: der (Un-)Sinn der Ökonomie. Weiterlesen

Freddy Nock: Sinnfindung und das Seil

Viele Leute fürchten sich davor, über einen Baumstamm zu gehen; Freddy Nock hat das Balancieren, noch dazu in schwindelerregenden Höhen, zu seinem Beruf gemacht. Bei einem Besuch des Artisten zu Hause in Uerkheim haben wir einen Einblick in seine Arbeit erhalten – und von seinem neusten Projekt erfahren, das alles andere in den Schatten stellen wird. Weiterlesen

Fünf Sinne, ein Erlebnis

Der Mensch hat fünf Sinne. Was auch immer wir tun: Erst das Zusammenspiel aller Sinne ermöglicht die ganzheitliche Wahrnehmung eines Erlebnisses. – Wie aber ist es, wenn wir uns bei einem Erlebnis ausschliesslich auf einen Sinn konzentrieren? Wir haben uns aufgemacht in ein Burger-Restaurant und uns beim gemeinsamen Essen jeweils ganz auf einen einzigen Sinn konzentriert. Ein sinnliches Experiment. Weiterlesen

ZIRP

Ich hetze auf den letzten Drücker ins Zimmer – geschafft. Mein Kopf braucht etwas Zeit, um sich zurechtzufinden. Also, ganz langsam: Ich sitze in einer Biologiestunde. Biologie zählt dieses Jahr für die Matur, also sollte ich mich nun zwei Stunden konzentrieren. Unser heutiges Thema: Aufnahme und Verarbeitung von Sinnesreizen. ZIRP. Meine Sinne erinnern mich gerade wieder daran, dass es vielleicht doch keine so gute Idee war, kurze Hosen anzuziehen. Vorsichtig löse ich mein Bein vom Stuhl und platziere es etwas weiter rechts; zwecklos – es fängt schon wieder an, am Stuhl festzukleben. ZIRP. Die Hitze ist unerträglich. Wieso bekommen wir bei diesen Temperaturen nicht hitzefrei? Weiterlesen

Himmelblaue Himbeere

Bazar. Der süsse Duft, kaum spürbar
Zimt, Koriander, Nelken
die Himbeere, süss und verführerisch
wie das Geschrei der Verkäufer
himmelblau, Himmelbeere, mitten im Bazar
die Verlockung, süsser als Honig
verstörende Farbe, einzigartig
die Sinne berauschend
alles vergessend, vergessen
versinken
und schweben, höher und höher
ekstatisch, ein Geschmack wie Vollendung
der Abgang ist böses Erwachen
himmellos bitter bleibt Ingwer
im Nachgeschmack.

 

Von Nadine Girod und Su Haskaya, G3L 
Aquarell von Nicole Wehrli, G3K

Digitalisierung an der Schule – Alte Kanti 4.0?

Digitalisierung – für die einen ein Zauberwort, das Türen in ungeahnte neue Lebens- und Arbeitsräume öffnet, für die anderen ein Unwort, der Inbegriff einer datengesteuerten, gefühlskalten, insgesamt inhumanen Welt. – Wie auch immer: Als moderne Mittelschule sind wir verpflichtet, uns dem Wandel auch in diesem Bereich zu stellen, Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen. Eine Bestandesaufnahme. Weiterlesen

Ertrinken

Mein Zug war schon da, als ich den Bahnsteig erreichte und auf den Türöffner drückte. Ich setzte mich an den erstbesten Platz am Fenster, und als der Zug langsam losfuhr, heftete sich mein Blick an einen der vielen Regentropfen an der Scheibe. Ich beobachtete, wie ein Tropfen grösser wurde, runterkullerte und alle, die seinen Weg kreuzten, mit sich riss. Etwa hundert Tropfen später wurde meine Haltestelle angekündigt. Ich stieg aus und blickte nach oben, fühlte, wie der Regen auf mein Gesicht prasselte, den Hals runterlief, und sah, wie sich meine Schultasche verfärbte. Ich machte mich auf den Weg nach Hause.  Weiterlesen

Ob ihr wirklich richtig steht, seht ihr, wenn die Tür aufgeht

So ein Lift ist schon eine praktische Erfindung. Ohne Lift würden wir nicht weit kommen, vor allem nicht in die oberen Stockwerke des Aquariums beziehungsweise Paul-Karrer-Hauses. Da sind wir schon ab und zu dankbar, dass es gleich drei an der Zahl hat. Doch das gerät manchmal in Vergessenheit, wenn wir uns über die Lifte aufregen müssen, und das ist keine Seltenheit. Weiterlesen

Glühbirnen, Doppelnetzgeräte und Diodenlaser

Schweizer Physikolympiade – dazu braucht es Physiktalente aus der Schweiz, Prüfungsunterlagen und spezifische Utensilien für den experimentellen Teil des Wettkampfs. Am 24./25. März 2018 ging es für 24 Schülerinnen und Schüler darum, sich für den europäischen Wettbewerb in Moskau zu qualifizieren. sage&schreibe war beim experimentellen Teil der Prüfungen an der Neuen Kantonsschule Aarau vor Ort. 
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Immer am Ball bleiben!

Er trainiert bis zu 18 Stunden pro Woche. Denn Volleyball ist seine Leidenschaft! Irian Mika ist ein wahrhaft grosser Spieler – nicht nur wegen seiner 192 cm Körperlänge: Der 20-jährige spielt im Nationalliga-A-Team von Volley Schönenwerd. Als Schüler der Sportabteilung der Alten Kanti stellt Irian jeden Tag unter Beweis, dass sich Spitzensport und Gymnasium bestens vereinen lassen! Weiterlesen

Eviva España!

España meets Aarau – und dies in der einladend dekorierten reformierten Kirche Buchs. Das Orchester der Alten Kantonsschule Aarau, verstärkt durch das Holzbläserensemble, verzauberte das Publikum regelrecht mit temperamentvollen südländischen Klängen. Das Herz Spaniens pulsierte, und die Wärme des Frühlings war trotz der tiefen Temperaturen deutlich zu spüren.
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#02 Aufzüge

In unregelmässigen Abständen hält der passionierte Filmer und Fotograf Tobias Gamp (G3L) seinen Blick auf die Welt in einem ganz persönlichen Video fest. Mal frech, mal schräg, mal nachdenklich, mal knallig – immer aber zusammen mit Alexander Levnajic (G3L). Nur zusammen sind sie «Ganz Gamp.»

Inclusive Digital Video Training in Youth Work (InDVT)

What is InDVT and what does it do for our society?

The InDVt is a project sponsored by the European Union involving several countries. The objective of the project is to create a way of teaching youth trainers to increase the use of “inclusive videos” in their daily work. It is intended to be used for non-formal youth trainings of any sort.

The platform for all the basic and enhanced training was created by the partners in Bulgaria. They developed a website which will be translated into many different languages. On the platform there are several training modules each written by a different partner. You can access information, such as how to collect digital videos, the digitization of videos and TV, raising digital awareness, digital videos in inclusive training and last but not least some tips for trainers. After completion of each module, one will be able to take a self-assessment to test if one has understood the material correctly.

In addition, there is one surprising element in the platform. They have an absolutely stunning resource page, where they list a lot of examples they have found during researches dealing with these topics. Each of the accessible videos has a deeper meaning and can directly be applied to educational and awareness raising purposes. Thanks to nanoo.tv and Mr. Henning Timcke, all of these videos are now on a secured platform and will always be available to youth trainers in the future.

The Meeting

On the 15th of December 2017, the third partner meeting of the InDVT Project took place in Prague. With participants from Bulgaria, Germany, Switzerland and the Czech Republic many competent partners convened at the University of Life Science in Prague.

The project partner responsible for Switzerland, Mr. Henning Timcke, was entitled to bring two guests along to the event in Prague. After due consideration he decided to invite a couple of students from the “Alte Kantonsschule Aarau” with whom he had just finished a project. Natalia Castro Castell and Pascal Meier were given the opportunity to attend, and they were very grateful to join him on this adventure.

The goal of the meeting was to enhance the product proposition in such a way that it would become more user-friendly and ready to be campaigned to a broader base of youth trainers. After an exhausting day of discussing improvement ideas, all partners agreed on the next steps to be pursued and implemented during the following weeks. All the attending representatives unanimously agreed that the meeting was considered a full success.

Prague the city

The day after the meeting the two students from Aarau had some time to explore the city of Prague. Cognizant that a single day of sightseeing was not enough to see the entire city, after a conversation with local guides, we had decided to make our own very ambitious plan. Within a couple of hours, we managed to see most of the sights and monuments, such as the beautiful Karls Bridge, the John Lennon Wall, the Petřín observation tower and some more impressive old buildings. During a small break in the old part of the city, we enjoyed some delicious Czech food in an old restaurant and tasted some hot wine in one of the many wonderfully decorated Christmas markets.

Conclusion

In summary, it can be said that the trip was very successful, both in terms of what we learned and experienced in a different environment. Personally, the highlight of the trip was the dinner with all the partners during which we enjoyed delicious local Czech dishes, like the amazing dumplings, and the good and interesting conversations. We were really honored to be able to have had the opportunity to further observe this project and to represent our school. It will be interesting to follow the further development of this InDVT project and the success it will have.

Websites:
InDVT: http://inclusivevideo.org/de
Nanoo.tv: https://portal.nanoo.tv

By Pascal Meier, G3L

Turin, die verkannte Schöne

Drei Tage Turin! Eine Stadt, die in ihrem alten Glanz als ehemalige Hauptstadt Italiens erstrahlt und die Besucher – auch bei Regen – mit ihrer Schönheit in ihren Bann zieht. Turin überzeugt in allen Bereichen: beeindruckende Architektur, glorreiche Paläste, interessante Museen, gemütliche Cafés, Kirchen, Lauben, leckeres Essen und vieles mehr. Ein Erlebnisbericht über die Projektwoche Turin vom Frühjahr 2018. Weiterlesen

Atem und Hoffnung

Zwei Germanistinnen schreiben einander Briefe mit Luft. Ihr Gespräch über den Atem wird zu einer Reise ins Universum und ins eigene Innerste. Atemzug für Atemzug.

Von Lara Dredge und Rahel Hubacher, Deutschlehrerinnen

Liebe Lara
Beim Nachdenken über das Phänomen Luft drängt sich der Aspekt des Atems auf – wir kommen ja nicht umhin, ständig Luft zu holen. Goethe spricht in diesem Zusammenhang von der «ewigen Systole und Diastole», dem ewigen Ein- und Ausatmen. Für ihn sind die gegenläufigen Bewegungen des Ein- und Ausatmens Sinnbild für eine fortwährende Entzweiung ebenso wie für eine ewige, letztlich unzerstörbare Einheit.

Kürzlich habe ich gelesen, dass der Austausch über den Atem keine Grenzen kennt, weder geographisch noch zeitlich. Mit jedem Atemzug nehmen wir Milliarden von Atomen auf. Wenn man ausatmet, gibt man sie wieder ab und sie verteilen sich. Dieser Austausch über die Atemluft ist unermesslich: Die Luft, die wir einatmen, enthält Atome aller Menschen, Zonen und Zeiten. Wenn wir einatmen, wandern Atome durch unseren Körper, die einst Jesus, Mozart, Einstein und Gandhi gehört haben. Genauso enthält unsere Atemluft Atome von Männern und Frauen, von denen wir uns mit aller Deutlichkeit distanzieren – Hitler, Pol Pot, die Verantwortlichen der Massaker von Srebrenica oder Kigali. Der Gedanke, dass uns jeder Atemzug mit allen Geschehnissen der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft verbindet, vom Anfang des Universums bis zu seinem Ende, ist überwältigend. Der Atem ist in diesem Sinne naheliegend und fundamental – und zugleich zeiten- und weltenumspannend.

Herzlich, Rahel


 

Liebe Rahel
Diese fundamentale Bedeutung ist auch der deutschen Sprache eingeschrieben, da schöpft jemand Atem und hat vielleicht einen längeren Atem als ein Kurzatmiger, dem im Notfall schnell der Atem ausgeht. Mitunter verschlägt es einem den Atem, vielleicht sogar dann, wenn wir von einer Sache in Atem gehalten worden sind – bis zum letzten Atemzug?

Die Vorstellung, dass die Atome alles Vergangenen, wie du sagst, durch alle Zeiten bis hin zum Jetzt uns umgeben, ist atemberaubend. Was meint dann gesunde Luft? Eine, die nicht belastet oder ist mit den Irrtümern früherer Generationen? Wenn die Luft rein ist – prägt uns das als Menschen ebenso, wie wenn dicke Luft herrscht? Beeinflusst es unser Werden? Es liegt in der Luft, sagt man – was genau? Ein Zeichensystem von Atomen, die unser Wesen verändern, lenken, bestimmen?

Herzlich, Lara


 

Liebe Lara
Den langen (und ruhigen) Atem suchen viele, gewiss auch die Fähigkeit und die Kraft, für reine Luft zu sorgen. Die Irrtümer früherer Generationen können wir nicht ungeschehen machen, wohl aber die Verbindung zu den Menschen stärken, die mit uns dieses Leben teilen. Anspruchsvoll genug! Dabei helfen die in Stille geschöpften Atemzüge. In Eichendorffs Gedicht «Mondnacht» rauschen leis die Felder, die Ähren wogen sacht – es ist alles ganz still und doch wunderbar bewegt, sodass der Seele gleichsam Flügel wachsen. Dass die Literatur solche Momente erfahrbar macht und damit das kaum fassbare Zeichensystem, von dem du sprichst, vermitteln kann, ist grossartig und beglückend.

Herzlich, Rahel


 

Liebe Rahel
Grossartig und beglückend: Möge die Realität, die dazu anstiftet, solche Momente einzufangen, lange andauern. Wenn ich an Grossstädte denke und an verpestete Luft in den Industriegürteln nicht nur der Dritten Welt, frage ich mich, wie lange der Mensch im Raum-Zeit-Kontinuum des Universums verbleibt. Dass sich alles verändert, ist eine Konstante, und doch bleibt, so die Theorie, die Energie die gleiche. Unsere Zukunft – die des Menschengeschlechts – wäre möglicherweise die, als Atome einverleibt zu werden in andere Seinsweisen? Wer würde dann noch Bücher lesen können?

Herzlich, Lara


 

Liebe Lara
Du erwähnst das Universum. In Verbindung mit unserem Ausgangspunkt – der Atemluft – denke ich an die chinesische Kosmologie, die in der Idee des Atems gründet. Die frühen chinesischen Denker haben die Auffassung eines lebendigen Universums geprägt, in dem alles miteinander zusammenhängt und sich gegenseitig stützt. Dabei ist der Atem die Grundeinheit. Interessant ist die Vorstellung eines «dreigliedrigen» Atems. Die Chinesen unterscheiden einen oberen, einen unteren und einen Atem der «mittleren Leere». Der Atem der mittleren Leere, der sich zwischen dem «Yang», der aktiven Kraft, und dem «Yin», der empfangenden Sanftheit, bewegt, hat die Gabe, die beiden anderen Arten des Atems zu einer positiven Interaktion zu bewegen. Daraus folgt, dass das, was sich zwischen zwei Wesen ereignet, so wichtig ist wie die Wesen selber. Das Entscheidende ist also das, was in der Interaktion und der Beziehung zwischen zwei Menschen entsteht. Das ist zugleich eine Form von Transzendenz – das, was in der Beziehung entsteht, überschreitet den Einzelnen. Die Chinesen sagen, dass auf diese Weise wahre Schönheit entstehe – Schönheit, die uns berühre, weil sie sich in der lebendigen Begegnung ereigne. Diese Schönheit ist der ebenso wahre Gegenpol zu der von dir erwähnten verpesteten Luft. Wenn wir die Entschlossenheit finden können, Abkommen für reine Luft einzuhalten, dann im Bewusstsein dieser überwältigenden und verletzlichen Schönheit.

Herzlich, Rahel


 

Liebe Rahel
Wahre Schönheit entsteht durch das wohlwollende Zueinanderfinden! Das, würde ich meinen, ist in unserem Beruf zentral. In der Beziehung zwischen den Lernenden und uns Lehrpersonen einerseits, aber auch in der Interaktion zwischen uns (Lehrpersonen, Schülerinnen und Schüler etc.) und allen möglichen Texten, Autorinnen, Autoren, im Dialog zwischen Welten, Ansichten, Epochen, Meinungen, Zeichensystemen…

Ich schöpfe Atem und Hoffnung.

Herzlich, Lara

Atmen, du unsichtbares Gedicht!
Immerfort um das eigne
Sein rein eingetauschter Weltraum. Gegengewicht,
in dem ich mich rhythmisch ereigne.

Einzige Welle, deren

allmähliches Meer ich bin;
sparsamstes du von allen möglichen Meeren, –

Raumgewinn.

Rainer Maria Rilke, aus: Die Sonette an Orpheus / II,1

 

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Joseph Freiherr von Eichendorff, aus: Mondnacht

 

Ich setzte den Fuss in die Luft
und sie trug.

Hilde Domin, aus: Nur eine Rose als Stütze

Wo die Luft gemacht wird

Zum Schneiden dicke Luft nach einer Doppelstunde Physik? Tagelanger Gestank nach chemischen Experimenten? Unerträgliche Hitze im Sommer? Nicht im Paul-Karrer-Haus der Alten Kanti. Denn hier sorgt eine ausgeklügelte Heizungs-und Belüftungsanlage für ein neutrales Klima – wenigstens in Bezug auf die Luft. Eine begleitete Entdeckungsreise ins klimatische Herz des Gebäudes.

Paul-Karrer-Haus – fünf vor Zwei. Wir sind mit Beat Spillmann und Pascal Auf der Maur vom Hausdienst der Alten Kantonsschule Aarau verabredet. Sie werden uns zeigen, wie das Haus mit der vielen dicken Denkluft der Schülerinnen und Schüler umgeht. Ein letzter Check, ob wir alles dabeihaben, dann kommen die beiden auch schon. Wir werden freundlich begrüsst und begeben uns gleich an einen Ort, zu dem Schülerinnen und Schüler normalerweise keinen Zutritt haben: den Technik-Raum des Paul-Karrer-Hauses. Da liegt unter anderem das Lüftungssystem verborgen, das für die frische und jederzeit kühle Luft im Haus sorgt.


[Bild: Alexander Levnajic]

Beim Betreten der Räume fällt uns die Wärme auf. Ebenso der Lärm der Maschinen, von denen einige beindruckende Masse aufweisen und einigermassen geheimnisvoll aussehen. Zum Glück sind Herr Auf der Maur und Herr Spillmann vom Fach und beginnen ganz von vorn: Hier unten befindet sich nicht nur das Lüftungssystem des Paul-Karrer-Hauses, sondern auch die Heizungsübergabestation für alle Gebäude des Schulgeländes. Dazu noch Luftschutzkeller und diverse Lagerräume. Auch von der Lüftungsanlage müsste eigentlich im Plural gesprochen werden. Während nämlich die Hauptanlage alle Schulräume im Paul-Karrer-Haus mit frischer Luft versorgt, dienen verschiedene kleinere Anlagen zur Belüftung des Erdgeschosses, der Toiletten oder der Nebenräume.

Rauchalarm in den Schulzimmern
«Der Luftumwälzungsprozess beginnt damit, dass zahlreiche Ventilatoren Aussenluft ansaugen», erklärt Spillmann. Der Lüftungseingang befindet sich auf dem Vorplatz des Paul-Karrer-Hauses, liegt leicht erhöht, von Sträuchern geschützt, damit sich keine Personen auf das Gitter setzen.

Dazu gebe es eine witzige Geschichte, sagt Beat Spillmann. Und natürlich wollen wir sie hören. Die Sträucher, erzählt er, seien auch deshalb gepflanzt worden, weil die Schülerinnen und Schüler dort früher regelmässig gesessen und geraucht hätten. Der Ventilator habe diese wenig appetitliche Luft natürlich angesogen und den Rauchgeruch im ganzen Gebäude verteilt. Schmunzelnd fügt Spillmann an, ein wenig schade sei es schon, dass die Schüler sich dort nicht mehr aufhalten könnten; immerhin habe man jeweils ein kleines Vermögen gemacht, wenn das darunterliegende Auffangbecken für Regenwasser gesäubert wurde. Den Schülerinnen, sagt er, sei nämlich oft Kleingeld aus den Taschen gefallen. «Da kamen so 20 bis 30 Franken im Jahr zusammen. Für unsere Kaffeekasse.»

Weitere Bilder finden Sie in unserer GALERIE.

[Bild: Alexander Levnajiv]

Umweltfreundliche und kostengünstige Wärme
Zurück zum Theoretischen. Bevor die Luft in den Kreislauf eintritt, wird sie gefiltert. Die Filter werden jährlich gewechselt, um saubere Luft zu garantieren. Nach dem Filtern gibt es zwei Optionen: Entweder wird die Luft mit Hilfe der Kältemaschine gekühlt, oder sie wird erwärmt. Die Wärme wird von den Industriellen Betrieben Aarau als Fernwärme bereitgestellt.
Das war nicht immer so. Bis im Jahr 2016 nämlich wurde eine Ölheizung für den gesamten Wärmebedarf eingesetzt. «Fernwärme», erläutert Beat Spillmann, «ist zwar umweltfreundlicher, leider aber noch nicht kostengünstiger. – Beim Hinausblasen der verbrauchten Luft aus dem Gebäude wird ihr die Wärme oder die Kälte entzogen und wiederverwendet. Damit kann der Energieverbrauch reduziert werden. Dieser Vorgang geschieht über einen Wärmetauscher.»

Im nächsten Schritt wird die Luft mit Hilfe eines sogenannten Wabensystems befeuchtet. Dabei geben Sprühdüsen kleinste Wassertropfen an die Luft ab, um die Luftfeuchtigkeit konstant auf 45% bis 48% zu halten. Das für diesen Vorgang benötigte Wasser wird vorher entkalkt und entmineralisiert, damit die feinen Sprühdrüsen nicht verstopfen. In zwei Hauptkanälen mit diversen Abgängen zu den Stockwerken wird die Luft nach oben transportiert und in die verschiedenen Zimmer verteilt. Gleichzeitig wird die verbrauchte Luft abgesaugt und aus dem Gebäude geblasen.

«Im Zug der Renovation in den Jahren 1999 und 2000», erklärt Pascal Auf der Maur, «wurde das 1969 eingeweihte Gebäude komplett saniert. Dazu zählte auch das Ersetzen der alten Lüftungsanlage durch eine dem aktuellen Stand der Technik entsprechende neue Anlage.» Schon damals war vorgegeben, dass die neue Anlage gewisse Energievorschriften zu erfüllen habe; so durfte zum Beispiel der maximale Unterschied zwischen Innen- und Aussentemperatur im Sommer nicht mehr als 5° Celsius betragen. Wurden draussen also 30° Celsius gemessen, durfte im Innern des Gebäudes auf höchstens 25° Celsius runtergekühlt werden. «Daher konnte man eigentlich nur von einer Temperatur-Erträglichkeits-Anlage sprechen», ergänzt Spillmann mit einem Schmunzeln.

Grenzwerte, Durchschnittwerte, Peaks
Im Sommer werden jeweils am Morgen zwei Rauchabzüge im 7. OG des Hauses eingeschaltet; die sollten eigentlich im Brandfall den Rauch nach draussen befördern, doch während Hitzeperioden dienen sie dazu, einen Sog zu generieren, der die kühle Morgenluft ins Gebäude hinein- und die warme Luft hinausbläst. So wird die Temperatur in der Eingangshalle und im Treppenhaus noch angenehmer – und auch frischer. Das sei auch nötig, sagt Auf der Maur. «Die CO2-Werte müssen unbedingt eingehalten werden. Schweizweit gilt ein Kohlenstoffdioxid-Grenzwert von maximal 1’500 ppm (1), gemessen über eine längere Zeitspanne. Aber diesbezüglich sind wir gut unterwegs mit unserer Anlage.» Tatsächlich zeigen Messungen, dass der Durchschnittswert im Paul-Karrer-Haus bei belegten Klassenzimmern zwischen 600 und 1000 ppm liegt, also weit unter dem vorgeschriebenen Grenzwert. Wir sind erstaunt. Mit unserer Wahrnehmung jedenfalls deckt sich das nicht zu hundert Prozent. Wir haken nach. Keine Grenzwertüberschreitungen? Keine Ausreisser nach oben? Pascal Auf der Maur überlegt. «Entscheidend ist der Durchschnitt, und der ist top. Aber ja, es kommt schon mal vor, dass es Ausschläge gibt. – Das sind sogenannte Peaks», ergänzt er. «Also das Gröbste, was wir je gemessen haben, waren gut 1’500 ppm.»

Ein Hauch von Abenteuer
Nach all den theoretischen Ausführungen nimmt unser Ausflug in die Innereien des Paul-Karrer-Hauses eine unerwartete Wende. Das Angebot, den Verbindungsgang zwischen den Gebäuden zu besichtigen, können wir unmöglich ablehnen. In diesem Gang befinden sich einerseits Leitungen, die den Wärmeaustausch vom Paul-Karrer-Haus in die anderen Gebäude ermöglichen, andererseits dient der Gang auch als Notausgang. Falls man im Keller gefangen sein sollte. Und dann geht’s los. Über eine lange, für Unterhaltsdienste bereitgestellte Leiter gelangen wir alle sicher in den erhöhten Verbindungsgang. Es ist ziemlich eng und düster hier. Und schon fällt unser Blick auf einen grossen, knallrot auf die Wand gemalten Schriftzug: «Notausgang». Wir fühlen uns wie in einer schlechten Episode von «American Horror Story», in der man in jedem Moment mit dem Unmöglichen und Undenkbaren rechnen muss. Nach ein paar Metern treten wir glücklicherweise wieder den Rückweg an. Der Abstieg stellt sich dann aber als unerwartet schwierig heraus. Die Leiter wackelt um einiges mehr als vorher, wir spüren den Puls im Hals. Entsprechend sind wir heilfroh, Augenblicke später wieder sicheren Boden unter den Füssen zu haben.

Nachdem wir uns von unseren kompetenten Technik-Guides verabschiedet haben, schauen wir uns an und sind ziemlich sicher, dass wir dasselbe denken: Eine interessante und sehr lehrreiche Expedition war das. Aber diese 1500 ppm: Entweder ist der Grenzwert für gute Luft in Schulzimmern zu hoch angesetzt, vor allem im Sommer, oder unsere Nasen sind zu empfindlich. Aber das ist ein anderes Thema. Vielleicht für ein anderes Mal.

(1) ppm steht für engl. «parts per million». Mit diesem Mass werden Teilchenkonzentrationen im Millionstelbereich bezeichnet.

Von Marion Müller, G3L

Das Spiel mit der Luft

Luft ist Leben. Und wenn sie über unsere Stimmbänder streicht, können wir sogar Laute erzeugen, verbal miteinander kommunizieren. – Und beim Spielen eines Blasinstrumentes? Was spielt die Luft da für eine Rolle? Die beiden Klarinettisten Thomas Hunziker und Julian Remund geben Auskunft.

Wenn wir reden, denken wir gar nicht daran, ein- und ausatmen zu müssen, und wir brauchen uns nicht um die Stimmbänder zu kümmern, denn alles funktioniert ganz automatisch. Ganz anders beim Klarinettenspiel. Hier wird die Luft gebraucht, um das Holzblatt am Mundstück zum Schwingen zu bringen und dem Instrument Töne zu entlocken. Weil es in erster Linie um das Instrument geht, wird die physiologische Bedeutung der Luft zweitrangig. Luft also nicht als Lebenselixier oder Kommunikationshilfe, sondern zum Spiel. Setzt dies den Körper nicht unter Stress?


[Bild Tobias Gamp]

Wir haben nachgefragt bei zweien, die es wissen müssen: Der eine ist Julian Remund, Schüler der AKSA und vor kurzem als Klarinettist aufgenommen in das Spitzenförderungsprogramm Musik des Kantons Aargau, der andere ist Thomas Hunziker, weit herum gefragter Klarinettist und Lehrer von Julian.

Lufthaushalt als Selbstverständlichkeit
Während des Klarinettenunterrichts mit Julian erklärt Thomas Hunziker: «Der Lufthaushalt ist auch beim Spielen eines Blasinstrumentes eine völlige Selbstverständlichkeit. Wir beschäftigen uns überhaupt nicht aktiv damit. Während des Spiels nehmen wir so viel Luft auf, wie der Körper braucht. Es ist wie beim Reden: Man atmet ein, ohne dass man bewusst daran denkt. Einfach mit dem Unterschied, dass das Ausatmen durch das Instrument hindurch geschieht.»

Trotzdem, meint Julian, habe er manchmal das Gefühl, beim Spielen keine Luft mehr zu haben. Es fühle sich an, als laufe er einen Berg hoch. Man verlangt dem Körper also einiges ab beim Spielen, und je nach Passage ist das Atmen eben doch unregelmässiger als beim Sprechen. «Dann geht es darum, möglichst schnell wieder in einen natürlichen Atemrhythmus zu kommen», sagt Julian, «daran arbeite ich.»

Entspannt zur Höchstleistung
Ist es von Vorteil, als Bläser oder Bläserin ein grosses Lungenvolumen zu haben? – Ein bewusstes diesbezügliches Training gebe es nicht, meint der junge Musiker. Das Lungenvolumen passe sich automatisch den Bedürfnissen an. Allein das regelmässige Üben genüge, um die Lungen entsprechend zu trainieren. Dass sich dabei, ähnlich wie beim Sport, ein Trainingseffekt einstelle, merke man, wenn man während der Ferien für längere Zeit nicht gespielt habe. Dann brauche es eine gewisse Zeit, bis sich das ganze Atmungssystem wieder angepasst habe. «Als Musiker arbeitet man ein Leben lang daran, ein stabiles Luftkissen zu haben», erklärt er. «Beim Spielen aber nimmt man es nicht mehr wahr. Je selbstverständlicher die Luftzirkulation für einen Bläser wird, desto besser», sagt er und sieht seinen Lehrer an. «Genau», sagt Hunziker. «Wenn du bereits das Einatmen als einen entspannenden Vorgang erlebst, hast du alles im Griff. So wird nämlich der gesamte Atemzyklus während des Spielens als natürlich erlebt. Du kommst kaum in Atemnot und kannst dich ganz auf die Finger und auf das Ausgestalten des Stückes konzentrieren. Klar, lange Passagen sind eine Herausforderung,  weil sie das Luftholen anspruchsvoll machen. Umso wichtiger ist es, danach schnellstmöglich wieder zum regelmässigen Atemzyklus zurückzufinden.»

Julian Remund: Claude Crousier, Brouillasse & Broussaille

Thomas Hunziker: Othmar Schoeck, Sonate für Bassklarinette und Klavier (am Klavier: Tomas Dratva)

Das Spiel mit der Luft – für den Lehrer und den Schüler eine Leidenschaft. Und eine Kunst, in der es sich mit jedem Atemzug weiter zu perfektionieren gilt. Oder anders gesagt: Wer als Bläser vorne mit dabei sein will, braucht einen langen Atem.

Von Nadine Girod und Antonia Schmid, G3L

«Die Schweiz war immer mein Traumland.»

Enson Ng ist 17 Jahre alt und kommt aus Malaysia, genau gesagt aus der Hauptstadt Kuala Lumpur. Noch bis Januar 2018 lebt der Austauschschüler in Schöftland. Die ausgeprägte Körperlichkeit bei Begrüssung, Verabschiedung und auch zwischendurch, kamen ihm hier anfangs komisch vor, aber mittlerweile hat sich Enson daran gewöhnt – und er spricht sogar ein paar Sätze «Schwiizertüütsch».

Was war dein bisher bestes Erlebnis in der Schweiz?
Das ist schwer zu sagen. Etwas vom Besten war aber bestimmt, als ich in Laax war und zum ersten Mal in meinem Leben Schnee gesehen habe. Es war unglaublich und so aufregend. Ich hoffe sehr, dass ich diesen Winter vielleicht sogar einmal Ski fahren gehen kann, das wäre echt toll.


[Bild: Delia Limacher]

Wie kam es dazu, dass du dich für die Schweiz entschieden hast?
Viele Leute denken, ich sei wegen der deutschen Sprache in die Schweiz gekommen. Aber das ist nicht der Hauptgrund. In Kuala Lumpur, wo ich wohne, haben wir so viele Gebäude, alles ist zugepflastert. Wann immer ich hingegen die Schweiz googelte, sah ich wunderschöne Naturaufnahmen. Die Schweiz war immer mein Traumland, und jetzt ist der Traum wahr geworden.

Wie sieht dein Alltag in der Schweiz aus?
Unter der Woche gehe ich natürlich in die Schule und danach mache ich oft Musik (ich spiele Gitarre) oder treffe mich mit Freunden. An den Wochenenden gehe ich häufig zu Austauschschülertreffen. Und ich unternehme auch viele Reisen mit meinen Kollegen. Ich versuche die Schweiz so gut wie möglich zu bereisen, da dieses Land einfach zu schön ist.

Hast du einen Kulturschock erlebt?
Ja! Die asiatische Kultur ist sehr anders, zum Beispiel in Bezug auf die Tischmanieren. Hier in der Schweiz esst ihr Reis mit Gabel und Messer, wir in Malaysia würden das niemals tun. Ich esse Reis immer mit Löffel und Gabel – oder natürlich mit Chopsticks.

Woran wirst du dich noch in 50 Jahren erinnern?
Ganz sicher an die wunderschöne Landschaft, aber auch an die Züge. In Malaysia sind wir immer mit dem Auto unterwegs. Unter anderem, weil es zu heiss ist in den Zügen, aber auch, weil wir kein so gutes öffentliches Verkehrssystem haben. Die Unabhängigkeit als Zugfahrer geniesse ich sehr. Und ich finde es auch schön, dass die Schweizer viel zu Fuss oder mit dem Velo unterwegs sind.

Fiel es dir leicht, hier Freunde zu finden?
Anfangs war es sehr schwer, vor allem auch wegen der Sprache. Ich hatte gehört, dass die Schweizer nicht so offen sind, was irgendwie auch stimmt. In der Schule kamen anfangs nicht viele auf mich zu, ich war oft allein. Jetzt ist es aber viel besser und ich habe tolle Freunde gefunden. Die Schweizer sind vielleicht nicht so offen, aber wenn du sie besser kennenlernst, können sie sehr gute Freunde werden.

Was ist deiner Meinung nach der grösste Unterschied zwischen einem Malaysier und einem Schweizer?
Das ist sehr schwer zu sagen, aber es ist auf jeden Fall ein sehr grosser Unterschied vorhanden. Hier in der Schweiz beispielsweise läuft alles immer sehr pünktlich ab. In Malaysia hingegen hat die Zeit nicht diese Wichtigkeit. Hier gibt es zudem viel mehr Regeln – und sie werden strikter eingehalten.

Von Su Haskaya und Laura Wälchli, G3L

«Man sitzt da einfach im Kreis und trinkt Tee.»

Andrea Audétat aus Suhr war 2016 für ein Jahr in Japan, in Saitama City. Während dieser Zeit hat sie bei nicht weniger als vier verschiedenen Gastfamilien gewohnt. Für «sage&schreibe» hat sie noch einmal zurückgeblickt auf eine spannende und lehrreiche Zeit.

Was war dein bestes Erlebnis in Japan?
Das Beste Erlebnis – das war wahrscheinlich die Reise mit allen Austauschschülerinnen und -schülern nach Kyoto und Hiroshima. In Hiroshima haben wir den berühmten Itsukushima-Shinto-Schrein angeschaut. Danach die Atombombenkuppel. – Das war sehr eindrücklich. Eine absolut prägende Erfahrung. Mit dem Schnellzug sind wir dann nach Kyoto gefahren. Dort haben wir Tempel besichtigt, sind shoppen gegangen und hatten einfach Spass.


[Bild: Alexander Levnajic]

Wie kam es dazu, dass du dich für Japan entschieden hast?
Die USA kenne ich von Ferienaufenthalten, auch die lateinamerikanische Kultur ist mir vertraut, da meine Mutter ursprünglich aus Mexiko stammt. – Ich wollte einfach etwas komplett Neues und Anderes, Fremdes sehen.

Wie sah dein Alltag in Japan aus?
In die Schule gehen, danach noch in einen Biologieclub. Es gab da übrigens auch Tee-Clubs. Bei diesen ‹Teezeremonien› ist es so: Man sitzt da einfach im Kreis und trinkt Tee. Es gibt sogar einen genauen Ablauf, wie man den Tee zubereitet, dieser ist aber ziemlich kompliziert. Tee ist ein sehr wichtiger Bestandteil im Leben der Japaner; die trinken mehr Tee als Wasser. – Und natürlich habe ich auch gerne Zeit mit der Gastfamilie verbracht.

Hast du einen Kulturschock erlebt?
Nein nicht wirklich, ich hatte mich ja auf Japan vorbereitet. Was ich aber bis heute nicht verstehe: Ich habe in Japan keinen einzigen öffentlichen Abfalleimer gesehen. Trotzdem ist es extrem sauber. Die Leute schmeissen ihren Abfall wohl einfach nicht weg.

Woran wirst du dich noch in 50 Jahren erinnern?
Als ich im Skytree war. Von dort sieht man bis ans Meer und sogar bis zu den Bergen. Die einzige Fläche, die man sieht, sind die Parks der Stadt. Die sind aber künstlich angelegt. Sonst gibt es keine Grünflächen.

Fiel es dir leicht, Freunde zu finden?
In der Schule eher nicht. Einfach weil die Japaner zu schüchtern sind, um auf andere zuzugehen. Auch die Sprache war ein Problem. Aber irgendwann pendelte sich alles ein und ich fand doch noch Freunde, auch deshalb, weil ich immer mit einer Gruppe von Leuten zu Mittag gegessen habe.

Was ist deiner Meinung nach der grösste Unterschied zwischen einem Schweizer und einem Japaner?
Schwer zu sagen. Ich habe das Gefühl, ein Schweizer würde eher reklamieren, wenn ihm etwas nicht passt. Der Japaner nimmt sehr vieles einfach still hin.

Von Su Haskaya und Laura Wälchli, G3L

Sparen und weiterentwickeln an den Aargauer Kantonsschulen: das Unterrichtsmodell 2019+

Die Aargauer Kantonsschulen müssen – wie schon oft in früheren Jahren – auch bei den bevorstehenden finanziellen Sanierungsmassnahmen ihren Beitrag leisten. Sie haben den Auftrag, für den kantonalen Aufgaben- und Finanzplan 2018-2021 Einsparungen in der Höhe von rund zwei Millionen Franken zu erbringen. Die Rektorenkonferenz hat deshalb zusammen mit der Sektion Mittelschule eine Gesamtschau vorgenommen und eigene Vorschläge in die Spardiskussion eingebracht. Vorgelegt wurden drei Massnahmen. Die erste Massnahme betrifft die Betriebskosten der Schulen. Konkret sollen ab Schuljahr 2018/19 die Schülerpauschalen für Lehrmittel sowie Investitionen im Unterrichtsbereich über alle Kantonsschulen hinweg um je ca. 6% gekürzt werden. Ebenfalls ab Schuljahr 2018/19 werden im Bereich der Alten Sprachen (Latein, Griechisch und Hebräisch) die Synergien zwischen den Schulen besser genutzt, indem der Unterricht regional koordiniert und schulstandortübergreifend durchgeführt wird. Als dritte Massnahme wurde die Einführung eines neuen Unterrichtsmodells an den Kantonsschulen vorgeschlagen, die auf Beginn des Schuljahres 2019/20 erfolgen soll. Die Rektorenkonferenz ist überzeugt, dass dieser Massnahmenkatalog in Anbetracht der aktuellen Situation eine vertretbare Lösung ist, denn er erfüllt den Sparauftrag mit einem pädagogisch durchdachten Leistungsabbau und verteilt die Sparlast auf viele Schultern. Gleichzeitig schaffen die Massnahmen – insbesondere das Unterrichtsmodell 2019+ – in einem schwierigen Umfeld aber auch die Möglichkeit für notwendige Weiterentwicklungen an den Kantonsschulen, indem ein Teil der erzielten Einsparungen für wichtige Verbesserungen und Neuerungen reinvestiert wird.

Ein neues Unterrichtsmodell für die Aargauer Kantonsschulen
Gemäss dem von der Rektorenkonferenz vorgeschlagenen Unterrichtsmodell 2019+ soll an den Aargauer Kantonsschulen ab dem Schuljahr 2019/20 nicht mehr in 45-Minuten-Lektionen, sondern in Lektionen von 80 Minuten Dauer unterrichtet werden. Gleichzeitig werden die Stundentafeln aller Bildungsgänge (Gymnasium, Fach-, Wirtschafts- und Informatikmittelschule) revidiert und den heutigen Anforderungen angepasst.

80-Minuten-Lektionen bringen viele Vorteile auf der Sekundarstufe II
Aus der Sicht der Rektorenkonferenz bieten 80-Minuten-Lektionen auf der Sekundarstufe II mehrere pädagogische und schulische Vorteile. So reduziert sich beispielsweise für die Schülerinnen und Schüler die Anzahl der Fächer pro Tag und damit die «Zerstückelung» von Unterrichtsinhalten deutlich. Gleichzeitig sind längere Lektionseinheiten für viele Lernformen ein günstigeres Zeitgefäss als 45-Minuten-Lektionen, denn sie ermöglichen den Einsatz eines breiten Repertoires an Unterrichtsmethoden und einen Unterricht, in dem Phasen von Instruktion, selbständigem Lernen und individualisiertem Unterricht gut aufeinander abgestimmt werden können. Schliesslich fördern längere Lektionen die vertiefte Auseinandersetzung mit einem Unterrichtsgegenstand und das problemlösende Lernen – genau das, was auf der Sekundarstufe II im Zentrum steht. Erfahrungen anderer Schulen im In- und Ausland zeigen zudem, dass sich Langlektionen in der Praxis bewähren und bei Schülerinnen und Schülern, Lehrpersonen und Eltern in der Regel auf grosse Akzeptanz stossen.

Revidierte und aktualisierte Stundentafeln in allen Bildungsgängen
Die Grundausrichtung und die Grundstruktur der Bildungsgänge sind eine wichtige Voraussetzung für die hohe Qualität von Gymnasium, Fach-, Wirtschafts- und Informatikmittelschule im Aargau. Das bestätigen auch externe Bildungsexperten und Vergleiche mit anderen Mittelschulen in der Schweiz. Deshalb sollen Grundausrichtung und -struktur der verschiedenen Bildungsgänge unangetastet bleiben. Die Zusammensetzung und die Gewichtung der Unterrichtsstunden (die sogenannten Stundentafeln) hingegen bilden gewisse gesellschaftliche Entwicklungen und damit verbundene Anforderungen zu wenig ab. Insbesondere beim Gymnasium ist eine Aktualisierung der 20 Jahre alten Stundentafel angezeigt. So haben politische Bildung, digitale Medien, Informatik und Technik heute eine andere Bedeutung als noch vor zwanzig Jahren. Weniger Veränderungen gibt es in den Stundentafeln der drei anderen Mittelschultypen, weil diese Stundentafeln relativ jung sind.

Die fünf wichtigsten Veränderungen im Gymnasium

  1. Die vorgeschlagene Stundentafel für das Gymnasium verkürzt die Unterrichtspräsenzzeit für die Schülerinnen und Schüler über alle vier Jahre um durchschnittlich rund 5%.
  2. Das Verhältnis zwischen den beiden grossen Fachbereichen «Sprachen» und «MINT» (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) wird ausgeglichener gestaltet. Konkret wird der Bereich MINT über das Fach Informatik und ein Naturwissenschaftspraktikum gestärkt. Die zweite Landessprache (Französisch, Italienisch) und Englisch werden im Gegenzug gekürzt.
  3. Das Ergänzungsfach wird gestärkt und soll sich neu über zwei Jahre erstrecken. Damit können die Schülerinnen und Schüler in den oberen beiden Klassenstufen einen weiteren Schwerpunkt setzen. Zudem wird eine Akzentuierung der erfolgreichen zweigliedrigen Struktur des aargauischen Gymnasiums erreicht: Breite der Allgemeinbildung in der Grundstufe, Vertiefung in der 3. und 4. Klasse.
  4. Politische Bildung und Medienbildung werden in der Stundentafel explizit verankert. Beide Themen sind wichtig und sollen entsprechend das notwendige Gewicht erhalten. Es ist vorgesehen, Medienbildung dem Fach Deutsch und Politische Bildung dem Fach Geschichte anzugliedern.
  5. Die Ressourcen für die Betreuung der Schülerinnen und Schüler werden erhöht. Konkret geht es um die Entlastung der Klassenlehrer/innen. Dies ist unter anderem notwendig, weil die Betreuung von Schülerinnen und Schüler, die beispielsweise eine Krise durchleben, oder die Integration von Schüler/innen mit einer Behinderung auch auf der Sekundarstufe II sehr anspruchsvoll geworden ist.

Mit dem Unterrichtsmodell 2019+ werden 1.6 Millionen Franken gespart
Das neue Unterrichtsmodell kann Einsparungen in der Höhe von 1.6 Millionen Franken bringen. Gespart wird mit dem Abbau von Unterrichtszeit für die Schüler/innen. Das hat unter dem Strich zur Folge, dass für die Lehrpersonen weniger Pensen zur Verfügung stehen. Mit dem Unterrichtsmodell 2019+ ergibt sich über alle sechs Tagesmittelschulen eine Reduktion von rund zehn Vollzeitstellen. Die Rektorenkonferenz geht davon aus, dass der Stellenabbau grösstenteils über natürliche Fluktuation erfolgen kann.

Einbezug der Lehrer/innen
Die Rektorenkonferenz hat am 22. September 2017 im Kultur- und Kongresszentrum Aarau zwei Informations- und Diskussionsveranstaltungen mit allen Aargauer Kantonsschullehrpersonen durchgeführt. Ziel dieser Anlässe war es, den Lehrerinnen und Lehrern das Unterrichtsmodell 2019+ vorzustellen sowie ein Stimmungsbild und Hinweise im Hinblick auf eine allfällige Umsetzung einzuholen. Beide Aspekte – Stimmungsbild und Hinweise – bilden zusammen mit den Beiträgen aus einer anschliessenden rund sechswöchigen Vernehmlassung die Basis für die Meinungsbildung und Entscheidungsfindung in der Rektorenkonferenz. Denn ein so wichtiger Schritt kann nur mit Rückhalt bei den Lehrpersonen erfolgen. Die Rektorenkonferenz schliesst ihren Meinungsbildungsprozess im Dezember ab und entscheidet dann über das weitere Vorgehen.

Grundlage für den vorliegenden Text ist ein im September 2017 verabschiedetes Positionspapier der Rektorenkonferenz der Kantonsschulen Aargau.

Von Dr. Martin Burkard, Rektor Alte Kantonsschule Aarau

 

Der aktuelle Stand der Diskussion im Zusammenhang mit dem Unterrichtsmodell 2019+ im Beitrag des Regionaljournals Aargau/Solothurn:

Der kubische Retter

Endlich ertönt das befreiende Klingeln der Schulglocke. In Windeseile packe ich meine Sachen in den Rucksack und stürme aus dem Zimmer. Schon die ganze Stunde habe ich darauf gewartet, mit dem kühlen Nass meine ausgetrocknete Kehle zu benetzen. Die Treppe hinunterstolpernd, bahne ich mir einen Weg durch den dichten Strom von Schülerinnen und Schülern. Der kubische Retter steht erhaben in der Ecke, als warte er nur darauf, eine verzweifelte Schülerin aus ihrer Not zu befreien. Zittrig werfe ich mit viel Mühe meine silbrigen Taler ein. Weiterlesen

Peng!

Chiara Leone besucht die vierte Klasse der Sportabteilung an der AKSA. Seit über zehn Jahren trainiert die Fricktalerin im Schiessstand. In ihrer Sportart durfte sie schon mehrere Erfolge feiern; so nahm sie an zwei Europameisterschaften und einer Weltmeisterschaft teil. Kürzlich konnte sie sogar den Alpencup in Bologna gewinnen. Es bleibt der Traum von Olympia. Weiterlesen

Leerschlag

 

An einem verregneten Freitag vor drei Wochen hatte sie erfahren, dass sie für immer verlassen worden war. Ein Klingelton störte die abendliche Ruhe der Wohnung, einige Worte fielen am anderen Ende der Leitung, zögernd, mit belegter Stimme. In dem Moment verstummte etwas in ihr, etwas störte den Takt, der bis anhin ihr Leben geordnet hatte. Im Dunkeln fand ihr Blick nichts, woran er sich festhalten konnte, glitt ins Weite. Vor ihren Augen verschwammen die Umrisse der Einrichtung, ihre Finger umklammerten den Hörer. Das Schweigen hatte an ihr gezerrt, als hätte es ihr ein Geräusch entreissen wollen. Weiterlesen

Kolam

Was im Eingang der tamilischen Häuser täglich wie eine Blume blüht, ist das Kolam. Kolam meint Schönheit und ist eine spezielle Kunstform, die unter Zeichnungskunst eingeordnet wird. Analysten behaupten, dass es den Brauch Kolam schon gab, bevor die tamilische Buchstabenschrift entstand. Am Anfang wurden nur einfache Linien gezogen. Als man mit der Zeit den Dreh raus hatte und sich die Hand daran gewöhnte, machte man komplexere Muster mit komplexeren Formen.

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Das Multitalent

Sie vollbringt Spitzenleistungen auf ganz unterschiedlichen Gebieten. Nina Kathe ist Spitzensportlerin und viel versprechende Wissenschaftlerin. Und ganz entspannt. Begegnung mit einem Phänomen.

Lächelnd sitzt uns Nina Kathe in ihrem leuchtend grünen Top gegenüber. Grün ist übrigens, wie wir später erfahren, auch ihre Lieblingsfarbe. Bei Kaffee und Kuchen im Restaurant Tuchlaube staunen wir über den Weg, den die Neunzehnjährige bereits zurückgelegt hat. 2016 hat sie als Jahrgangsbeste die Alte Kantonsschule Aarau abgeschlossen, darf sich Medaillengewinnerin an der Internationalen Biologie-Olympiade nennen, ist Schwarzgurtträgerin in Karate und seit ein paar Wochen Biomedizin-Studentin.


[Bild: Delia Limacher]

Die Kämpferin
Mit sieben Jahren besuchte Nina zum ersten Mal ein Probetraining in Karate, und schon früh zeigte sich nicht nur ihre besondere Begabung, sondern auch eine echte Leidenschaft. Heute trainiert Nina drei- bis viermal pro Woche in der Kampfschule Aarau. Zusätzlich absolviert sie momentan noch selbstständig einige Trainingseinheiten, um sich konditionell und mental optimal auf die Karateprüfung in einem Jahr vorzubereiten, wo sie sich den zweiten schwarzen Gürtel holen will.

Die Forscherin
Als wir auf ihre zweite grosse Passion zu sprechen kommen, funkeln ihre Augen. Biologie und Medizin. Für ihre Maturaarbeit untersuchte sie Antibiotikaresistenzen und versuchte dabei Wege zu finden, diese auszutricksen. Dabei testete sie an zwei verschiedenen Bakterien zwei verschiedene Resistenzen, vier Wochen lang – während der Sommerferien. Die Begeisterung für die Forschung hat sie nicht losgelassen, entsprechend hat sie vor kurzem an der Universität Zürich ein Studium in Biomedizin begonnen. Jetzt profitiert sie auch von all der Vorarbeit, die sie schon während der Kantizeit geleistet hat. Während der letzten beiden Schuljahre nämlich fehlte Nina jede Woche ein bis zwei Halbtage; als Schülerstudentin besuchte sie an der Universität Zürich Vorlesungen in Biologie und beschäftigte sich mit neurologischen Prozessen im Gehirn. Ihre überdurchschnittlichen Fachkenntnisse waren die Grundlage für den Gewinn der Goldmedaille an der Schweizer Bio-Olympiade. Und es sollte noch besser kommen: Auch an der internationalen Bio-Olympiade in England gewann sie eine Medaille – diesmal Bronze. «Mindestens so wichtig wie die Medaille aber sind die Kontakte», sagt Nina. «Ich habe Wissenschaftler aus der ganzen Welt kennengelernt. Das waren sehr spannende Begegnungen.»

Die Managerin
Wer mit Nina spricht, wird den Gedanken nicht los, dass irgendein Geheimrezept hinter diesen Erfolgen steckt. Auf die entsprechende Frage antwortet Nina mit einem Schmunzeln. Dann sagt sie: «Einen Trick oder so gibt’s natürlich nicht. Aber ich bin wohl ein ziemlich gut organisierter Mensch. Und: Manchmal ist weniger mehr; das habe ich gelernt.» Sie ergänzt: «Klar, Interesse ist natürlich immer hilfreich. Ich habe mich einfach schon früh für alle möglichen Wissensgebiete interessiert. Und zum Glück kann ich sie ziemlich gut managen.»

Sie trinkt genüsslich den letzten Schluck Kaffee und lehnt sich zurück. Ganz entspannt.

Von Laura Wälchli und Delia Limacher, G3L

Anita Baltzer – das menschliche Zentrum der AKSA

Über 20 Jahre lang war Anita Baltzer so etwas wie die Seele der Alten Kantonsschule, zuerst auf dem Sekretariat, dann als Rektoratsassistentin. Seit Oktober 2017 ist sie nun pensioniert. Zeit für einen Blick zurück.


[Bild: Tobias Gamp & Alexander Levnajic]

An mehreren aargauischen Kantonsschulen wurde eine Mathematiklehrperson gesucht. Eine Lehrerin bewarb sich an nicht weniger als vier Schulen – und überall wollte man sie anstellen. Sie entschied sich schliesslich für die Alte Kantonsschule Aarau. Warum? Hier sei sie am freundlichsten behandelt und empfangen worden. Ungefragt nannte sie auch die Person, die sie mit diesem Kompliment vor allem meinte: Anita Baltzer.

Gute Laune gegen die Bürokratie
Anita Baltzer kannte jede Lehrperson an unserer Schule, auch jede Stellvertreterin und jeden Stellvertreter. Das galt aber auch umgekehrt: Alle kannten sie. Bei der Anstellung der allermeisten Lehrerinnen und Lehrer, die an der Alten Kanti unterrichten, war sie involviert. Sie hat die Kontakte hergestellt, Termine organisiert und vor allem Verträge ausgestellt. Es waren Hunderte in den fast zwanzig Jahren, in denen ich mit ihr zusammenarbeiten durfte. Hinzu kommen die Lohnverfügungen und all die weiteren Formulare und offiziellen Meldungen, welche die staatliche Bürokratie erfordert. Anita Baltzer kam stets gut damit zurecht, besser als manche Lehrpersonen. Zwar wurden ihre Nerven kurz vor der Pensionierung mit der neuen Lohnadministration arg strapaziert, doch irgendwie kam Anita Baltzer auch mit ALSA klar, wie sie überhaupt bei zahllosen Problemen und Problemchen eine Lösung wusste – auch und gerade in zwischenmenschlichen Bereichen. Und immer hatte die positive Stimmung, die sie verbreitete – sei es beim Arbeiten, am Telefon, in ihren Mails und nicht zuletzt in den Kaffeepausen –, eine geradezu ansteckende Wirkung.

Lange Wege, kurze Wege
Ihr Büro hatte Anita Baltzer gleich neben dem Rektorat. Sie war meine direkte Nachbarin und das war sehr gut. Aber noch vor einigen Jahren war das anders gewesen. Zwischen den beiden Büros lagen früher nämlich das Schulsekretariat und das Büro des ehemaligen Schulverwalters. Anita Baltzer und ich waren froh, dass der Umbau der Sekretariatsräumlichkeiten unsere Wege schliesslich verkürzte und die produktive Zusammenarbeit erheblich erleichterte. Anders, das hat sich über die Jahre gezeigt, wäre die Fülle von Aufgaben und Geschäften im Personalwesen einer grossen Schule wie der Alten Kanti gar nicht zu bewältigen.

Anita Baltzer für alle Fälle
Anita Baltzer hat unzählige Arbeitszeugnisse und -bestätigungen entworfen und ausgestellt. Sie hat Urlaubsgesuche und Rücktrittsschreiben beantwortet und Lehrpersonen bei krankheitsbedingten Abwesenheiten nicht nur administrativ betreut. Sie hat Aktennotizen verfasst. Sie hat mich aber auch an den jährlichen Jahresschlussfeiern in verschiedensten Belangen unterstützt. Sie hat Blumen, Wein und andere Geschenke für Pensionierte und Referenten besorgt. Sie hat die notwendigen Kontakte zu den Amtsstellen und -personen mit sehr viel menschlichem Geschick gepflegt.

Kommissionsarbeit bei Kaffee und Nussgipfel
An den Sitzungen der Schulkommission der Alten Kanti war die Präsenzdisziplin stets sehr gut, soweit dies über die letzten fast zwanzig Jahre beurteilt werden kann. Wenn einmal jemand fehlte, war das halt so; die Traktanden wurden dennoch abgehandelt und bewältigt. Nur eine Person durfte nicht fehlen: Anita Baltzer. Ohne sie hätte es weder ein Protokoll noch – weit schlimmer – Schinken- und Käsebrote gegeben, und unsere Sitzungen wären nie das gewesen wären, was sie zwanzig Jahre lang waren: interessant, vielseitig und vor allem herzlich. Das lag am Präsidenten, der all die zwanzig Jahre derselbe war, und eben an der Seele der Kommission: Anita Baltzer. Es fing jeweils schon bei den Vorbereitungssitzungen zu dritt an: Bei den Treffen von Präsident, Protokollführerin bzw. Aktuarin und mir wurden Termine gesucht und Geschäfte andiskutiert, vor allem aber freuten sich alle auf die Nussgipfel zum Kaffee, wofür sich die Frau verantwortlich fühlte, die im vorliegenden Text schon mehrfach Erwähnung fand.

Erfolgreiche und freundschaftliche Zusammenarbeit
Begonnen hatte alles 1994. In diesem Jahr kam Anita Baltzer als Rektoratssekretärin an die Alte Kanti Aarau. Hier hatte sie einige Jahr zuvor die damalige Handelsdiplomschule und heutige WMS besucht und abgeschlossen und auch ihren Mann kennengelernt, mit dem sie noch heute verheiratet ist. Rektor der Schule war damals Max Lindegger, der Anita Baltzer schon nach knapp zwei Jahren als Sekretärin und Protokollführerin für die damalige Projektleitung zur aargauischen MAR-Umsetzung empfahl. Hier durfte ich Anita Baltzer mit ihrem Elan und ihrer Ausstrahlung kennenlernen. Zu diesem Zeitpunkt nahm unsere erfolgreiche und geradezu freundschaftliche Zusammenarbeit  ihren Anfang. Diese Zusammenarbeit war nicht nur für uns beide interessant, angenehm und bereichernd, sondern wohl auch für die Schule gewinnbringend und vorteilhaft.

Ende Oktober, vor wenigen Wochen also, ging Anita Baltzer in Pension. Sie war eine Art menschliches Zentrum unserer Schule. Die Mitarbeitenden, die Lehrpersonen und die Schulleitung vermissen sie. Vor allem aber sind wir ihr dankbar für all das, was sie in ihren über zwanzig Jahren an der Schule für uns war und was sie für die Alte Kanti und uns geleistet hat.

Von Dr. Martin Burkard, Rektor

Robert Hairgrove und die magische Zahl

Mit einem virtuosen und gefeierten Beethoven-Rezital unter texanisch anmutenden Hitzeverhältnissen in der Aula der Alten Kanti nahm Robert Hairgrove vor den Sommerferien auf adäquate künstlerische Art Abschied von der Schule.


[Bild: Frédéric Giger]

Robert Hairgrove wurde in Texas geboren, studierte Klavier in Baltimore und Austin, später führte ihn der Gewinn eines DAAD Stipendiums an die Musikhochschule nach Hamburg. Zu seinen wichtigsten Lehrern gehörten John Perry, Walter Hautzig und Alber Hirsh. In Europa begann er bald eine langjährige internationale Konzert- und Aufnahmetätigkeit.

1985 wurde Robert Hairgrove als Klavierlehrer an unsere Schule gewählt und blieb 32 Jahre lang der Alten Kanti treu. Sein Unterricht war geprägt von Begeisterung und Leidenschaft für alle Geheimnisse der Pianistik, von treffenden Sprachbildern bei der Vermittlung musikalischer Inhalte und insbesondere von seiner virtuosen Beherrschung der spieltechnischen Aspekte. Nicht zufällig fand eine beachtliche Zahl seiner Schülerinnen und Schüler den Weg in den Musikerberuf.

In der Fachschaft setzte sich Robert Hairgrove immer ein für Fairness, für Herzlichkeit und für inhaltliche Klarheit und Präzision. Als begeisterter Computerfachmann – eine zweite Begabung! – kümmerte er sich zudem um alle elektronischen Belange der Fachschaft Instrumentalmusik. In Kammermusikprojekten und als Liedbegleiter wirkte er oft in Aulakonzerten mit und begleitete am Klavier regelmässig Schülerinnen und Schüler an Prüfungen, in Lunchtime-Konzerten und Musizierstunden.

Lieber Bob, für all den Einsatz in deinem Unterricht und für die Kolleginnen und Kollegen dankt dir die Fachschaft Instrumentalmusik von Herzen. Möge die schöne Symbolik der magischen Beethovenzahl 32 ein gutes Omen sein für deine zukünftigen künstlerischen und privaten Unternehmungen!

Von Tomas Dratva, Klavierlehrer und Pianist

Heinz Boppart – auf zwei Rädern in die Zukunft

Vor etwa einem halben Dutzend Jahren tauchte in der Fachschaft Physik und Mathematik einer auf, der sowohl der Älteste als auch der Jüngste war. Er war ein Jung-Lehrer, hatte uns aber nicht nur ein paar Lebensjahre, sondern auch bedeutende berufliche Stationen und viel Lebenserfahrung voraus.

Heinz Boppart hat seine berufliche Karriere mit einer Elektroniker-Lehre bei der BBC begonnen, danach ein Physikstudium an der ETH und ein Postdoc in Harvard absolviert. Jahre später gab er zugunsten einer Anstellung an der Alten Kanti den Job als Vizedirektor bei der UBS auf. Daran mussten wir uns erst gewöhnen. Heinz Boppart machte es uns aber leicht: Mit seinem Hintergrund brachte er einen erfrischend anderen Wind in unsere Fachschaft, und mit seinem unbestechlichen Aussenblick und seiner Neugierde gegenüber dem Schulbetrieb zwang er vor allem uns alte Hasen zum Nachdenken über viele eingeschliffene Schul-Gewohnheiten.


[Bild: zVg]

Ich vermute, dass er sich bei uns gut aufgehoben fühlte – sonst hätte er sich wohl nicht bereit erklärt, die ganze Fachschaft an den legendären VSG-Kongress «science – cuisine» ins Wallis zu chauffieren. Nach dem grandiosen Buffet im Château de Venthône brauchten wir uns zum Glück keine Sorgen um die sichere Rückkehr zu machen.

Lieber Heinz, auch wenn wir noch nicht alle gemeinsam geplanten Projekte abgeschlossen haben: Wir lassen dich ziehen und freuen uns auf Postkartengrüsse von deinen Fahrradtouren. In diesem Sinn wünschen die Fachschaften Physik und Mathematik dir und deiner Frau Elisabeth alles Gute für den Weg zu neuen spannenden Lebensstationen.

Von Martin Jordi, Physiklehrer

Wort & Klang

In der «ausverkauften» Aula der Alten Kantonsschule  trafen die Talente der literarischen Begabungsförderungsgruppe «Treffpunkt Text» auf die Solist(inn)en der kantonalen Spitzenförderung Musik. Der anspruchsvolle, rundum gelungene literarisch-musikalische Novemberabend war eine Premiere. Mit hoffentlich vielen Nachfolgern. Weiterlesen

1 – 68 – 60

Im November fand an der Alten Kantonsschule erstmals der zusammen mit der Schweizerischen Akademie der Technischen Wissenschaften SATW konzipierte TecDay statt. 1 Tag. 68 Workshop-Module. 60 Schulklassen. Und alles drehte sich für einmal um Technik und Naturwissenschaften. Ein Stimmungsbericht.

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Auf dem Weg zur Spitze

Der Fleiss der Pianistin Sophie Holma wird sich auszahlen

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[Bild: zVg]

Anfang 1999 als Kind zweier Pianisten geboren, wurde ihr das Klavierspiel in die Wiege gelegt. Ihre Mutter begann, sie im Alter von fünf Jahren zu unterrichten. Schnell zeigte sich, dass Sophie Begabung für das Pianospiel hatte. Oberste Priorität für eine Karriere als Musikerin haben allerdings Fleiss und Disziplin. Ihre Eltern begleiteten sie als Lehrer und Mentoren bis zum Ende der Bezirksschule.

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Defekte Drucker und andere Debakel

Eine Reportage über den Hausdienst der Alten Kanti

‹Der Drucker im unteren Stock ist schon wieder kaputt!›, ruft ein Lehrer im Vorbeigehen, bevor er im Lift verschwindet und sich die Türen vor ihm schliessen. Solche impliziten Hinweise und Bemerkungen gehören zum Alltag von Beat Spillmann, dem langjährigen Leiter des Hausdienstes der Alten Kanti. Doch nebst den Druckerreparaturen gehört noch so manch anderes zu seiner Arbeit. Zusammen mit seinem Team, bestehend aus drei Hauswarten, einem Gärtner, einem technischen Supporter, zwei Lernenden im Beruf Fachmann/Fachfrau Betriebsunterhalt und den Reinigungskräften, sorgt er dafür, dass an unserer Schule alles reibungslos abläuft.
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„Keine Frau macht Politik, weil sie gut aussieht“

 Was bedeutet es, als junge Frau in der Politik aktiv zu sein? 43 Jahre nach der Einführung des Wahlrechts der Frau besteht noch keine ausgewogene Verteilung der Geschlechter auf politischer Ebene. Wir haben mit einer Frau gesprochen, die für Gerechtigkeit zwischen Mann und Frau einsteht. Irène Kälin ist seit fünf Jahren im Grossen Rat und Präsidentin der Grünen Lenzburg.

Frau Kälin, hatten Sie ein Schlüsselerlebnis, das sie zur Politik führte?

Irène Kälin: Ja und nein. Ich war irgendwie schon immer politisch, Fragen der Ungerechtigkeit auf der Welt, aber auch in unserer Gesellschaft haben mich schon immer beschäftigt. Aber bis zu meinem Nachrücken in den Grossen Rat vor fünf Jahren habe ich nie daran gedacht, Politik in einem Amt zu machen, sondern fühlte mich wohl in der Rolle der politischen Aktivistin.

Warum glauben Sie, gibt es weniger Politikerinnen?

Kälin: Weil die Politik noch immer – auch im Jahre 2015 – eine primär männliche Domäne ist und weil die bürgerlichen Parteien es offenbar nicht schaffen, jeweils mit ausgewogenen Listen anzutreten. In den linken Parteien hat es erstaunlich schnell und gut geklappt, eine mehr oder weniger ausgewogene Vertretung in allen Ämtern zu erreichen.

Werden Sie als Frau anders behandelt als ihre männlichen Parteikollegen?

Kälin: Nicht generell, aber es gibt leider doch Momente, in welchen man sich als Frau in der Politik andere Fragen anhören muss: „Denken Sie, dass sie gewählt wurden, weil sie eine junge, attraktive Frau sind?“ Keine Frau macht Politik, weil sie gut aussieht. Frauen machen genauso Politik aus Überzeugung wie Männer. Nur ist das offenbar noch nicht überall angekommen.

Das Durchschnittsalter im Grossen Rat beträgt 45,6 Jahre. Sie liegen eindeutig unter diesem Durchschnitt. Denken Sie, dass das für Sie eher ein Vorteil oder ein Nachteil ist?

Kälin: Ich sehe es insofern als Vorteil, dass ich eine Generation vertrete, die massiv untervertreten ist. Gleichzeitig ist es natürlich ein Nachteil, nicht für mich, sondern für die Gesellschaft, dass die junge Generation in den politischen Gremien nicht angemessen vertreten ist. Nur eine gute Durchmischung der Generationen, Geschlechter usw. kann die Gesellschaft adäquat vertreten.

Haben junge Politiker oder Politikerinnen überhaupt eine Chance, in die Politik einzusteigen?

Kälin: Ja, es gibt erfolgreiche Beispiele, nur leider viel zu wenige. Bei vielen Parteien müssen die Jungen hinten anstehen und bis sie dann einmal ein Amt ausüben dürfen (bzw. einen guten Listenplatz mit Wahlchancen bekommen), sind sie dann bereits auch etwas in die Jahre gekommen. Da müssen alle Parteien, insbesondere die bürgerlichen, noch umdenken lernen.

Denken Sie, dass die Jugend von heute sich zu wenig für die Politik interessiert?

Kälin: Es gibt mir zu denken, dass die Stimmbeteiligung bei Wahlen und Abstimmungen bei der jüngsten Generation ungleich tiefer ist als bei allen anderen Altersschichten. Wenn ich junge Menschen auf der Strasse treffe, habe ich nicht das Gefühl, dass sie apolitisch sind. Vielmehr dass ihnen das Schweizer Politiksystem zu träge ist und sie daher wenig Hoffnung haben, dass sich etwas verändern wird. Zudem gibt es wenige Themen, welche sich insbesondere den Problemen der jüngeren Generationen annehmen. Das wiederum ist auch nicht verwunderlich, weil die junge Generation massiv untervertreten ist in den politischen Ämtern.

Hätten Sie persönlich vielleicht gerne mehr junge Leute in der Politik?

Kälin: Ja, unbedingt. Jedoch bin ich nicht grundsätzlich für Junge oder gegen Alte. Aber solange die älteren Generationen in der Schweizer Politik die Überhand haben, setzte ich mich für Junge ein, denn nur eine ausgewogene Vertretung aus allen Altersschichten bringt uns weiter und spiegelt die Bevölkerung wieder.

Wie könnte man junge Menschen für Politik begeistern?

Kälin: Ich denke nicht, dass es da ein Rezept gibt, aber viele kleine Rezepte zusammen. Vorbilder können mobilisieren, sprich junge Menschen in der Politik haben sicher einen einfacheren Zugang zu jungen Menschen und ihren Problemen. Zudem müssen die Jugendparlamente aufgewertet werden. Sie sollten die Möglichkeit erhalten, richtig am politischen Schaffen teilzuhaben, in dem ihre Ideen und Forderungen in die kantonalen und nationalen Parlamente eingebunden werden. Das ist leider erst in wenigen Kantonen der Fall. Zudem fordere ich eine tiefere Ansetzung des Stimmrechtsalters. Man wird nicht erst mit 18 politisch. Jugendliche, die eine Lehre machen oder in einer Ausbildung sind, sind direkt von der Politik betroffen und reif genug, sich daran zu beteiligen. Das Stimmrechtsalter 16 wäre mehr als angebracht.

Was möchten Sie persönlich noch als Politikerin ändern?

Kälin: Es gibt noch viel zu tun. Mehr Lebensqualität, mehr Bildung, mehr Transparenz, mehr erneuerbare Energie, mehr Solidarität, mehr Asylsuchende und vor allem mehr Unterkünfte, konsequenterer Umwelt- und Landschaftsschutz, mehr Toleranz, mehr Verständnis für andere Kulturen und Religionen. Das Auseinanderdriften der Schere zwischen Arm und Reich muss gestoppt und wieder geschlossen werden. Der Atomausstieg braucht dringend ein Datum. Ausländer und Ausländerinnen sollen auch eine Mitgestaltungsmöglichkeit an der Politik bekommen. Junge Menschen sollen früher mitbestimmen dürfen. Wir brauchen eine andere Asylpolitik, welche auf Menschlichkeit und nicht auf Ausgrenzung beruht. Es braucht Lohnkontrollen, damit Frauen endlich den gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit erhalten, wie es das Gesetz schon seit Jahren vorschreibt. Familienpolitik muss neu überdacht werden und den geänderten Rahmenbedingungen Rechnung tragen (Patchwork-Familien, Alleinerziehende, gleichgeschlechtliche Paare usw.), und es braucht mehr bezahlbare Krippenplätze und endlich eine gesetzliche Grundlage dafür im Kanton Aargau. Es gäbe noch unendlich viel zu tun, und es braucht junge engagierte Politiker und Politikerinnen, die Lust haben mitzugestalten.

Wo sehen Sie sich in fünf Jahren?

Kälin: Diese Frage mochte ich noch nie. Bis jetzt hat mein Leben einige Kurven eingelegt auf meinem Weg, um welche ich von Herzen dankbar bin. Deshalb möchte ich keine Prognosen über meine Zukunft abgeben. Eines ist aber sicher: Jetzt steige ich in den National- und Ständeratswahlkampf und will als Grüne Vertreterin des Kantons Aargau nach Bern.

Was für einen Ratschlag möchten Sie jungen Frauen auf den Weg geben?

Kälin: Ich glaube nicht, dass Frauen einen besonderen Ratschlag brauchen. Heutige junge Frauen haben das Glück, dass schon ich hatte, dass sie in einer gesetzlich gleichgestellten Schweiz aufwachsen dürfen, und das macht uns stark. Das Einzige, was wir jungen Frauen nicht vergessen dürfen, ist, dass der Kampf für diese Rechte noch nicht lange her ist und noch nicht alles umgesetzt wurde, was in den Gesetztestexten steht. Deshalb müssen wir weiterhin bereit sein zu kämpfen, damit wir für gleiche Arbeit auch den gleichen Lohn erhalten, damit es mehr familienergänzende Kinderstrukturen gibt, so dass sich Karriere und Familie vereinbaren lassen. Ich sehe dies aber nicht alleine als ein Anliegen von Frauen für Frauen, sondern als ein Anliegen, das wir zusammen mit Männern erreichen müssen.

Tanja Brenner und Jocelyne Naumann (Freifach Politische Bildung)

Wenn Wissenschaft und Fantasie verschmelzen

„Der weisse Kalong“ – zwölf Schauspieler, zwei Theaterleiter und ein ungelöstes Mysterium: Der Flughund aus dem fernen Borneo.

Samstag, 5. März 2016, 20 Uhr: Die Geschäfte entlang der Bahnhofsstrasse in Aarau sind geschlossen, im Naturama brennt jedoch noch Licht. Im Foyer des mehrstöckigen Gebäudes sitzen wir gemeinsam mit etwa dreissig anderen Zuschauern auf farbigen Klappstühlen und lauschen den Worten des „Museumsdirektors“.

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Spitzensport inklusive Matura

Das Sportgymnasium an der Alten Kanti feiert sein zehnjähriges Bestehen

Ehemaliger Spitzen-Handballer, Sportlehrer und seit 2003 Prorektor an der Alten Kantonsschule Aarau: Kurt Büchler ist in Sachen Sportgymnasium der Mann der ersten Stunde. Massgeblich bei der Projektierung und der Umsetzung beteiligt, zeichnet Büchler nun seit zehn Jahren verantwortlich für eine optimale Verbindung von Gymnasium und Spitzensport.

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Was die Infrastruktur im Innersten zusammenhält

Eine Reportage über das Arbeitsleben des IT-Supports der AKSA

Wir steigen eine alte, schmale Wendeltreppe empor und betreten das Reich des IT-Supports. Eine freundliche Atmosphäre füllt das sonnengeflutete Obergeschoss. Der feine Duft nach Kaffee hängt noch in der Luft und zusammen mit dem leisen Surren der Computer deutet alles darauf hin, dass hier gearbeitet wird. Auf beiden Seiten des knarrenden Ganges befinden sich Zimmer mit jeweils zwei verstellbaren Arbeitspulten, auf denen grosse Bildschirme thronen. Zwei Männer begrüssen uns und führen uns hinauf in eine kleine Dachkammer. Die gekippten Fenster lassen eine angenehme Brise ins Zimmer. In der Nähe erklingt die Kirchenglocke. Weiterlesen

Sich mit Worten verstehen – oder besser ohne?

Theater@49 verblüfft das Publikum mit Gilles Dyreks Komödie „Venedig im Schnee“

Haben Sie sich jemals gefragt, was sich im 4. Stock des Einstein-Gebäudes befindet? Vielleicht wussten Sie von der Lehrerbibliothek oder dem Konferenzraum? Doch haben Sie schon einmal etwas vom Theaterraum mit der Quadratzahl 49 an Anzahl Plätzen gehört? Wenn nicht, dann haben Sie etwas verpasst, im Besonderen das letztens aufgeführte Stück „Venedig im Schnee“ unter der Regie von Heinz Schmid und gespielt von den talentierten Schauspielerinnen und Schauspieler mit Namen Michel von Känel, Thomas Waldmeier, Jessica Zybach und Delia Berner. Sie alle haben etwas gemeinsam: Sie besuchten die Alte Kanti; und das ist auch das Markenzeichen der Gruppe Theater@49, all ihre Mitglieder sind Ehemalige der Schule. Die Premiere des Stückes „Venedig im Schnee“ fand am 15. Februar 2017 statt. In der Folge kam es zu einer Reihe weiterer Aufführungen bis in den März.

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Die Büchse

Es ist vorbei. Alles ist vorbei. Er hatte sich von der Apotheke hergemüht und saß nun auf dem Boden der Abstellkammer, in der er sich als kleiner Junge schon versteckt hatte, wenn die Welt ihm zu nahe gerückt war. Er legte die Tablettenschachtel neben einen grossen Koffer, der verriet, dass seine Eltern früher gemeinsam Ferien verbracht haben mochten. Über einer alten Blechdose tanzten Staubkörner im Licht, das durch das Dachfenster flutete. Noch immer zögerte er, die Büchse zu öffnen. Die Überwindung, die es ihn kostete, liess sich in verstrichenen Minuten messen. Weiterlesen

Dicke Luft

Dunkelheit umgab die Hoffnung, als sie zum ersten Mal ihre Augen öffnete. Orientierungslos setzte sie sich auf und versuchte, ihre Umgebung zu erkennen. «Hallo?», rief sie zögerlich. Vielleicht waren ihre Freunde ja auch hier. «WO ZUM TEUFEL BIN ICH? WER HAT MICH HIERHER GEBRACHT?», kam es in ohrenbetäubender Lautstärke zurück. Na toll, das ist bestimmt die Wut, dachte Hoffnung. Aber mit ihr kann man sich sicher auch gut unterhalten. Sie kroch in die Richtung, in der sie vermutete, Wut zu finden. Dabei stiess sie auf einen noch regungslosen Körper, den sie als die Hinterlist identifizierte. Hoffnung schubste sie leicht, um sie zu wecken, doch plötzlich ging ein Ruck durch ihren Körper und Hinterlist packte Hoffnung. Sie legte ihre Hände um den Hals von Hoffnung und flüsterte drohend: «Sag mir sofort, wo wir sind, oder du wirst es bereuen!» «Ich habe keine Ahnung, du schon?», erwiderte Hoffnung. «Nein, natürlich nicht!» Weiterlesen

Die Hände von Prometheus

Lärm hallte in den engen Gassen des altertümlichen Bergstädtchens wider. Der hereinbrechende Herbst brachte kalte, scharfe Winde mit sich. Die Windstösse brausten durch die schmalen Gassen des Dorfes und trugen den Lärm weit über die Dorfgrenze hinaus. Die wenigen verbleibenden Dorfbewohner störten sich nicht am Lärm. Sie hatten sich daran gewöhnt, seit Jahrzehnten erfüllte er das Dorf am Tage und in der Nacht. Der Lärm kam aus einer kleinen Werkstatt mit schiefen Fenstern am Fusse des Berges. Je näher man der Werkstatt kam, desto klarer konnte man hören, dass es sich bei dem Lärm um Hämmern, Meisseln und Schleifen handelte. Manchmal war auch das Ächzen eines alten Mannes zu vernehmen. Keiner der Dorfbewohner wusste, was in dieser verschrobenen Werkstatt vor sich ging, die Tür war immer verschlossen. Man sagte sich, dass dort ein äusserst begabter Bildhauer lebte, der Figuren aus Stein meisseln konnte, welche aussahen, als ob sie vor Leben sprühen würden und sich jeden Moment aus ihrer Starre lösen könnten. Weiterlesen

Die Uhr

Telekinese, das sollte ich jetzt können. Aber egal, wie stark ich mich konzentriere, der Zeiger will sich einfach nicht schneller bewegen. Funktioniert diese Uhr denn überhaupt noch?!
Ich erinnere mich an den Physikunterricht – Einstein hat dieses Phänomen schon lange beschrieben: Zeit ist relativ, und je schneller man sich bewegt, desto langsamer vergeht die Zeit. Weiterlesen

Percy und ich

Mittag, 12.15 Uhr, für einige Schülerinnen und Schüler die Hölle auf AKSA-Erden. Acht Retter warten auf ihre Arbeit, unerreichbar ein jeder, so scheint es. Denn der Weg zur Erlösung ist weit. Gefühlte hundert Schüler versammeln sich vor der weltbewegenden Erfindung von Percy Spencer. Nun ist die richtige Taktik gefragt. Nach anfänglichem Zögern, genauem Überlegen und bedachtem Abschätzen wird eine Entscheidung gefällt, und man stellt sich hinter einer der zwei endlosen Schlangen an. Mit wachsamem Auge wird die Umgebung beobachtet. Ist ein bekanntes Gesicht unter den Kontrahenten? Ein kurzer Blick auf die Uhr, 12.26, schon bald 15 Minuten vorbei, und die Rettung noch immer weit …

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VIA

Was für ein Samstagmorgen. Wieso habe ich eigentlich Rückenschmerzen? Ah ja, das Argovia-Bänkli vor dem Einstein-Gebäude ist wohl kaum als Schlafplatz gedacht. Dem Geruch meines T-Shirts nach zu schliessen, musste ich gestern Abend nicht erbrechen. Oh, doch … mein Sportbeutel … Weiterlesen

Begrenzt grenzenlos

Ich sass in einem Zug, der mich von meiner verregneten Heimatstadt fortbringen sollte, irgendwohin, wo die Sonne meine Haut aufzuwärmen vermochte. Und mein Herz.
Das Spiegelbild auf der Zugscheibe liess mich blasser erscheinen, als ich eigentlich war, fast schon zerbrechlich. Ratternd schleppte sich die Maschine durch die gleichförmige Landschaft. Weiterlesen

„Stell Dir vor, es ist Zukunft und keiner hat investiert“

Vor 36 Jahren nahm Henning Timcke an der Alten Kanti Aarau sein Matura-Zeugnis entgegen. Und noch heute treibt ihn der Gedanke an die Zukunft an.

Henning Timcke, was ist Ihre erste Erinnerung an die Alte Kanti?
Henning Timcke: Lehrpersonen, die Wert darauf legten, in unserem sich entwickelnden Bewusstsein nachhaltig zu verankern, die Elite unseres Jahrgangs zu sein.

Das hat Sie: stolz gemacht? verärgert? ein müdes Lächeln gekostet?
Timcke: Das hat bei mir Widerstand geweckt und wenig Verständnis, damals. Aus heutiger Sicht sehe ich da eher die Besorgnis der Pädagogen und deren zum damaligen Zeitpunkt besten Willen, der Jugend – fokussiert auf die eigenen Klassen – einen Hinweis auf Halt im andauernden Chaos zwischen Pubertät und Adoleszenz zu geben. Damals war ja im Advent der Opernhauskrawalle, dem Aufstand gegen Elite, elitäre Kultur. Die Alte Kanti wollte Nobelpreisträger und wir bekamen No Future.

Was machten Sie damals eigentlich während der Pausen und Zwischenstunden? Gab ja weder Internet noch Handy …
Timcke: Geredet, diskutiert, dekorativ in der Gegend rumgestanden, kurz: nicht viel anderes als mit Handy und Internet, allerdings ohne Flatrate-Gebühren.

Das Leben war damals also günstiger? Auch einfacher als heute?
Timcke: Nein, das Leben war weder günstiger noch einfacher, wir standen nicht vor einfacheren Aufgaben und auch nicht vor schwereren, in der Hauptsache hatten wir das zu tun, was Jugend zu tun hat: Zu erkunden, was das beginnende Leben für uns bringen wird, was unserer Generation entgegenkommen wird und wo wir unseren Platz in der Zukunft finden werden. Nichts ist teurer als Zukunft (in der ja auch noch die Vergangenheit, die Jugend der Eltern, bezahlt sein will), und nichts ist schwieriger zu verstehen als die eigene Zukunft, vor allem weil sich das Verständnis für das eigene In-der-Welt-Sein nicht mit wenigen Klicks downloaden lässt. Und nebenher noch eine Matura machen wollen, der Liebe nicht nur in der Literatur zu begegnen … auch bis zur Lebensmüdigkeit enttäuscht zu sein, und nach dreieinhalb Jahren diese Matura dann doch zu bestehen, das ist wohl Privileg und Vermögen der Jugend.

Was war denn Ihr Lieblingsfach?
Timcke: Darstellende Geometrie, auch wenn meine Zeugnisnoten dem widersprachen.

Dann lag es vielleicht an der Lehrperson? Ist Ihnen jemand besonders in Erinnerung geblieben?
Timcke: An alle Lehrpersonen erinnere ich mich, an Cécile Laubacher und Bruno Bolliger, an die Professoren Siegrist, Wildi, Wernli, Suter, Sidler, Oelhafen Rey, Zemp, Magnin, Bösch und Bürki. – Zur Darstellenden Geometrie hingezogen zu sein, lag nicht an den Lehrpersonen Prof. Bürki und Prof. Wildi. Darstellende Geometrie war ein erstes Anklingen von Zukunft, da wurde als Idee und Prinzip erkennbar, wie heute mit Computern Welten geschaffen werden. Darstellende Geometrie war Magie und Erklärbarkeit, Wunder mit rechnerischer Grundlage, Vorstellungskraft beweisbar, die Brücke aus Naturwissenschaft von Kunst nach Poesie, Lyrik nummerisch.

Wenn Sie zurückblicken, denken Sie, das war damals eine gute (Aus-)Bildung, die Sie an der Alten Kanti erhielten?
Timcke: Von Ausbildung – im Sinne von Schule ist auch mal zu Ende – kann ja am Gymnasium nicht wirklich die Rede sein, von Bildung schon. Meine Kantonsschulzeit ist mir eine gute Erinnerung mit vielen Gefühlsfelsen an lang verlassenen Ufern. Sicherlich wehte auch Aarauer Kantonsschulgeist in meine Jugendzeit. Und bei allem, was daraus entstand, da möchte wohl dieser Aarauer Geist gerne auch sich als den guten Geist gezeigt sehen. Ganz persönlich betrachtet, verdanke ich die gute Bildung wohl zum grösseren Teil den Mitschülerinnen und Mitschülern, den Freundinnen und Freunden – auch ausserhalb der Schule –: deren Mit-mir-zusammen-die-Jugend-Sein, deren Mitringen nach neuer Haltung zu neuem Lebensgefühl. Unserer Klasse Widerstand geboten zu haben und unseren Widerstand ausgehalten zu haben, dafür gebührt unseren Lehrpersonen Respekt; und der Schule gehört Dank, der Ort zu sein, an dem Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer in einer Übergangszeit zu Hause sind. Denn wir, die Schülerinnen und Schüler, waren ja die Geister, die Sie, die Lehrerinnen und Lehrer, riefen.

Gab es auch „Dinge“ – Fächer, Möglichkeiten, Angebote –, die Sie vermissten?
Timcke: Nun ja, wohlwollende Alternativen zur Zukunftsperspektive Nobelpreisträger wären willkommen gewesen, beim radikalen Matura-Typus C waren die sozialkompetenten Optionen damals nicht im notenwirksamen Plan. „Dinge“ wie Theaterwochen, Studienreisen nach Florenz, Filmclub, Schülerratspräsidium und eigene – freiwillig klassenübergreifende – Filmproduktionen haben wichtige Beiträge geleistet, Sozialisierung zu erleben und zu erlernen, und geholfen, Möglichkeiten und Angebote, die zu vermissen gewesen wären, selbst zu erschaffen.

Wenn nicht alles täuscht, liegt Ihnen die Zukunft heute noch genauso sehr am Herzen wie damals?
Timcke: Heute ist mir die Zukunft noch wertvoller als damals während meiner Kantizeit, als ich noch so viel mehr Zukunft hatte, und erst knapp zwanzig Jahre Leben kannte, geglaubt hatte, Investitionen in die Zukunft seien sinnvoll, heute weiss ich, wie unmöglich Investitionen sind, die sich nicht in die Zukunft richten. Weshalb ich den Slogan „In die Zukunft investieren“ für unerträglich halte, denn welche Alternative haben wir denn, ausser in die Zukunft zu investieren?

Sie sind Firmengründer der Werft22 und derzeit hauptsächlich mit dem Projekt nanoo.tv beschäftigt.
Timcke: Als wir 1991 Werft22 als Genossenschaft gründeten, sahen wir „die Werft“ als die Verwirklichung der Idee unseres eigenen Werkplatzes für selbständiges, innovatives, kreatives Arbeiten, als Ort, an dem etwas stattfinden kann, von dem aus wir etwas vom Stapel laufen lassen. In unserem damaligen Selbstverständnis war unser „Blinder Fleck“ tatsächlich Kooperation, wir sieben Genossenschafter haben kooperiert und nicht erkannt, dass unsere Kooperationsfähigkeit die Kraft war. Was wir in der Idee sahen, war nur die Aussenwirkung unseres Zusammen-etwas-uns-Richtiges beginnen zu wollen. Auch wenn nanoo.tv innovativ, zukunftsweisend und was noch alles mehr ist, ist nanoo.tv ein Kooperationserfolg. Drei Jahre lang (2012–2014) war nanoo.tv ein akademisches Projekt der Zürcher Hochschule für Künste (ZHdK) und Werft22 zur Erprobung eines neuen Urheberrechtstarifs für einen legalen Online-Videorecorder und eine Filmplattform für Schulen, basierend auf Beschlüssen der Schweizerischen Konferenz der Erziehungsdirektoren (EDK) und dem gemeinsamen Tarif der ProLitteris. Das war ein intellektuelles, ambitiöses Vorhaben, aber vollständig frei von Subventionen und Drittmitteln, und das Scheitern des Projektes war eine Option. Nun, das Projekt ist nicht gescheitert, und gewinnt innerhalb Werft22 betriebliche, verbindliche Konturen, dank der internationalen Kooperation mit gut fünf Dutzend Experten, die im Trockendock mitwirken, nanoo.tv als eigenständiges, sich selbstragendes Bildungsinstrument auszugestalten. Auf den Stapellauf freue ich mich sehr, und auch auf den für Neues frei werdenden Platz auf dem Werkplatz Werft22.

Stellen wir uns vor, Sie wären – aus welchen Gründen auch immer – Lehrer am Gymnasium geworden. Welches Fach würden Sie unterrichten? – Und wie?
Timcke: Bildnerisches Gestalten wäre eine Möglichkeit, nach dem Didaktikum in Aarau habe ich dieses Fach an der Kantonschule Wettingen unterrichtet, stellvertretenderweise, vor zwanzig Jahren. Das Internet war damals noch ganz am Anfang und bot mehr Verdienstmöglichkeiten als die karg verfügbaren Stellen für Zeichenlehrer. Was an der Kanti an (Aus-)Bildung vielleicht noch zu bekommen gewesen wäre, habe ich am Didaktikum in Aarau mit nachzuholen gewusst. Wenn ich heute am Gymnasium unterrichtete, wäre es mit ein grosses Anliegen zu vermitteln, was die Vorteile von Schule als träges System sind, was die Kraft von Kreativität ist, was die Kraft einer Idee ist, die zur richtigen Zeit kommt. Zum Beispiel in einer Projektwoche mit dem Thema: „Stell Dir vor, es ist Zukunft und keiner hat investiert“.

Henning Timcke, geboren 1961, wuchs in Brugg auf und lebt heute in Baden. Er besuchte die Alte Kanti Aarau von 1977–1980 (Matura Typus C), studierte an der Universität Zürich Philosophie, Ethnologie und Linguistik, besuchte die F & F Schule für Experimentelle Gestaltung in Zürich, wo er auch als Assistent tätig war, arbeitete in den 1990er-Jahren bei ABB und Swisscom, bis er sich ab 1998 ganz der „Werft22“ verschrieb, deren CEO er seit 2003 ist. Seit 2011 ist er Vizepräsident von „Swissstream“. „Werft22“ wurde in den letzten Jahren mehrfach ausgezeichnet, zuletzt mit dem Worlddidact Award (2014) und dem Swiss Cloud Award, Advanced Cloud Solution, nanoo.tv (2012).

Interview: Markus Bundi

… und im Musikunterricht?

Vom anderen Sehen und Hören dank neuer Medien

Um 1600 fand in der abendländischen Musikgeschichte eine der grössten Revolutionen statt: Der Sinn stand ganz nach musikalischer Dramatik. Textaussagen sollten musikalisch unmittelbar wirken. Prima le parole e poi la musica – zuerst das Wort, dann die Musik! Dem strengen Regelwerk komplexer mehrstimmiger Kompositionstechniken des Hochmittelalters bis ins späte 16. Jahrhundert wird eine radikal neue gegenübergestellt: Die Monodie. Diese Art von Sprechgesang über Stützakkorden in den nun vorherrschenden Tonsystemen Dur und Moll wird zum Beispiel das strukturelle Herz für die ersten Opern. Weiterlesen

Teil des Systems

Warum sich kaum jemand den neuen Medien entziehen kann.

Vielleicht war der Fortschritt noch nie so schnell wie heute. Wahrscheinlich ist ein Grossteil der Menschheit überfordert. Keiner weiss, wie die Welt sich in zwanzig Jahren dreht. Und dennoch scheint es sich um drei Aussagen zu handeln, die kaum noch jemanden nervös machen oder gar ängstigen – als hätten wir uns damit abgefunden, überholt worden zu sein … als hätten wir die Zügel längst aus der Hand gegeben? Weiterlesen

Vom Umgang mit der heutigen Medienvielfalt im Medienzentrum

Vor 20 Jahren gab es im Medienzentrum eine Internet-Station, ein oder zwei Computer mit Disketten. Weiter hatte es Videokassetten, CD, Dias, Tonbänder und deren Abspielgeräte, Mikrofone, sowie die herkömmlichen Printmedien wie Zeitungen, Zeitschriften und Bücher. Die Internet-Station – die erste und einzige an der Schule – war ein ansehnlicher Apparat. Dessen Benutzung kostete 2.50 Franken pro Viertelstunde und die Daten wurden per Telefonleitung übermittelt. Weiterlesen

Breite auf hohem Niveau

Die Maturitätslehrgänge, die an den schweizerischen Gymnasien und damit auch an der Alten Kantonsschule Aarau geführt werden, basieren auf eidgenössischen Vorgaben, die vor gut zwanzig Jahren von Bundesrat und EDK erlassen wurden. Wegen des kleinen „Jubiläums“ dieses Maturitätsanerkennungsreglements (MAR) hat die Rektorenkonferenz der aargauischen Kantonsschulen im vergangenen Herbst/Winter eine bildungspolitische Doppelveranstaltung organisiert. Es soll hier auch Anlass zu einem kurzen Überblick über wichtige Grundlagen unseres heutigen Gymnasiums sein. Weiterlesen

Alles fliesst –die Frage ist nur, wohin?

Zu den jüngsten Sparplänen des Kantons Aargau

Mit dem Aufgaben-und Finanzplan 2016–2019 hat die Regierung ein Sparpaket vorgelegt, welches den Staatshaushalt um 100 Mio. Franken entlasten soll. Je nach dem, durch welche politische Brille man diese ‹Entlastungsmassnahmen› betrachtet, erscheint einem die Vorlage als unabdingbare und richtige Reaktion auf die zugespitzten ökonomischen Rahmenbedingungen (Aufhebung des Euromindestkurses, schwächeres Wirtschaftswachstum und verminderte Steuereinnahmen) oder aber als Folge einer falschen Steuerpolitik in Kombination mit einer finanzpolitischen Kurzschlussreaktion ohne Notwendigkeit und einer (allzu) einseitigen Fokussierung auf die Ausgabenseite speziell im Bildungsbereich.

Der Kanton Aargau hat die tiefsten Pro-Kopf-Ausgaben der Schweiz. Die Aargauer Bevölkerung hat im Rahmen der Leistungsanalyse im März dieses Jahres 15 Sparmassnahmen deutlich abgelehnt (unter anderem die Abschaffung des Berufswahljahres oder die Kostenbeteiligung im Freifach Instrumentalunterricht im Mittelschulbereich). Die Strassenkasse ist von den Sparbemühungen ausgenommen, was im Hinblick auf die maroden Staatsfinanzen nicht nachvollziehbar ist.

Gegen die Sparabsichten im Bildungsbereich haben die Verbände im Juni in Rekordzeit 7329 (!) Unterschriften gesammelt. Eine vom Kanton initiierte Arbeitszeiterhebung förderte 2008 unzähligen Lehrerinnen-und Lehrerüberstunden zu Tage. Die Lehrperson als Ferientechniker ist ein Mythos und das Volk des Sparens an der Bildung überdrüssig.

Wenige für alle?

Von den 34 Sparmillionen im Bildungsbereich betreffen 4 Mio. die Mittelschulen direkt. Hinter den harmlos anmutenden Abkürzungen E16-320-7, E16-320-8 und E16-320-9 verbirgt sich einiges an Zündstoff: Die Erhöhung der Pflichtpensen um eine Lektion, die Einführung einer Kostenbeteiligung für das Freifach Instrumentalunterricht und eine massive Reduktion der Sportlektionen in der WMS/IMS.

Dem Anhörungsbericht ist zu entnehmen, dass bei der Pflichtstundenerhöhung weder der Lohn noch die Jahresarbeitszeit tangiert werden. Durch die Erhöhung des Arbeitszeitanteils für das Berufsfeld ‹Unterricht und Klasse› reduziere sich lediglich der verfügbare Arbeitszeitanteil für das Berufsfeld ‹Schülerinnen und Schüler›. Folgende Leistungen können also in Zukunft (gemäss VALL §36) grösstenteils nicht mehr erbracht werden: Beraten und Betreu-en, Zusammenarbeit mit den Eltern und Zusammenarbeit mit schülerinnen-und schülerbezogenen Fachpersonen.

Elterngespräche werden also für unnötig erklärt, Elternabende abgeschafft; ob eine Schülerin oder ein Schüler ein Handicap hat oder eine besondere Begabung –ist ab sofort irrelevant.
Bei der zweiten Massnahme, der Einführung einer Kostenbeteiligung im Freifach Instrumentalunterricht, gilt es zu berücksichtigen, dass das Volk die Kostenbeteiligung im Rahmen der Leistungsanalyse bereits einmal abgelehnt hat (allerdings abstimmungstechnisch ungeschickt in ein Gesamtpaket integriert).

Die dritte Massnahme, die Reduktion der Sportlektionen an der WMS/IMS, zeigt die Hilflosigkeit der Sparanstrengungen sehr deutlich. Ohne stichhaltige Argumente wird ein Fach und damit eine Gruppe von Lehrpersonen überproportional stark getroffen. Durch die geplante Standortverschiebung der WMS nach Zofingen und der IMS nach Baden verschärft sich die Problematik im Bereich Sport zusätzlich. Die WMS und die IMS dienen leider erneut als planerische Manövriermasse und werden nicht als austarierte Bildungsgänge wahrgenommen. Oder wie fänden Sie es, wenn man zwecks Mehreinnahmen einige Quadratmeter der Aargauer Überlandstrasse verpachten würde?

Andere Ressourcen?

Ob das Sparvolumen in der geplanten Grössenordnung nötig ist, darüber kann man geteilter Meinung sein. Dass die Vorlage die Volksmeinung teilweise ad absurdum führt und im Bildungsbereich ein umfangreicher Leistungsabbau zu verzeichnen sein wird, ist dagegen nicht von der Hand zu weisen. Der Bildungskanton Aargauverliert an Substanz. –Höchste Zeit, dass wir nach anderen Ressourcen Ausschau halten und nach unseren Bodenschätzen graben … CHF155.10 betrüge der Pro-Kopf-Sparbetrag. Ich wäre in Anbetracht des geplanten Bildungsabbaus mit einer Überweisung einverstanden, und Sie?

Michael Bouvard, Lehrer für Bildnerisches Gestalten und Co-Präsident des AMV

119 Jahre an der Alten Kanti

Von der Handelsabteilung zur Wirtschaftsmittelschule
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts bestand die einzige Aargauer Kantonsschule aus zwei Abteilungen: Dem ursprünglich primär humanistisch ausgerichteten Gymnasium, stand die anfänglich auf industrielle und gewerbliche Berufe hinführende, bis zur Jahrhundertwende zunehmend mathematisch-naturwissenschaftlich orientierte Gewerbeschule zur Seite. Weiterlesen

Was es mit den basalen Kompetenzen auf sich hat

oder Warum Lesen, Verstehen und Schreiben nicht nur Sache der Deutschlehrer ist
Mit dem Bildungsziel für die Matura, dass „Schülerinnen und Schüler […] zu jener persönlichen Reife [gelangen], die Voraussetzung für ein Hochschulstudium ist und die sie auf anspruchsvolle Aufgaben in der Gesellschaft vorbereitet“ (MAR, 1995, Artikel 51), stellt sich eine doppelte Forderung für die Maturanden und Maturandinnen Weiterlesen

Sozial 2.0

Das Verhältnis von Schülern und Lehrpersonen ist wohl in den seltensten Fällen einfach. Doch Besuchern an der AKSA bietet sich seit einiger Zeit ein seltsames Schauspiel. Über den Rand der Tische bauen sich Mauern aus Mappen und Etuis auf. Der Sichtschutz-Zirkus hat nur einen Zweck, eine Störung durch die lästige Lehrperson zu verhindern, während die Schüler mit ihrem neuen besten Freund Zeit verbringen. Weiterlesen

Besuchstage

Die sind wieder da. Die Tage, an denen Menschen über die Schwelle der AKSA treten, die dort eigentlich gar nichts verloren haben. Eltern, Geschwister, Verwandte und Freunde nutzen die Gelegenheit, ein wenig Unterrichtsluft zu schnuppern und ihren Liebsten bei der Arbeit zuzusehen. Eigentlich eine schöne Idee, wenn es da nicht ein kleines Problem gäbe: Weiterlesen

Zwischen Smartmob und Smartphone

Oder wie politisch ist die heutige Jugend?

Vergleicht man die politischen Aktivitäten der Jugendlichen von heute mit denjenigen der Jugend der 1960er Jahre, so überkommt einen unwillkürlich das Gefühl, man habe es mit einer apathischen und desinteressierten Meute zu tun, welche sich um das Allgemeinwohl und den politischen Alltag keinen Deut schert. In der heutigen Gesellschaft hat sich das Bild einer egozentrischen und luxusorientieren Generation Y fest in die Köpfe eingebrannt.

„Viele Jugendliche entziehen sich der Politik mit der Ausrede, es betreffe sie nicht. Dafür ist das Engagement der Interessierten umso grösser.“ – Remo, 19

„Es spielt eine grosse Rolle, wie man politisch sein umschreibt. Geht es um Parteizugehörigkeit oder regelmässige Stimmbeteiligung, sind wenig junge Menschen politisch. Bedeutet politisch sein aber, sich für gesellschaftliche Fragen zu interessieren und eine individuelle Meinung zu haben, sind viele Jugendliche politisch.“ – Vera Sperisen, Zentrum für Demokratie, Aarau

„Meiner Meinung nach interessieren wir Jugendliche uns für Politik. Es variiert jedoch stark nach Thema.“ – Lukas, 19

Geht man davon aus, politisch sein beschränke sich auf die Partizipation bei Wahlen und Abstimmungen, so erhält man ein ziemlich ernüchterndes Jugendbild. Schweizweit lässt sich das Phänomen zwar nicht numerisch darlegen, da nicht alle Abstimmungen nach dem Alter der Stimmberechtigten aufgeschlüsselt werden, einen Trend lässt sich jedoch klar erkennen. Die Wahlbeteiligung der 20- bis 24-Jährigen im Jahr 2013 im Kanton Genf zum Beispiel lag bei nur rund 42 Prozent. Auch in der Stadt Zürich ist die Partizipation der Jugendlichen um bis zu 40 Prozent tiefer als bei älteren Semestern. Der Politologe Lukas Golder des Forschungsinstituts gfs.bern bestätigt, dass die aktive Beteiligung am politischen Alltag der Jugendlichen von heute vergleichsweise klein ist.

„Jugendliche bringen Würze in die sonst so schwerfällige Politik.“ Dean, 19

Um diesem Phänomen entgegenzuwirken, wurden in der letzten Jahren zahlreiche Projekte lanciert, welche allesamt das Ziel verfolgen, den Schweizer Jugendlichen die Politik näher zu bringen. Seit 1995 gibt es den Dachverband der Schweizer Jugendparlamente DSJ. Daraufhin wurde im Jahre 2000 das „JUVENAT – Jugendparlament des Kantons Aargau“ ins Leben gerufen. – Bereits während der Schulzeit soll Jugendlichen das politische Engagement schmackhaft gemacht werden. Seit 2008 etwa bietet der Verein „Schulen nach Bern“ ein einzigartiges Projekt an, bei welchem Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit geboten wird, die Schweizer Demokratie hautnah mitzuerleben.

„Ich beteilige mich aktiv an der Politik, da ich sozial- und finanziell Benachteiligte und Menschen, welche auf der Schattenseite des Leben stehen, unterstützen will.“ – Nadia, 20, JUSO-Mitglied

Die AKSA bietet ein breites Angebot für die Gymnasiasten, mit der direkten Demokratie warm zu werden und sich politisch zu engagieren. Sei es bei den Debattentagen, im Freifach Politische Bildung oder wenn eine Delegation der Alten Kanti an das European Youth Parliament geschickt wird. Auf Bundesebene wurde zusätzlich die Aktion Easyvote ins Leben gerufen, welche Jugendlichen aktuelle politische Themen kurz und verständlich erklärt und die Abstimmung erleichtert.

„Jugendliche interessieren sich heute nicht mehr grossartig für Politik. Dinge wie Social Media sind für die meisten wichtiger.“ – Corinne, 16

Trotzdem ist das Desinteresse der Jugendlichen bezüglich Politik scheinbar gross. Jungparteien verlieren an Mitgliedern und Abstimmungsurnen bleiben leer. Daraus lässt sich jedoch nicht notwendig auf eine apolitische Generation schliessen. Die Gesellschaft hat sich verändert und mit ihr auch die Möglichkeiten, sich politisch zu engagieren. Nebst den konventionellen Methoden wie zum Beispiel die Mitgliedschaft in einer Partei treten Jugendliche heute einer politischen Gruppe auf Facebook bei, leiten eine E-Mail mit politischem Inhalt weiter, sprayen ein Graffiti oder nehmen an einem Smartmob, also einem Flashmob mit politischer Aussage, teil.

Auffallend dabei ist, dass sich die Jugendlichen sehr wohl für Politik interessieren. Das Engagement ist aber sehr themenabhängig, zeitlich befristet und individuell. Je nach persönlichem Interesse und je nach Präsenz eines Themas in den Medien entscheiden Jugendliche spontan, ob und wie sie an einer politischen Diskussion teilhaben wollen. Vor allem bei Grundsatzthemen wie dem Klimawandel oder der Zuwanderungsbeschränkung fällt es Jugendlichen leicht, sich zu positionieren und für ihre Meinung einzustehen.

Trotzdem geben lediglich rund 34 Prozent der Schweizer Jugendlichen an, sich für Politik zu interessieren. Diese Zahl scheint alle Vorurteile einer desinteressierten Jugend zu bestätigen. Ich wage aber zu bezweifeln, dass sich der Geist der Jugend im Lauf der Jahrzehnte fundamental verändert hat. Denn sogar während der ausserordentlich politischen 1960er Jahre waren es nur knapp 5 Prozent, die auf die Strasse gingen. Eine Minderheit, welche das Bild einer ganzen Generation prägte.

Von Marina Bertoldi (Freifach Politische Bildung)

Links – rechts – vorwärts – Matur!

Ein Essay zur Frage: Wie viel Politik erträgt eine Mittelschule?

Sebastian Grüninger, Geschichtslehrer

„Ihr, liebe Schüler, tut mir wirklich leid: Schon zu meiner Mittelschulzeit versuchten mich meine Lehrer dauern politisch zu beeinflussen!“ – Mit diesen Worten wandte sich ein Exponent einer grossen Schweizer Partei vor Jahren in der Aula einer Aargauer Kantonsschule – nicht der AKSA – an sein Podiumspublikum, nachdem er mit scharfen Worten die Neutralität des moderierenden Geschichtslehrers in Zweifel gezogen hatte. Sollte ich mich über den Redner ärgern? Mich für meinen Kollegen auf dem Podium schämen? Ich war jedenfalls heilfroh, dass ich im Publikum sass und nicht in seiner Haut steckte.
Auch Jahre später hallt mir der Satz zuweilen nach, wenn ich vor einer Klasse stehe und mit ihr über Politik spreche bzw. Politische Bildung unterrichte, wie es heute heisst. Wie weit darf ich als Lehrer meine Meinung preisgeben? Nach dem auch in der bildungsföderalistischen Schweiz beachteten, in Baden-Württemberg der 1970er Jahre formulierten Beutelsbacher Konsens hat sich die Lehrperson im Unterricht neutral zu verhalten, die politischen Themen kontrovers und schülerzentriert zu behandeln.1
Muss die häufige Schülerfrage „Und was denken Sie darüber?“ nach geschlagener Debatte also immer unbeantwortet bleiben? Kann man Mittelschülern kurz vor oder nach der Erreichung des Mündigkeitsalters allenfalls zutrauen, dass sie eine klar als solche deklarierte Meinungsäusserung einordnen können? Sollten und wollen Sie sich gar am politischen Profil der Lehrperson reiben? Im Beutelsbacher Konsens wird denn auch nicht explizit die Meinungsäusserung verboten, sondern die „Überwältigung“ der Schülerinnen und Schüler, die Indoktrination. Doch wo beginnt diese?
Was heisst überhaupt neutral bleiben? Bin ich neutral, wenn ich vor Abstimmungen der Ausgewogenheit halber brav Weltwoche und Wochenzeitung (WoZ) anschleppe, weil hier Pro- und Kontra besonders prägnant formuliert werden? Oder unterstreiche ich damit primär die Extrempositionen? Ist strikte Zurückhaltung tatsächlich bei jeder politischen Diskussion angemessen – selbst dann, wenn mit Hilfe zweifelhafter historischer Metaphern genau jene Grundsätze bekämpft werden, die ich im Unterricht ansonsten als Errungenschaften der Aufklärung und Früchte eines zweihundertjährigen Kampfes um Freiheits- und Menschenrechte zu preisen gewohnt bin? Was gebietet mir da mein Fachwissen und was verbietet mir die political correctness? Wo endet persönliches Profil und wo beginnt unangemessene Beeinflussung?

„Man hört es nicht selten, dass Lehrpersonen sich nicht trauen, dass sie das Gefühl haben, eine politische Meinung dürfe an der Schule nicht thematisiert werden.“2 – Béatrice Ziegler, Dozentin und Co-Leiterin des Zentrums für Demokratie Aarau, hat diesen Satz zwar eher auf die Volksschule gemünzt, das damit angesprochene Dilemma ist aber zweifellos auch auf die Mittelschule übertragbar, wo Politische Bildung in diversen Schulfächern und über den eigentlichen Unterricht hinaus einen grossen Stellenwert besitzt und direkt oder indirekt in den Lehrplänen festgeschrieben ist.
Dies mussten denn auch drei Schülerinnen erfahren, die für ihren Artikel in diesem Heft „Wie politisch ist die AKSA?“ eine Umfrage durchführten: Als sie Lehrpersonen ihre politische Einstellung von links bis rechts deklarieren liessen, erhielten sie verschiedentlich Rückmeldungen bezüglich der politischen Brisanz einer Publikation dieser Resultate. Sind dies also Tabufragen? Ist hier gar Selbstzensur angebracht? Die in besagtem Artikel nachlesbaren Resultate der Umfragen bei Lehrer- und Schülerschaft geben bezüglich dieser Bedenken Entwarnung.

Zweifellos ist die Altersstufe unserer Schülerinnen und Schüler sehr bedeutsam für deren politische Laufbahn. Etwa auf halbem Weg zur Matur erreichen alle Studierenden die Mündigkeit und die Schweizerinnen und Schweizer damit das Stimm- und Wahlrecht. Dass dieses Recht auch wahrgenommen wird, belegt eine kürzlich erfolgte Umfragen unter Schülern der AKSA: Von 180 Stimm- und Wahlberechtigten gehen rund zwei Drittel, nämlich 124 angeblich oft bis regelmässig an die Urne, 31 immerhin gelegentlich und lediglich 25 geben an, selten bis nie abzustimmen. Von insgesamt 568 Befragten geben beinahe 47 Prozent an, zumindest gelegentlich politische Artikel in Zeitungen zu lesen, 8 Prozent tun dies oft bis regelmässig. Fast 60 Prozent sehen oder hören gelegentlich, 12 Prozent oft bis regelmässig Sendungen mit politischem Inhalt. Dies scheint das verbreitete Klischee von einer desinteressierten, politikfernen heutigen Jugend für viele unserer Schülerinnen und Schüler zu widerlegen. Doch dazu mehr in anderen Artikeln in diesem Heft („Wie politisch ist die AKSA?“ und „Zwischen Smartphone und Smartmob“).
Als Geschichtslehrer erkenne ich bei vielen Schülerinnen und Schülern genau in dieser Zeit einen Quantensprung, was politische Interessen und Informiertheit betrifft. Doch welche Rolle spielt dabei die Schule? Auch wenn die Datenmenge pro Klasse stark unterschiedlich ist, scheinen die befragten Schülerinnen und Schüler mit zunehmendem Alter mehr davon überzeugt zu sein, die Schule habe einen positiven Einfluss auf ihre politische Standortsuche, während andererseits eine abnehmende Anzahl keinen Einfluss der Schule erkennen mag. In diesem Bereich der Persönlichkeitsentwicklung unserer Schülerinnen und Schüler trägt die Schule also selbst im Urteil der Schülerinnen und Schüler eine Mitverantwortung, und es ist zweifellos wichtig, sich ihrer bewusst zu sein. Der Artikel „Wie politisch ist die AKSA?“ in diesem Heft legt allerdings einen entspannten Umgang unserer Schülerinnen und Schüler mit diesem Thema nahe und auf jeden Fall darf die Bedeutung der Schule für die politische Sozialisation nicht überschätzt werden. Dies ist gleichzeitig ernüchternd und entlastend.

Wie steht es aber mit der Mitsprache und Beteiligung unserer Studierenden an der Gestaltung des Schulbetriebes? Bei dieser Frage wird man zuallererst an den ständig serbelnden bzw. trotz Wiederbelebungsversuchen von Seiten der Schulleitung kaum wahrnehmbaren Schülerrat erinnert.
Zwar war Aarau nie das jugendbewegte Zürich, und doch erinnern sich ältere Semester unter den Lehrpersonen an Schulversuche mit gleichberechtigt zwischen Lehrpersonen und Schülerschaft ausgehandelten Programmen in den 1970er Jahren oder an das heutige Musikhaus/Fehrhaus, in dem sich damals weitgehend unbehelligt durch die Schule eine studentische Subkultur entwickeln konnte – eine Gegenwelt zum geordneten Schulalltag. Im Schularchiv liegt ein ganzer Stapel linksradikaler Flugblätter, die ein Schulleiter in den Schulhausgängen aufgesammelt hatte, und auf der anderen Seite des politischen Spektrums waren die Studentenverbindungen ungleich präsenter und aktiver als heute.
Weshalb geht heute wenig in diese Richtung? Sind unsere Schüler also doch unpolitisch und angepasst? Lässt die AKSA einfach zu wenig Raum für Initiativen aus der Schülerschaft? Oder bieten die vor einigen Jahren eingeführten Feedbacks zu Schule und Unterricht genügend Raum zur Einbringung von Anliegen und Kritik? Ist Feedbackkultur die politische Beteiligung der Generation Like? Können sich unsere Schülerinnen und Schüler tatsächlich mit dem „Liken“ bzw. „Disliken“ von Lehrpersonen und ihrem Unterricht zufriedengeben? – Viele tun dies auf jeden Fall nicht, sondern setzen sich auf unterschiedliche Art für politische Anliegen ein. Oft geschieht dies ausserhalb der Schule, in Jungparteien oder anderen Organisationen im Dienst der Öffentlichkeit, und sogar auf Demonstrationen sind sie teilweise anzutreffen. Dazu aber mehr im Artikel „Zwischen Smartphone und Smartmob“. Aber auch innerhalb der Schule ist Engagement zu erkennen, etwa in vielen Diskussionen im Unterricht oder bei den zahlreichen Autorinnen und Autoren, die völlig eigenständig Artikel für dieses Heft verfassten.

Was aber trägt die Schule zur Förderung des politischen Engagements unserer Schülerinnen und Schüler bei? Dass politische Bildung heute mehr ist als die traditionell unter Staatskunde verstandene Verfassungs- und Institutionenlehre, macht die Sache zwar aufwändig, aber dafür umso vielseitiger. Sie zielt heute neben einem möglichst tiefen Verständnis konkreter politischer Mechanismen unserer Demokratie sowie zentralen Aspekten der internationalen Politik vor allem auf die aktive Beteiligung der Schülerinnen und Schüler an politischen Prozessen ab. Auch wenn politische Bildung vornehmlich in den Lehrplänen der Fächer Geschichte sowie Wirtschaft und Recht einen eigens deklarierten breiteren Raum einnimmt, so werden politische Fragestellungen zweifellos auch in zahlreichen anderen Fächern aufgegriffen, in Naturwissenschaften genauso wie in Geistes- und Sozialwissenschaften. So wird beispielsweise von der Fachschaft Deutsch nun schon zum dritten Mal nach den Vorgaben von Schweizer Jugend debattiert mit allen Zweitklässlern ein Debattentag durchgeführt, dem jeweils eine eingehende Einführung in die Spielregeln politischer Debatten vorangeht. Auf Vermittlung des Zentrums für Demokratie Aarau wird im August 2016 zum zweiten Mal von einer externen Firma das Simulationsspiel „Politik – Macht – Gesetz“ mit allen Drittklässlern durchgeführt, das den Gesetzgebungsprozess simuliert. Auch die Austauschprogramme mit einer Mittel- und Wirtschaftsschule in Neuchâtel dienen einem wichtigen politischen Anliegen innerhalb unserer Demokratie, der Verständigung über den Röstigraben hinweg. Ob sich aus der Städtepartnerschaft mit Reutlingen in Baden-Württemberg die Möglichkeit eines regen Austauschs in den EU-Raum entwickelt, wird die Zukunft weisen. Bereits jetzt wird interessierten Schülerinnen und Schülern der Zugang zum Europäischen Jugendparlament vermittelt (siehe Artikel „Vier Mal Georgien und zurück“).
Inzwischen wird das zweite Jahr das Freifach Politische Bildung angeboten, in dem zur Zeit fast vierzig Schülerinnen und Schüler jeweils in den Mittagsstunden über Abstimmungsvorlagen debattieren, aktuelle Konflikte oder den „Cyberwar“ näher beleuchten, Planspiele spielen oder Einwohnerräte und Kampagnenleiter von Parteien empfangen und befragen. Dazu kommt die Organisation und Moderation von Podien, in diesem Monat etwa zur Aargauer Asylpolitik mit Regierungsrätin Hochuli und Grossrätin Gautschy vom Gemeindeamännerverband. Schliesslich werden auch auswärtige Institutionen besucht, wie das Bundeshaus, die Sendung Arena, die Demokratietage des Zentrums für Demokratie Aarau oder bereits vor der Eröffnung die Demokratie-Ausstellung im neu umgebauten Stadtmuseum (Schlössli).
Die Zusammenarbeit mit vielen interessierten und engagierten Schülerinnen und Schülern im Freifach sowie im obligatorischen Fachunterricht ist äusserst motivierend und lässt die eingangs erwähnten Rollenkonflikte für gewöhnlich in den Hintergrund treten.

Reform um Reform – WMS und IMS vor erneuten Anpassungen

Im Januar 2000 habe ich die Leitung der Wirtschaftsmittelschule übernehmen dürfen. Der Start war mit der Reform der Wirtschaftsdiplomschule verbunden. Es galt, das „Handeli“ in eine Berufsmaturitätsschule zu überführen. Nach der erneuten Reform der Wirtschaftsmittelschule 2010 stehe ich heute bei Reform Nr. 3. Bei der Informatikmittelschule IMS sind wir erst bei der zweiten Reform angelangt, wobei wir diesen Schultyp auch erst seit 2009 führen. Bei so vielen Reformen – die kleineren Anpassungen dazwischen lassen wir schon mal unerwähnt – ist die Frage erlaubt, ob sich der Reformrhythmus in diesem Mass so positiv auf die Qualitätsentwicklung auswirken kann. Weiterlesen

Die AKSA und Ihre Schülerinnen und Schüler in bewegten Zeiten

Der Deutsch- und Philosophielehrer Roland Latscha über seine Kantizeit 1970–1974

„Es liegt in der Natur der Sache, dass die Schülerinnen und Schüler heute anders sind als wir vor mehr als vierzig Jahren. Auch gibt es heute durchaus solche, die sich ausserschulisch engagieren, etwa in Umweltfragen oder im sozialen Bereich. Im Unterschied zu damals gibt es in meiner Wahrnehmung weniger ein unmittelbares Engagement im politisch-öffentlichen Bereich. Ich sehe auch keine offene Präsenz einer politisch-avantgardistischen Gegenkultur zum Establishment, die es zu meiner Zeit von einigen Schülerinnen und Schülern zumindest im Ansatz gegeben hat. In meiner Zeit an der Alten Kanti hatte man sich bewusst anders gekleidet, trug lange Haare und markierte nach aussen seinen Willen zur Abgrenzung.

Ich möchte nicht von einer apolitischen Generation von heute sprechen, das wäre falsch, aber vielleicht sind die politischen Herausforderungen nicht mehr so unmittelbar benennbar wie in meiner Mittelschulzeit – wenn man sich den Zustand der Welt insgesamt ansieht allerdings schon! Einige von uns hatten damals eine betont pazifistische Grundeinstellung, vor allem aufgrund des Vietnamkriegs; die Präsenz der Kasernen wurde dementsprechend als Provokation und Stein des Anstosses gesehen. Wir wollten uns auch bewusst von unserer Väter- bzw. Elterngeneration abgrenzen. Das will die heutige Schülergeneration, so jedenfalls mein Eindruck, wohl weniger extrem, als wir das zum Teil deutlich gemacht hatten. Dies kann man natürlich aus dem politischen Klima der 1960er, zu Beginn der 1970er Jahre erklären: Eine extreme Auflehnung gegen das, was die Generation der Eltern darstellte, und die gesellschaftliche und politische Ordnung, die sie verkörperten – ‚Kampf gegen das Establishment und irgendwelche Autoritäten‘ hiess die Losung. Dabei war natürlich die damalige Pop- und Protestkultur wichtig. Insbesondere im Zusammenhang mit Woodstock hatte man das aus heutiger Sicht schwärmerisch-utopische Gefühl, nun breche etwas völlig Anderes auf, Love and Peace bestimme zukünftig die Welt. Und diese Überzeugung trug man in die Öffentlichkeit und versuchte sich in entsprechenden Formen des Zusammenlebens – das Reizwort hiess ‚Kommune‘. Damit einher ging auch eine freiere Sexualität, möglich geworden durch die Pille.

Man sympathisierte mit einer anderen Auffassung von Staat, las Mao und Marx, Rudi Dutschke, Herbert Marcuse und befasste sich mit der Frankfurter Schule – man sympathisierte gar mit anarchistischen Vorstellungen eines Bakunin. Kurzum, wir wollten immer die neuste politische Literatur lesen, einige hatten zum Beispiel auch Maos Rotes Büchlein auf dem Nachttisch.

Auf Ebene der Schule kämpften wir damals für einen Schülerrat. Den gab es in den frühen 1970ern nicht. Man traf sich über Mittag zu Vollversammlungen, um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen. Wenn man den heutigen Schülerrat anschaut, wissen wohl deren Mitglieder nichts mehr über dessen Entstehung und wie umstritten diese Forderung von Seiten der Schülerschaft einmal war. Damals forderten wir ein Mitspracherecht und das Aufbrechen herkömmlicher Schulstrukturen, einen fächerübergreifenden Unterricht. Das Resultat war dann vor allem das Experiment in Form einer Experimentalklasse (gebildet aus interessierten Viertklässlern). Dieses Experiment hing auch mit Ansätzen in der Reformpädagogik zusammen, die zum Teil von Lehrern an der Alten Kanti in die Diskussion eingebracht wurde. Ich war zu meinem Leidwesen noch etwas zu jung, um am Schulversuch der Experimentalklasse mitzumachen, wo während eines Jahres neue Unterrichtsformen auf der gymnasialen Oberstufe entwickelt und erprobt wurden. Der Kanton Aargau war damals offen für gewisse schulische Reformprojekte, man konnte sich der reform-pädagogischen Diskussion nicht einfach entziehen. Dieser Wunsch nach Veränderung wurde von einem beträchtlichen Teil der Schülerinnen und Schüler in irgendeiner Weise getragen, aber auch von einigen Lehrpersonen, die dadurch teilweise politisch unter Druck kamen. So gab es eine Vernehmung wegen Maoismus-Verdachts von angeblich „Roten Lehrern“ – damals ein wirklicher politischer Skandal in unserem Kanton.

Ein Redaktionsteam eine Schülerzeitschrift mit dem Namen Zeus heraus, wo nicht nur Schülerinnen und Schüler sich zu Wort meldeten, sondern sich auch Lehrpersonen in die Diskussion mit Beiträgen einbrachten. Damit versuchten wir, unsere Vorstellung einer breiten Diskussionskultur an die Kanti zu holen. Darüber hinaus wurden sogenannte ‚Vollversammlungen‘ abgehalten, nach dem Vorbild engagiertere Studenten an den Unis. Das damalige Schlagwort in diesem Zusammenhang war: ‚basisdemokratische Grundstrukturen und freie Meinungsäusserung‘. Das hiess vor allem, dass wir mitbestimmen wollten, auch wenn es um die Gestaltung des Unterrichts ging. Dies hat natürlich zu Meinungsverschiedenheiten mit gewissen Lehrpersonen geführt; es gab aber auch Lehrpersonen, die unsere Anliegen im Rahmen des Möglichen unterstützten. Auch war damals das heutige Musikhaus (Fehrhaus) für eine kurze Zeit ein Treffpunkt für Schülerinnen und Schüler. Dort ging man ein und aus. Das Erscheinungsbild der Alten Kanti war in meiner Erinnerung etwas farbiger als heute. Und obwohl wir teilweise einen recht autoritären Unterricht erlebten, waren wir engagiert und interessiert an Veränderungen.

Ein Unterschied zu heute ist, dass die Studentenverbindungen mehr Mitglieder im Vergleich zu heute hatten und sie entsprechend präsent waren und natürlich weniger Teil der geschilderten Protestkultur waren. Aber es gab auch da schillernde Figuren, die sich sowohl in der einen als auch in der anderen Szene bewegten. Ich erinnere mich, dass die Studentenverbindungen Bälle hatten, worüber wir andern uns immer lustig machten. Einen Kantiball, wie es ihn heute gibt, wäre für uns damals undenkbar gewesen. Das wäre uns viel zu steif gewesen. Wir suchten mehr das Experimentelle, zeigten teilweise selbst zusammengeschnittene 8mm-Filme. Vor allem die aktuelle Popkultur war wichtig. Wir holten bekannte Bands ans alljährliche Kantifest. Dieses fand in den Schulzimmern statt, im Neubau (Karrerhaus), im Einsteinhaus. Das kann man sich heute nicht mehr vorstellen. Aber es hat funktioniert. Mutwillige Zerstörungen von Einrichtungen gab es nicht. Ich war jeweils im Veranstaltungskomitee und hatte dafür grosszügig eine Woche schulfrei. Wir bekamen einen Schlüssel für alle Zimmer und bauten abends die Dekoration und Infrastruktur auf, um den Schulbetrieb am Tag nicht zu stören. Das Fest war jeweils am Samstag und das Ereignis an der Schule.

In Zeiten vor Internet und Smartphone waren Flugblätter das Kommunikationsorgan. Diese wurden teilweise mit Schnapsmatrizen selbst gedruckt und lagen dann auch im Schulhaus und auf dem Areal herum. Heute ist die AKSA dagegen geradezu clean in dieser Hinsicht, nicht zuletzt deshalb, weil ganz andere mediale Möglichkeiten zur Verfügung stehen.

Aarau insgesamt war in den 1970er Jahren in meiner Wahrnehmung lebendiger als heute. Es gab eine vielfältigere Beizenkultur als heute, zum Beispiel legendäre Beizen wie die an der Riviera im Schachen oder die Brötlibar im Affenkasten, die über die Region hinaus bekannt war. Die Brötlibar im ‚Aff‘ war der Treffpunkt, da sassen wir schon als Schülerinnen und Schüler, und auch danach haben wir uns dort getroffen. Es war ein Stelldichein von Künstlern, Intellektuellen, Leuten aus den unterschiedlichsten Schichten und unterschiedlicher politischer Überzeugung. Leider gibt es diese Bar nicht mehr. Es gab auch ein angriffiges politisches Kellertheater in Aarau, dessen Aufführungen und Aktivitäten politisch nicht unumstritten waren. Ferner ist die Gruppe Ziegelrain, eine Gruppe von Künstlern, zu nennen, die eine Faszination ausübte auf einige von uns. Diese Gruppe – unter anderem mit dem Künstler und ehemaligen AKSA-BiG-Lehrer Max Matter – strahlte als künstlerische Avantgarde schweizweit aus und verhalf in jener Zeit Aarau zu einem künstlerischen Aufbruch. Einige von uns waren sehr an Kunst interessiert. Ich selbst hatte das Glück, bei Josef Herzog, einem Mitglied der Gruppe, das Fach Zeichnen zu besuchen. Eine Begegnung, die mich über die Kantonsschule hinaus bis heute geprägt hat. Er ist später zu einem engen Freund geworden und leider vor einigen Jahren viel zu früh verstorben.

Heute schmunzelt man über vieles im Rückblick, einiges ist auch in seiner Bedeutung zu relativieren. Aber wir wollten damals einfach etwas Neues – vieles ausprobieren. Der eine oder andere ging sogar nach der Kanti nach Indien, um die alte Kultur hinter sich zu lassen und eine neue zu entdecken. Dabei spielten oft auch Drogen eine Rolle. Nicht wenige kamen desillusioniert zurück.

Wie gesagt, es war eine völlig andere Zeit, in der wir im oft jugendlichen Übermut dachten, wir könnten die Welt aus den Angeln heben und etwas besser und gerechter machen. Daher auch dieser damalige Antireflex gegen die Elterngeneration und das Überkommene, Ewig-Gestrige, für das sie standen. Und so rumorte es in den 1970er Jahren in der Provinzstadt Aarau und ihrer Alten Kanti ein wenig … zumindest im Untergrund.“

Aufgezeichnet von Sebastian Grüninger (anlässlich eines rund dreissigminütigen Gesprächs im Rahmen der Recherche zum Essay in diesem Heft)

„Ich freue mich über jede schlechte Kritik!“

Interview mit Franz Hohler

Ein herzlicher und aufgestellter Franz Hohler begrüsst uns in seinem Arbeitszimmer bei ihm zu Hause in Zürich Oerlikon. An den Wänden des hohen Raumes steht Literatur vom Boden bis zur Decke. Werke, Publikationen, Abhandlungen, Bände, Schmöker … Auf einer kleinen Karte an der Pinnwand steht handgeschrieben: „Die etwas fragen, die verdienen Antwort.“

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Flecken im Nacken

Die Landschaft zieht an mir vorbei, verschwimmt zu einem trüben Bild aus Grau und Grün.
Es ist ungewohnt kalt, kalt und trocken. Besser als kalt und nass wie zu Hause.
Unruhig folgen meine Augen den Bäumen. Mischwälder erstrecken sich zu beiden Seiten des Zuges, über die Hügel und Berge. Da und dort Blüten, die sich dieser Kälte gewohnt sind. Der Fluss, über dessen Brücke der Zug gerade fährt, ist bedeckt mit einer dünnen Eisschicht. Kleine, fast unsichtbare Schneeflocken in der Luft.
Sie tanzen vor meinen Augen und erzeugen ein flimmerndes Bild.
Ich betrachte es so lange, bis ich nichts mehr sehe. Weiterlesen

Grad ein wenig erschöpft? Oder schon ausgebrannt?

Die Generation Y (zwischen 1980 und 2000 Geborene) sei nicht mehr so arg Burnout-gefährdet wie ihre Vorgänger, war unlängst in der „Aargauer Zeitung“ zu lesen. Wenn nun aber Lehrpersonen an der Alten Kantonsschule Aarau meinen, sie hätten in den letzten zwei, drei Jahren vermehrt Arztzeugnisse mit der Diagnose „Erschöpfungsdepression“ vorgesetzt bekommen, täuscht dann dieser Eindruck? Weiterlesen

Fit wie ein Kantischüler

Fit wie ein Neandertaler? In der Steinzeit haben die Menschen täglich gegen 4000 Kilokalorien umgesetzt. Sie waren hauptsächlich Fleischfresser und mussten, weil ihre Nahrungsquellen weit verstreut waren, beim Essenbeschaffen einen hohen Energieaufwand leisten. Ziel für sie war es, ein ideales Verhältnis zu finden zwischen Aufwand und Ausbeute. Heute setzen wir nur noch zirka 2000 bis 2500 Kilokalorien um. Wie aber stellt sich das ideale Verhältnis von heute dar? Hungrige Schüler und Schülerinnen sind auf der Suche nach (geistigem) Futter – Aufwand und Energieverbrauch werden dabei oft so minimal wie möglich gehalten. Weiterlesen

Von der Muse geküsst

„Ἄνδρα μοι ἔννεπε, Μοῦσα, … (Ạndra moi ẹnnepe, Moụsa), sage mir, Muse, singe mir von den Dingen, hilf meiner Eingebung und beflügle meine Worte! So lässt der griechische Dichters Homer seine Odyssee beginnen, das wohl berühmteste und einflussreichste Epos der abendländischen Literatur, das den Namen seines Helden zum Synonym einer menschlichen Irrfahrt schlechthin gemacht hat. Ein Irren und Streben durch das Leben. Weiterlesen