Alle Artikel in: Sage & Schreibe Nr. 21

Sozial 2.0

Das Verhältnis von Schülern und Lehrpersonen ist wohl in den seltensten Fällen einfach. Doch Besuchern an der AKSA bietet sich seit einiger Zeit ein seltsames Schauspiel. Über den Rand der Tische bauen sich Mauern aus Mappen und Etuis auf. Der Sichtschutz-Zirkus hat nur einen Zweck, eine Störung durch die lästige Lehrperson zu verhindern, während die Schüler mit ihrem neuen besten Freund Zeit verbringen.

Besuchstage

Die sind wieder da. Die Tage, an denen Menschen über die Schwelle der AKSA treten, die dort eigentlich gar nichts verloren haben. Eltern, Geschwister, Verwandte und Freunde nutzen die Gelegenheit, ein wenig Unterrichtsluft zu schnuppern und ihren Liebsten bei der Arbeit zuzusehen. Eigentlich eine schöne Idee, wenn es da nicht ein kleines Problem gäbe:

Die Unbedienung

Ich glaube, mein Unbehagen begann an einem Kiosk, das war vor vielleicht drei, vier oder auch schon mehr Jahren. Eine freundliche Person nahm nicht nur mein Geld entgegen, die Frau fragte mich zugleich, ob ich nicht einen ‹Glacé-Pass› wolle. Jedes siebente Vanille-Cornet gratis!

Zwischen Smartmob und Smartphone

Oder wie politisch ist die heutige Jugend? Vergleicht man die politischen Aktivitäten der Jugendlichen von heute mit denjenigen der Jugend der 1960er Jahre, so überkommt einen unwillkürlich das Gefühl, man habe es mit einer apathischen und desinteressierten Meute zu tun, welche sich um das Allgemeinwohl und den politischen Alltag keinen Deut schert. In der heutigen Gesellschaft hat sich das Bild einer egozentrischen und luxusorientieren Generation Y fest in die Köpfe eingebrannt. „Viele Jugendliche entziehen sich der Politik mit der Ausrede, es betreffe sie nicht. Dafür ist das Engagement der Interessierten umso grösser.“ – Remo, 19 „Es spielt eine grosse Rolle, wie man politisch sein umschreibt. Geht es um Parteizugehörigkeit oder regelmässige Stimmbeteiligung, sind wenig junge Menschen politisch. Bedeutet politisch sein aber, sich für gesellschaftliche Fragen zu interessieren und eine individuelle Meinung zu haben, sind viele Jugendliche politisch.“ – Vera Sperisen, Zentrum für Demokratie, Aarau „Meiner Meinung nach interessieren wir Jugendliche uns für Politik. Es variiert jedoch stark nach Thema.“ – Lukas, 19 Geht man davon aus, politisch sein beschränke sich auf die Partizipation bei Wahlen …

Links – rechts – vorwärts – Matur!

Ein Essay zur Frage: Wie viel Politik erträgt eine Mittelschule? Sebastian Grüninger, Geschichtslehrer „Ihr, liebe Schüler, tut mir wirklich leid: Schon zu meiner Mittelschulzeit versuchten mich meine Lehrer dauern politisch zu beeinflussen!“ – Mit diesen Worten wandte sich ein Exponent einer grossen Schweizer Partei vor Jahren in der Aula einer Aargauer Kantonsschule – nicht der AKSA – an sein Podiumspublikum, nachdem er mit scharfen Worten die Neutralität des moderierenden Geschichtslehrers in Zweifel gezogen hatte. Sollte ich mich über den Redner ärgern? Mich für meinen Kollegen auf dem Podium schämen? Ich war jedenfalls heilfroh, dass ich im Publikum sass und nicht in seiner Haut steckte. Auch Jahre später hallt mir der Satz zuweilen nach, wenn ich vor einer Klasse stehe und mit ihr über Politik spreche bzw. Politische Bildung unterrichte, wie es heute heisst. Wie weit darf ich als Lehrer meine Meinung preisgeben? Nach dem auch in der bildungsföderalistischen Schweiz beachteten, in Baden-Württemberg der 1970er Jahre formulierten Beutelsbacher Konsens hat sich die Lehrperson im Unterricht neutral zu verhalten, die politischen Themen kontrovers und schülerzentriert zu behandeln.1 …

Reform um Reform – WMS und IMS vor erneuten Anpassungen

Im Januar 2000 habe ich die Leitung der Wirtschaftsmittelschule übernehmen dürfen. Der Start war mit der Reform der Wirtschaftsdiplomschule verbunden. Es galt, das „Handeli“ in eine Berufsmaturitätsschule zu überführen. Nach der erneuten Reform der Wirtschaftsmittelschule 2010 stehe ich heute bei Reform Nr. 3. Bei der Informatikmittelschule IMS sind wir erst bei der zweiten Reform angelangt, wobei wir diesen Schultyp auch erst seit 2009 führen. Bei so vielen Reformen – die kleineren Anpassungen dazwischen lassen wir schon mal unerwähnt – ist die Frage erlaubt, ob sich der Reformrhythmus in diesem Mass so positiv auf die Qualitätsentwicklung auswirken kann.

Die AKSA und Ihre Schülerinnen und Schüler in bewegten Zeiten

Der Deutsch- und Philosophielehrer Roland Latscha über seine Kantizeit 1970–1974 „Es liegt in der Natur der Sache, dass die Schülerinnen und Schüler heute anders sind als wir vor mehr als vierzig Jahren. Auch gibt es heute durchaus solche, die sich ausserschulisch engagieren, etwa in Umweltfragen oder im sozialen Bereich. Im Unterschied zu damals gibt es in meiner Wahrnehmung weniger ein unmittelbares Engagement im politisch-öffentlichen Bereich. Ich sehe auch keine offene Präsenz einer politisch-avantgardistischen Gegenkultur zum Establishment, die es zu meiner Zeit von einigen Schülerinnen und Schülern zumindest im Ansatz gegeben hat. In meiner Zeit an der Alten Kanti hatte man sich bewusst anders gekleidet, trug lange Haare und markierte nach aussen seinen Willen zur Abgrenzung. Ich möchte nicht von einer apolitischen Generation von heute sprechen, das wäre falsch, aber vielleicht sind die politischen Herausforderungen nicht mehr so unmittelbar benennbar wie in meiner Mittelschulzeit – wenn man sich den Zustand der Welt insgesamt ansieht allerdings schon! Einige von uns hatten damals eine betont pazifistische Grundeinstellung, vor allem aufgrund des Vietnamkriegs; die Präsenz der Kasernen wurde dementsprechend …