Alle Artikel in: Sage & Schreibe Nr. 32

Sonne auf dem Teller

Lichtnahrung bezeichnet verallgemeinernd und vereinfachend eine Ernährungsweise, bei der angeblich die Energie aus Sonnenlicht als Hauptnahrungsquelle dient. Dies ist Bestandteil eines esoterischen Konzeptes, das auch als «Breatharianismus» bezeichnet wird. Breatharianisten glauben, dass aus Licht alle lebensnotwendigen Stoffe gewonnen werden können. In Extremfällen verzichten sie deshalb auf die Aufnahme jeglicher herkömmlicher Nahrung, inklusive Flüssignahrung wie Suppen und Säfte.

Zimmer 11

Vaters Hand umklammert meine. Er hält sie ungewohnt fest, so dass die zarten Fingerchen meiner Kinderhand fast abgedrückt werden. Die freie Hand folgt der weiss gestrichenen, rauen Wand. Wieder biegen wir um eine Kurve, diesmal wenden wir uns nach rechts und folgen den nummerierten Zimmertüren. Alle diese Türen haben denselben grau glänzenden Knauf, dieselbe weiß lackierte Oberfläche. Unsere Schritte eilen uns voraus, ergießen sich vor uns in den fast menschenleeren Gang und hallen von den kalkweißen Wänden. Vereinzelte Gestalten, in weiße Kittel gehüllt, fließen ruhig wie kleine Rinnsale von einem Zimmer ins nächste. Ansonsten ist es bedrückend still. Wir folgen weiterhin dem immer enger werdenden Flur. Ich weiß, wohin dieser Weg uns führen wird. In meinem Kopf schwappen die Gedanken wie eine dicke Flüssigkeit von der einen Wand zur anderen, klatschen gegen das Innere meines Kopfes, so dass ich keinen klaren Gedanken fassen kann. Die Schlinge um meine Hand zieht sich noch enger zusammen und zerrt mich unerbittlich weiter. Da! Hier ist sie! Kalt, ohne Farbe, ohne Gefühl, versperrt sie uns den Weg ins Zimmer. …

Verschwörungstheorien III: Warum den Illuminaten bald die Welt gehören könnte

Immer wieder werden die sogenannten Illuminaten für die verschiedensten bizarren Ereignisse verantwortlich gemacht. Die Gruppe, zusammengesetzt aus den einflussreichsten Menschen der Welt, soll nämlich im Untergrund an einer neuen Weltordnung arbeiten. Was steckt tatsächlich hinter dem mutmasslichen Sündenbock für ungewöhnliche Geschehnisse?

Gespiegelt

«Du hast mein Leben zerstört, Marah. Das werde ich dich nie vergessen lassen!» Marah weicht vom Spiegel zurück. Ihr Spiegelbild funkelt sie aus kalten, grünen Augen an. Das waldgrüne Kleid schmiegt sich an ihre helle Haut. Sorgfältig streicht sie eine nicht-vorhandene Falte aus dem Kleid. Ihr Gesicht ist blass. Die kastanienbraunen Haare sind zu einem strengen Knoten zurückgebunden. Eine einzelne Haarsträhne sträubt sich widerspenstig, doch erfolglos – Marah streicht sie mit einer schnellen Handbewegung zurück an ihren Platz. Sie mag keine Unordnung. Alles muss absolut perfekt sein – und zwar immer! Sie wendet sich vom Spiegel ab und begibt sich nach unten. Nolan wartet schon auf sie an der Eingangstür. Er trägt einen dunkelgrünen Anzug, abgestimmt auf ihr Kleid. Alles passt, alles ist perfekt. Nach einigen Minuten Fahrt kommen sie an ihrem Zielort an. Vor dem majestätischen Gebäude steht eine Limousine neben der nächsten, eine schöner und imposanter als die andere. Mit ihrem Ehemann am Arm stolziert Marah durch das mächtige Eingangstor. Heute sollte sie endlich geehrt werden für all die harten Jahre voller Arbeit, …

Peace

Dicker schwarzer Edding wasserfest auf fast allen Materialien, auch auf dem Fensterglas der Strassenbahn. Der Junge steckte ihn wieder ein, schulterte seinen Rucksack aufs Neue, wartete genauso lange bis die blecherne Stimme verkünden liess: «Nächster Halt Kunsthaus», kramte dann ein Taschentuch aus einer seiner unzähligen Hosentaschen und liess damit die Träne aus seinem Gesicht verschwinden. Er streckte seinen Rücken durch, schob die letzte seiner widerspenstigen Strähnen unter die alte Mütze seines Vater, starrte noch ein letztes Mal auf seinen Schriftzug und trat mit einem angestrengten Lächeln aus der Strassenbahn auf die wartenden Menschen zu. Er würde das Wochenende schon irgendwie überstehen, wenn er ihnen keine Angriffsfläche bot. Was hatte der Junge mit der hässlichen Mütze bloss an dieser Scheibe gefunden? Die junge Frau verdrehte die schwarz umrahmten Augen, als sie das mickrige, unsicher wirkende «PEACE» in der unteren Ecke des Fensters sah. Nicht gut genug für meinen Account, dachte sie, stieg ein, zog sich die Kopfhörer wieder über die Ohren und schaltete die gleiche Musik wie immer ein. Das laute Schlagzeug übertönte den leisen Ton …

Mondlicht

Abnehmend, zunehmend, voll, leer. Der Mond hat viele Gesichter und weckt seit dem Beginn der menschlichen Existenz unsere Neugierde. Es existieren etliche Mythen über den hellsten Himmelskörper am Nachthimmel. Der wohl bekannteste ist der des schlechten Schlafs. Nicht selten wird eine unruhige Nacht auf den vollen Mond geschoben. Auch manche Kritiker, die von unwissenschaftlichen Deutungen sonst nicht viel halten, geben zu, dass sie dann schlechter schlafen. Aber was steckt wirklich dahinter?

Hinter dem Scheinwerfer

Das Theater lebt von der richtigen Beleuchtung. Der Job eines Lichtdesigners ist es, die Schauspielerinnen und Schauspieler auf der Theaterbühne ins richtige Licht zu setzen. sage&schreibe hat mit dem Zürcher Lichtkünstler Michael Omlin gesprochen und rückt ein wichtiges, aber oft unterschätztes Handwerk für einmal ins Spotlight.

Հայաստան – Պատերազը և անտարբեր աշխարհը

Հայաստանն իմ հայրենիքն է։ Այն աշխարհի ամենահին երկրներից է, որի պատմություը սկսվում է դեռևս մեր թվյարկությունից առաջ երրորդ հազարամյակից։ Ներկայիս Հայաստանը կազմում է պատմական Հայաստանի միայն շատ փոքր մասը, մոտ 29,7 km2։ Մյուս պետությունների նման Հայաստանն էլ պատմության ընթացքում ունեցել է տարբեր պատերազմներ, հաղթանակներ, պարտություններ։ Մեր պատմության ամենատխուր էջը թերևես հայոց ցեղասպանությունն է, որը կազմակերպվեց 20-րդ դարի սկզբին թուրքական իշխանության կողմից և որի ժամանակ կոտորվեցին ավելի քան 1,5մլն հայեր։

Von Lichtern und Nachttöpfen

Zu «Licht» ist das meiste schon gesagt. Wenigstens vom literarischen Standpunkt aus. Kein Schriftsteller, von der Zeit auf den Sockel gehoben, der nicht irgendetwas übers Licht gesagt hätte. Seitenweise könnte ich sie hier abfeiern, von Novalis über Mörike bis zu Michael Krüger. Allerdings, selbst wenn schon alles gesagt wurde, sind wir doch, wir Allwissenden, wir Herren dieser Welt, Beherrscher aller Feuer, stets aufs Neue gebannt, wenn Helios, Sohn des Hyperion und der Theia, seine Pferde schirrt und gleissend ins Firmament steigt, auch wenn wir couldn’t say exactly where the night became the day*, um nun doch einen dieser Dichter zu zitieren, wenn auch keinen deutschsprachigen. Unabhängig aber, wie weit sich unsere Spezies von ihrem Urgrund entfernt, sie bleibt doch bis zum heutigen Tag gebannt vom archaischen Schauspiel der Sonnenauf- und -untergänge, zwar weniger als Pendlerhorde abends auf den Bahnhöfen denn als Pauschaltouristen beim Sundowner in der Ägäis. Womöglich eine Alterserscheinung, dass mir der Sonnenaufgang mittlerweile näher liegt als der Untergang. Und so stehe ich frühmorgens immer wieder draussen im Dämmerlicht und harre der Sonne, deren …

Kleines neues Virus versus grosse Alte Kanti

Als am 13. März nachmittags die Meldung die Runde macht, dass die Schulen ab der kommenden Schulwoche schliessen würden, ertönt in den Gängen der Schulgebäude das Jubelgeschrei der Schülerinnen und Schüler: Ferien! Und dann erst noch auf unbestimmte Zeit! Jeder Gedanke an das für diese «Ferien» verantwortliche Virus und die unabsehbaren Folgen im Gesundheitswesen oder in der Gesellschaft, jeder weiterreichende Gedanke scheint in diesem Moment sekundär.

Das Abo

Ich starre auf die Rechnung und überfliege erneut die Mitteilung. Offene Rechnung … Bitte begleichen Sie diese innerhalb von 30 Tagen. Mit einer Hand schliesse ich den Briefkasten und mit der anderen taste ich nach dem Schlüssel in meiner Tasche. Ich hebe den Kopf, als Frau Roths Stimme von der anderen Strassenseite zu mir herüberhallt. «Was schauen Sie denn so erschrocken, Frau Hauser? Haben Sie etwa ein Gespenst gesehen?» Ich räuspere mich. «Nein, nein, alles in Ordnung. Nur die Handyrechnung meines Sohnes – Sie wissen ja, wie Jugendliche sind.»