Im Universum, so William Blake, gäbe es Bekanntes sowie Unbekanntes. Über das Dazwischen schwieg er sich aus. Das Dazwischen, das Intermezzo, war Thema des Schreibwettbewerbs 2020. Gefüllt wurde es mit 26 Texten aus den Kategorien 1./2. Klasse und 3./4. Klasse – mit drei Siegerinnen.
Dieses Jahr war alles ein wenig anders. Nein, nicht wegen – anders war vor allem, dass es keine zweiten Plätze gab. Für gewöhnlich gibt es pro Kategorie (1./2. Klasse oder 3./4 Klasse) einen Siegertext und einen zweitplatzierten. Da sich in der unteren Kategorie zwei Texte ex aequo als siegeswürdig entpuppten, wurden zwei Siegerinnen gekürt. Es sind dies Carla Reuter (G2D) und Sophie Kuse (G2G). Da gleichzeitig in der oberen Kategorie ein Text mit Abstand am meisten Punkte erhielt, beschloss die Jury, auch nur eine Siegerin auszurufen und das Preisgeld, wiederum gestiftet von der Ehemaligenvereinigung AULA, unter den drei Gewinnerinnen paritätisch aufzuteilen; die dritte im Bunde ist Skyla Rossi (G3L).
Dies alles wäre längst öffentlich bekannt, hielten nicht Notverordnungen und Notstandsgesetze unsere Schule in ihren eisernen Klauen. Ansonsten hätten sich nämlich am Mittwoch, dem 28. 10., die Abteilungen der Siegerinnen sowie sämtliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Schreibwettbewerbs in der Aula versammelt und die Siegertexte gefeiert: mit Applaus und Laudationes für die Gewinnerinnen, die Ihre Texte, im Vortrag geschult durch ein Coaching bei Andrea Santschi, öffentlich vorlesen. Hätte.
So fand die Preisübergabe klammheimlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit in der Aula statt, ohne Lesung, ohne Akklamation aber doch mit einer Mikrolaudatio.
Skyla Rossis Erzählung «Gespiegelt», die den ersten Preis in der Kategorie 3./4. Klasse gewonnen hat, ist eine raffiniert gebaute Geschichte zweier Schwestern und einer Lebenslüge, die sich auf mehreren Refelxionsebenen zeigt und nach und nach in ihrer ganzen Ungeheuerlichkeit vor dem Hintergrund der mondänden Welt des Wissenschaftsadels erschliesst. Sophie Kuse, Siegerin in der Kategorie 1./2. Klasse führt uns in ihrem Text «Zimmer 11» in die Wahrnehmung- und Gefühlswelt eines mit dem Tod der Mutter konfrontierten Kindes. Ohne jede Gefühligkeit schildert sie die radikal subjektive Begegnung mit dem Tod als Intermezzo und macht sie für die Leser erfassbar. Carla Reuter schliesslich, Gewinnerin in der Kategorie 1./2. Klasse, versetzt in ihrem Text «Peace“» die Leser in einem Linienbus in die Perspektive eines Mädchens auf der Fahrt ins Wochenende, das Buspassagiere kommen und gehen sieht, denen die kurze Busfahrt ein Intermezzo im Alltag ist, während sie der Betrachterin gleichzeitig als fortlaufende Intermezzi mit abgründigen Beobachtungen während der langen Fahrt dienen.
Von Lukas Tonetto, Deutschlehrer und Jurymitglied
Die Siegertexte zum Nachhören:
Sophie Kuse, Zimmer 11
Carla Reuter, Peace
Skyla Rossi, Gespiegelt