2024, Aktuelles, Interview, Menschen, Sage & Schreibe Nr. 39, Sport

Das Gefühl von Freiheit 

Mit dem Fahrrad über Stock und Stein, durch den Wald und auf den Strassen, immer so schnell wie möglich. Dies ist der Alltag von Lea Huber, die seit acht Jahren Mountainbikerin ist und deshalb das Sportgymnasium der Alten Kanti besucht. sage&schreibe hat die 20-jährige Vizeweltmeisterin zum Gespräch getroffen.

Von Alessia Marta Hostettler und Nathalie Tanner, G21K

Wie bist du zum Mountainbiken gekommen? Gab es einen bestimmten Moment oder Auslöser, welcher dich dazu inspiriert hat?
Zum Mountainbiken kam ich durch meine Familie. Mein Vater war als Jugendlicher Strassenrennfahrer und wechselte später aufs Mountainbike; seine Leidenschaft für beide Sportarten behielt er bei und so geriet auch ich in diesen Sport. Zu Beginn machte ich auch noch Geräteturnen, doch von einem Tag auf den anderen entschied ich mich dafür, ganz aufs Mountainbiken zu setzen, da es mir besser gefiel.

Worin besteht die Faszination, mit dem Fahrrad im Wald über Steine und Wurzeln zu fahren?
Mir gefällt es vor allem, dass ich mich im Wald und in der freien Natur bewege. Man muss bei jedem Wetter rausgehen, auch wenn dies manchmal nicht so grossartig ist. Da ich den Sport in der Natur ausübe, ist er sehr abwechslungsreich. Man erlebt immer wieder etwas Neues und es gibt einem das Gefühl von Freiheit.

Wie hat sich dein Leben durch diese Leidenschaft verändert?
Durch den Sport eröffnen sich mir ohne Zweifel sehr viele Möglichkeiten; mit meinem Team war ich letzte Woche in Brasilien, und von solch einer Reise hätte ich sonst nur träumen können. Man lernt auch viele bedeutende Menschen kennen, und ich denke, beides ist nicht möglich, wenn man einen Sport nicht auf Leistungssportniveau ausübt.

Wie sieht ein gewöhnlicher Trainingstag für dich aus?
Das ist sehr tages- und phasenabhängig, denn ein Trainingstag im Winter, während der Vorbereitungszeit, sieht anders aus als einer im Sommer vor einem Rennen. Grundsätzlich gehe ich zuerst in die Schule; eventuell mache ich später noch ein Ausdauertraining, das zwischen zwei und vier Stunden dauert. Je nach dem gibt es noch Krafttraining, entweder zu Hause oder im Fitnessstudio.


Bild: zVg

Woran denkst du auf den langen Fahrten über Stock und Stein?
Ich denke so ziemlich an alles. Es ist manchmal schon sehr erholend, wenn man ein etwas weniger intensives Training hat. Dann fahre ich irgendwo durch und denke an alles, was mich zurzeit gerade beschäftigt. Nach solch einer Fahrt geht es mir meistens besser als vorher.

Auf welchen Erfolg bist du besonders stolz?
Mein erster wirklich grosser Erfolg war, als ich ganz unerwartet im Jahr 2019 Europameisterin wurde. Dann der zweite, welcher vielleicht auch noch erwähnenswert ist, als ich vor zwei Jahren Vizeweltmeisterin wurde. Das Aussergewöhnliche daran war, dass meine Schweizer Teamkollegin gewonnen hatte und wir so einen Schweizer Doppelsieg feiern durften.

Im Sport geht es um Erfolg und Misserfolg. Wie gehst du mit Niederlagen um?
Im ersten Moment ist es manchmal schon ein bisschen enttäuschend, vor allem wenn man sich mehr erhofft hat. Aber ich versuche mich dann immer wieder daran zu erinnern, dass es eigentlich ja nur Velofahren ist und dass es auch noch andere wichtige Dinge im Leben gibt. So finde ich auch immer wieder die Motivation, mich zu verbessern.

Welche Ziele strebts du im Mountainbikesport an?
Für nächstes Jahr habe ich mir ein grosses Ziel gesetzt: Wir haben die Heimweltmeisterschaft im Wallis, und ich hoffe zu gewinnen.
Wenn ich noch weiter in die Zukunft schaue, ist mein Ziel, einen Doppelvertrag abschliessen zu können; ich würde dann sowohl auf der Strasse als auch auf dem Bike unterstützt. Irgendwann die Tour de France zu bestreiten und an der Olympiade teilzunehmen, steht natürlich auch noch auf meinem Wunschzettel.

Bild: Melody Peus