2025, Aktuelles, Alte Kanti, Bericht, Sage & Schreibe Nr. 40

Die Alte Kanti – das erste Schweizer Gymnasium

Von Prorektor Hans-Jürg Suter und der Gruppe Leitsätze

Nach dem Einmarsch napoleonischer Truppen in die Schweiz 1798 und der Gründung der Helvetischen Republik mit einem neuen Kanton Aargau (1803) herrschte auch im Bildungswesen eine Aufbruchstimmung. Auf private Initiative hin wurde 1802 in Aarau eine höhere Lehranstalt gegründet, welche allen Kantonsbürgern offen stehen sollte (die Verstaatlichung dieser Schule als offizielle Kantonsschule erfolgte dann 1813). Der Name sollte diesen Anspruch verdeutlichen und die Schüler auf das Leben als freie Bürger und auf die höheren Berufe vorbereiten:
Schwer taten sich die Gründer mit der Zweckbestimmung der Schule und dem damit zusammenhängenden Problem des Fächerangebots. Die Heranbildung einer Geistesaristokratie und akademischen Nachwuchses für den neuen Kanton Aargau war ein zentrales Anliegen der helvetischen Führungssschicht. Sie wünschte sich daher ein Gymnasium, das das Schwergewicht auf den Unterricht in den alten Sprachen legte. Der Mehrheit der Aarauer Bürgerschaft und der Fundatoren dagegen war mit einer Realschule, die ihren Söhnen das Rüstzeug zu gewerblichen und kaufmännischen Berufen gab, weit besser gedient, und schliesslich musste man doch auch dem Landvolk etwas bieten. Die Verschmelzung beider Schultypen erwies sich als (…) schwierig (…), die Ansprüche (waren) oft unrealistisch, Angebote der Bürger, die auch gerne Lehrer spielen wollten, zu ausgefallen – sie reichten bis zu Forstwirtschaft, Kameralwissenschaft und Baukunst.
[Heinrich Stähelin, Die Alte Kantonsschule Aarau 1802-2002 ]

Der Gründungsakt ist detailliert beschrieben in Franz Xaver Bronner, Kurze Geschichte der Sitftung und des Fortbestandes der Aargauischen Kantonsschule 1801-1840:
Um 1 Uhr Mittags kamen fast alle Fundatoren, und auf deren Einladung die Geistlichen nebst andern Freunden und Gästen und den sämmtlichen Lehrern der Stadt- und der Kantonsschule im großen Saale eines Gasthofes zusammen. Im anstossenden kleinen Saale waren bey offener Thüre die Kantonsschüler an wohlbesetzten Tischen. Es fehlte während der Tafel nicht an herzerhebenden Chören und witzigen Trinksprüchen. Gegen das Ende erschienen die Schüler im größeren Saale, und ihr Anführer rief: Er leben die Stifter und Lehrer der Kantonsschule. Alle Mitschüler riefen es nach und leerten ihre Gläschen. Als sie an ihre Tische zurückgekehrt waren, bestieg unerwartet ein kleinerer Zögling den nahen Stuhl, und rief: Es leben aber auch die Schüler der Kantonsschule! Mit Jubel ward das frohe Fest geschlossen.
Bild: zVg