Digitalisierung – für die einen ein Zauberwort, das Türen in ungeahnte neue Lebens- und Arbeitsräume öffnet, für die anderen ein Unwort, der Inbegriff einer datengesteuerten, gefühlskalten, insgesamt inhumanen Welt. – Wie auch immer: Als moderne Mittelschule sind wir verpflichtet, uns dem Wandel auch in diesem Bereich zu stellen, Chancen und Risiken gegeneinander abzuwägen. Eine Bestandesaufnahme.
Kaum eine Publikation über aktuelle Trends kommt heute um das Thema Digitalisierung herum. Im Themenheft «Das digitale Zeitalter» der UBS beschreibt der Ökonom Alessandro Bee, dass die Digitalisierung die Schweizer Wirtschaft in den nächsten Jahrzehnten prägen und dazu führen werde, dass Mitarbeitende durch Computer und Maschinen ersetzt würden, einzelne Branchen gar einen tiefen Strukturwandel durchlaufen würden. Die Digitalisierung sei für Schweizer Unternehmen eine Chance und eine Gefahr zugleich1. Tatsächlich rechnet das McKinsey Global Institute in einer Studie mit einem Rationalisierungspotenzial von 47 Prozent der Arbeitsplätze in den nächsten Jahrzehnten2.
Für die Schule nimmt Beat Schwendimann vom Dachverband der Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH) wie folgt Stellung zur kontroversen Thematik: «Wir müssen eine sinnvolle Balance finden zwischen Technologieverherrlichung und -verteufelung. Digitale Technologien sind im Schulbetrieb schon lange Tatsache. Was sich geändert hat, ist die Geschwindigkeit, mit der digitale Technologien entwickelt werden, entsprechend gestiegen ist der Druck auf die Schulen, diese anzuwenden. Das ist insofern begrüssenswert, als auch der Druck auf die Entscheidungsträger gestiegen ist, den Schulen entsprechende Ressourcen zur Verfügung zu stellen. Aus unserer Sicht kann aber nicht verlangt werden, dass nun alle Lehrkräfte plötzlich zu Fachleuten für digitale Technologien werden; dazu braucht es die nötigen Mittel und die Zeit für Aus- und Weiterbildungen»3.
Digitalisierung und ihre Auswirkungen an der Alten Kantonsschule Aarau
Unter Digitalisierung wird im engeren Sinn die immer wichtigere Stellung von Computern bei der Sammlung, Verarbeitung und Darstellung von Wissen und Daten verstanden. Auch an unserer Schule ist diese Entwicklung im Unterricht seit längerer Zeit ein Thema, oft gleichgestellt mit der Entwicklung von Information und Communication Technology ICT.
ICT-Strategie der Alten Kantonsschule Aarau
Die zunehmende Verwendung von Computern und digitalen Medien sowie vielfältigen Programmen führte seit der Jahrtausendwende zu einigen Schwierigkeiten mit der Zuverlässigkeit und der Einsatzfähigkeit des Systems.
Die ICT-Strategie 2010 betonte die Notwendigkeit einer zuverlässigen Infrastruktur und setzte dabei folgende Schwerpunkte:
- Standardisierung von Hardware
- Standardisierung der Software
- Verstärkung der ICT-Organisation mit zusätzlichen Mitteln
Heute beschäftigen wir uns mit der Formulierung einer neuen Strategie, der «Strategie 2018». Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Stefan Märki ist daran, die vielfältigen Fragestellungen wie Datenverfügbarkeit, Programmnutzungen, Lernplattformen oder Sicherheit zu klären und der Schulleitung zielorientierte Lösungen für eine neue Strategie zu unterbreiten.
ICT im Unterricht
Grundsätzlich soll der Computer im Unterricht von Lehrpersonen und Schülerinnen und Schülern so selbstverständlich eingesetzt werden wie Papier und Schreibzeug. Gemäss dem Bildungsplan des Gymnasiums sollen die Schülerinnen und Schüler am Ende des Lehrgangs fähig sein, die aktuellen Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) sowohl beruflich wie auch privat gewandt und kritisch zu nutzen.
Die Fachschaften und die Lehrpersonen bestimmen, wie und wie häufig der Computer im Unterricht eingesetzt wird. Einerseits sollen die Schülerinnen und Schüler lernen, den eigenen Computer als Arbeitsinstrument einzusetzen (Notizen machen, Recherchen durchführen, Ergebnisse von Gruppenarbeiten festhalten, Termine und Hausaufgaben notieren, Kommunikation pflegen). Anderseits verfügen die Fachschaften und jede Lehrperson über einen Pool von Unterrichtsmodulen und Anwendungen, um den Computer im Unterricht fachlich gewinnbringend einzusetzen. Das Medienzentrum unterstützt die Lehrpersonen beim Einsatz von digitalen Medien mit vielfältigen Angeboten.
Der Einbezug von ICT im Unterricht ist ein Prozess, der insbesondere von den Lehrpersonen eine kontinuierliche Weiterbildung und einen entsprechenden Austausch erfordert. Die Schulleitung hat schon verschiedene Veranstaltungen dazu angeboten und ist bestrebt, die nötigen Mittel weiterhin zur Verfügung zu stellen.
Informatik als Unterrichtsfach im Gymnasium, in der WMS und der IMS
An der Wirtschaftsmittelschule ist die angewandte Informatik, insbesondere der professionelle Umgang mit den Office-Produkten, ein wichtiger Eckpfeiler der Ausbildung. Für die Informatikmittelschule stellt die Informatik selbstredend den Kernbereich der EFZ-Ausbildung dar; es handelt sich schliesslich um ein schulisches Angebot der Informatiker-Lehre mit Fachrichtung Applikationsentwicklung, was nach der Reform 2018 noch stärker betont werden soll.
Im Gymnasium wurde im August 2016 das Grundlagenfach Informatik neu geschaffen und damit ein besonderer Fokus auf das Programmieren in einer höheren Programmiersprache gelegt. Die Schülerinnen und Schüler erlangen praktische Fähigkeiten im Umgang mit algorithmischer Problemlösung und Projektorganisation und erfahren Modellierung und Simulation als dritte wissenschaftliche Methode neben Theorie und Experiment.
Insbesondere bei den Gymnasiastinnen und Gymnasiasten zeigen sich bei Schuleintritt nach wie vor grosse Unterschiede bezüglich Gewandtheit im Umgang mit angewandter Informatik beziehungsweise den Office-Produkten. Mit Ergänzungskursen zu Informations- und Kommunikationstechnik IKT versuchen wir diesen unterschiedlichen Voraussetzungen zu begegnen.
Bring Your Own Device BYOD
Gemäss unserer ICT-Strategie 2010 stellen wir die Infrastruktur (Stromnetz, WLAN) zur Verfügung, während die Schülerinnen und Schüler ihre eigenen Geräte (Notebook oder Netbook) in den Unterricht mitbringen, wann immer sie dort gezielt eingesetzt werden. Für spezielle Programme werden die fixen Installationen in den Informatikräumen verwendet. – Ab Schuljahr 2018/19 gilt dies auch für Lehrpersonen. Die Schulleitung geht davon aus, dass jede Lehrperson ein persönliches Gerät als Arbeitsinstrument besitzt und einsetzt; dafür erhalten die Lehrpersonen eine finanzielle Gutschrift.
Der schnelle Internetzugang und die Zuverlässigkeit der Infrastruktur haben für uns hohe Priorität. Der Schule steht eine Hochleistungsglasfaserleitung des Energie- und Dienstleistungsunternehmens eniwa (vormals Industrielle Betriebe Aarau IBA) mit einer hohen Kapazität zur Verfügung. Die Internetkapazität wird durch die IT-Abteilung der Schule ständig überwacht.
ICT in der Schulführung – das Digitalprinzip
Mit der Einführung von schulNetz als zentraler Verwaltungssoftware hat die Alte Kantonsschule Aarau 2014 einen wichtigen Schritt in Richtung papierlose Administration gemacht. Mit zusätzlichen Online-Anwendungen können die Papiermenge reduziert und Informationen allen Beteiligten effizient und effektiv zugänglich gemacht werden. Damit kommt die Alte Kanti den Anforderungen des Departements BKS in Bezug auf das Digitalprinzip nach. So werden Einladungen an Schülerinnen und Schüler wie auch an die Eltern grundsätzlich elektronisch verschickt. Eine Ausnahme stellt die Einladung zur Schlussfeier dar, diese versenden wir nach wie vor ganz traditionell als Karte auf dem Postweg.
Die Digitalisierung ist längst in unserer Schule angekommen, und zweifellos wird sie unseren schulischen Alltag in naher Zukunft noch stärker bestimmen. Eines aber bleibt gewiss: Die Hilfsmittel verändern sich, der Mensch bleibt. Der persönliche Austausch steht für die Alte Kantonsschule Aarau nach wie vor im Zentrum.
Von Ulrich Salm, Prorektor