2018, Bericht, Sage & Schreibe Nr. 28, Wunder

Ein kleines Wunder

In der Weihnachtszeit hat sie Konjunktur, versprüht ein ganz besonderes Licht: die Wunderkerze. Sie löst Glücksgefühle aus und lässt nicht nur Kinderaugen glänzen. Was ist da eigentlich drin? Viel Wunder, aber auch viel Chemie.


[Bild: Delia Montagnolo]

Das Zündholz reibt über die Schachtel. Es entzündet sich und die Flamme beginnt zu tanzen. Vorsichtig hält Sophie das Hölzchen an die Wunderkerze. Zuerst passiert nichts. Dann ein kleiner Funke, und noch einer, und noch einer, und noch einer. Ein Funkenregen.
Guetzliduft liegt in der Luft, draussen vor dem Fenster glitzert der Schnee. Im Wohnzimmer werfen die Kerzen einen behaglichen Schein auf die Familie, die um den sorgfältig geschmückten Baum sitzt. Wie jedes Jahr hängen Kugeln in allen Farben an der grossgewachsenen Weisstanne. Auf ihrer Spitze thront ein Stern. Unter den ausladenden Zweigen des Baumes liegen die Geschenke. Die kleine Sophie aber schaut fasziniert auf das kleine Feuerwerk in ihrer Hand.
Ein strahlendes Lächeln liegt auf ihrem Gesicht. In den leuchtenden Augen spiegeln sich die Funken; wie kleine Sterne schwirren sie durch die Luft und verglühen nach einigen Sekunden. Nur die Weihnachtsbaumkerzen flackern noch. Die Lieder, die alle zusammen in ihrem matten Schein gesungen haben, hat Sophie noch immer im Ohr, summt leise die Melodie von «Stille Nacht» vor sich hin, während sie das leuchtende Stäbchen in der Luft umherschwingt. Das Summen vermischt sich mit dem Knistern der Wunderkerze, die immer noch feierliche Fröhlichkeit versprüht. Ein kleiner Funke verirrt sich auf Sophies Hand. Erschrocken zieht sie sie zurück.

Die Wunderkerze schleudert noch die letzten Funken von sich, dann ist sie abgebrannt. Nur ein oranges Glühen am Stab erinnert noch an die Funkenpracht von vor wenigen Augenblicken. «Noch mal, noch mal!», ruft Sophie. Enttäuscht und erwartungsfroh zugleich läuft sie zu den Eltern. Doch dann fällt ihr ein, dass nun die Geschenke an der Reihe sind – und das Funkenwunder ist vergessen.

 

 

 

 

Von Mirjam Sutter und Evamaria Fuchs, G4L