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Es brennt – im Einsatz mit der Feuerwehr

Sobald das Wort «Feuerwehr» fällt, spielt sich vor dem inneren Auge ein Film ab: gefährliche Flammen, Wasser, das aus Schläuchen schiesst. In keinem anderen Beruf treffen Hitze und kühlende Nässe so häufig aufeinander, ja bedingen sich sogar. sage&schreibe hat die Stützpunktfeuerwehr Baden durch eine Rettungsübung begleitet.

Von Ella Karg und Luisa Dambach, G21K

Wir werden bereits erwartet, als wir mit der Fotografin um 19.30 Uhr bei der Stützpunktfeuerwehr Baden ankommen. Es ist die grösste Feuerwehr im Kanton Aargau, mit zurzeit 193 Mitgliedern. Während der Begrüssung inmitten von roten, pompösen Fahrzeugen wird uns schnell klar: Hier geht es um viel mehr als das Löschen von Bränden.
Wenig später ist der Appell in vollem Gang. Immer wieder huschen neugierige Blicke zu uns, den Gästen. Die Vollmontur der Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen reflektiert die Abendsonne. Die Stimmung ist heiter, Motivation für die bevorstehende Übung liegt in der Luft. «Heute haben wir drei spezielle Gäste», ruft der Einsatzleiter, Daniel Gysel. Wir lächeln verlegen, die Crew nickt zustimmend. «Auf dem Programm stehen heute Rettungsübungen.» Zu uns gewandt, ergänzt er: «Keine Sorge, Action-Bilder von einer Brandlöschung werdet ihr auch machen können.»

Achtung: Wohnhaus im Brand
Dass Geschwindigkeit für die Feuerwehr zentral ist, wird uns sofort bewusst. Ehe wir uns dessen versehen, sitzen wir im ZKF, was so viel wie Zugkraftfahrzeug heissen soll, wie uns der Fahrer erklärt. Bereits während der Fahrt zum ersten Übungsort wird klar, was die Kunst des Feuerwehr-Handwerks ist: die lässige Ernsthaftigkeit. Das mag wie eine paradoxe Aussage klingen, ergibt jedoch spätestens beim Beobachten der Situation vor Ort Sinn. Angekommen auf dem Vorplatz eines Mehrfamilienhauses, fängt die gesamte Crew sofort an, sich in kleinere Gruppen aufzuteilen, wobei jeweils ein Gruppenführer oder eine Gruppenführerin bestimmt wird. Sobald der Einsatzleiter die Situation geschildert hat und die einzelnen Anweisungen erteilt worden sind, wird losgelegt. Plötzlich sind wir von einem Stimmengewirr umgeben, Leitern werden ausgezogen, Absperrungen werden platziert, Menschen rennen, sogar ein Flipchart wird aufgestellt. Die Gruppendynamik berührt uns. Jede und jeder hat seine Aufgabe, und rundum wird kommuniziert. Die Situation scheint so echt, so ernst, dass wir unseren gebannten Blick kaum der Hauswand entreissen können. Im Jahr 2023 hatte die Stützpunktfeuerwehr Baden 220 Einsätze zu bewältigen. Davon beinhaltete etwa jeder zehnte Einsatz eine Brandlöschung.

Der Ablauf der Übung ist jetzt klar. Ziel ist es, eine Person von dem obersten Balkon eines dreistöckigen Hauses zu bergen. Immer wieder erklärt uns der Einsatzleiter, wieso er gewisse Anweisungen gegeben hat. «Die Druckleitung wird gelegt, um das entfachte Feuer im Inneren des Hauses löschen zu können. Wobei wir den Lüfter brauchen, um den Rauch abzuziehen, damit eine Personenbergung im Haus stattfinden kann.»

Was uns auch auffällt, ist die stete Kommunikation der einzelnen Gruppenführer mit dem Einsatzleiter. immer wieder vernehmen wir ein atemloses «Meldung», worauf eine Schilderung der ausgeführten Aktionen folgt. Die Atmosphäre sprüht nur so vor Professionalität.
Nach der erfolgreichen Rettung wird der Rückzug angeordnet, und der Einsatzleiter erklärt uns die verschiedenen Arten von Rettungsübungen. Entweder werden die Übungen anhand von Posten durchgeführt und die Mannschaft somit durch die verschiedenen Aktionen geleitet, «oder die Mannschaft wird ins kalte Wasser geworfen, wobei ihr Können, das durch vergangene Übungen vorhanden sein sollte, getestet wird.» Das Feedback spielt also eine zentrale Rolle in dieser Variante von Gesamtübung.

Das gesamte Team versammelt sich um den Einsatzleiter. Wir stehen ein bisschen abseits und lauschen. Bei jeder Gruppe ist ein sogenannter Postenleiter dabei, der sich während den ausgeführten Aktionen eher im Hintergrund gehalten hat und die Details, positiv wie negativ, dem Einsatzleiter ausführlich berichtet. Die Kritik ist konstruktiv und löst einheitliches Nicken aus. Es werden alle noch rumstehenden Objekte aufgeladen, und los gehts zum zweiten Übungsort.

Bild: Erza Gashi

Live: Rettung aus dem Schulhaus
Als wir am zweiten Übungsort ankommen, einer Primarschule in Baden, werden wir sogleich von unserem Fahrer in das Gebäude gebracht. Ziel der Übung: Personen retten – und wir sind die, welche gerettet werden sollen. Wir werden also in ein Klassenzimmer geführt, die Fenster, durch welche wir später gerettet werden sollen, werden sperrangelweit geöffnet. Breits kurze Zeit später sehen wir, wie Rauch vor dem Fenster aufsteigt. «Der erste Stock steht in Brand!», ruft einer. Weitere Stimmen sind zu vernehmen.

Wir beobachten alles vom Fenster aus. Zuerst kommen die Gruppenleiter, um sich einen Lageüberblick zu verschaffen. Wie viele Personen befinden sich im Gebäude? Wo genau brennt es? Danach holen sie Verstärkung sowie Leiter und Seile, um uns später abzuseilen. Die Schadenplatzorganisation verläuft reibungslos, jeder weiss, was zu tun ist. Beim Aufstellen der Leiter braucht es immer vier Personen, welche die Leiter halten, und einen Gruppenleiter, welcher die Befehle gibt; beispielsweise, wie weit die Leiter ausgefahren werden muss.

Plötzlich hören wir, wie die Leiter angestellt wird, und wenig später klettert der erste Feuerwehrmann durch das Fenster in das Klassenzimmer, in dem wir uns aufhalten. Zuerst wird Ella sicher ans Seil gebunden, gleichzeitig erklären uns die Feuerwehrleute das weitere Vorgehen. Danach steigt Ella gesichert durchs Fenster und klettert die Leiter nach unten.

Dann ist Luisa an der Reihe. Zuerst stellt sich bei ihr die Gruppenleiterin vor. Ein Feuerwehrmann fragt: «Ist dies das erste Mal, dass du abgeseilt wirst?» Luisa nickt, und weil es auch für die Gruppenleiterin das erste Mal ist, wird die Anspannung noch grösser. Auch Luisa klettert anschliessend durchs Fenster, und auch sie wird immer wieder gefragt, ob alles in Ordnung sei, ob sie sich wohl fühle. Ein Gefühl von Sicherheit macht sich breit.
Unten angekommen, wird auch Luisa von den Seilen befreit, bedankt sich und gibt zu Protokoll, sie habe sich jederzeit sicher gefühlt. Die Gruppenleiterin meldet sich beim Einsatzleiter, welcher daraufhin den Befehl gibt, die Leitern wieder abzubauen. Das Material wird wieder in den Fahrzeugen verstaut, der Schlauch, mit dem während unserer Rettung ein kleiner Brand gelöscht worden ist, wird aufgerollt und auch im Fahrzeug verstaut. Ein fingierter Brand, aber echtes Wasser. Das ist kein Problem, denn bei Grossereignissen darf die Feuerwehr bei Bedarf Wasser aus den Flüssen Limmat, Reuss und Aare der Region Limmattal absaugen.

Alle versammeln sich beim Sammelplatz und der Übungsleiter gibt nochmals ein kurzes Feedback: «Das Wichtigste ist, gut im Team zu arbeiten.» Ansonsten sei die Übung etwas besser als die erste Übung gewesen, beim Tempo gebe es allerdings noch immer Luft nach oben.

Somit ist die zweite Übung zu einem Ende gekommen, woraufhin alle wieder in ihre Fahrzeuge einsteigen. Zurück beim Stützpunkt der Feuerwehr Baden bedankt sich der Einsatzleiter bei allen für ihren Einsatz. Gemütlich lassen die Mitglieder der Stützpunktfeuerwehr den anstrengenden Abend bei Essen und Getränken ausklingen.

Bild: Erza Gashi