Das (Un-)Ding, dies&das, Sage & Schreibe Nr. 20

Plitsch-Platsch

Alle schreiben und keiner spricht, sogar der Lehrer verhält sich ausnahmsweise ziemlich ruhig. Nur das störende Tropfen des Wasserhahns ist zu hören. Plötzlich wird ein Murmeln in der Klasse laut: „Wer hat denn den Hahn nicht zugedreht? Das war sicher Kevin.“ Danach herrscht wieder Totenstille. Doch gerade dann hört man genauer hin, der zunächst leise und unauffällige Ton wird immer lauter und intensiver, dieses beständige „Plitsch- Platsch, Plitsch- Platsch“. Bald ist es das Einzige, was man hört. Jede Bemühung, das Geräusch zu ignorieren, scheitert kläglich, ob es nun ein gelangweilter Blick aus dem Fenster, unendliches Kreisen auf dem Notizblatt oder ein verzweifelter Blick auf die Uhr ist. Das Geräusch ist präsent wie eine leise Stimme im Hinterkopf, die einem sagt, dass dieser Albtraum nie enden wird. Die Klasse wird unruhig, alle Augen sind auf den Wasserhahn gerichtet. Gespannt beobachten alle, wie sich dieser teuflische, kleine Tropfen an der Düse bildet, wie in Zeitlupe seinen Weg ins Becken findet und mit einem lauten „Platsch“ landet. Alles, was ich höre und wahrnehme, ist dieses Platschen. Eine Anspannung breitet sich in mir aus, das Geräusch zieht mich in seinen Bann. Das Plätschern dringt in alle Winkel meines Gehirns vor, langsam aber stetig, fordernd und besitzergreifend … Doch plötzlich wird meine Qual abrupt beendet: Kevin hat es gewagt, dem Unheil ein Ende zu bereiten. Kevin, du bist mein Held!

Lena Frey, G3I