Das Sportgymnasium an der Alten Kanti feiert sein zehnjähriges Bestehen
Ehemaliger Spitzen-Handballer, Sportlehrer und seit 2003 Prorektor an der Alten Kantonsschule Aarau: Kurt Büchler ist in Sachen Sportgymnasium der Mann der ersten Stunde. Massgeblich bei der Projektierung und der Umsetzung beteiligt, zeichnet Büchler nun seit zehn Jahren verantwortlich für eine optimale Verbindung von Gymnasium und Spitzensport.
[Bild: zVg]
Kurt Büchler, das Sportgymnasium an der Alten Kanti feiert sein zehnjähriges Bestehen. Was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie sich mit diesem Jubiläum erstmals bewusst befassten?
Prorektor Kurt Büchler: Schon zehn Jahre – und noch kein bisschen müde …
Gratuliere! Und dennoch ist ja einiges passiert in den vergangenen Jahren. Was hat Sie zu Beginn überhaupt bewogen, ein Grossprojekt wie das Sportgymnasium in Aarau in Angriff zu nehmen?
Büchler: Die Alte Kanti war schon immer sehr initiativ. Warum also nicht auch im Sport? – In diesem Zeitraum entstanden rund um den Kanton Aargau Sportförderschulen, auch an Gymnasien. Wir konnten doch nicht zusehen, wie die Aargauer Sporttalente in andere Kantone abwandern, um Leistungssport und Ausbildung unter einen Hut zu bringen. Also haben wir uns daran gemacht, ein Angebot in Aarau zu schaffen. Und das AKSA-Konzept hat offensichtlich überzeugt und vom Departement BKS den Auftrag für die Umsetzung erhalten.
Eine leichte Übung aber war das nicht. Da waren einige Umstellungen und Anpassungen vonnöten. Gewiss auch Überzeugungsarbeit. Was waren damals die grössten Schwierigkeiten?
Büchler: Die grössten Herausforderungen stellten sich zuerst auf der strukturellen Seite, vor allem die Umgestaltung des 4-jährigen Bildungsgangs auf den 5-jährigen Sportlerlehrgang. Anforderungen wie die Stundentafel, die Promotions- und Maturafächer und anderes mussten in jeder Hinsicht eingehalten werden. Und für den Stundenplaner bedeutet die Erstellung des Spezialstundenplans für die Sportabteilungen auch heute noch eine sehr schwierige Aufgabe. An der Alten Kanti selber habe ich zum neuen Angebot für Leistungssportlerinnen und Leistungssportler und damit auch bezüglich der speziellen Bedürfnisse der Sportlerinnen und Sportler von Anfang an eine positive Stimmung erlebt. Das Sportgymnasium ist ja nicht zuletzt auch Teil unseres Konzepts der Begabtenförderung.
Und wie steht es um die Lehrpersonen? Da ist wohl einiges an Flexibilität gefragt? Auch an speziellem Know-how?
Büchler: Die Lehrpersonen sind der wichtigste Teil im Konzept. Spezielles Know-how braucht es nicht und Leistungssportler müssen sie erst recht nicht sein. Entscheidend ist, dass die Lehrpersonen die Situation der Sportschülerinnen und Sportschüler kennen und verstehen. Dass sie so weit wie nötig und möglich auf die Anliegen eingehen. Dazu gehören Flexibilität, weil Nachprüfungen zum Alltag in der Sportabteilung gehören, oder die Bereitschaft zur Unterstützung bei Stofflücken nach Abwesenheiten. Was die Sportlerinnen und Sportler immer wieder ansprechen, ist der Wunsch, verstanden zu werden, wenn sie unter Zeitdruck sind, grosse Belastungen haben und darum auch manchmal ihre Ressourcen einteilen müssen.
Seit 2007 ist das Sportgymnasium „Swiss Olympic Partner School“ – was bedeutet das?
Büchler: Swiss Olympic, als Dachorganisation des Schweizer Sports, zertifiziert Schulen und Ausbildungsinstitutionen, welche für Sporttalente spezielle Bildungsmodelle führen. Das bedeutet aber, dass wir Kriterien erfüllen müssen, um das Label „Swiss Olympic Partner School“ tragen zu dürfen. Diese Kriterien sind zum Beispiel für den Leistungssport verträgliche Schulstrukturen, Zeitgefässe für Trainings, eine grosszügige Urlaubsregelung, aber auch personelle und pädagogische Faktoren wie Unterstützung, Nachführunterricht für Abwesende oder die Möglichkeit, Prüfungen zu verschieben. Nicht zuletzt müssen wir regelmässig die sportliche Qualität unserer Sportlerinnen und Sportler ausweisen. Das heisst, um „Swiss Olympic Partner School“ zu sein und zu bleiben, dürfen wir nur ausreichend qualifizierte Sportlerinnen und Sportler in unseren Sportabteilungen fördern.
Der Leistungsausweis ist ja beeindruckend: Von den bisherigen Absolventinnen und Absolventen des Sportgymnasiums finden wir so manchen Namen in den Medien, und bislang hat lediglich ein Schüler (von 96) die Matura nicht bestanden. Man gewinnt den Eindruck, dass wir es hier mit einem sehr seltenen Fall zu tun haben: Man bekommt „de Foifer und s Weggli“. Täuscht der Eindruck?
Büchler: Ich würde das eher als grosse Chance bezeichnen. Immerhin lässt sich in der Schweiz mit wenigen Ausnahmen nicht vom Sport leben. So verfolgen auch die meisten Abgängerinnen und Abgänger des Sportgymnasiums, auch wenn sie hohe sportliche Ziele erreicht haben, eine weitere Ausbildung, zum Beispiel ein Teilzeitstudium. Einige setzen aber auch für ein, zwei Jahre voll auf Sport, um dann erst später in eine Ausbildung einzusteigen. Es freut uns natürlich, dass wir zahlreiche erfolgreiche und in der Sportwelt bekannte Namen unter unseren Abgängerinnen und Abgängern haben. So finden sich in einigen Nationalmannschaften der Schweiz ehemalige AKSA-Schülerinnen und -Schüler. Die Bilanz auf der schulischen Seite ist auch sehr erfreulich. Auch wenn die Sportlerinnen und Sportler zuweilen taktieren und mit ihrem Einsatz ökonomisch umgehen müssen, reihen sich regelmässig Sportschülerinnen und Sportschüler an der Abschlussfeier unter die besten Absolventinnen und Absolventen ein. Im Abschlussjahrgang 2014/15 erzielte bekanntlich ein Sportschüler das beste Maturazeugnis des ganzen Jahrgangs.
Wagen wir einen Blick in die Zukunft, auf die nächsten zehn Jahre: Wo sehen Sie noch Verbesserungspotenzial für das Sportgymnasium an der Alten Kanti?
Büchler: Grundsätzlich dürfen wir ja sehr zufrieden sein. Dass unser Konzept gut ist, hören wir von vielen Seiten. Mit der personellen Ergänzung in der Leitung des Sportgymnasiums (Simone Bachmann und Oliver Berger als Sportkoordinatoren) habe ich nicht nur Entlastung und Unterstützung erfahren, auch die Betreuung der Sportlerinnen und Sportler sowie die Zusammenarbeit mit den Sportpartnern (Sportvereine und Sportverbände) haben viel an Qualität und Nachhaltigkeit gewonnen. Weitere Verbesserungen? Im strukturellen Bereich ist der Spielraum wohl ausgereizt. Im pädagogischen Bereich denke ich immer wieder an Optimierungen im Bereich „zeit – und ortsunabhängiges Lernen und Arbeiten“. Schülerinnen und Schüler, die oft oder länger ortsabwesend sind, sollten bei der Erarbeitung von Unterrichtsstoff noch besseren Zugriff auf die entsprechenden Materialien haben und Aufträge von extern erledigen können. In einigen Fächern klappt das bereits recht gut, in andern könnte das noch entwickelt werden.
International erfolgreiche Absolventinnen und Absolventen des Sportgymnasiums:
Jonas Wittwer, Unihockey
Silvan Widmer, Fussball
Simon Waldburger, Mountainbike
Fabienne Bangerter, Fussball
Laura Künzler, Volleyball
Die Fragen stellte Markus Bundi