Immer mehr Fehlzeiten, eingeschränkte Leistungsfähigkeit, Burnouts -sämtliche Statistiken zeichnen ein klares Bild: Stress im Beruf ist hierzulande ein Problem. Wir haben vier Personen aus ganz unterschiedlichen Berufsfeldern zu den komplexen Zusammenhängen zwischen Beruf und Stress befragt.
Von Vivien Arnold und Erza Gashi, G21K
Wie erleben Sie den Stress in Ihrem Beruf, und welche Faktoren tragen Ihrer Meinung nach am meisten zu diesem Stress bei?
Christiane Büchli (Redaktorin SRF, CR Audio/Digital | Regionalredaktion AG/SO): Stress gehört zum Alltag einer Journalistin, weil Deadlines erfüllt werden müssen. Eine Radiosendung läuft zu einer bestimmten Zeit, ein Online-Artikel soll so rasch wie möglich publiziert werden.
Martin Vogel (Hauswartung Kreisschule Aarau-Buchs, Rohr): Immer mehr Arbeiten in immer kürzerer Zeit mit immer weniger Personal erledigen – das verursacht Stress.
Diego Meyer (CEO Innovate Services AG): Als Geschäftsinhaber hat man mit verschiedenen Stressoren zu tun: Der Geschäftsverlauf, der Erfolgsdruck. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, welche man nur zu einem gewissen Grad kontrollieren kann, für die man aber auch verantwortlich ist.
Nicole Hofer (Primarlehrperson Kreisschule Aarau-Buchs): Ein Faktor ist natürlich die Klassengrösse. Bei neuen Klassen ist das Unterrichten zudem deutlich anstrengender. Und je jünger die Kinder, desto mehr Hilfe benötigen Sie, auch in den kleinen Dingen.
Welche Auswirkungen hat beruflicher Stress auf Ihr Privatleben und Ihre Freizeit? Fühlen Sie, dass Stress ausserhalb der Arbeitszeiten eine Rolle spielt?
Christiane Büchli: Nein, kein Stress ausserhalb der Arbeitszeiten. Im Journalismus nimmt man selten Arbeit mit nach Hause. Ist die Deadline vorüber, ist der Stress vorbei.
Martin Vogel: Beruflicher Stress hat zum Teil gesundheitliche Folgen: Schlafstörungen, Gereiztheit, Unlust. Und: Je mehr Verantwortung man hat, desto weniger kann man abschalten.
Diego Meyer: Weil auch in Asien Menschen für das Geschäft arbeiten, geht es schon sehr früh am Morgen mit der Arbeit los. Bevor ich richtig wach bin, muss ich schon Probleme lösen. Als Geschäftsführer endet der Arbeitstag für mich erst um 20 oder 21 Uhr, und das beeinflusst das Privatleben natürlich.
Nicole Hofer: Ich kann Schule und Zuhause recht gut trennen. Ab und zu, nach einem sehr mühsamen Unterrichtsmorgen, fühle ich eine gewisse Erschöpfung, aber das geht meist schnell vorbei.
Welche Strategien oder Methoden wenden Sie an, um mit beruflichem Stress umzugehen, und halten Sie diese für effektiv?
Christiane Büchli: Übung macht den Meister. Zudem gilt auch im Journalismus Teamwork, Delegieren kann helfen. Und: Die Freizeit abseits des Berufs gibt Energie für den Berufsalltag.
Martin Vogel: Wer Stress hat, ist der Arbeit nicht gewachsen, sagt man. Ich sage: Stress kenne ich nicht; ich arbeite nur schneller. Das hilft.
Diego Meyer: Meistens kämpe ich mich einfach durch den Tag. Oder ich spiele mit Kollegen Fussball. Was allerdings am meisten hilft, ist eine positive Einstellung zum Leben.
Nicole Hofer: Ich habe keine spezielle Strategie. Aber Reden, der persönliche Austausch – das hilft immer. Manchmal rufe ich einfach meine Kollegin an und erzähle ihr, was mich in der Schule stresst. Danach kann ich weitermachen.
v.l.n.r.: Christane Büchli, Martin Vogel, Diego Meyer und Nicolle Hofer, Bilder: zVg