2017, Das (Un-)Ding, dies&das, Kolumne, Sage & Schreibe Nr. 26

Stühle

Sitzen – das ist einfacher gesagt als getan, denn Stuhl ist nicht gleich Stuhl. Das können wir Schülerinnen und Schüler am besten bezeugen, schliesslich verbringen wir fünf Stunden und mehr pro Tag auf diesen Dingern.

So viel Zeit schreit förmlich danach, für ausführliche Stuhlstudien genutzt zu werden – während der Lektionen, versteht sich. An Untersuchungsobjekten mangelt es uns nicht; unsere schöne Kantonsschule bietet ja auch eine grosse Fülle an unterschiedlichen Stühlen – Vielfalt scheint hier das Konzept zu sein. Unterschiede zeigen sich schon im Material: Es gibt Holzstühle und Kunststoffstühle. Die Konstruktionen sind das Gerüst für alle möglichen Formen von Sitzflächen, die sich dann, leicht vorstellbar, als mehr oder weniger bequem entpuppen. Auch die wundersamen Kreationen von Rückenlehnen sind eine Wissenschaft für sich. Ob klein oder gross, weich oder hart, schräg oder senkrecht, abgerundet oder gerade etc. – die Bandbreite ist fast so gross wie die Anzahl der Stuhlbeine an der Schule. Womit wir schon beim nächsten Kriterium sind. Auch da gibt es Variationen: Gerade, leicht abgerundet oder elegant in doppelter L-Form geschwungen, präsentieren sich die mit den Sitzflächen verschraubten Beine. Natürlich ist es kein leichtes Unterfangen, diese Stuhlbeine zur Bewegung zu animieren. Dies wird erst recht anspruchsvoll, wenn sich verschiedenste Trageriemen von Taschen oder Rucksäcken einen Spass daraus machen, sich möglichst oft um die Stuhlbeine zu schlingen, oder wenn die neuen Stuhlbeine den Teppichboden nicht mögen und sich mit allen Kräften dagegen sträuben, elegant über den Boden zu gleiten. Solche störrischen Stuhleigenschaften wirken sich leider überaus nachteilig auf das Sitzverhalten von uns Schülerinnen und Schülern aus. Hat man sich bequem auf seinem Stuhl eingerichtet, ist die Lektion schon zu Ende. Möglicherweise wäre es also nicht verkehrt, im Sinn einer guten Lernatmosphäre an erster Stelle die Sitzatmosphäre zu untersuchen. So gesehen ist es wohl nicht vermessen, Ansprüche zu stellen: Auch die Lernenden sollen so toll wippende und rollende, so bequeme und fast schon sesselähnliche Stühle «besitzen» dürfen wie die Lehrenden. Bis unser Anliegen umgesetzt ist, schauen wir einfach den Lehrenden beim Rollen und Wippen zu. So wird manch langweilige Schulstunde wie im Flug vergehen.

Von Antonia Schmid, G3L