Die NASA lügt, und die Mondlandung ist ein Fake – das behaupten die Anhänger der sogenannten Flat Earth Theory, der Theorie der flachen Erde, einer Verschwörungstheorie, die angeblich beweist, dass die Erde in Wahrheit nicht rund, sondern flach ist. Auf den ersten Blick mag dies ziemlich absurd wirken. Es lohnt sich aber durchaus, einige Aspekte genauer zu betrachten.
Die «Flat Earth Society», eine Organisation aus den USA, zählt Zehntausende Mitglieder, die eines gemeinsam haben: Sie sind überzeugt, dass die Erde flach ist. Wenn man der Organisation glaubt, ist die Erde eine Scheibe mit dem Nordpol als Zentrum und riesigen Eisbergen als Mauer rundherum, die sowohl das Wasser der Ozeane am Abfliessen als auch die Menschheit am Herunterfallen hindert. Die NASA und andere Weltraumorganisationen, die das Bild einer kugelförmigen Erde verbreiten, seien alles Lügner. Das Konzept einer runden Erde sei Teil einer Verschwörungstheorie, eine Erfindung der korrupten Wissenschaftselite und die grösste Lüge, die jemals erzählt wurde, schreiben die sogenannten Flat Earther, zu Deutsch Flacherdler, auf ihrer Webseite. (www.theflatearthsociety.org) Es mutet erstaunlich an, mit welcher Selbstverständlichkeit sich diese Flacherdler lächerlich machen in einer Gesellschaft, in der jeder an eine runde Erde glaubt. Doch die Flacherdler haben nach eigener Aussage gute Argumente und eindeutige Beweise.
Flache Horizonte und Eisberge
Das wohl offensichtlichste Argument der Flacherdler ist die Tatsache, dass der Horizont gerade und nicht gekrümmt sei, was man mit blossem Auge erkennen könne. Wenn man ein Lineal an den Horizont hält, kann man ebenfalls ganz klar sehen, dass da keine Krümmung existiert. Flüsse fliessen oft tausende von Kilometern, ohne einen Meter an Höhe zu verlieren. Häuser, Strassen und Eisenbahnen werden gebaut, ohne dass eine Krümmung in den Bauplänen berücksichtigt wird.
Fragt man die Flacherdler, wieso bisher denn noch niemand von der Scheibe, auf der wir angeblich leben, gefallen sei, verweisen sie auf ihre Weltkarte. Diese sieht der Karte der UNO sehr ähnlich. Auf der Karte bildet die Arktis den Mittelpunkt und die Antarktis den Rand – was auch der Grund dafür sein soll, dass man nicht ohne weiteres über den Südpol fliegen und ihn nicht ohne Begleitung betreten dürfe. Sonst werde aufgedeckt, was sich hinter den Eisbergen verbirgt: nämlich nichts ausser einem grossen Abgrund.
[Bild: Annina Roth]
Gefälschte Luftaufnahmen
Doch was ist mit allen Bildern, die uns die NASA, die ESA und weitere Weltraumorganisationen liefern? Was ist mit der Mondlandung? Alles gefälscht, meinen die Flacherdler. Und da haben sie, zumindest bis zu einem gewissen Grad, auch recht. Es ist unmöglich, ohne Manipulation ein ganzes Bild der Erde zu kriegen. Man braucht zwingend mehrere Fotos und ein gutes Bildbearbeitungsprogramm, um die ganze Erdkugel auf einem Bild darzustellen. Wenn die Bilder von der NASA also sowieso bearbeitet sind, wieso sollten sie dann nicht auch gleich komplett gefälscht sein? Wieso sollten Bilder aus dem All ein Beweis für eine kugelförmige Erde sein, wenn wir keine Ahnung haben, wie echt sie sind?
Trotzdem eine runde Erde
Die Flacherdler argumentieren selbstverständlich auch, trotz ihrer Offenheit gegenüber anderen Religionen, mit der Bibel: Diese spricht nämlich von einer Erde mit Rändern und einem Zelt, das darüber gespannt ist. Jedoch spricht die Bibel an anderen Stellen genauso sehr von einer runden Erde. Der «Kreis der Erde», von dem im Buch Jesaja gesprochen wird und der der Beweis für eine flache Erde sein soll, ist eigentlich nur ein Übersetzungsfehler.
Es gibt sowohl Menschen, die im Weltall waren und die Wölbung der Erde mit eigenen Augen gesehen haben, als auch solche, die die Antarktis durchquerten und somit beweisen können, dass diese ein Kontinent und keine Schutzmauer vor einem Abgrund ist. Klar, die NASA könnte auch diese Menschen zum Lügen zwingen. Jedoch ist es fraglich, dass so viele Menschen für eine so lange Zeit dichtgehalten haben. Das Argument, dass man diese Wölbung mit blossem Auge nicht sehen könne, ist schon nur angesichts der Grösse unseres Planeten ziemlich lächerlich – und an Stränden von Meeren ist die Erdwölbung ziemlich klar zu erkennen.
Berechtigte Punkte
Dass die NASA ihre Bilder bearbeitet, bleibt nach allem dennoch ein Punkt, den man den Flacherdlern nicht nehmen kann. Es liegt an uns, wie viel Vertrauen wir einer Organisation schenken, deren Material, das sie uns liefert, so gut wie immer bearbeitet ist – so unrealistisch es auch ist, dass ausgerechnet eine so grosse Organisation uns anlügen sollte. Oder etwa doch nicht?
Alles in allem kann man sagen, dass die Theorie der flachen Erde ziemlich unglaubwürdig ist. Die Argumente, die für die Theorie sprechen, haben einen wahren Kern, überzeugen letztlich aber nicht, wenn sie auch nicht alle komplett widerlegt werden können. Und so bleibt die Flat Earth Theory eben genau, was sie ist – eine Theorie, und nicht mehr.
Von Eva Burkhard, G1L