Essay, Neue Medien - like?!, Sage & Schreibe Nr. 23

Vom Umgang mit der heutigen Medienvielfalt im Medienzentrum

Vor 20 Jahren gab es im Medienzentrum eine Internet-Station, ein oder zwei Computer mit Disketten. Weiter hatte es Videokassetten, CD, Dias, Tonbänder und deren Abspielgeräte, Mikrofone, sowie die herkömmlichen Printmedien wie Zeitungen, Zeitschriften und Bücher. Die Internet-Station – die erste und einzige an der Schule – war ein ansehnlicher Apparat. Dessen Benutzung kostete 2.50 Franken pro Viertelstunde und die Daten wurden per Telefonleitung übermittelt.

Mit der Zeit verschwanden die Disketten. Die VHS-Videokassetten wurden durch DVD ersetzt und heute mit einer Filmplattform, nanoo.tv, ergänzt. Über WLan ist das Internet mittlerweile an jedem PC-Arbeitsplatz und auf den privaten Laptops der Schulangehörigen verfügbar. Datenbanken können im Intranet gratis konsultiert werden. Auf den Webseiten oder der Lernplattform Moodle stehen Anleitungen und Schulungsunterlagen zur Verfügung. Gegenwärtig wird ein interaktives Tool getestet, womit die Schülerinnen und Schüler herausfinden können, wie gut es um ihre Informationskompetenz bestellt ist. Ebenfalls geprüft wird ein Streaming-Dienst für Tondokumente. Andere Neuerungen, wie Blu-ray Discs oder Facebook, sind nach Tests nicht eingeführt worden. Und immer noch gibt es Bücher, Zeitungen und Zeitschriften. Die Zahl der Informationsträger und der Geräte zum Speichern und Abspielen von Informationen hat sich in den letzten zwanzig Jahren mindestens verdreifacht.

Das ist gut so. Denn damit ist ein Ziel des Medienzentrums erfüllt, nämlich den Schülerinnen und Schülern Gelegenheit zu geben, medienkompetent zu werden. Sie können den Umgang mit den verschiedenen Medienarten erproben und deren Vor- und Nachteile kennen lernen. Sofern sie es wünschen, werden sie im Medienzentrum dabei unterstützt.

Allerdings sollte die Form eines Mediums nicht überwertet werden. Ob die Hilfe für die Lösung eines mathematischen Problems via Facebook oder Google kommt oder sich im Lösungsheft befindet, ist nicht so wichtig. Ob ein Text gedruckt in einem Buch oder digital im Internet steht, ein Film ab DVD oder als Stream zu sehen ist, ist nicht ausschlaggebend für die Aussage des Texts oder des Films.

Im Medienzentrum herrscht keine Konkurrenz zwischen alten und neuen Medien. Die Medienarten ergänzen sich. Bücher und Zeitschriften sprechen das Publikum oft durch ihre äussere Aufmachung, die gute Strukturierung und eine höhere Glaubwürdigkeit an. Im Netz hingegen faszinieren Geschwindigkeit, Interaktion und die schnell verfügbare, grosse Auswahl an Informationen von einem Punkt aus. Oft entscheiden Inhalt und Zweck einer Information über deren Medienform. Auch Herstellungskosten und Aspekte des Copyrights spielen eine Rolle. Zudem unterliegt die Nutzung der der Medien persönlichen Präferenzen. Im Medienzentrum werden aber gerade die Gegensätze genutzt, um das jeweils andere besser hervorzuheben. Neben dem digitalen Recherchieren wird ganz bewusst die physisch erlebbare, haptische Suche gepflegt. Sogenannte Thementische laden zum Schmökern und Stöbern ein und erfreuen sich einer hohen Beliebtheit.

Selbstverständlich ist Vielfalt an Medien nicht umsonst zu haben, sie bedeutet materiellen und immateriellen Aufwand. Die technische Infrastruktur braucht regelmässig Nachrüstungen. Das Team muss laufend neue Kenntnisse erwerben, um auf der Höhe der Entwicklungen zu bleiben. Von den Schülerinnen und Schülern hingegen verlangen die neuen internetbasierten Medien eine kritische Haltung und ein hohes Mass an eigenständigem Denken. Wenn bei einem Printmedium das Verlagslektorat eine Art Filterfunktion übernimmt und das Manuskript unter gewissen Gesichtspunkten prüft, liegt die Beurteilung von Internetinformationen oft ganz bei den Bezügern. Sie müssen herausfinden, woher die Information stammt, wie aktuell und vertrauenswürdig sie ist, ob sie fehlerbehaftet oder brauchbar ist. Weitergehende Kenntnisse in Informatik werden je länger je mehr von Vorteil sein.

Das Publikum des Medienzentrums ist in jeder Hinsicht fit und gut trainiert. Die Schülerinnen und Schüler denken unabhängig und kreativ. Sie sind bestens in der Lage, die verschiedenen Medien sinnvoll und verantwortungsvoll zu nutzen. Neugierig spüren sie Medientrends auf, sammeln Erfahrungen, lange bevor sich Institutionen wie das Medienzentrum professionell damit auseinandersetzen. Wir verstehen es als sportliche Herausforderung, mindestens auf Sichtdistanz mit ihnen zu bleiben, um halbwegs nachvollziehen zu können, wie sich die junge Generation medial die Welt erschliesst. Bis heute hält das Medienzentrum ganz gut mit.

Regula Gossweiler, Leiterin Medienzentrum