2022, Im Fokus, Interview, Nähe, Sage & Schreibe Nr. 35

Zwischen Leben und Tod

Einen ganz besonderen Beruf hat das Luzerner Medium Maria Piazza. Sie sieht sich als mediale Lebensberaterin, als Vermittlerin zwischen der geistigen und der materiellen Welt und hat daher eine eher ungewöhnliche Nähe zu Verstorbenen. Im Interview gibt sie Einblick in ihre Arbeit, ihre besonderen Fähigkeiten und ihre Beziehung zum Reich der Toten.

Von Amina Colombo und Elin Cattaneo, G19A

Was ist ein Medium?
Ein Medium stellt sich als Kanal zwischen der geistigen und der materiellen Welt zur Verfügung. Auf diese Weise erhalte ich Informationen aus dem Jenseits. Meine Fähigkeiten erlauben es mir also, mit Toten zu kommunizieren. Ich verständige mich mit Engeln und verstorbenen Seelen sowie Geistführern, ich sehe und spüre sie. In spirituellen Sitzungen kann ich meinen Klientinnen und Klienten Zugang zu wichtigen Informationen ermöglichen. Dadurch entsteht für sie eine Möglichkeit, zu neuen Erkenntnissen zu gelangen, womit seelische Blockaden und Probleme gelöst werden können.

Kann man sich eine Verbindung zum Jenseits antrainieren oder wird man mit so einer Fähigkeit geboren?
Ich spürte bereits als junges Mädchen, dass bei mir etwas anders war. Ich begann Dinge vorauszuahnen und konnte die Energie von Menschen wahrnehmen. Später kam es dann immer öfter vor, dass mir wildfremde Menschen plötzlich ihre Lebensgeschichten erzählten und sich von mir einen Ratschlag erhofften. Irgendwann empfahl mir ein guter Freund diverse Kurse, wo ich schliesslich lernte, diese Fähigkeiten zu nutzen.

Wie erhalten Sie Botschaften von Toten? Hören Sie Stimmen, sehen Sie konkrete Gesichter oder wie kann man sich das vorstellen?
Ich habe die Gabe der Hellsichtigkeit, Hellfühligkeit und Hellhörigkeit; deshalb erhalte Botschaften auf die unterschiedlichsten Arten. Entweder in Form von Bildern, als Lied oder als Stimme, die einen Satz besonders laut sagt. Lauter als alles andere. Manchmal ist es aber auch mehr wie ein Gefühl. Wenn ich von jemandem eine Botschaft erhalte, sehe ich diese Person vor mir und kann sie auch beschreiben.

Empfinden Sie diese Nähe zu Verstorbenen auch körperlich?
Wenn ich mich in die Energie der jeweiligen Person einfühle, empfange ich seine oder ihre Gefühle. Diese Nähe aber erfahre ich nicht körperlich, sie beschränkt sich ausschliesslich auf die geistige Ebene.

Was erwartet uns nach dem Tod?
Aus meiner Arbeit als Sterbebegleiterin weiss ich, dass wir an einen wunderschönen, friedlichen Ort kommen, denn alle, die ich bisher in den Tod begleitet habe, sind mit einem Lächeln gegangen. Ich kann jeweils dabei zusehen, wie sie von Engeln und bereits verstorbenen Angehörigen abgeholt werden; so brauchen sie diesen Weg nicht allein zu gehen und müssen keine Angst haben.
Einige Seele bleiben aber in dieser Welt, bis sie bereit sind zu reinkarnieren. Wieder andere Seelen, die in der irdischen Welt alles erledigt haben, steigen weiter auf und reinkarnieren nicht mehr. Für sie ist nun eine höhere Aufgabe vorgesehen.

Man könnte sagen, Sie schlagen Profit aus dem Schmerz von denen, die einen lieben Menschen verloren haben. Sehen Sie da keinen ethischen Konflikt?
Würde ich einen ethischen Widerspruch oder Konflikt sehen, könnte ich meine Tätigkeit nicht mehr ausüben. Mein Herz wäre dann nicht rein und frei, ich bekäme also keine Botschaften mehr. Ich bin jedoch im festen Glauben und habe volles Vertrauen, dass Gott mir diese Gabe gegeben hat, um in dieser Welt Gutes zu tun.


[Bild: Amina Colombo]