Kindern, die während Wochen, manchmal Monaten im Spital sind, ein Lächeln ins Gesicht zaubern, zwischen Therapien und Arztterminen ein paar Momente von Leichtigkeit und Glück schenken – dies haben sich die sogenannten Traumdoktoren zur Aufgabe gemacht. Liz Monteleone ist eine von ihnen. Wir haben sie im Kantonsspital Baden getroffen.
Der Duft von frisch gemahlenem Kaffee liegt in der Luft. Um uns herum herrscht eine zufriedene Atmosphäre. Die Leute schwatzen, lachen und essen fein duftende Croissants. Durch die Fensterfront scheint die Sonne und erwärmt den Raum. Es ist ein warmer Vormittag Ende Februar. Wir sitzen in der Cafeteria des Kantonsspitals Baden (KSB) und warten gespannt auf Liz Monteleone. Sie ist eine sogenannte Traumdoktorin, die für die Stiftung Theodora arbeitet. (Siehe Infobox)
Jetzt kommt sie uns entgegen. Liz Monteleone ist eine mittelgrosse Frau mit schulterlangem, dunklem Haar und einem herzlichen Lachen. Wir begrüssen uns und beginnen sogleich mit dem Gespräch über ihre Arbeit. Seit einiger Zeit arbeitet Liz Monteleone als Traumdoktorin in verschiedenen Spitälern – und noch immer ist ihre Freude am Beruf so gross wie am ersten Tag. Davor hat sie lange in einer Fabrik gearbeitet, wo sie Tag für Tag die gleiche Arbeit verrichtete. Dabei hatte sie keine Gelegenheit, ihre von Natur aus kreative, enthusiastische und tatkräftige Art auszuleben. Dies änderte sich jedoch, als sie eines Tages im Fernsehen ein Beitrag über Spitalclowns sah. Die Farben, das Lachen, die Freude und das Licht, welches man anderen schenken kann – das begeisterte sie augenblicklich. Von diesem Moment an wollte sie Traumdoktorin werden.
[Bild: Pierre-Yves Massot]
Traumberuf Traumdoktorin
Für Liz Monteleone begann ein langer Weg bis zur Erfüllung des Berufswunsches. Um der Herausforderung Traumdoktor gewachsen zu sein, ist die Ausbildung nämlich zentral. «Oftmals wird die psychische und physische Arbeit eines Spitalclowns enorm unterschätzt», sagt sie. «Manche Menschen denken, den Clown spielen könne doch jeder. Doch dazu braucht es viel mehr als einen ausgeprägten Sinn für Humor.»
Tatsächlich sind die Voraussetzungen für diesen Beruf komplex: gute Sozialkompetenz, ein überdurchschnittliches Mass an künstlerischer Kompetenz sowie ein gewisses «Knowhow» im Umgang mit Kindern. Bevor man sich also für die Ausbildung zum Traumdoktor oder zur Traumdoktorin bei der Stiftung Theodora bewerben kann, muss man eine künstlerische Ausbildung, zum Beispiel an einer Tanz- oder Schauspielschule, absolvieren. Wenn man dann ins Programm der Stiftung Theodora aufgenommen wird, was sich laut Monteleone als sehr schwierig herausstellen kann, folgt eine mehrmonatige Ausbildung zum Traumdoktor bei Ausbildnern der Stiftung und bei externen Fachleuten. Diese Schulung beinhaltet sowohl einen Theorie- wie auch einen Praxisteil. Der Theorieteil besteht aus verschiedenen Workshops und befasst sich mit Themen wie Spital, Hygiene, Psychologie und Krankheit. Im Praxisteil statten die Künstler den Kindern in Begleitung eines ausgebildeten Traumdoktors Besuche ab. Zudem sind Traumdoktoren verpflichtet, jährlich mindestens vier von der Stiftung konzipierte berufsspezifische Weiterbildungstage zu absolvieren und darüber hinaus privat und nach persönlichem Interesse weitere Kurse zu besuchen.
Die Arbeit im Alltag
Auf die Frage, wie man sich so einen Besuch vorstellen kann, schmunzelt Monteleone kurz und erklärt: «Das kommt immer auf das Kind an. Ich besuche Babys, Kinder und Jugendliche. Das ist eine riesige Spannbreite, die ich abdecken muss. Jedes Kind muss ich anders behandeln. Mit den Kleinen kann ich zum Beispiel Spiele spielen und Lieder singen, bei Jugendlichen hingegen sitze ich teilweise einfach am Krankenbett und spreche mit ihnen. Das kann man aber nicht wirklich auf das Alter festlegen, schliesslich hat jeder seine eigene Persönlichkeit.»
Ist es nicht belastend, bei einem schwerkranken Kind zu sein und es trotz allem zum Lachen zu bringen? Liz Monteleone seufzt: «Natürlich ist das schwierig, aber in dem Moment, wo man beim Kind ist, muss man solche Gedanken vollkommen ausblenden können. Ausserdem tut es gut, sich nach einer Spitaltour mit jemandem auszutauschen. Wir haben eine Gruppe von Traumdoktoren, welche sich regelmässig trifft. Zusätzlich gibt es bei der Stiftung Theodora Anlaufstellen für Traumdoktoren, die psychisch überbelastet sind.»
Der verhinderte Rundgang
Als wir einen Blick auf die Uhr werfen, stellen wir fest, dass die Zeit wie im Flug verstrichen ist. Frau Monteleone ist gleich im Anschluss mit einer anderen Traumdoktorin verabredet, mit der sie heute die Spitaltour machen wird. Wir würden die beiden Traumdoktorinnen gerne auf ihrer Tour begleiten. Doch leider ist das nicht möglich, da das Wohl und die Wahrung der Privatsphäre der Patienten für die Stiftung an erster Stelle stehen. Wir begleiten also die beiden Frauen in die Pädiatrie, wo sie sich kurz umziehen. Das Licht erscheint uns hier greller und irgendwie kühler. Doch als die beiden Traumdoktorinnen in ihren bunten Gewändern, mit geschminkten, glücklichen Gesichtern und einer Schubkarre voller Spielsachen aus der Garderobe kommen, ist alles anders. Es ist, als ob plötzlich mehr Leben und Farbe auf der Station wären. Die beiden verabschieden sich von uns und verschwinden hinter der nächsten Tür zu einem kleinen Patienten. Und obwohl wir nicht dabei sind, können wir uns nun gut vorstellen, was in diesem Zimmer gerade vor sich geht
Die Stiftung Theodora
Mit der Gründung ihrer Stiftung im Jahre 1993 setzten sich die Brüder André und Jan Poulié das Ziel, Kindern und Jugendlichen in Spitälern und spezialisierten Institutionen möglichst viel Lachen und Glück zu bescheren.
Die Stiftung Theodora bildet als gemeinnützige Organisation sogenannte Traumdoktoren aus. Sie arbeitet eng mit Spitälern zusammen und organisiert Besuche in der Pädiatrie, der medizinischen Kinderabteilung sowie in spezialisierten Institutionen für Kinder mit Behinderung.
Inspiriert wurden die beiden Brüder von ihrer Mutter Theodora: Als André einst nach einem Unfall für längere Zeit im Spital bleiben musste, besuchte ihn seine fürsorgliche Mutter jeden Tag und erleichterte ihm den langwierigen Genesungsprozess, indem sie ihn mit ihrer humorvollen und einfühlsamen Art ablenkte. Genau dieses Erlebnis wollte André auch anderen Kindern schenken, da ihm dieser Beistand damals viel bedeutet und ihm schlussendlich durch die schwere Zeit geholfen hatte. So gründete er 1993 mit seinem Bruder Jan die Stiftung Theodora.
Die Stiftung ist bis heute, unter anderem dank Partnern und vieler Spenden, stark gewachsen und mittlerweile in 35 Spitälern und 29 spezialisierten Institutionen tätig.
Von Ranja Emam und Naima Schahab, G1L