2019, Im Fokus, Menschen, Reportage, Sage & Schreibe Nr. 30, Traum

Luzides Träumen – ein echtes Geschenk

Peter Widmer – Doktor für Philosophie, Mitglied der International Association for the Study of dreams, Meditationslehrer und Geschäftsführer des Zen-Zentrums Basel – beherrscht seit vielen Jahren das luzide Träumen. Wir haben ihn in Basel getroffen.

Das luzide Träumen ist neben dem Meditieren ein fester Bestandteil von Peter Widmers Leben. Er schmunzelt, als er von seinen ersten Erfahrungen erzählt. In jungen Jahren sei er «einfach so ins luzide Träumen reingerutscht.» Durch das viele Meditieren habe sich die Wachheit in seine Träume übertragen. Widmer wusste lange nicht, was mit seinen Träumen genau passierte, denn zu jener Zeit war das Gebiet der luziden Träume noch ziemlich unerforscht. Die Möglichkeit, das Klarträumen einfach mal schnell zu googeln, hatte er nicht, und die Leute in seinem Umfeld konnten nicht nachvollziehen, was er meinte, wenn er erzählte, dass er seine Träume kontrollieren und steuern könne. Lange war er deshalb mit dem luziden Träumen alleine gelassen.

Luzides Träumen
Den Begriff «Klartraum» hörte Peter Widmer erst Jahre später, als er bei einem Workshop Paul Tholey, einen aktiven Klartraumforscher, kennenlernte. Nach und nach knüpfte Widmer immer mehr Kontakte zu Menschen, die sich ebenfalls mit dem Klarträumen auseinandersetzten. Das luzide Träumen hatte Peter Widmer gepackt und er wollte seine Kenntnisse mit so vielen Menschen wie möglich teilen. Er fing an, Kurse zum luziden Träumen zu geben, und bis heute zeigt er seinen Partizipanten, wie sie sich das Klarträumen selber beibringen und diese Gabe richtig nutzen können.

Denn wer denkt, luzides Träumen bedeute einfach, in einem selbstgesteuerten Traum alle möglichen Dinge ausprobieren zu können, irrt sich. Nein, als wäre das nicht schon genug, kann man mit dem Klarträumen verdrängte Traumas von früher aufarbeiten, sich im kreativen Bereich weiterentwickeln oder gar Ängste überwinden. Klarträume haben also auch eine psychologische oder sogar psychotherapeutische Dimension.


[Bild: Sarah Böhler]

Der «emotionale Wind»
Peter Widmer selbst träumt noch immer oft luzid. Je nach dem habe er unterschiedlich viele Klarträume. «Es kommt auf den emotionalen Wind an», meint er. Er glaubt zudem, dass Klarträumen sehr stark mit dem Meditieren zusammenhängt. Wenn er viel und intensiv meditiert, hat er jede zweite Nacht zwei bis drei Klarträume. In stressigen Zeiten, wenn er keine Zeit zum Meditieren findet, träumt er deutlich weniger oft luzid.

Anhaltende Begeisterung
Bei der Frage, was ihn am luziden Träumen so fasziniere, braucht er nicht lange nachzudenken. «In einem Klartraum habe ich die Möglichkeit, grenzenlosen Spass zu haben, neue Dinge auszuprobieren und Emotionen voll auszuleben.» Und dabei fühle sich das Geschehen im Traum teilweise realer an als in der «echten» Realität. Peter Widmer beschreibt ausserdem den positiven Einfluss der Klarträume auf die Psyche: Wenn er nach einem erfüllten luziden Traum aufwacht, startet er mit einem glücklichen Gefühl in den Tag.
Das luzide Träumen wird für Peter Widmer immer ein Teil seines Lebens sein. «Und zwar ein sehr schöner», fügt er lächelnd hinzu.

Luzides Träumen – was ist das?
Luzides Träumen, auch «Klarträumen» genannt, ist ein seltenes, grundsätzlich aber lernbares Phänomen, bei dem man sich im Traum bewusst ist, dass man träumt. Man kann dadurch seine Träume steuern und direkten Einfluss auf das Traumerlebnis nehmen.

Von Ranja Emam und Kiana Gombosi, G2L