Eine Woche Ferien auf dem Campingplatz – gut. Aber wie ist es, wenn die Ferien zum Alltag werden, das Wohnmobil zum Zuhause wird? Wir wollten wissen, was das für ein Leben ist, und haben einen Besuch gemacht auf dem Campingplatz «Seeblick» im luzernischen Mosen.
Von Ella Jost und Selina Wick, G19A
Die Sonne scheint und es ist heiss, als wir beim «Seeblick» ankommen. Nach dem Parkplatz führt eine lange Strasse zum Campingplatz. Beim Eingang befindet sich die Rezeption, daneben stehen ein Kiosk und ein Imbissstand. Auf der linken Seite weiter vorne sieht man das Häuschen mit den Sanitäranlagen. Weiter hinten sind die Campingparzellen zu sehen. Die Grünflächen am Wasser sorgen für eine friedliche Atmosphäre. Kinder spielen unten am See, ein paar Leute sitzen draussen beim Kiosk oder spazieren über das grossflächige Areal.
Herzlicher Empfang im «Seeblick»
Wir werden bereits von Markus Willi, dem Geschäftsführer des Campings «Seeblick», erwartet. Er führt uns nach hinten zu den Stellplätzen und bringt uns zu Jörg. Jörg ist vermutlich der treueste Seeblick-Camper; seit nunmehr 45 Jahren «wohnt» er wenigstens zeitweise hier.
Jörg empfängt uns sehr herzlich in seinem Vorgarten. Wir sind froh um das Sonnendach über dem Tisch. Jörgs Frau steht von ihrem Liegestuhl auf und bringt uns Wasser und Cantuccini. Die Cantuccini sind, wie Jörg stolz behauptet, selbstgemacht vom Grill. Wir staunen. Jörg erzählt sehr offen und stets mit einem Lachen im Gesicht. Man merkt sofort, dass er sein Leben auf dem Camping sehr geniesst, früher zu dritt mit der Tochter, seit ein paar Jahren zusammen mit seiner Frau. Jedes Jahr verbringen sie um die 6 Monate auf dem Camping. Angefangen haben sie wie jeder Camper mit einem Zelt, dann kam ein Klappanhänger dazu, ein Wohnwagen und schliesslich der Stellplatz auf dem Camping «Seeblick». Die Ansprüche steigen noch immer. «Es het keis Johr geh, woni nüüt verbesseret han», meint Jörg. Er sei ein echter Tüftler und davon profitierten auch die Nachbarn. Wenn bei jemandem mal etwas zu Bruch geht, ist Jörg zur Stelle. Mittlerweile ist der Wohnwagen mit Vorzelt so gut ausgerüstet und komfortabel wie ihre Wohnung am Rotsee.
Während des Gesprächs gesellt sich Toni zu uns, ein Kollege von Jörg. Sein pinkes Gefährt hat er neben dem Wohnwagen geparkt. «Da isch min Ferrari», sagt er und lacht. Auch er ist Dauergast hier und zuständig für den Grill. So wird uns schnell klar, wie familiär der ganze Platz ist. Auch Jörg und Toni erwähnen immer wieder, wie wichtig die Gemeinschaft und der Zusammenhalt sind. «Es git immer Einzelkämpfer; dasch a allne Orte so», aber grundsätzlich sei man hier eine grosse Familie. Ob da nicht die Intimsphäre verloren gehe, wollen wir wissen. Beide verneinen. Man könne auch mal ganz für sich sein, das gehe schon. Aber wenn die Nachbarn mal Streit hätten, dann sei das schon zu hören, meinen sie und lachen. Mit Corona sei es ein bisschen ruhiger geworden, und der Zusammenhalt auf dem Camping bröckele ein wenig. Früher habe man zum Beispiel mehr Veranstaltungen organisiert. Doch das akzeptiert Jörg nicht einfach so, sondern er tut aktiv etwas dagegen. So organisierte er zum Beispiel letzten Frühling ein Rockkonzert, und aktuell plant er ein grosses Paella-Essen.
Das «Paradiesli»
Unsere nächste Station ist das «Paradisli». Dort leben Rosmarie und Eddie. Sie sind auch schon etwas länger hier, seit immerhin 35 Jahren. Der Eingang ins Paradies von Rosmarie und Eddie ist sehr hübsch: Blumengestecke und ein richtiges Tor. Als Erstes dürfen wir Wohnwagen und Vorzelt besichtigen. Das Ganze wirkt sehr gemütlich, auch wenn es für manche auf Dauer sicher zu eng wäre. Auf ihren Stellplatz mussten sie vier lange Jahre warten, denn es gab damals eine lange Warteliste. Heute hingegen dauert es nicht mehr so lange, bis ein Platz frei wird. «Hüt gohts eher hinddure», meint Eddie.
Als beide noch berufstätig waren, kamen sie jeweils nur am Wochenende und in den Ferien, jetzt sind auch sie in der Regel bis zu einem halben Jahr auf dem Camping, meistens von April bis Oktober. Zwischendurch fahren sie aber nach Aarau in ihre Wohnung, um den Briefkasten zu leeren oder um ein Spiel des FC Aarau zu schauen. «Am Samstigobig abe go Match luege und nochher wieder uf de Camping», erzählt Rosmarie. Von den Bewohnern im Wohnblock, sagt Eddie, bekomme man kaum etwas mit, da alle arbeiten gingen und so einen komplett anderen Rhythmus hätten. Das sei auf dem Camping anders, da sehe man sich ständig, was allerdings ab und zu auch anstrengend sein könne. Früher war ihr Platz noch sehr offen, jetzt haben sie eine Hecke gepflanzt und so haben sie hier ihre Ruhe. Ihr Wohnwagen ist gut ausgestattet. Wie auch bei Jörg kommt immer wieder etwas Neues dazu. «Zerscht isch de Bachofe, denne d Mikrowelle, d Kaffimaschine, zwei Fernseh und denn de Computer cho», erzählt Eddie nicht ohne Stolz
Über die Jahre haben sie die Entwicklung des Campings miterlebt, darunter auch die drei Wechsel der Platzwarte. Der Platz ist langsam etwas überaltert. In den Ferien kommen aber auch viele Junge, die meisten mit Zelt. Während der Saison trifft man sich vorne an der Rezeption mit den anderen zum Apéro. Insgesamt, da sind sich Rosmarie und Eddie einig, hat die Geselligkeit, ein typischer Teil des Campinglebens, über die Jahre abgenommen. Nachtruhe wäre eigentlich um 23 Uhr, aber im Moment sei schon um neun keiner mehr unterwegs. «Es isch eifach nümm di alt Sparte, do isch amel scho no öppis gange», meint Rosmarie. Sie ist zwar gerne hier, aber sie geht auch gerne wieder nach Hause. Eddie hingegen würde das ganze Jahr über hierbleiben. «Halt eifach ohni Frau», sagte er und wirft Rosmarie einen schelmischen Blick zu.