Ein Lehrer für Wirtschaft und Recht und ein Informatiklehrer im Gespräch über die Zukunft – das allein ist schon spannend. Und wenn es sich dabei um die älteste und die jüngste Lehrperson an der Alten Kanti handelt, erst recht.
Von Jason Browne, Informatiklehrer, und Jürg Hörner, Lehrer für Wirtschaft und Recht
Jürg [per E-Mail]: Lieber Jason, wie bei der Unterrichtsvorbereitung habe ich mir überlegt, wie wir uns über die Zukunft austauschen wollen. Mein Vorschlag: Über einen Teams-Chat mit angehängtem Word-Dokument. Ich überlege immer, welche Tools für eine bestimmte Tätigkeit geeignet sein könnten. Typisch für einen “kreativen Innovator” gemäss “Team Management System”.
Jason [per Teams Chat]: Hey Jürg, das finde ich eine grossartige Idee! [Im Word-Dokument:] Hast du mal darüber nachgedacht, wo wir in 10 Jahren stehen und was wir dann tun?
Jürg: Zehn Jahre sind für mich aufgrund meines Alters eine kurze Zeitspanne. Ich bin dann schon längst pensioniert. In der Gegenwart und der nahen Zukunft zu leben, wird für mich noch wesentlicher sein. Es sei denn, Terminkalender, E-Mails, Chats etc. diktieren auch in zehn Jahren meine Tagesabläufe. Jedenfalls, wenn es die Gesundheit erlaubt, werde ich mit meiner Frau mehr Velo fahren, wandern und womöglich vermehrt reiten. Ich bin gespannt, ob ich bis dann den Stammbaum meiner Familie im Onlineportal MyHeritage eingegeben und Interessantes über meine familiäre Vergangenheit erfahren habe. Die Kontakte zu den tollen Schülerinnen und Schülern, welche wir an der Alten Kanti haben, werde ich sicherlich vermissen. Aber vielleicht treffe ich dann die Ehemaligen an AULA-Anlässen.
Jason: Das klingt nach einem entspannten Blick in die Zukunft! In zehn Jahren werde ich mit meiner futuristischen, aber irgendwie auch nostalgischen E-Vespa zur Schule gleiten – sozusagen der Lehrer von morgen im Retro-Style. So stelle ich mir das vor. Ich träume von spannenden Projekten und werde hoffentlich ein paar verrückte Ideen umsetzen.
Jürg: Bezüglich Informationstechnologie im Unterricht sind wir heute da, wo ich schon vor 15 bis 20 Jahren sein wollte: Schüler/-innen schreiben gemeinsam an einem Dokument, sie arbeiten kollaborativ mit IT-Tools. Mit Onlineprüfungen habe ich vor über 10 Jahren Versuche gestartet. Wie sieht der Unterricht wohl mit noch mehr Informatik und vor allem künstlicher Intelligenz in Zukunft aus?
Jason: Wenn ich mir die Zukunft vorstelle, sehe ich eine Art „intelligenten Begleiter“ im Klassenzimmer. Stell dir vor, maschinelles Lernen unterstützt uns dabei, personalisierte Feedbacks in Echtzeit zu geben. Stell dir vor, während der Mathematikstunde erkennt ein System, dass ein Schüler oder eine Schülerin Schwierigkeiten beim Lösen von Gleichungen hat. Anstatt auf die Lehrperson zu warten, könnte das System sofort alternative Beispiele und Erklärungen präsentieren, alles interaktiv. Trotz der Fortschritte in der Integration von maschinellem Lernen bleibt die Lehrperson aber von entscheidender Bedeutung. Die Lehrperson vermittelt nicht nur Wissen,, sondern ist auch eine Mentoring-Figure und ein Motivator beziehungsweise Motivatorin. Darüber hinaus vermittelt die Lehrperson auch die ethische Dimension des Lernens, indem sie die Schüler und Schülerinnen dazu ermutigt und befähigt, kritisches Denken zu entwickeln. Die Aussicht darauf, dass der Unterricht automatisch offener und projektbasierter wird, erfüllt mich mit Vorfreude, besonders weil im Informatikunterricht so viele abenteuerliche Möglichkeiten zur Verfügung stehen. – Was denkst du? Wie wird sich die Rolle der Lehrperson in einer zunehmend digitalisierten Schulwelt verändern?
Jürg: Ich teile deine Auffassungen und bin überzeugt, dass die Lehrerperson mehr Motivator, Coach und Beziehungsperson sein sollte. Auf der anderen Seite bleibt die Wissenserarbeitung im gegenseitigen Austausch mit den Schülerinnen und Schülern auch in Zukunft ein wichtiges Element. Aufgrund der Fragen und Antworten bleibt dies ein stetiger Prozess. Mir liegt dieser konstruktivistische Lernansatz, bei dem sich beide Seiten aktiv beteiligen. Wesentlich dabei ist immer, dass die Lehrkraft von den Methoden, die sie anwendet, überzeugt und begeistert ist.