Von Nadia Bajrami Luca richtete sich zu voller Grösse auf und versuchte vergeblich, einen Blick auf den Brief in den Händen seiner Mutter zu werfen, die konzentriert am Pult sass. Er stellte sich auf die Zehenspitzen, doch auch das half nicht. Also hüpfte er auf den alten Stuhl neben dem Pult – seinen heissgeliebten Mount Everest. Von oben herab starrte er nun gebannt auf das Papier, die Augen weit aufgerissen. Es sah aus, als hätte man ihm blaue Murmeln in das Marshmallow-Gesicht gedrückt. «Mama!», rief er halb ratlos, halb belustigt, «dieses Zeichen da oben links sieht aus wie ein Elefant!» «Hör mal, mein Schatz, Mama braucht jetzt Zeit für sich allein, ja.» «Aber ich hab doch gar nichts gemacht!» Als die Mutter nicht antwortete, kraxelte er mit einem betont lauten Seufzer von seinem Berg herunter und stampfte aus dem Arbeitszimmer, dass der Boden vibrierte. Aber die Mutter reagierte noch immer nicht. Im Wohnzimmer liess er sich auf das Sofa fallen, verschränkte die Arme vor der Brust und schob trotzig die Lippen vor. Dann fiel Lucas …