Zwei Germanistinnen schreiben einander Briefe mit Luft. Ihr Gespräch über den Atem wird zu einer Reise ins Universum und ins eigene Innerste. Atemzug für Atemzug. Von Lara Dredge und Rahel Hubacher, Deutschlehrerinnen Liebe Lara Beim Nachdenken über das Phänomen Luft drängt sich der Aspekt des Atems auf – wir kommen ja nicht umhin, ständig Luft zu holen. Goethe spricht in diesem Zusammenhang von der «ewigen Systole und Diastole», dem ewigen Ein- und Ausatmen. Für ihn sind die gegenläufigen Bewegungen des Ein- und Ausatmens Sinnbild für eine fortwährende Entzweiung ebenso wie für eine ewige, letztlich unzerstörbare Einheit. Kürzlich habe ich gelesen, dass der Austausch über den Atem keine Grenzen kennt, weder geographisch noch zeitlich. Mit jedem Atemzug nehmen wir Milliarden von Atomen auf. Wenn man ausatmet, gibt man sie wieder ab und sie verteilen sich. Dieser Austausch über die Atemluft ist unermesslich: Die Luft, die wir einatmen, enthält Atome aller Menschen, Zonen und Zeiten. Wenn wir einatmen, wandern Atome durch unseren Körper, die einst Jesus, Mozart, Einstein und Gandhi gehört haben. Genauso enthält unsere Atemluft Atome …